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Vattenfall bringt intelligente Energie-App für Stadtwerke und Versorger auf den Markt

Vattenfall: intelligente Energie-App für Stadtwerke und Versorger
Die Energiewende erfordert nicht nur neue Geräte wie Wärmepumpen, PV-Anlagen, Batteriespeicher und Wallboxen sowie spezielle dynamische Tarife für den Haushaltsstrom, die Heizung oder das E-Auto. Zentral ist ebenso ein intelligentes Zusammenspiel aller technischen Anlagen, Tarife und Energieverbräuche. Endkunden haben damit nicht nur sämtliche Energieflüsse im Blick, sondern können diese aktiv steuern und optimieren. Grafik: Vattenfall

Die Energiewende im eigenen zu Hause erfordert nicht nur neue Geräte wie Wärmepumpen, PV-Anlagen, Batteriespeicher und Wallboxen sowie spezielle dynamische Tarife für den Haushaltsstrom, die Heizung oder das E-Auto. Zentral ist ebenso ein intelligentes Zusammenspiel aller technischen Anlagen, Tarife und Energieverbräuche. Vattenfall bringt dafür nun eine neue Energiemanagement-App heraus.

Endkunden haben damit nicht nur sämtliche Energieflüsse im Blick, sondern können diese aktiv steuern und optimieren – denn sie werden künftig immer mehr zum Energieproduzenten und Verbraucher in einem. Die sogenannte Prosumer-App richtet sich als White-Label-Lösung zunächst an Stadtwerke und Versorger – im eigenen Namen und Design.

„Kunden möchten heute nicht nur passiv Strom verbrauchen, sondern den eigenen Energieverbrauch flexibel steuern und an ein schwankendes Stromangebot mit wechselnden Preisen anpassen – auch, um Kosten zu sparen“, erklärt Markus Reinhardt, Leiter der dezentralen Energielösungen bei Vattenfall. „Nicht nur für Endkunden, auch für Energieversorger und Stadtwerke ergeben sich daraus neue Möglichkeiten: Mit unserer Prosumer-App werden sie zum Taktgeber der Energiewende in den eigenen vier Wänden.“

Ein Portal für alle Endkunden im Design und Namen des Versorgers

Die Energiemanagement-App richtet sich als White-Label-Lösung an Stadtwerke und Energievertriebe und sorgt für eine intelligente Optimierung der Energieverbräuche von PV-Anlage, Speicher, Wallbox und Wärmepumpe; auch im Zusammenspiel mit Tarifen wie dem dynamischen Stromtarif – etwa beim intelligenten Laden.

„Der selbstproduzierte Strom wird dadurch immer genau dort verbraucht, wo es gerade am sinnvollsten ist“, betont Pascal Richter, der bei Vattenfall die dezentralen Energiewende-Plattformen leitet. „Dabei spielen auch aktuelle Wetterdaten und das eigene Nutzerverhalten eine Rolle.“

Im Ergebnis haben Endkunden auf der benutzerfreundlichen Oberfläche nicht nur sämtliche Energieflüsse im Blick, sondern können die Wirtschaftlichkeit Ihrer PV-Anlage oder Wärmepumpe selbstbestimmt mitgestalten.

Ein gutes Energiemanagementsystem kann pro Jahr mehr als 1.000 Euro einsparen

Klar ist: Ein gutes Energiemanagementsystem kann – abhängig von der Haushaltsgröße und den vorhandenen Geräten – pro Jahr mehr als 1.000 Euro einsparen, indem es Verbräuche in Zeiten schiebt, in denen die Solaranlage viel Strom liefert. Über die Einbindung dynamischer Tarife ergeben sich weitere Einsparmöglichkeiten.

Dabei folgen einzelne Geräte nicht nur Preissignalen oder aktuellen Wetterdaten, sondern kalkulieren auch eigene Parameter wie Mindestlaufzeiten, Einschalt- und Abschaltverzögerungen sowie spezielle Anlagencharakteristika mit ein. So wird beispielsweise garantiert, dass eine Wärmepumpe nicht laufend ein- und ausgeschaltet wird.

Neue Erlebniswelten, dauerhafte Kundenbindung

Stadtwerke wiederum sind mithilfe des digitalen Energiemanagements von Vattenfall in der Lage, ihre individuelle Kundeninteraktion auf ein neues Level zu heben. „Neue Geschäftsfelder und Erlebniswelten, dauerhafte Kundenbindung: Der Energieversorger ist durch die App kein passiver Stromlieferant mehr, sondern ein Ermöglicher, der dafür sorgt, dass der Kunde seinen Energieverbrauch günstig, autark und nachhaltig gestaltet“, so Richter.

„Über den zentralen Touchpoint können Stadtwerke täglich mit ihren Endkunden interagieren und beispielsweise über sinnvolle Nachrüstungen informieren.“

Die Energiemanagement-App richtet sich als White-Label-Lösung an Stadtwerke und Energievertriebe und sorgt für eine intelligente Optimierung der Energieverbräuche von PV-Anlage, Speicher, Wallbox und Wärmepumpe; auch im Zusammenspiel mit Tarifen wie dem dynamischen Stromtarif – etwa beim intelligenten Laden. Grafik: Vattenfall

Prosumer App gewinnt Digital Innovation Pitch Award 2024

Die erste Resonanz auf die Prosumer-App ist bereits positiv: Sie wurde auf dem Digitalisierungsgipfel der Energieforen Leipzig mit dem renommierten Digital Innovation Pitch Award 2024 ausgezeichnet. Fachjury und Publikum zeigten sich gleichermaßen begeistert von der innovativen Lösung. „Die Prosumer App trifft den Nerv der Zeit und liefert wegweisende Antworten auf die aktuellen Herausforderungen der Energievertriebe“, ist Richter überzeugt.

Dass die Prosumer-App als White-Label-Lösung allen Stadtwerken und Verbrauchern offen steht, entspricht dabei der eigenen Unternehmensstrategie. Der Leiter der dezentralen Energielösungen bei Vattenfall, Markus Reinhardt, unterstreicht: „Wir haben bei Vattenfall das klare Ziel, nicht nur uns selbst und unseren eigenen Kunden ein fossilfreies Leben zu ermöglichen, sondern ganze Wertschöpfungsketten zu dekarbonisieren. Dies schließt auch unsere Partner und Kunden wie Stadtwerke sowie deren Endkunden mit ein.“

Dr. Christian Jekat

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Wettbewerb Energiesparmeister 2025 – Bundesweit die kreativsten Beispiele gesucht

Energiesparmeister 2025 – die kreativsten Beispiele gesucht
Grafik ©www.energiesparmeister.de

Der bundesweite Energiesparmeister-Wettbewerb startet in eine neue Runde – mit Geld- und Sachpreisen im Wert von insgesamt 50.000 Euro. Gesucht werden die nachhaltigsten und kreativsten Klimaschutzprojekte an Schulen. Schüler und Lehrkräfte aller Schulformen und Klassenstufen können sich bis zum 28. März 2025 bewerben.

In jedem Bundesland wird das beste Projekt ausgezeichnet. Die 16 Landessieger erhalten je 2.500 Euro Preisgeld und haben die Chance auf den mit weiteren 2.500 Euro dotierten Bundessieg, der per Online-Voting ermittelt wird. Außerdem erhalten alle Siegerschulen Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit durch renommierte Unternehmen und Institutionen aus ihrer Region.

Energiesparmeister-Wettbewerb würdigt Engagement für den Klimaschutz

Der Energiesparmeister-Wettbewerb ist ein Projekt der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Eine Expertenjury aus Politik und Gesellschaft bestimmt Ende April die Siegerprojekte der Bundesländer. Diese nehmen dann automatisch am Online-Voting zum Bundessieg teil. Darüber hinaus können sich ehemalige Preisträgerschulen für den mit 1.000 Euro dotierten Sonderpreis für langfristiges Engagement bewerben.

„Es ist immer wieder beeindruckend, wie Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte durch ihre Projekte einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten“, sagt Tanja Loitz, Geschäftsführerin von co2online. „Mit ihren kreativen Ideen und der engagierten Umsetzung inspirieren sie nicht nur andere Schulen, sondern auch die gesamte Gesellschaft. Wir freuen uns auf viele spannende Bewerbungen!“

Paten und Partner des Wettbewerbs

Neben Geld- und Sachpreisen erhalten die Gewinnerschulen eine Patenschaft mit einem Partner aus Wirtschaft und Gesellschaft. Die Paten unterstützen ihren Energiesparmeister bei der Öffentlichkeitsarbeit. Die diesjährigen Paten des Wettbewerbs sind: atmosfair gGmbH, Brandenburger Isoliertechnik GmbH & Co. KG, Bremer Energiehaus-Genossenschaft eG, eins energie in sachsen GmbH & Co. KG, Finanztip Stiftung, Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein GmbH (EKSH), heimWatt GmbH, Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-Vorpommern GmbH (LEKA MV), Landesenergieagentur Sachsen-Anhalt GmbH (LENA), Ostdeutscher Sparkassenverband, Sparkassen-Finanzgruppe Baden-Württemberg, Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen, Sparkassenverband Bayern und die Sparkassen in Niedersachsen.

Der Energiesparmeister-Wettbewerb ist eine Aktion von co2online, unterstützt durch das Projekt „Online-Klimaschutzberatung für Deutschland“ und gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. co2online realisiert den Schulwettbewerb zum 17. Mal in Folge und vergibt jedes Jahr Preise im Gesamtwert von 50.000 Euro an engagierte Schulen.

Die gemeinnützige Beratungsgesellschaft co2online steht für Klimaschutz, der wirkt. Mehr als 50 Energie- und Kommunikationsexperten machen sich seit 2003 stark dafür, den Strom- und Heizenergieverbrauch in privaten Haushalten auf ein Minimum zu senken. Unterstützt wird co2online unter anderem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, dem Umweltbundesamt sowie von Medien, Wissenschaft und Wirtschaft.

Quelle: co2online gemeinnützige GmbH

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„Der Weg und das Ziel sind allen klar“

Fotos: Wolfgang Voglhuber
Fotos: Wolfgang Voglhuber

Ernst Bach, Geschäftsführer der Sozialbau AG, über die Strategie bei „Raus aus Gas“ und den besten Weg zur Dekarbonisierung des Bestands.
MAIK NOVOTNY

Zentralisierung lautet das Zauberwort. Mit diesem System der schrittweisen Verlagerung von Gasthermen aus den Wohnungen im Bestand schafft die Sozialbau die Grundlage für den Ersatz durch erneuerbare Energien. Die Dekarbonisierung ist in vollem Gange, begleitet von Forschungs- und Pilotprojekten und dem Aufbau von Grätzl- Energiegemeinschaften. Im Gespräch erläutert Sozialbau-Vorstandsvorsitzender Ernst Bach, wie der klimagerechte Umbau im Wohnbau funktionieren kann, und welche Hindernisse dabei zu überwinden sind.

