Wohnungsbau 2025/26: Neubau stagniert – Sanierung gewinnt an Bedeutung

Die Diskussion um die Zukunft des Wohnungsbaus in Deutschland spitzt sich weiter zu. Während die Politik an ambitionierten Neubauzielen festhält, stellt sich die Realität in der Branche deutlich anders dar. Immer mehr soziale Vermieter und private Eigentümer verlagern ihre Investitionen vom Neubau in die Bestandsmodernisierung.

Damit zeichnet sich auch für Architekten und Planer ein neuer Schwerpunkt ab: der Umbau und die energetische Erneuerung des vorhandenen Wohnungsbestands.

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Neubauziele geraten aus dem Blick

Aktuelle Umfragen und Branchenanalysen belegen den Trend: Der Neubau von Mietwohnungen und Mehrfamilienhäusern stagniert. So gehen laut einer aktuellen VNW-Umfrage 88 Prozent der sozialen Vermieter in Hamburg nicht davon aus, dass die Stadt ihr Ziel von jährlich 10.000 Baugenehmigungen erreichen wird.

VNW-Direktor Andreas Breitner kommentiert: „Die Bedingungen für den Neubau sind nach wie vor nicht günstig. Deshalb konzentrieren sich die Investitionen der Unternehmen auf den Bestand.“

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Auch auf Bundesebene zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Der GdW berichtet, dass die Zahl der Baugenehmigungen für Mehrfamilienhäuser im Vergleich zu 2021 um mehr als 35 Prozent gesunken ist. GdW-Präsident Axel Gedaschko: „Das wirtschaftliche Umfeld lässt derzeit kaum Spielraum für neue Projekte.“

Regulatorische Hemmnisse verstärken die Zurückhaltung

Ein weiterer Bremsfaktor ist die jüngst verlängerte Mietpreisbremse. IVD-Präsident Dirk Wohltorf warnt: „Wer bremst, ist verantwortlich, wenn die Bagger stehen bleiben. Solche Regulierung schreckt Bauherren und Kapitalanleger ab.“ Auch Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke kritisiert: „Die Mietpreisbremse löst nicht das Problem fehlender Wohnungen – sie verschärft es.“

Die Verunsicherung über politische Rahmenbedingungen sowie steigende Baukosten führen dazu, dass viele Projekte zurückgestellt oder gar nicht erst geplant werden.

Trend zur Bestandsmodernisierung

Stattdessen rückt die Sanierung des Bestands in den Fokus. In der VNW-Umfrage gaben 83 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie in den kommenden vier Jahren den Großteil ihrer Investitionen in die Sanierung bestehenden Wohnraums stecken werden.

Gleichzeitig setzt sich ein neues Denken im Bereich klimagerechtes Bauen durch. Die Initiative „Praxispfad CO₂-Reduktion“ fordert einen praxisorientierten Ansatz für nachhaltigen Klimaschutz im Gebäudesektor – weg von rein formalen Effizienzvorgaben, hin zu technologisch intelligenten Lösungen.

Dabei spielen Wärmepumpen, Photovoltaik und Solarthermie eine immer größere Rolle. Gerade im Mehrgeschosswohnungsbau sind diese Systeme zunehmend wirtschaftlich attraktiv und eröffnen neue Möglichkeiten für architektonisch anspruchsvolle Sanierungen.

Was bedeutet das für Architekten und Planer?

Für Architekten und Planungsbüros verschiebt sich der Markt spürbar. Bestandsarchitektur und energetische Sanierung werden zur dominierenden Aufgabe. Das erfordert neue Kompetenzen – von integraler Planung mit Gebäudetechnik über Kenntnisse in nachhaltigen Baustoffen bis hin zur Gestaltung von Umbau und Nachverdichtung im städtischen Kontext.

Die Bundesarchitektenkammer (BAK) weist darauf hin, dass der Erhalt und Umbau des Bestands künftig zur „entscheidenden kulturellen und technischen Herausforderung“ der Architektur wird.

Die Zukunft des Wohnungsbaus in Deutschland liegt aktuell weniger im klassischen Neubau als im intelligenten Umgang mit dem Bestand. Für die Architektur bedeutet das: neue Chancen, aber auch neue Anforderungen. Gleichzeitig wird deutlich: Politische Zielsetzungen und Marktrealität klaffen derzeit auseinander. Ein Umdenken in der Wohnungspolitik ist dringend erforderlich – nicht zuletzt, um Planungssicherheit für Architekten und Investoren zu schaffen.

Gerd Warda

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