Das Delta zwischen grünem Wow und roter Null

Wir wissen: Grüne Technologien führen zu einer Kostenersparnis beim Heizen und bei der Warmwasser-Aufbereitung. Wir wissen aber auch: Komplexe, innovative Haustechniksysteme können mit höheren Baukosten zu Buche schlagen. Fragt sich am Ende also: Inwiefern profitieren die Mieter:innen in finanzieller Hinsicht davon? Eine Reise durch Salzburg, Tirol und Wien.
WOJCIECH CZAJA

So ähnlich wie eine Fußbodenheizung, nur halt nicht mit Estrich zugegossen, sondern unter der Bodenplatte direkt ins Kiesbett hineingelegt. Und auch um einiges größer, viel größer, also eigentlich riesig, um genau zu sein. „Wenn wir von Geothermie sprechen, dann meinen wir damit in der Regel einzelne Tiefenbohrungen mit Sonden, meist 100 bis 200 Meter in die Tiefe reichend“, sagt Dietmar Stampfer, Geschäftsführer des gleichnamigen Technischen Büros Stampfer mit Sitz in Salzburg. „Doch die wertvolle gespeicherte Sonnenenergie aus der Erde können wir, wenn wir nicht punktuell arbeiten, sondern stattdessen in die Fläche gehen, genauso gut aus einer viel höher liegenden Schicht ernten. Und genau das haben wir hier gemacht.“

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Errichtet werden die 16 Häuser mit insgesamt 258 Miet- und Eigentumswohnungen der Heimat Österreich – die auf den bissl gar konstruierten Namen „Gnice“ hören, eine phonetische Anspielung auf den Salzburger Stadtteil Gneis – auf einer rund 10.000 Quadratmeter großen, zusammenhängenden Fundamentplatte. In der darunter liegenden Schotterschicht, die bei herkömmlichen Bautechnologien lediglich eine Ausgleichsfunktion übernimmt, werden in parallelen Linien knapp 70.000 Laufmeter Kunststoffschläuche verlegt. 70 Kilometer: Genug, um damit eine Luftlinie von hier bis zum Attersee zu ziehen und wieder zurück. Nachdem die Schläuche die längste Zeit des Jahres im Grundwasser liegen, ergibt sich in den Kieszwischenräumen eine meist vollständige Umspülung und somit eine entsprechend gute Wärmeübertragung von einem Medium aufs andere, vom Grundwasser auf die durchgepumpte Soleflüssigkeit.

Mithilfe einer Wärmepumpe, die – bilanziell gesehen – mit dem Strom der hauseigenen PV-Anlage auf den Dachflächen betrieben wird (500 kW Peak), wird die gewonnene Energie um den Faktor 4 nach oben skaliert. Damit können rund 60 Prozent des Heiz- und Warmwasserbedarfs gedeckt werden. Die restlichen 40 Prozent des Wärmebedarfs werden über Wärmerückgewinnung aus den vor Ort anfallenden Abwässern eingespeist – ob das nun Küche, Dusche, Badewanne, Geschirrspüler oder Waschmaschine ist. „Das ist kein wertloses Abwasser“, meint Stampfer, „das ist wertvolle Lebensenergie, die in einer Wohnhausanlage in Form von warmem Wasser kostenlos anfällt und die wir einfach entwärmen, um sie anschließend wieder in den Kreislauf zurückzuführen.“

Speicher mit 123 Tonnen Wasser

Über Bauteilaktivierung in den Betondecken wird die winterliche Wärme den Wohnungen zugeführt. Im Sommer können auf dieselbe Weise die Innenräume um zumindest zwei bis drei Grad nach unten temperiert werden. Die überschüssige, nicht benötigte Energie landet in einem gigantischen, fast 18 Meter hohen Tank mit drei Metern Durchmesser und 123.000 Litern Fassungsvermögen. Dieser befindet sich – halb unterirdisch, halb überirdisch, von außen jedenfalls völlig unsichtbar – in einem mehrgeschoßigen Schachtraum in einem der 16 Häuser.