Bis 2030 wollen Sie alle 7.000 Sozialbau- Bestandswohnungen dekarbonisieren. Geht sich das aus?

Wir können die Voraussetzungen dafür schaffen. Ob die Bewohner:innen sich dann tatsächlich anschließen, ist eine andere Frage. Ob es dann 2031 oder 2032 wird, ist weniger entscheidend, wichtig ist, dass wir die Grundlagen dafür schaffen – und das schaffen wir jedenfalls.

Sie verfolgen bei der Umstellung das Konzept der Zentralisierung, also der Zusammenlegung von Einzelthermen in Gemeinschaftsthermen als Vorleistungen für erneuerbare Energie.

Diese Zentralisierung haben wir jetzt in 70 Objekten abgeschlossen. Zwischenzeitlich ist das im Unternehmensverbund ein etablierter Standard. Wir haben uns zusätzlich vorgenommen, all unsere Häuser – dort, wo es technisch möglich ist – um zwei Grad zu temperieren, also herunterzukühlen. Auch diesbezüglich ist die Zentralisierung Voraussetzung. Die zentrale Frage ist dabei die Verfügbarkeit der Wärmequelle. Grundwasser in Verbindung mit einer Sole-Wärmepumpe und Erdsonden hat diesbezüglich den besten Wirkungsgrad. Steht kein oder zu wenig Grundwasser zur Verfügung nutzen wir Erdsonden zur Wärmespeicherung. Dafür haben wir einen Entscheidungsprozess etabliert und mit der Hausverwaltung für jedes Haus eine energietechnische Vision entwickelt.

„Wichtig ist, dass wir die Grundlagen schaffen.“

Ernst Bach

Wie sieht dieser Prozess genau aus?

Wir haben vor elf Jahren begonnen, eine Prognose-Software zur Kalkulation des Instandhaltungsaufwands zu entwickeln. Darin werden alle für die Kalkulation relevanten Parameter eingetragen. So erhalten wir die Darstellung des Instandhaltungsaufwands der nächsten 50 Jahre. Dieser Überblick liegt uns jetzt flächendeckend für alle Wiener Objekte vor. Die entscheidende Frage ist aber: Was schafft der Markt? Es handelt sich immerhin um ein Investitionsvolumen von rund einer Milliarde Euro – nur was den energietechnischen Bereich anbelangt. Finanzieren können wir das. Der Markt wird das aber nicht leisten können, weil es zu wenige Installateure gibt. Wie lässt sich also dieses Auftragsvolumen marktkonform realisieren? Wo bekommen wir die Kapazitäten her? Wir haben dazu intensiven Kontakt mit der Wirtschaftskammer und anderen Institutionen im In- und Ausland.

Welche Rolle spielten die Bewohner: innen, wenn es um die Dekarbonisierung geht? Wie macht man ihnen den Abschied von der Gastherme schmackhaft?

Das sehe ich recht entspannt. Wir haben bei der Zentralisierung Anschlussquoten von sieben bis acht Prozent pro Jahr und bislang gar keine negativen Erfahrungen. Wichtig ist gute, bewohnerorientierte Information. Manche Bewohner:innen buchen sofort einen Anschlusstermin an die Gemeinschaftstherme, andere wollen noch warten. Das heißt: Die Bewohner: innen sehen es als Angebot, welches sie in ihre Lebensplanung einordnen und das sie – wenn es für sie opportun erscheint – in Anspruch nehmen. Wenn sie sich nicht anschließen, bleibt alles beim Alten. Mit dem Unterschied: Irgendwann wird es für die Bewohner:innen, die sich nicht an die Gemeinschaftstherme anschließen, viel teurer. Aber das ist die freie Entscheidung jedes einzelnen.

Welche Rolle spielen Pilotprojekte bei der Vorbildwirkung?

Wir sind insgesamt an 28 Forschungsprojekten beteiligt. Das bindet natürlich Ressourcen und ist aufwendig, aber dieser Aufwand hat sich gelohnt. Denn das, was wir uns im Zuge dieser Prozesse angeeignet haben, ist unbezahlbar. So viel wie in den letzten zwei Jahren werden wir in unserem Leben nie wieder lernen können. Auch dank einer tollen Mannschaft, die stark in all diese Forschungsprojekte involviert war.

Neben den Sanierungen wird immer noch gebaut. Was sind Ihre Diagnosen und Prognosen für den Neubau?

Der Neubau stagniert ein bisschen, und das liegt vor allem am Mangel an Grundstücken zu erschwinglichen Konditionen und auch an fehlenden Widmungen. Es war sehr klug von der Stadt, die Widmung „geförderter Wohnbau“ einzuführen, weil sie die Erwartungshaltung der Grundbesitzer:innen dämpft und nachhaltig leistbaren Wohnraum sicherstellt. Der zweite ist, dass die Stadt über den Wohnfonds Liegenschaftsbevorratung betreibt.

Ernst Bach, gelernter Maschinenschlosser, Absolvent der HTL für Maschinenbau und Betriebstechnik und ausgebildeter Immobilientreuhänder, ist seit 1991 bei der Sozialbau tätig. Er fungierte als Geschäftsführer der HOB (Hausservice Objektbewirtschaftungs GmbH) und war als Leiter der Abteilung „Allgemeine Dienste“ für die Hausverwaltung zuständig. 2015 rückte er in den Vorstand auf, heute ist er Vorstandsvorsitzender und Direktor für das Bestandsmanagement.

Lassen sich Klimaziele und Leistbarkeit unter einen Hut bringen, oder muss man irgendwo Abstriche machen und Kompromisse eingehen?

Ich glaube nicht, dass die Energiewende am Neubau scheitert. Die Bauteilaktivierung war früher ein großer Kostentreiber, heute nicht mehr. Wenn man heute ein paar Erdsonden unter den Bodenplatten installiert, treibt das die Kosten nicht dramatisch in die Höhe. Aber wenn wir alle Grundstücke zupflastern, wird sich die Lebensqualität reduzieren. Meiner Meinung nach wird es künftig deutlich mehr Nachverdichtung und Aufstockungen brauchen, die die Politik natürlich entsprechend auch subventionieren sollte.

Voriges Jahr ist das geplante Erneuerbare- Wärme-Gesetz nicht zustande gekommen. Brauchen wir strenge gesetzliche Rahmenbedingungen, oder lässt sich die Energiewende eher mit Anreizen umsetzen?

Ich kenne jetzt niemanden, der nicht weiß, was wirklich zu tun wäre. Die Frage ist, wie man politische Mehrheiten schafft, die das Umsetzen ermöglichen. Die Welt braucht nicht die Aussage von Herrn Bach, um zu wissen, was zu passieren hat. Der Weg und das Ziel sind allen klar.

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Grün ist eine soziale Farbe

Gerhild hat sich vor vielen Jahren vorgenommen, auf das Fliegen zu verzichten und selbst größere Strecken nur noch mit dem Zug zurückzulegen. Hartmut hat seinen Konsum massiv eingeschränkt und verwendet die Dinge, solange sie funktionieren, selbst dann, wenn die Seifenschale einen Sprung hat oder beim Kaffeehäferl der Henkel schon abgebrochen ist. Und Lukas nutzt seinen Garten in der Brandenburger Kleingartenkolonie vor allem zur Selbstversorgung, ob das nun Mangold, Grünkohl oder Rote Beete ist, und seitdem er Urin und Feststoffe trennt und diese am Komposthaufen zu Düngemittel aufbereitet, gedeiht die Ernte noch viel verrückter als zuvor.

In meinem Berliner Freundeskreis gibt es ein paar Leute, die ich um ihre Konsequenz und Selbstwirksamkeit unendlich beneide. Ich muss zugeben, ich selbst hätte wohl nicht die Kraft dazu. Und nein, die Maßnahmen auf individueller Ebene sind keineswegs nur ein symbolischer Beitrag, sondern auch ein klimatisch und volkswirtschaftlich relevanter: Pro Jahr erzeugt ein Durchschnittsdeutscher 9,8 Tonnen CO₂-Äquivalente, in Österreich ist der äquivalente CO₂-Fußabdruck pro Kopf nur geringfügig kleiner. Mit dem persönlichen Verzicht in Sachen Konsum, Ernährung, Mobilität, Kryptowährung und fossiler Brennstoffe kann der eigene ökologische Fußabdruck um bis zu 40 Prozent reduziert werden.

Fragt sich nur: Was ist mit den anderen 60 Prozent? An dieser Stelle kommt die Baubranche ins Spiel, denn neben Industrie, Verkehr, Landwirtschaft, Energieerzeugung und Abfallwirtschaft zählt der Gebäudesektor bekanntermaßen zu den größten Treibhausgas-Emittent:innen. Betrachtet man den gesamten Lebenszyklus nach DIN EN 15978, von Phase A1 (Rohstoffbeschaffung) bis Phase C4 (Beseitigung), so kommt auch der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft eine immens große Verantwortung zuteil. Die Hebel sind enorm.

Ende Oktober haben sich einige Player:innen und Pionier:innen aus dieser Branche im Refugium Hochstrass eingefunden, um im Rahmen der Zukunftswerkstatt 2024 vier Tage lang darüber nachzudenken, wie man diese Hebel noch besser, noch proaktiver, noch nachhaltiger gestalten kann. Und wie es gelingen kann, die geplante Dekarbonisierung des Bausektors so auf Schiene zu bringen, dass die sozial und wirtschaftlich Schwächeren dabei nicht zu Schaden kommen. Denn Grün ist nicht nur eine ökologische, sondern vor allem auch eine soziale Farbe.

Mit dem vorliegenden Heft wünschen wir Ihnen viel Inspiration. Vielleicht entdecken Sie auf den folgenden Seiten ja auch, wie das Düngemittel- Projekt meines Freundes Lukas zum allerersten Mal im gemeinnützigen Wohnbau Anwendung findet.

Wojciech Czaja

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Pluspunkte AG 4-2024

Spatenstich im 22. Bezirk in Wien – das Projekt „Rote Emma“ der BWS und Migra
Spatenstich im 22. Bezirk in Wien – das Projekt „Rote Emma“ der BWS und Migra

Leistbar und qualitätsvoll

Bei gleich drei Projekten der BWS erfolgte der Spatenstich: Bella Vista (104 geförderte Wohnungen und 13 Geschäftslokale) im Village im Dritten, „Zukunft Wohnen“ in Innsbruck und gemeinsam mit der Migra feierte die „Rote Emma“ ihren Startschuss. Gemeinsamkeit aller drei Projekte: Es werden leistbare und zugleich sozial und ökologisch hochqualitative Wohnungen errichtet. Mit ro*sa entstehen im Projekt Rote Emma 44 Wohneinheiten für alleinerziehende Frauen. Die Rote Emma soll bis 2026 mit vier Baukörpern und 360 geförderten Wohnungen fertiggestellt werden.

Fotos: Atelier Horst Lassnig, Rainer Friedl, Alfred Arzt, Stadt Wien/Christian Fürthner, Wienerberger, Daniel Hinterramskogler, ÖWG Wohnbau, vwbf. Rendering: Architekt Studio A

Frauenpower

Isabella Stickler, Obfrau der Alpenland, übernahm im Rahmen der St. Wolfganger Tage die Obfrauschaft der Arge Eigenheim von Christian Struber, Geschäftsführer der Salzburg Wohnbau, der in Pension geht. Struber freut sich über die Frauenpower: „Es erfüllt mich mit großer Freude, dass nun erstmals in der Geschichte der Arge Eigenheim eine Frau für die Führungsspitze gewonnen werden konnte.“

aspern klimafit 2.0

Neben der Auszeichnung nachhaltiger Gebäude wurde in der Seestadt Aspern auch der weiterentwickelte Gebäudestandard aspern klimafit 2.0 vorgestellt. Ziel ist es, Gebäude zu unterstützen, die den Anforderungen eines treibhausgasneutralen Lebens im Jahr 2040 entsprechen und somit einen Beitrag zur Erreichung von maximal 1,5 Grad Erderwärmung zu leisten.

„Mit aspern klimafit 2.0 haben wir sieben Qualitätskriterien definiert, die den CO₂-Ausstoß beim Bauen und im Betrieb minimieren. Um ein ganzheitliches Konzept für nachhaltiges Leben zu schaffen, wird dabei auch die graue Energie und die Alltagsmobilität berücksichtigt“, betont Thomas Zelger, Kompetenzfeld Climate-fit Buildings and Districts, Forschungsschwerpunkt Renewable Energy Systems an der Fachhochschule Technikum Wien, der den neuen Gebäudestandard mitentwickelt hat.

Thomas Zelger, Fachhochschule Technikum Wien, Beate Lubitz-Prohaska, ÖGNB, Cristina Florit, ÖGNB, Peter Hinterkörner, Wien 3420 und Robert Lechner, pulswerk im Gespräch über innovative Nachhaltigkeitsstandards für Gebäude.

Bauen außerhalb der Norm?

In den 1980er-Jahren noch kamen auf einen Kubikmeter Beton im Schnitt rund 50 Kilogramm Bewehrung. Heute sind es schon 100 Kilogramm. Das Doppelte. „Die Normen, Vorschriften und Bauordnungen verlangen immer mehr und mehr“, sagt Anton Rieder, Bundesinnungsmeister-Stellvertreter, „und das, obwohl die Rechenmethoden und Kennwerte immer genauer werden. Was ist da schief gegangen?“

Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, lud der Österreichische Baumeisterverband im Oktober zu einer Pressekonferenz, die das Bauen innerhalb der Norm grundlegend infrage stellte. Gemeinsam mit der Universität Innsbruck, Abteilung Baumanagement, Baubetrieb und Tunnelbau, und Heid & Partner Rechtsanwälten wurde eine Initiative zur Reduktion des Wahnsinns vorgestellt.

„Am Bau gibt es nur Business- Class, das ist zu teuer und zu gering in der Auswahl. Um leistbares Bauen zu ermöglichen, müssen wir endlich wieder eine Economy Class mit sinnvollen, reduzierten Standards einführen“, so Rieder. In den kommenden Monaten möchte man mit diesem Konzept auf Roadshow gehen.
baumeisterverband.at

NEOS-Planungssprecherin Selma Arapović, Planungsstadträtin Ulli Sima und Favoritens Bezirksvorsteher Marcus Franz gaben mit einem symbolischen Spatenstich den Startschuss für die Bauarbeiten zur umfassenden Attraktivierung des Grätzls

Wiens erstes Supergrätzl

Auf Hochtouren laufen die Bauarbeiten für Wiens erstes Supergrätzl, im Herzen des 10. Bezirks zwischen Gudrunstraße, Leebgasse, Quellenstraße und Neilreichgasse. Das 9,5 Hektar große Grätzl wird mit 62 Bäumen, 94 Grünflächen, 17 Mikrofreiräumen und Verkehrsberuhigung bis Herbst 2025 zu einem „urbanen Wohnzimmer“.

Vorbild sind die sogenannten Superblocks in Barcelona, die durch Unterbindung des Durchzugsverkehrs mehr Platz für die Menschen und für Begrünungsmaßnahmen bieten.

Innovation aus Tradition

Druckfrisch ist der Konzernbericht der Wien-Süd – der weit mehr als nur aneinandergereihte Zahlen und eine Nabelschau ist. Neben den vielfältigen Wohnformen gibt es ebenso Einblicke in das besondere Engagement der Bauträger: innen, das vom Klimaschutz bis zum selbstverständlichen Wohnkomfort mit Pool am Dach reicht. Ganz nach dem Motto „Innovation aus Tradition“.
Konzernbericht Wien-Süd

Roboter baut Haus

Wienerberger präsentierte erstmals in Österreich den vollautomatisierten Ziegel-Roboter WLTR. Der Roboter könnte die Art und Weise, wie in Zukunft gebaut wird, revolutionieren, ist Wilfried Lechner von Wienerberger überzeugt.

Bewegung in den Wohnbau

Peter Bosek, CEO der Erste Group Bank AG, ist von den Mehrfacheffekten durch leistbaren Wohnraum überzeugt, er will nun Bewegung in den Wohnbau bringen: „Zinsanstiege, Inflation und Kreditvergaberichtlinien haben die Rahmenbedingungen stark eingeschränkt. Als Finanzdienstleister verfügen wir über ein Bündel an Maßnahmen, mit denen wir wieder Bewegung in den Wohnbau bringen.“

Der Wohnbau ist das Kerngeschäft der Erste Bank und die gemeinnützigen Bauträger:innen die wichtigste Zielgruppe. Mit den Wohnbau-Initiativen 2025 wird ein Schulterschluss mit der öffentlichen Hand gestartet. Bosek dazu: „Wir müssen auf der Genehmigungsseite rascher werden. Es gibt Baugründe, aber wir brauchen eine Vereinfachung des Baurechts.“

Zwei Millionen Euro

Österreichweit gibt es mittlerweile mehr als 1.800 Energiegemeinschaften. Mit dem Förderprogramm „Energiegemeinschaften 2024“ unterstützt der Klima- und Energiefonds die Gründung innovativer Energiegemeinschaften. Zur Verfügung stehen in der aktuellen Ausschreibung zwei Millionen Euro, dotiert aus Mitteln des Klimaschutzministeriums.

Christian Krainer plädiert für Beschleunigung der Abläufe und mehr Dichte.

Strategien gefragt

Unter dem Titel „Stadtentwicklung – warum warten wir?“ veranstaltete die ÖWG ein Symposium in der Grazer Seifenfabrik. Gemeinsam mit den Vortragenden Architekt Roger Riewe, René Ziegler und Georg Eisenberger herrschte Einigkeit darüber, dass es Strategien für die Beschleunigung in den Abläufen braucht.

„Kostensteigerungen resultieren nicht nur aus den längeren Verfahren, sondern auch aus einer stetigen Verschärfung der Reglementarien. Beispiele dafür sind die Themen Barrierefreiheit oder aber auch energetische Standards im geförderten Wohnbau“, so Christian Krainer, Vorstandsdirektor von ÖWG Wohnbau und Obmann GBV Steiermark. Und: Wenn Innenentwicklung mit hoher Qualität und weniger Bodenverbrauch stattfinden soll, muss man offen über Dichte sprechen.

Erfolgskonzept Housing First

79 gemeinnützigen Bauvereinigungen haben bisher 793 Wohnungen im Rahmen von „Zuhause ankommen“ und „Housing First Österreich“ an wohnungslose Menschen übergeben. 1.861 ehemals wohnungslose Menschen wurden beim Neustart begleitet. Ende September startete das Sozialministerium ein neues „Housing First“-Programm. Rund 2.500 Menschen sollen dadurch in den nächsten zwei Jahren eine eigene Wohnung erhalten.

Insgesamt 1.200 Wohnungen von gemeinnützigen Bauvereinigungen und privaten Anbieter:innen werden dafür vermittelt. Bis Ende 2026 stellt das Sozialministerium insgesamt 20 Millionen Euro bereit. Abgewickelt wird das Programm von Housing First Österreich, einem Zweigverein der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, BAWO.

VWBF-Pressekonferenz am 24.9.2024

Wohnbau fördern

Was genau sind die Positionen der politischen Parteien zum Wohnbau? Das wollte der Verein für Wohnbauförderung wissen und schickte einen detaillierten Fragenkatalog an die Parteien. Die Antworten präsentierten VWBF-Obmann Michael Gehbauer und VWBF-Vorstandsmitglied Andrea Washietl am 24. September, kurz vor der Wahl.

Festgestellt wurde, dass trotz vieler unterschiedlicher Positionen alle Parteien das geförderte und leistbare Wohnen als wesentlich ansehen, auch zur Wiedereinführung der Zweckbindung bei der Wohnbauförderung gab es Konsens. Bei der Bodenpolitik gelte es jetzt, den geförderten Wohnbau zu priorisieren, so Gehbauer und Washietl. Die Antworten der Parteien sind auf der Website des VWBF nachzulesen.

Fotos: Neumayr, Richard Tanzer, ÖSW, Liebentritt, Matthias Witzany Photography/VWBF. Rendering: awp architekten und ingenieure zt gmbh

Gemeindebau Neu

Der neue Gemeindebau zwischen Montecuccoliplatz, Opitzgasse und Hochheimgasse, der auf einer bereits versiegelten Fläche gebaut wird, bietet 62 leistbare Wohnungen, Bezugstermin ist im Frühling 2025. Der Neubau in Niedrigstenergiestandard umfasst sechs Geschoße.

Die oberen Geschoße sind dabei stufenweise zurückgesetzt, sodass eine ausreichende Belichtung der benachbarten Gebäude gewährleistet ist. Jede Wohnung verfügt über einen Balkon oder eine Loggia. Die Freiräume stehen auch den Bewohner: innen des bestehenden Gemeindebaus zur Verfügung. Der Baustart für den 4. Donaustädter Gemeindebau Neu mit 148 Wohnungen erfolgte ebenso diesen Herbst.