Bei dem Projekt Gnice wurde soeben die Basis für die Geothermie errichtet.
„Die Baukosten im Gnice liegen sieben bis acht Prozent über einem herkömmlichen Wohnbau. 80 Prozent dieses Deltas werden über die Förderung abgefedert, dadurch können wir den Bewohner:innen eine günstige Miete weitergeben. Nachdem die Heizund Warmwasserkosten bei diesem Projekt wirklich minimal sind, kann ich sagen: Ja, Grün ist definitiv eine soziale Farbe.“
Stephan Gröger, Heimat Österreich

„Unsere Verantwortung ist es, den größten gemeinsamen Nenner für Umwelt und Bewohner:innenschaft zu finden.“
Michael Strobl, Strobl Architekten

„Wir haben uns entschieden, die Miete in der Wohngruppe Silberstreif nicht nur nach Größe, sondern auch nach Einkommen und Lage zu staffeln. Das ist unser Beitrag zur sozialen Nachhaltigkeit.“
Ursula Spannberger, künftige Bewohnerin der Wohngruppe Silberstreif

„Eine ökologisch nachhaltige Energieversorgung muss natürlich auch zu einer Reduktion der monatlichen Gesamtbelastung bei Mieterinnen und Mietern führen, sonst macht das alles keinen Sinn. Mit externen Betreiber: innen im Boot ist die Abrechnung und Kostenersparnis immer auch eine Frage des Systems.“
Senka Nikolić, Schwarzatal

„Ja, in Tirol ist Grün aufgrund der Förderstruktur definitiv eine soziale Farbe!“
Alexander Zlotek, Alpenländische

„Rein theoretisch liegt die jährliche Ersparnis für Heizung und Warmwasser bei einigen hunderten Euros pro Wohnung. Man muss nur aufpassen, dass dieses Delta nicht durch höhere Mieten und überhöhte Verwaltungs- und Dienstleistungskosten nicht aufgefressen wird.“
Philipp Radlegger, Bergland

„Ob es einen finanziellen Gewinn für die Mieter:innen gibt? Das weiß ich heute noch nicht. Bei großen Anergienetzen, die extern betrieben werden, müssen wir erst lernen, den Profit grüner Technologien zu bepreisen und die Schnittstellen entsprechend zu definieren.“
Karin Kieslinger, egw

„Ein ganz schön komplexes System, oder? Für uns jedenfalls ist Gnice die logische Weiterentwicklung unseres vielfach ausgezeichneten Wohnprojekts in der Friedrich-Inhauser- Straße“, erklärt Stephan Gröger, Geschäftsführer des gemeinnützigen Bauträgers Heimat Österreich. „Denn wenn man mit einem nachhaltigen haustechnischen Konzept erst einmal so viel Erfolg erzielt hat wie uns das gelungen ist, dann darf man sich nicht ausruhen, dann hat man die Verantwortung, das Gelernte zu nutzen und gleich weiterzumachen.“ Die Kontinuität hat in diesem Fall zu einem neuen Rekord geführt: Es ist das erste Mal in der Geschichte des österreichischen Wohnbaus, dass eine so große, gebäudeübergreifende Geothermieanlage realisiert wird.

„In gewisser Weise“, so Gröger, „ist dieses Projekt sogar um einiges radikaler und konsequenter als die Friedrich- Inhauser-Straße. Denn während wir dort noch einen Pellets-Kessel eingebaut haben, um im kalten Winter die Spitzenlasten abzufedern, haben wir das haustechnische Konzept mit den Architekt:innen und dem Technischen Büro Stampfer hier so gut ausgetüftelt, dass wir auf gar keine Verbrennung mehr zurückgreifen müssen. Wir schaffen es, den gesamten Heiz- und Warmwasserbedarf mit regenerativen Energien abzudecken.“