Mit dem Neubau in der Dr.-Natterer-Gasse 2A und dem Karlheinz-Hora-Hof im 2. Bezirk, der Schäffergasse im 4. Bezirk, dem Barbara-Prammer-Hof und der Wohnhausanlage am Eisring Süd im 10. Bezirk, dem Wildgarten-Hof und Elisabeth-Schindler-Hof im 12. Bezirk, den Gemeindebauten in Neu Leopoldau und an der Ottilie-Bondy-Promenade im 21. Bezirk sowie in der Seestadt im 22. Bezirk wurden bisher insgesamt 1.151 erschwingliche und gleichzeitig hochwertige Gemeindewohnungen neu fertiggestellt.

Projektübergabe Seekirchen Salzburg Wohnbau v.l.n.r.: Thomas Maierhofer (Salzburg Wohnbau) , Konrad Pieringer (Bgm.) , LR Martin Zauner , Georg Grundbichler (GF Salzburg Wohnbau) , Andrea Eder-Gitschthaler (Bundesrätin) , Andreas Teufl (2. Präsident Salzburger Landtag)

Soziales Wohnkonzept

Mit der Übergabe des Hauses 2 des Neubauprojekts „seek-living“ wurde ein großes Wohnbauprojekt der Salzburg Wohnbau in Seekirchen abgeschlossen. In zwei Bauphasen wurden 185 Wohnungen errichtet, darunter Miet-, Mietkauf- und Eigentumswohnungen, zwei Doppelhaushälften sowie ein Kindergarten und ein Heim für Jugendliche der Einrichtung „Rolling Home“.

Dieses soziale Wohnkonzept vereint verschiedene Wohnformen in einer zentralen, dennoch ruhigen Lage. Thomas Maierhofer von der Salzburg Wohnbau unterstreicht die Bedeutung des Projekts: „Es wurde keine neue Fläche oder grüne Wiese bebaut, sondern bestehendes Land entsiegelt und neugestaltet. Damit bieten wir nun mehr als 300 Menschen ein neues Zuhause, mit nachhaltigen, energieeffizienten Lösungen und einem sozial durchmischten Wohnkonzept.“

v.l.n.r.: Georg Niedermühlbichler (SPÖ-Landtagsabgeordneter in Wien und Präsident der Mieter-vereinigung Österreichs), Michael Gehbauer (Obmann Verein für Wohnbauförderung, VWBF), Manfred Haimbuchner (Landeshauptmann-Stv. OÖ, FPÖ), Klaus Baringer (Obmann des Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen, GBV), Georg Prack (Wohnen-, Wohnbau- und Stadterneuerungssprecher, GRÜNE Wien), Gerald Gollenz (Obmann des Fachverbands Immobilien- und Vermögenstreuhänder), Andreas Huber (Ökonom, WU Wien), Christoph Schremmer (Österreichisches Institut für Raumplanung) und Robert Oberleitner (Obmann-Stv. VWBF)

Klares Signal

Der VWBF setzte mit seinem Fachsymposium „Wohnbau fördern. Was tun?“ im Ars Electronica Center in Linz mit Vertreter:innen aus Wissenschaft, Immobilienwirtschaft und Politik ein klares Signal für die drängenden Herausforderungen im geförderten Wohnbau.

Im Zentrum der Podiumsdiskussion stand – nach dem Impulsreferat von AK-Präsident Andreas Stangl und den wissenschaftlichen Vorträgen von Angela Pfister (ÖGB), Andreas Huber (WU Wien) und Christoph Schremmer (Österreichisches Institut für Raumplanung) – die dringliche Frage der nachhaltigen Finanzierung des geförderten Wohnbaus.

Innovatives Wohnviertel

Im Quartier „Am Hirschfeld“ in der Gerasdorfer Straße in Wien errichtete das ÖSW ein innovatives Wohnviertel mit insgesamt 110 geförderten bzw. supergeförderten Mietwohnungen. Die Wohnungen werden über Wärmepumpen, Erdwärme, Photovoltaikanlagen versorgt. Eine Bauteilaktivierung sorgt für Wärme und Kühle.

Nachhaltige Stadtentwicklung

In Melk errichtet Neues Leben eine Wohnhausanlage mit 46 Wohneinheiten, die maßgeblich zur nachhaltigen Stadtentwicklung beiträgt. Leyrer + Graf ist der Generalunternehmer, der seinen Fokus auf Ressourcenschonung und Construction Management legt, dabei wird höchste Effizienz in der Bauausführung gewährleistet, Kosten werden optimiert und Umweltauswirkungen minimiert.

Wohnungslosigkeit beenden

neunerhaus startet mit einer neuen Kampagne in den Herbst. Mit der aktuellen Kampagne „Wohnungslosigkeit beenden!“ wird eines der drängendsten Probleme thematisiert und zugleich Lösungswege aufgezeigt: Housing First als Plan A zur Beendigung von Wohnungslosigkeit, verbunden mit Veränderungen am Wohnungsmarkt.

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Selbe Adresse, dritte Wohnung, alles neu

Foto: privat

Gabriele und Herbert Althammer bewohnen nun die bereits dritte Wohnung in der Friedrich-Inhauser-Straße in Salzburg. Doch nach der energetischen Sanierung der Heimat Österreich ist alles viel besser – und sogar ein bisschen billiger.
WOJCIECH CZA

Eingezogen sind die beiden 1989, als Jungfamilie mit zwei kleinen Kindern, drei Zimmer mit Loggia, 70 Quadratmeter in Summe. „Für uns war der Einzug in die Friedrich-Inhauser-Straße eine Sensation“, sagen Gabriele und Herbert Althammer, sie war damals Magistratsbedienstete, er Projektleiter in einem internationalen Messebau- Unternehmen. „Zehn Jahre später, als unsere beiden Jungs schon größer waren, haben wir ein weiteres Zimmer benötigt, also sind wir innerhalb der Wohnhausanlage in eine Vier-Zimmer- Maisonette-Wohnung umgezogen, 95 Quadratmeter, alles war wunderbar.“

Mit der Zeit kamen erste bauphysikalische Probleme auf, undichte Fenster, Kondensat an den Wänden, Schimmel in den Ecken, morsches Holz auf den Balkonen. Das war der Moment, als der Bauträger Heimat Österreich beschloss, die Wohnhausanlage zu sanieren, den Bestand zu entkernen und aufzustocken und ein neues Technologie-Kapitel im gemeinnützigen Wohnbau aufzuschlagen. Begleitet wurde das Vorhaben von zwei Forschungsprojekten in Zusammenarbeit mit der FH Salzburg und dem Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen (SIR).

„Als wir gehört haben, dass die Wohnhausanlage saniert wird, haben wir uns wirklich riesig gefreut“, erinnern sich die beiden. „Wir lieben diese Gegend, wir fühlen uns richtig wohl hier, doch der Zustand der Wohnung war zuletzt recht schlimm, und die Heizkosten waren exorbitant hoch.“ Im Sommer 2017 wurden alle 73 Parteien einvernehmlich ausgesiedelt. Wer wollte, bekam von der Heimat Österreich eine Ersatzwohnung – mit der Option auf Rückkehr nach dem Umbau. Die Kosten für die Übersiedelung und den Wiederaufbau der Möbel wurden vom Bauträger übernommen.

„Im Dezember 2021, nach vier Jahren Bauzeit, sind wir wieder zurückgekommen, und jetzt bewohnen wir hier schon die dritte Wohnung! Das war’s jetzt aber mit dem Umziehen.“ Gabriele und Herbert Althammer wohnen heute wieder auf 74 Quadratmetern, zuzüglich Loggia. Die alten Möbel sind nun Geschichte, mit Ausnahme von zwei alten Kredenzen, die mitdurften, und natürlich auch der beiden Katzen Felix und Fibi, der Rest sind nigelnagelneue Möbel in warmen Erd- und Sandtönen, mit Hochglanzküche und großem Esstisch in der Wohnküche.

„Gutes Raumklima, kontrollierte Wohnraumlüftung und schalldichte Isolierfenster mit außenliegenden Jalousien, und trotzdem zahlen wir am Quadratmeter heute um einen Euro weniger Miete als vor dem Umbau – und das sogar inklusive Heizung und Warmwasser. Dass die Haustechnik im geförderten Wohnbau so etwas ermöglicht, ist nicht nur ein ökologischer Mehrgewinn, sondern auch eine finanzielle Entlastung. Für uns ein wichtiger Punkt, schließlich sind wir beide schon in Pension.“

Kein Wunder also, dass das Projekt mit dem Österreichischen Bauherrenpreis 2022 und dem Österreichischen Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit 2024 ausgezeichnet wurde. Vor ein paar Monaten war sogar das TVTeam von „Galileo“ zu Besuch.

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Das Delta zwischen grünem Wow und roter Null

Grünes und soziale Vorzeigeprojekt „Gnice“ der Heimat Österreich in Salzburg.
Grünes und soziale Vorzeigeprojekt „Gnice“ der Heimat Österreich in Salzburg.

Wir wissen: Grüne Technologien führen zu einer Kostenersparnis beim Heizen und bei der Warmwasser-Aufbereitung. Wir wissen aber auch: Komplexe, innovative Haustechniksysteme können mit höheren Baukosten zu Buche schlagen. Fragt sich am Ende also: Inwiefern profitieren die Mieter:innen in finanzieller Hinsicht davon? Eine Reise durch Salzburg, Tirol und Wien.
WOJCIECH CZAJA

So ähnlich wie eine Fußbodenheizung, nur halt nicht mit Estrich zugegossen, sondern unter der Bodenplatte direkt ins Kiesbett hineingelegt. Und auch um einiges größer, viel größer, also eigentlich riesig, um genau zu sein. „Wenn wir von Geothermie sprechen, dann meinen wir damit in der Regel einzelne Tiefenbohrungen mit Sonden, meist 100 bis 200 Meter in die Tiefe reichend“, sagt Dietmar Stampfer, Geschäftsführer des gleichnamigen Technischen Büros Stampfer mit Sitz in Salzburg. „Doch die wertvolle gespeicherte Sonnenenergie aus der Erde können wir, wenn wir nicht punktuell arbeiten, sondern stattdessen in die Fläche gehen, genauso gut aus einer viel höher liegenden Schicht ernten. Und genau das haben wir hier gemacht.“

Errichtet werden die 16 Häuser mit insgesamt 258 Miet- und Eigentumswohnungen der Heimat Österreich – die auf den bissl gar konstruierten Namen „Gnice“ hören, eine phonetische Anspielung auf den Salzburger Stadtteil Gneis – auf einer rund 10.000 Quadratmeter großen, zusammenhängenden Fundamentplatte. In der darunter liegenden Schotterschicht, die bei herkömmlichen Bautechnologien lediglich eine Ausgleichsfunktion übernimmt, werden in parallelen Linien knapp 70.000 Laufmeter Kunststoffschläuche verlegt. 70 Kilometer: Genug, um damit eine Luftlinie von hier bis zum Attersee zu ziehen und wieder zurück. Nachdem die Schläuche die längste Zeit des Jahres im Grundwasser liegen, ergibt sich in den Kieszwischenräumen eine meist vollständige Umspülung und somit eine entsprechend gute Wärmeübertragung von einem Medium aufs andere, vom Grundwasser auf die durchgepumpte Soleflüssigkeit.