80 Prozent weniger Heizkosten

Unterm Strich, so die Prognose auf Basis der errechneten Daten, werden die Heizkosten in den Gnice-Wohnungen 80 Prozent unter dem marktüblichen Standard liegen – eine Reduktion auf ein Fünftel, das ist enorm. Fragt sich nur: Wird sich diese Heizkostenersparnis auch in der Gesamtwohnkostenbelastung niederschlagen? Oder aber sind die Baukosten aufgrund der grünen Technologien bei Gnice um so viel höher, dass sich diese in einer entsprechend höheren Miete widerspiegeln, womit der ökonomische Profit beim Mieter, bei der Mieterin am Ende des Tages bei null liegen wird? Ein finanzielles Nullsummenspiel also?

„Das ist eine gute und wichtige Frage, mit der sich wohl die gesamte Wohnbaubranche noch zu befassen haben wird“, so Gröger.

Zurückzuführen ist das Wohnprojekt Gnice auf ein kooperatives städtebauliches Verfahren. „Eigentlich“, erzählt Christian Lichtenwagner, Froetscher Lichtenwagner Architekten, „wären auf dem Areal im südlichen Salzburg viel mehr Wohnungen möglich gewesen, an die 400 laut Bauordnung und Flächenwidmung, aber das hätten die Anrainer:innen nicht zugelassen, das hätte das Projekt früher oder später zu Fall gebracht.“ Also entschied man sich, die Kritiker:innen mit ins Boot zu holen und ihre Einwände und Befürchtungen in den städtebaulichen Entwurf einfließen zu lassen.

Auf Basis eines gemeinsamen Masterplans der erstplatzierten Froetscher Lichtenwagner Architekten und des zweitplatzierten Büros Strobl Architekten wurden 16 frei stehende Wohnhäuser geplant, manche davon als klassischer Massivbau, manche in Holzhybrid-Bauweise mit Holzfaser- Dämmung. Die beiden Masterplanbüros planen rund die Hälfte des Bauvolumens. Für die restlichen 50 Prozent wurde ein eigener Wettbewerb ausgeschrieben, den das Schweizer Büro Harder Spreyermann gewonnen hat. In eines der Häuser wird die Seniorenwohngruppe Silberstreif mit insgesamt 30 Wohnungen einziehen, mit von der Partie die Salzburger Architektin und Partizipationsexpertin Ursula Spannberger. Für die Landschaftsarchitektur zeichnet Carla Lo verantwortlich. Geplante Fertigstellung: Sommer 2026.

Wohnbauten ohne fossile Energie sind bei Bergland bereits selbstverständlich – wie z. B. beim Projekt Schinking in Saalfelden mit 18 Wohneinheiten. Die PV-Anlage erzeugt den Strom für die Wärmepumpe.

Verzicht auf Contracting-Modelle

Nicht nur in der Großstadt, längst auch schon im ländlichen Österreich ist das Bauen ohne fossile Energieträger zum Standard geworden. „Wir verzichten bei unseren Projekten schon seit acht Jahren auf Gas, was nicht immer einfach zu realisieren ist, aber Herausforderungen sind bekanntlich ein guter Motor für Weiterentwicklung“, sagt Philipp Radlegger, Geschäftsführer und Vorstandsobmann der Salzburger Wohnbaugenossenschaft Bergland. „Bei uns kommt erschwerend hinzu, dass wir aufgrund der dezentralen Standorte in der Regel ohne Fernwärme und Nahwärme bauen und die Haustechnik entsprechend autark konzipieren müssen.“

Meist arbeitet die Bergland, wenn das Grundstück und die Bodenbeschaffenheit das zulassen, mit Geothermie und Wärmepumpe. Mittlerweile ein technologischer Fixstarter ist die in die Fassade und Dachlandschaft integrierte PV-Anlage, um mit dem gewonnenen Strom bilanziell die Wärmepumpe zu betreiben – so zum Beispiel beim neuen Bergland-Bürogebäude in Zell am See, einem Mixed-Use-Reconstructing- Projekt mit acht Mietwohnungen, oder beim Wohnbau Schinking in Saalfelden mit insgesamt 18 Wohneinheiten.