Mithilfe einer Wärmepumpe, die – bilanziell gesehen – mit dem Strom der hauseigenen PV-Anlage auf den Dachflächen betrieben wird (500 kW Peak), wird die gewonnene Energie um den Faktor 4 nach oben skaliert. Damit können rund 60 Prozent des Heiz- und Warmwasserbedarfs gedeckt werden. Die restlichen 40 Prozent des Wärmebedarfs werden über Wärmerückgewinnung aus den vor Ort anfallenden Abwässern eingespeist – ob das nun Küche, Dusche, Badewanne, Geschirrspüler oder Waschmaschine ist. „Das ist kein wertloses Abwasser“, meint Stampfer, „das ist wertvolle Lebensenergie, die in einer Wohnhausanlage in Form von warmem Wasser kostenlos anfällt und die wir einfach entwärmen, um sie anschließend wieder in den Kreislauf zurückzuführen.“

Speicher mit 123 Tonnen Wasser

Über Bauteilaktivierung in den Betondecken wird die winterliche Wärme den Wohnungen zugeführt. Im Sommer können auf dieselbe Weise die Innenräume um zumindest zwei bis drei Grad nach unten temperiert werden. Die überschüssige, nicht benötigte Energie landet in einem gigantischen, fast 18 Meter hohen Tank mit drei Metern Durchmesser und 123.000 Litern Fassungsvermögen. Dieser befindet sich – halb unterirdisch, halb überirdisch, von außen jedenfalls völlig unsichtbar – in einem mehrgeschoßigen Schachtraum in einem der 16 Häuser.

Bei dem Projekt Gnice wurde soeben die Basis für die Geothermie errichtet.
„Die Baukosten im Gnice liegen sieben bis acht Prozent über einem herkömmlichen Wohnbau. 80 Prozent dieses Deltas werden über die Förderung abgefedert, dadurch können wir den Bewohner:innen eine günstige Miete weitergeben. Nachdem die Heizund Warmwasserkosten bei diesem Projekt wirklich minimal sind, kann ich sagen: Ja, Grün ist definitiv eine soziale Farbe.“
Stephan Gröger, Heimat Österreich

„Unsere Verantwortung ist es, den größten gemeinsamen Nenner für Umwelt und Bewohner:innenschaft zu finden.“
Michael Strobl, Strobl Architekten

„Wir haben uns entschieden, die Miete in der Wohngruppe Silberstreif nicht nur nach Größe, sondern auch nach Einkommen und Lage zu staffeln. Das ist unser Beitrag zur sozialen Nachhaltigkeit.“
Ursula Spannberger, künftige Bewohnerin der Wohngruppe Silberstreif

„Eine ökologisch nachhaltige Energieversorgung muss natürlich auch zu einer Reduktion der monatlichen Gesamtbelastung bei Mieterinnen und Mietern führen, sonst macht das alles keinen Sinn. Mit externen Betreiber: innen im Boot ist die Abrechnung und Kostenersparnis immer auch eine Frage des Systems.“
Senka Nikolić, Schwarzatal

„Ja, in Tirol ist Grün aufgrund der Förderstruktur definitiv eine soziale Farbe!“
Alexander Zlotek, Alpenländische

„Rein theoretisch liegt die jährliche Ersparnis für Heizung und Warmwasser bei einigen hunderten Euros pro Wohnung. Man muss nur aufpassen, dass dieses Delta nicht durch höhere Mieten und überhöhte Verwaltungs- und Dienstleistungskosten nicht aufgefressen wird.“
Philipp Radlegger, Bergland

„Ob es einen finanziellen Gewinn für die Mieter:innen gibt? Das weiß ich heute noch nicht. Bei großen Anergienetzen, die extern betrieben werden, müssen wir erst lernen, den Profit grüner Technologien zu bepreisen und die Schnittstellen entsprechend zu definieren.“
Karin Kieslinger, egw

„Ein ganz schön komplexes System, oder? Für uns jedenfalls ist Gnice die logische Weiterentwicklung unseres vielfach ausgezeichneten Wohnprojekts in der Friedrich-Inhauser- Straße“, erklärt Stephan Gröger, Geschäftsführer des gemeinnützigen Bauträgers Heimat Österreich. „Denn wenn man mit einem nachhaltigen haustechnischen Konzept erst einmal so viel Erfolg erzielt hat wie uns das gelungen ist, dann darf man sich nicht ausruhen, dann hat man die Verantwortung, das Gelernte zu nutzen und gleich weiterzumachen.“ Die Kontinuität hat in diesem Fall zu einem neuen Rekord geführt: Es ist das erste Mal in der Geschichte des österreichischen Wohnbaus, dass eine so große, gebäudeübergreifende Geothermieanlage realisiert wird.

„In gewisser Weise“, so Gröger, „ist dieses Projekt sogar um einiges radikaler und konsequenter als die Friedrich- Inhauser-Straße. Denn während wir dort noch einen Pellets-Kessel eingebaut haben, um im kalten Winter die Spitzenlasten abzufedern, haben wir das haustechnische Konzept mit den Architekt:innen und dem Technischen Büro Stampfer hier so gut ausgetüftelt, dass wir auf gar keine Verbrennung mehr zurückgreifen müssen. Wir schaffen es, den gesamten Heiz- und Warmwasserbedarf mit regenerativen Energien abzudecken.“

80 Prozent weniger Heizkosten

Unterm Strich, so die Prognose auf Basis der errechneten Daten, werden die Heizkosten in den Gnice-Wohnungen 80 Prozent unter dem marktüblichen Standard liegen – eine Reduktion auf ein Fünftel, das ist enorm. Fragt sich nur: Wird sich diese Heizkostenersparnis auch in der Gesamtwohnkostenbelastung niederschlagen? Oder aber sind die Baukosten aufgrund der grünen Technologien bei Gnice um so viel höher, dass sich diese in einer entsprechend höheren Miete widerspiegeln, womit der ökonomische Profit beim Mieter, bei der Mieterin am Ende des Tages bei null liegen wird? Ein finanzielles Nullsummenspiel also?

„Das ist eine gute und wichtige Frage, mit der sich wohl die gesamte Wohnbaubranche noch zu befassen haben wird“, so Gröger.

Zurückzuführen ist das Wohnprojekt Gnice auf ein kooperatives städtebauliches Verfahren. „Eigentlich“, erzählt Christian Lichtenwagner, Froetscher Lichtenwagner Architekten, „wären auf dem Areal im südlichen Salzburg viel mehr Wohnungen möglich gewesen, an die 400 laut Bauordnung und Flächenwidmung, aber das hätten die Anrainer:innen nicht zugelassen, das hätte das Projekt früher oder später zu Fall gebracht.“ Also entschied man sich, die Kritiker:innen mit ins Boot zu holen und ihre Einwände und Befürchtungen in den städtebaulichen Entwurf einfließen zu lassen.

Auf Basis eines gemeinsamen Masterplans der erstplatzierten Froetscher Lichtenwagner Architekten und des zweitplatzierten Büros Strobl Architekten wurden 16 frei stehende Wohnhäuser geplant, manche davon als klassischer Massivbau, manche in Holzhybrid-Bauweise mit Holzfaser- Dämmung. Die beiden Masterplanbüros planen rund die Hälfte des Bauvolumens. Für die restlichen 50 Prozent wurde ein eigener Wettbewerb ausgeschrieben, den das Schweizer Büro Harder Spreyermann gewonnen hat. In eines der Häuser wird die Seniorenwohngruppe Silberstreif mit insgesamt 30 Wohnungen einziehen, mit von der Partie die Salzburger Architektin und Partizipationsexpertin Ursula Spannberger. Für die Landschaftsarchitektur zeichnet Carla Lo verantwortlich. Geplante Fertigstellung: Sommer 2026.

Wohnbauten ohne fossile Energie sind bei Bergland bereits selbstverständlich – wie z. B. beim Projekt Schinking in Saalfelden mit 18 Wohneinheiten. Die PV-Anlage erzeugt den Strom für die Wärmepumpe.

Verzicht auf Contracting-Modelle

Nicht nur in der Großstadt, längst auch schon im ländlichen Österreich ist das Bauen ohne fossile Energieträger zum Standard geworden. „Wir verzichten bei unseren Projekten schon seit acht Jahren auf Gas, was nicht immer einfach zu realisieren ist, aber Herausforderungen sind bekanntlich ein guter Motor für Weiterentwicklung“, sagt Philipp Radlegger, Geschäftsführer und Vorstandsobmann der Salzburger Wohnbaugenossenschaft Bergland. „Bei uns kommt erschwerend hinzu, dass wir aufgrund der dezentralen Standorte in der Regel ohne Fernwärme und Nahwärme bauen und die Haustechnik entsprechend autark konzipieren müssen.“

Meist arbeitet die Bergland, wenn das Grundstück und die Bodenbeschaffenheit das zulassen, mit Geothermie und Wärmepumpe. Mittlerweile ein technologischer Fixstarter ist die in die Fassade und Dachlandschaft integrierte PV-Anlage, um mit dem gewonnenen Strom bilanziell die Wärmepumpe zu betreiben – so zum Beispiel beim neuen Bergland-Bürogebäude in Zell am See, einem Mixed-Use-Reconstructing- Projekt mit acht Mietwohnungen, oder beim Wohnbau Schinking in Saalfelden mit insgesamt 18 Wohneinheiten.

„Im Gegensatz zu Wien, wo viele Energieanlagen über Contracting-Modelle betrieben werden“, sagt Radlegger, „sind wir hier unser eigener Dienstleister und haben daher auch die Heiz- und Warmwasserkosten gut im Blick. Und ich kann mit Sicherheit sagen, dass sich die Kosten dank der neuen Technologien deutlich reduziert haben.“ Lagen diese bei strombetriebenen Heizungen früher bei ein bis 1,50 Euro pro Quadratmeter, so liegen die Wärmepumpenkosten heute bei einem Drittel davon. „Bislang wurde die ökologische Nachhaltigkeit in Salzburg in Energiepunkte umgerechnet. Daraus wurde das Ausmaß der Wohnbauförderung ermittelt. Ich würde mir wünschen, dass diese Differenzierung auch in der Novellierung der Salzburger Förderrichtlinien erhalten bleibt. Alles andere wäre leider ein großer Rückschritt.“

Robust und resilient

Ganz anders die Situation in Tirol, wo grüne Technologien in der Wohnbauförderung quasi als Mindestsoll auf der Tagesordnung stehen. So wurde das Integrationshaus, ein Kooperationsprojekt der Alpenländischen mit der Caritas und der Diözese Innsbruck, als Passivhaus errichtet und mit klima:aktiv Gold ausgezeichnet. Hinter dem baulichen Entwurf von Beaufort Architekten verbirgt sich eine vorgefertigte doppelschalige Betonaußenwand mit innenliegender Dämmung, hochkompakt im Volumen, wärmebrückenfrei in den Details, dazu eine Grundwasserwärmepumpe mit Bauteilaktivierung. Das Raumprogramm umfasst ein 2.000 Quadratmeter großes Caritas- Zentrum mit Beratungsstelle, Demenz- Zentrum, interreligiösem Gebetsraum und 21 Krisenwohnungen für den kurzfristigen Bedarf, in den Obergeschoßen gibt es zudem 73 geförderte Mietwohnungen.

„Natürlich ist die doppelschalige Bauweise nicht die günstigste Variante für den gemeinnützigen Wohnbau“, sagt Alexander Zlotek, Geschäftsführer Technik der Alpenländischen Gemeinnützige Wohnbau GmbH, „aber ich denke, dass uns hier in Zusammenarbeit mit Beaufort ein nachhaltiges, resilientes Projekt für viele Jahrzehnte gelungen ist.“ Die Heizkostenabrechnung erfolgt anteilig über die jeweilige Wohnnutzfläche, die Warmwasserkosten werden nach tatsächlichem Verbrauch abgerechnet. „Wir müssen im Rahmen unseres Auftrags“, so Zlotek, „zweckmäßig und kostensparend bauen und betreiben, und ich denke, dass wir in Tirol einen großen Startvorteil haben, denn mit der Wohnbauförderung des Landes Tirols, die stets das große Ganze im Blick hat, haben wir die allerbesten Voraussetzungen für eine nachhaltige Wohnbauentwicklung.“

Einer der Bewohner im Haus ist Tony Obergantschnig, 58 Jahre alt, Buschauffeur bei den Innsbrucker Verkehrsbetrieben. „Ich finde die Mischung aus geförderten Wohnungen und den Krisenwohnungen der Caritas sehr gut, denn sie sorgt dafür, dass ganz unterschiedliche Menschen miteinander ins Gespräch kommen und gemeinsam ihren Alltag bewältigen. Zu so vielen Kulturkreisen auf einmal hatte ich zuvor noch nie Kontakt. Die Architektur mit ihren Sichtbetonoberflächen hat zwar eine gewisse Härte, aber ich muss gestehen, dass mir das gut gefällt – vor allem, weil sich durch die Betonkernaktivierung, die hier verbaut ist, natürlich auch die Heizkosten reduzieren.“

Das Integrationshaus Innsbruck von der Alpenländischen erhielt klima:aktiv Gold.

Größtes Anergienetz Österreichs

Und in Wien? Eines der größten Stadtentwicklungsgebiete ist das Village im Dritten, das seit dem Büromasterplan von Norman Foster eine ökologische Kehrtwende hingelegt hat. Auf den Gründen des ehemaligen Aspangbahnhofs entsteht unter der Leitung von Austrian Real Estate (und nach einem neuerlichen, gemischtgenutzten Masterplan von Albert Wimmer und Ganahl/Ifsits/Larch ein Stadtquartier mit 1.900 Wohnungen für insgesamt 4.000 Menschen. Wichtigster ökologischer Beitrag ist – in Zusammenarbeit mit Wien Energie – ein Nahwärme- Anergienetz mit einigen Hunderten Tiefenbohrungen unter dem gesamten Areal. Es ist das größte Anergienetz Österreichs.

„Die ökologische Nachhaltigkeit hat gleich in mehrfacher Weise Auswirkung auf einen sozialen Benefit“, sagen Bettina Götz und Richard Manahl, Artec Architekten, die in Zusammenarbeit mit Dietrich Untertrifaller und den beiden Bauträger:innen Heimbau und Altmannsdorf Hetzendorf das Baufeld 7 bebauen. „Wir können nicht nur die Heiz- und Warmwasserkosten massiv reduzieren, die Mieter:innen haben auch den Vorteil, dass sie keine Heizkörper sowie raumhohe Verglasungen mit passiven Solargewinnen im Winter haben.“ Im Sommer kann man die Balkone mit einem Außenvorhang zuziehen, sehr poetisch, zudem sorgt die Fassadenbegrünung vor den Loggien für zusätzliche Verschattung.

Auf dem Baufeld 11B errichtet die Schwarzatal mit feld72 und einszueins Architektur das Wohnhaus vis-à-vis in Holzhybridbauweise mit insgesamt 111 Wohnungen, davon 46 Wohneinheiten für die Baugruppe Vis-à-Wien, einem viergruppigen Kindergarten, einer Wohngemeinschaft für SOS Kinderdorf sowie einem Stadtteilzentrum, das über die Gebietsbetreuung betrieben wird. Begleitet wird das Bauvorhaben von einem Forschungsprojekt, das sich mit der Frage beschäftigt, wie CO₂- Emissionen in der Herstellung und Errichtung effizient reduziert werden können. Das Fördervolumen der Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) beträgt 500.000 Euro, im Februar 2025 werden die Endergebnisse vorliegen.

„Zu Forschungszwecken haben wir das gesamte Projekt in vier verschiedenen Bauvarianten durchgeplant und hinsichtlich CO₂-Fußabdruck minutiös durchgerechnet“, sagt Markus Zilker, Partner bei einszueins. „Die größte Überraschung für uns war, dass ein Stahlbeton-Skelett mit vorgehängter Holzfassade lediglich sieben Prozent CO₂-Ersparnis bringt. Bei der von uns gewählten Bauweise jedoch können wir im Vergleich zu einem klassischen Massivbau in Stahlbeton rund 2.600 Tonnen Kohlendioxyd einsparen. In solchen Entscheidungen wird sich weisen, ob wir die Klimaneutralität schaffen werden oder nicht.“

Village im Dritten, Baufeld 7, von Heimbau, Altmannsdorf und Hetzendorf, geplant von Artec Architekten und Dietrich Untertrifaller

ESG als Forschungsfeld

Kritisch beurteilt Zilker die noch fehlende Bereitschaft einiger Stakeholder, sich mit grünen Technologien ernsthaft auseinanderzusetzen und die Einsparungspotenziale an die Endnutzer: innen weiterzugeben. Schon die Holzhybridbauweise bereitet im Bewilligungsverfahren große Probleme. Einem negativen Bewilligungsbescheid konnte nur mit einem aus eigener Tasche finanzierten Großbrandversuch entgegengewirkt werden. „Und was die Zusammenarbeit mit Wien Energie betrifft, so sind nachhaltige Quellen und Energieaufbereitungen natürlich sinnvoll und amortisieren sich in der Regel schon nach wenigen Jahren. Aber dazu braucht man auch einen Energiebetreiber, der mit fairen Konditionen in den Markt hineingeht“, so Zilker.

Eines der haustechnischen Highlights im Village im Dritten ist ohne jeden Zweifel das Projekt am Baufeld 10.


Praxis-Check

Käthe-Dorsch-Gasse
Auf einer ÖBB-Restfläche neben den Westbahngleisen in Wien-Penzing errichteten die Migra und die wbv-gpa zwei Wohnhäuser. Zur haustechnischen Ausstattung zählen nicht nur Geothermie, sondern auch Wärmerückgewinnung aus Abwasser und sogar – erstmals in Österreich in Anwendung – Wärmekollektoren unter dem Asphalt. Um das Projekt im Alltag auf Herz und Nieren zu prüfen, fand Ende September in Kooperation mit der Wohnen Plus Akademie ein Praxis-Check statt. Die allgemeine Erkenntnis des Tages: Mit den neuen Technologien treten auch neue Akteur: innen auf den Markt, und die Bauträger:innen sind gefordert, das jeweils richtige Haustechnik- und Betreiber:innenmodell zu finden. Die Wohnhausanlage mit insgesamt 455 Wohnungen – darin waren sich alle Beteiligten einig – ist ein Pionierprojekt, von dem man viel lernen kann. Aktuell läuft ein Monitoring zu sozialen, technischen und ökonomischen Themen. 2025 sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden.

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„Nicht in Raketentechnologien denken!“

Village im Dritten, Baufeld 11B, von Schwarzatal, feld72 und einszueins Architektur
Village im Dritten, Baufeld 11B, von Schwarzatal, feld72 und einszueins Architektur

Je schneller wir aus der Denkschiene der Raketentechnologien rauskommen, meint ÖGUT-Projektmanagerin Franziska Trebut, desto eher können wir innovative Konzepte zum State-of-the-Art machen.
WOJCIECH CZAJA

Das vorliegende Heft steht unter dem Titel „Grün ist eine soziale Farbe“. Können Sie diesem Motto etwas abgewinnen?

Ja, natürlich! Ohne jeden Zweifel sind die sozial und wirtschaftlich Schwächeren von den Folgen des Klimawandels am stärksten betroffen. Insofern sind Gebäude, die grüne Technologien einsetzen, vor allem für diese Zielgruppe gut und wichtig.

Inwiefern wirkt sich grünes, ökologisches, klimabewusstes Bauen denn konkret auf die Wohn- und Lebenskosten aus?

Im Winter denke ich vor allem an die Energieabhängigkeit von Russland und an die zum Teil massiven Preisschwankungen bei den Heizkosten. Aber auch der Sommer macht mir zunehmend Sorgen. Das zeigt allein schon ein Blick auf den letzten Juli und August. Aktive Kühlung und Wohnraumtemperierung werden immer wichtiger – nicht nur im Neubau, sondern auch im Bereich Sanierung.

Klimabewusster Wohnbau, hört man oft, sei je nach Bauweise und Haustechnik meist um zehn bis 20 Prozent teurer als ein herkömmlich errichtetes Wohngebäude. Wie findet man da die richtige, sozialverträgliche Balance zwischen Baukosten, Mietbelastung und laufenden Betriebskosten?

Ich würde eher von fünf bis zehn Prozent Mehrkosten sprechen. Je mehr wir diese neuen Technologien nicht mehr als Raketentechnologien behandeln, sondern als State-of-the-Art, desto eher können wir das Delta auf null senken. Und gerade für den gemeinnützigen Wohnbau können auch Förderungen die Differenz abpuffern. Der Sanierungsbonus des Bundes tut dies beispielsweise mit einem höheren Fördersatz für die gbv.

Village im Dritten, Baufeld 10, von Arwag, Gerner Gerner Plus, heri&salli

57 Prozent aller zertifizierten klimaaktiven Geschoßwohnbauten wurden bislang von der gbv errichtet. Wie lässt sich das statistisch in die österreichische Gesamtwohnbauleistung einordnen?

Die Zahl ist schon sehr gut! Die Vorreiter sind Wien, Tirol und Kärnten. Manche Bauträger:innen und Projektquartiere wie etwa die Alpenländische, die Neue Heimat Tirol (NHT) und die Seestadt Aspern machen bereits standardmäßig TQB oder klimaaktiv- Standard – und vermarkten das auch entsprechend in der Unternehmenskommunikation.

Und wer sind die Schlusslichter?

Oberösterreich. Und auch das Burgenland, was aber auch mit dem geringen Anteil an Geschoßwohnbau zu tun hat.

Welche Bauweisen, Energieträger und Gebäudetechnologien haben in der Gemeinnützigkeit die Nase vorn? Was hat sich bewährt? Haben Sie da einen Überblick?

Da sprechen wir vor allem von Wärmepumpen, Wärmerückgewinnung, Photovoltaik, 3-Scheiben-Isolierfenstern, Wärmebrückenfreiheit, kompakten Bauformen, gut gedämmten Hüllen sowie von kontrollierter Wohnraumlüftung. Bei einigen Gemeinnützigen sind immer öfter auch moderate Kühlungen im Einsatz. Was ich leider komplett vermisse, sind umfassende Ansätze für Rückbau und Kreislauffähigkeit. In den Fachgremien ist das schon ein Thema, aber in der Realität wirft das noch viele, viele Fragezeichen auf.

Der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) sieht vor, dass Österreich seine klimaschädlichen Emissionen bis 2030 um 48 Prozent senken muss. Das sind noch sechs Jahre. Wird sich das ausgehen?

Die 48 Prozent Senkung betrifft den Querschnitt über alle Sektoren. Während wir bei der Raumwärme schon gute Fortschritte gemacht haben und den Anteil der erneuerbaren Energieträger auf 35,5 Prozent ausbauen konnten, sind die Verkehrsemissionen so hoch wie noch nie. Also nein, das wird sich definitiv nicht ausgehen.

Vom geplanten Erneuerbare-Wärme- Gesetz (EWG) blieb nur wenig erhalten, was den schrittweisen, gesetzlich vorgeschriebenen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen betrifft. Ist das für die Transformation des gebauten Bestands nicht ein K.O.-Kriterium?

Doch, leider. Österreich hat sich vorgenommen, bis 2040 klimaneutral zu werden, was ohnehin schon sehr ambitioniert war. Mit dem Scheitern des EWG ist dieses Ziel nun reine Utopie. Aber: Mit dem Fit-for-55-Paket der EU, darunter die neue Gebäuderichtlinie (EPBD 2024) und die Energieeffizienzrichtlinie (EEDIII), die in den nächsten zwei Jahren auch auf nationaler Ebene verpflichtend umgesetzt werden müssen, könnte die Sanierungs- und Dekarbonisierungspflicht des Bestands als eine Art EWG 2.0 durch die EU-Hintertür wieder zurückkommen.


Franziska Trebut

Franziska Trebut ist wissenschaftliche Projektmanagerin in der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) und leitet da die Bereiche Energie, innovatives Bauen und Sustainable Finance. Unter anderem arbeitet sie im Programmmanagement von klimaaktiv Gebäude.

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Grün und behaglich

Von außen und innen gut durchlüftet: Das Plusenergie-Quartier Campo Breitenlee der ÖVW und Wiener Heim
Von außen und innen gut durchlüftet: Das Plusenergie-Quartier Campo Breitenlee der ÖVW und Wiener Heim

Eine klimagerechte Energieversorgung ist das Ziel, doch dabei dürfen Komfort und Benutzbarkeit für die Bewohner:innen nicht vergessen werden. Die Forschung als auch erste Praxiserfahrungen liefern hier wichtige Erkenntnisse.
MAIK NOVOTNY

Der Weg in die dekarbonisierte Zukunft lässt sich in Wien heute schon an konkreten Stadtvierteln ablesen. Da wären die vier von der Stadt definierten Pilotquartiere für die Initiative „Raus aus Gas“, oder auch das Quartier „Village im Dritten“, ein Stadtteil mit 500 Erdwärmesonden, mit Photovoltaik-Anlagen und mit Anergienetzen. Auch die Arwag hat neben anderen Bauträger:innen einige ihrer postfossilen Leitprojekte in Wien-Landstraße angesiedelt. Bei einem von diesen lieferte die Adresse in der Grasbergergasse schon die Steilvorlage für die Namensgebung „gras.green.living“.

Bis 2025 entstehen hier 108 Wohneinheiten, davon 75 geförderte Mietwohnungen und 33 frei finanzierte Eigentumswohnungen mit Mietkaufoption. Grasgrün wird es dann nicht nur aus den Pflanztrögen der Balkone wuchern, sondern auch unsichtbar im energetischen System. Mit Bauteilaktivierung und Photovoltaikanlage am Dach wird ein Niedrigenergiehausstandard mit klimaaktiv-Silber-Gebäudezertifizierung erreicht.

Kältemaschinen und Rückkühler temperieren das Gebäude. Die Heizung und Warmwasseraufbereitung erfolgt mit Fernwärme. Der kalkulierte Heizwärmebedarf wird dann 23,3 kWh pro Quadratmeter und Jahr betragen, bei einer Gesamtenergieeffizienz (fGEE) von 0,68.

Stabilität und Kosteneffizienz

Das grasgrüne Projekt soll und wird kein Einzelfall sein, denn die Arwag hat die Zweitrolle als Energieversorger, die immer mehr Bauträger:innen heute übernehmen, zur Hauptrolle gemacht. Das Tochterunternehmen Arwag Energy bietet Gesamthauslösungen mit Energieversorgungsanlagen (EVA). Damit sollen angesichts des im Umbruch befindlichen Energiemarkts langfristige Stabilität und Kosteneffizienz für die Bewohner:innen garantiert werden. Die EVA basieren auf Photovoltaik, Wärmepumpen und der Nutzung von Umweltenergie aus Grundwasser und Umgebungsluft. Diese Systeme ermöglichen eine nahe- zu klimaneutrale Energieversorgung und reduzieren CO₂-Emissionen um rund 250 Gramm pro Kilowattstunde.

„Wir setzen konsequent auf erneuerbare Energien, um sowohl die Wohnqualität als auch die ökologische Bilanz unserer Gebäude zu verbessern“, sagt Thomas Drozda, Arwag Holding-AG. „Die Akzeptanz bei den Bewohner:innen ist durchweg positiv. Die Transparenz und die langfristige Preisstabilität, die wir durch die Vor-Ort-Energieproduktion bieten können, sorgen für Vertrauen und Zufriedenheit. Wir stellen fest, dass die Bereitschaft, sich für nachhaltige und innovative Energiekonzepte zu öffnen, enorm gestiegen ist.“

Ein viertel grün der Alpenland, egw und Heimat Österreich in Wiener Neustadt wird bis 2027 fertiggestellt.

Pilotprojekt Plusenergie-Quartier

Denn die Installation von Photovoltaik, Wärmepumpen und aktivierten Bauteilen ist das eine, die Akzeptanz durch die Nutzer:innen das andere. Eine sogenannte Post-Occupancy-Evaluation ist in der Forschung bereits eine etablierte Methode, um das Nutzer:innen-Verhalten bei Plusenergie- und Passivhaus- Wohnanlagen zu analysieren. Auch das Forschungsprojekt ZQ3Demo der österreichischen Förderagentur FFG widmet sich mit drei Pilotprojekten der Realisierung und Evaluierung von Plusenergie-Quartieren.

Das erste dieser Quartiere, der Campo Breitenlee an der Podhagskygasse im 22. Wiener Gemeindebezirk mit insgesamt 325 Wohneinheiten, mehreren Gemeinschaftsräumen, einem Kindergarten sowie Coworking-Spaces wurde Mitte 2024 fertiggestellt. Als Bauträger:innen fungieren das ÖVW und Wiener Heim, die den Bauträger:innenwettbewerb im Team mit Synn Architekten und Treberspurg & Partner Architekten gewannen.

„Im Bauträger:innenwettbewerb war seitens Wien Energie ein Energiekonzept vorgesehen, das in Peak-Zeiten noch mit Gas arbeitet“, sagt Christoph Treberspurg. „Wir haben dann eine Plusenergie-Alternative mit 100 Prozent erneuerbaren Energieträgern vorgeschlagen.“ Konkret: Ein Erdsondenfeld für die Bauteilaktivierung sowie großflächige Photovoltaik am Dach.

Konstante Komforttemperatur

Die Bauteilaktivierung ist eine sehr gute Lösung mit hohem Wohnkomfort, weil sie Heizen und Kühlen kombiniert und mit geringen Vorlauftemperaturen arbeitet, so Treberspurg. „Wir haben im Rahmen des Forschungsprojekts gemeinsam mit der Boku eine prädiktive Regelung entwickelt, die Wetterdaten zwei Tage im Voraus ausliest und die solaren Gewinne berechnet. Beim Campo Breitenlee wurden 15 repräsentative Wohneinheiten sowie eine der zwei Technikzentralen ausgestattet und werden im Rahmen eines Monitorings mit den herkömmlichen Wohneinheiten verglichen.“

Die Frage, wie ein solch ausgeklügeltes Konzept von den Nutzer:innen tatsächlich angenommen und angewendet wird, hat auch die Architekt:innen intensiv beschäftigt. „Darüber haben wir uns lange den Kopf zerbrochen und sehr viel ausgetestet“, sagt Treberspurg. „Bei der Bauteilaktivierung kann ich die Temperatur, die von der Wärmepumpe bestimmt wird, herunterregeln, aber nicht steigern, und hohe Differenzen innerhalb der Wohnung sind nicht möglich. Das ist natürlich eine andere Art des Heizens, aber eben eine mit konstanter Komforttemperatur.“

Die ersten Ergebnisse des technischen Monitorings werden etwa in einem Jahr vorliegen, erste Erkenntnisse gibt es jedoch schon jetzt. Die technische Umsetzung sei kein Problem, die Herausforderung liege vor allem bei den rechtlichen Rahmenkonstrukten, erklärt Bettina Krauk von Synn Architekten. „Hier ist derzeit viel in Bewegung. Die Bewohner:innen können ihren Stromanbieter frei wählen und sich für andere Anbieter:innen entscheiden, dann ist aber das Energiekonzept wahrscheinlich nicht mehr wirtschaftlich.“

Pilotprojekt der Arwag in Wien: gras.green.living wird 2025 fertiggestellt.

Trotz klimatischer Veränderungen

Noch am Anfang steht ein weiteres Quartier, bei dem das Grüne Namen und Programm ist: Das Stadtquartier „ein viertel grün“ in Wiener Neustadt. Hier entsteht in Kooperation der drei Bauträger: innen Alpenland, egw und Heimat Österreich Wohnraum für rund 1.200 Menschen. Der Spatenstich für den ersten Bauteil erfolgte im Herbst 2023, bis voraussichtlich Frühjahr 2027 soll das komplette Quartier bezogen werden.

Das „Grün“ steckt hier sowohl in der großzügigen Bepflanzung von Außenraum, Fassaden und Dächern als auch in der Verwendung von schadstoffarmen Baustoffen, natürlicher Belüftung sowie energieeffizienten Heiz- und Kühlsystemen, namentlich Photovoltaikanlagen und Wärmepumpen.

Ziel ist es hier, Gebäude zu schaffen, die auch in 50 Jahren unter sich verändernden klimatischen Bedingungen funktional sind und ein komfortables Wohn- und Arbeitsklima bieten. Dabei geht die egw mit eigenem Beispiel voran: „Wir freuen uns, dass dieses Wohnquartier nach einer langen Entwicklungsphase nun Wirklichkeit wird und wir als egw auch zukünftig unseren Bürostandort im Quartier haben werden“, freut sich egw-Geschäftsführerin Karin Kieslinger. So kann die Evaluierung buchstäblich in-house erfolgen.

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Schlüsselfunktion der Bauwirtschaft

Wohnbau am Kreckerweg in Bruck an der Mur – die Siedlungsgenossenschaft Ennstal errichtet 63 geförderten Mietwohnungen mit Kaufoption.
Wohnbau am Kreckerweg in Bruck an der Mur – die Siedlungsgenossenschaft Ennstal errichtet 63 geförderten Mietwohnungen mit Kaufoption.

Die ausführende Bauwirtschaft trägt entscheidend zur Entwicklung nachhaltiger und effizienter Gebäude bei, wobei Herausforderungen von der Planung bis zur Ausführung bestehen und gerade eine ganzheitliche Lebenszyklusbetrachtung zunehmend an Bedeutung gewinnt.
LINDA PEZZEI

Eine gute Planung garantiert nicht automatisch eine gute Bauausführung. Der höchste CO₂-Ausstoß geschieht während der Errichtungsphase, was die Bedeutung nachhaltiger Baumaterialien und -methoden unterstreicht. Die Koordination zwischen den Beteiligten und die Einhaltung von Zeit- und Kostenplänen können sich als Stolpersteine erweisen. Die gute Nachricht: Nachhaltiges Bauen wird zunehmend als kostenbewusste Strategie angesehen – Betriebskosten können sich so auf lange Sicht senken lassen, auch wenn die anfänglichen Investitionen höher ausfallen können.

Die Betrachtung der Lebenszykluskosten eines Gebäudes, die alle Phasen von der Planung bis zum Rückbau umfassen, ist daher entscheidend, wenn es darum geht, einen klimaneutralen Betrieb zu erreichen. Die Integration digitaler Tools und eine ganzheitliche Lebenszyklusbetrachtung können dabei nützlich sein. Um eine durchdachte Planung auch bestmöglich zur Ausführung zu bringen, bedarf es einer entsprechenden Koordination zwischen Planung und Ausführung.

Die Wirtschaftlichkeit am Prüfstand 
Die Lebenszykluskosten umfassen alle Kosten, die während der gesamten Lebensdauer eines Gebäudes – von der Planung, Erstellung und Nutzung bis hin zum Abriss – anfallen. Die Berechnung der Lebenszykluskosten dient dazu, die Wirtschaftlichkeit von Bauprojekten zu bewerten und fundierte Investitionsentscheidungen zu treffen. Dies erfolgt häufig mit der Kapitalwertmethode, bei der die Barwerte aller zukünftigen Kosten summiert werden. Diese Methode hilft insbesondere beim Vergleich verschiedener Bauvarianten oder Gebäude.

Strategien zur Qualitätssicherung

Das bestätigt auch Kerstin Robausch- Löffelmann, Technisch-operativer Vorstand der BWS-Gruppe: „Die frühzeitige und enge Zusammenarbeit zwischen allen Projektbeteiligten halte ich für essenziell. Planung und Ausführung müssen miteinander abgestimmt werden, und das am besten von Beginn an.“

Das unterstreicht ebenso Johannes Tratter, Technischer Geschäftsführer der Neuen Heimat Tirol: „Mit optimierten Planungen und klaren Vorgaben bei der Bauausführung lassen sich die Kosten in Grenzen halten. Es gelingt uns zudem immer wieder, durch innovative Lösungen neue Akzente zu setzen – wie aktuell bei einem Projekt in der Planungsphase in Innsbruck, für das Strom mittels Wasserstofftechnik erzeugt wird und das Gebäude damit komplett energieautark betrieben werden soll.“

„Eine der größten Herausforderungen ist die Vielfalt und Komplexität der Regelwerke in Österreich.“

Kerstin Robausch-Löffelmann

Robausch-Löffelmann sieht klar definierte Abläufe und die Digitalisierung der Prozesse als noch oft ungenutztes Potenzial, das noch deutlich besser ausgeschöpft werden könnte. Bei der Siedlungsgenossenschaft Ennstal finden zur Optimierung der Zusammenarbeit zudem regelmäßige Projektbesprechungen statt, an denen ab der Entwurfsphase alle Planer:innen, Sonderfachleute sowie die Ausschreibenden/ ÖBA teilnehmen, sodass Verbesserungen direkt in laufende oder zukünftige Projekte integriert werden können.

CO²-Ausstoß beim Bau

„Aufgrund der engen Kostenrahmen im geförderten Wohnbau und der Obergrenzen hinsichtlich der maximalen Errichtungskosten pro Quadratmeter Nutzfläche sind innovative Baumaterialien und -techniken leider nur begrenzt umsetzbar“, weiß Wolfram Sacherer, Vorstandsdirektor der Siedlungsgenossenschaft Ennstal. „Trotzdem verfolgen wir gezielt Strategien zur Minimierung des CO₂-Ausstoßes während der Bauphase, indem wir verstärkt auf den Einsatz von Recyclingmaterialien, wie beispielsweise Ausgleichsschüttungen setzen und regionale Baustoffe wie Ziegel, Beton und Holz bevorzugen.“

Auch die Beauftragung regionaler Unternehmen sieht Sacherer als wichtige Drehschraube, um Transportwege zu minimieren. Ein aktuelles Referenzprojekt der NHT ist ein in Bau befindliches Wohnbauprojekt in der Gemeinde Volders, dessen Energieversorgung sich besonders klimafreundlich gestaltet. „Zudem stellen wir derzeit sämtliche zentralbeheizten Bestandsanlagen auf erneuerbare Energieträger um und wollen hier bis 2030 komplett CO₂-frei sein“, ergänzt Tratter.

Die BWSG sieht sich als gemeinnütziger Bauträger vor besondere Herausforderungen gestellt: „Einerseits wird es in den kommenden Jahren besonders wichtig, leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, gleichzeitig wollen wir unsere Gebäude möglichst nachhaltig errichten. Um diese Ziele in Einklang zu bringen, ist es wichtig, die Lebenszykluskosten eines Gebäudes zu betrachten“, so Robausch-Löffelmann. Höhere Anfangsinvestitionen in nachhaltige Materialien und Technologien könnten laut Robausch-Löffelmann durch niedrigere Betriebskosten und eine längere Lebensdauer ausgeglichen werden. Auch neue Finanzierungsansätze dürften in Zukunft eine größere Rolle spielen, um die Finanzierbarkeit von nachhaltigen Projekten zu gewährleisten.

„Um die Lebenszykluskosten zu optimieren und einen klimaneutralen Betrieb zu gewährleisten, setzt die Siedlungsgenossenschaft Ennstal auf verschiedene Maßnahmen. Dazu gehören der Einsatz von Photovoltaik und Solarthermie, die bevorzugte Nutzung von Fernwärme aus nachwachsenden Rohstoffen sowie der Bau von Holzgebäuden, bei denen die Trennbarkeit von Materialien bei einem möglichen späteren Abbruch möglich ist“, so Sacherer, „aktuell arbeiten wir an der Nachrüstung von PV-Anlagen auf bestehenden Mietwohnungen. Zudem führen wir fortlaufend thermische Sanierungen von Wohngebäuden durch, um deren Energieeffizienz weiter zu steigern.“ Für die Ennstal wäre es wünschenswert, wenn das Fördersystem dahingehend erweitert würde, dass durch höhere Investitionen im Bau langfristig mehr Kosten und Ressourcen eingespart werden könnten.

Die Neue Heimat Tirol errichtet derzeit in Volders eine Wohnanlage mit 18 Mietwohnungen, 40 Eigentumswohnungen sowie sechs Reihenhäusern.

Konkrete Maßnahmen

Die Energieeffizienz eines Gebäudes zu optimieren, sieht Robausch-Löffelmann als ersten und wichtigsten Schritt: „Hochwertige Dämmung, energieeffiziente Fenster und Türen sowie die Optimierung der Gebäudetechnik minimieren den Energiebedarf für Heizen und Kühlen. Der Einsatz von LEDBeleuchtung und sensorgesteuerten Systemen verringert den Energieverbrauch zusätzlich. Dazu kommt der Einsatz von erneuerbaren oder nachhaltigen Energiequellen in Kombination mit intelligenten Steuerungssystemen.“

Langlebige und nachhaltige Baumaterialien sowie eine nachhaltige Wassernutzung oder auch CO₂- Kompensation könnten zudem Teil des Konzepts sein. „Langfristiges Ziel ist es – kurz gesagt –, den Energiebedarf zu minimieren und den verbleibenden Verbrauch durch saubere Energiequellen zu decken. Als gemeinnützige Wohnbauvereinigung sehen wir es als unsere Verantwortung, hier eine Vorreiterrolle einzunehmen und innovative Lösungen zu entwickeln, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltig sind“, so Robausch-Löffelmann.

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