„Im Gegensatz zu Wien, wo viele Energieanlagen über Contracting-Modelle betrieben werden“, sagt Radlegger, „sind wir hier unser eigener Dienstleister und haben daher auch die Heiz- und Warmwasserkosten gut im Blick. Und ich kann mit Sicherheit sagen, dass sich die Kosten dank der neuen Technologien deutlich reduziert haben.“ Lagen diese bei strombetriebenen Heizungen früher bei ein bis 1,50 Euro pro Quadratmeter, so liegen die Wärmepumpenkosten heute bei einem Drittel davon. „Bislang wurde die ökologische Nachhaltigkeit in Salzburg in Energiepunkte umgerechnet. Daraus wurde das Ausmaß der Wohnbauförderung ermittelt. Ich würde mir wünschen, dass diese Differenzierung auch in der Novellierung der Salzburger Förderrichtlinien erhalten bleibt. Alles andere wäre leider ein großer Rückschritt.“

Robust und resilient

Ganz anders die Situation in Tirol, wo grüne Technologien in der Wohnbauförderung quasi als Mindestsoll auf der Tagesordnung stehen. So wurde das Integrationshaus, ein Kooperationsprojekt der Alpenländischen mit der Caritas und der Diözese Innsbruck, als Passivhaus errichtet und mit klima:aktiv Gold ausgezeichnet. Hinter dem baulichen Entwurf von Beaufort Architekten verbirgt sich eine vorgefertigte doppelschalige Betonaußenwand mit innenliegender Dämmung, hochkompakt im Volumen, wärmebrückenfrei in den Details, dazu eine Grundwasserwärmepumpe mit Bauteilaktivierung. Das Raumprogramm umfasst ein 2.000 Quadratmeter großes Caritas- Zentrum mit Beratungsstelle, Demenz- Zentrum, interreligiösem Gebetsraum und 21 Krisenwohnungen für den kurzfristigen Bedarf, in den Obergeschoßen gibt es zudem 73 geförderte Mietwohnungen.

„Natürlich ist die doppelschalige Bauweise nicht die günstigste Variante für den gemeinnützigen Wohnbau“, sagt Alexander Zlotek, Geschäftsführer Technik der Alpenländischen Gemeinnützige Wohnbau GmbH, „aber ich denke, dass uns hier in Zusammenarbeit mit Beaufort ein nachhaltiges, resilientes Projekt für viele Jahrzehnte gelungen ist.“ Die Heizkostenabrechnung erfolgt anteilig über die jeweilige Wohnnutzfläche, die Warmwasserkosten werden nach tatsächlichem Verbrauch abgerechnet. „Wir müssen im Rahmen unseres Auftrags“, so Zlotek, „zweckmäßig und kostensparend bauen und betreiben, und ich denke, dass wir in Tirol einen großen Startvorteil haben, denn mit der Wohnbauförderung des Landes Tirols, die stets das große Ganze im Blick hat, haben wir die allerbesten Voraussetzungen für eine nachhaltige Wohnbauentwicklung.“

Einer der Bewohner im Haus ist Tony Obergantschnig, 58 Jahre alt, Buschauffeur bei den Innsbrucker Verkehrsbetrieben. „Ich finde die Mischung aus geförderten Wohnungen und den Krisenwohnungen der Caritas sehr gut, denn sie sorgt dafür, dass ganz unterschiedliche Menschen miteinander ins Gespräch kommen und gemeinsam ihren Alltag bewältigen. Zu so vielen Kulturkreisen auf einmal hatte ich zuvor noch nie Kontakt. Die Architektur mit ihren Sichtbetonoberflächen hat zwar eine gewisse Härte, aber ich muss gestehen, dass mir das gut gefällt – vor allem, weil sich durch die Betonkernaktivierung, die hier verbaut ist, natürlich auch die Heizkosten reduzieren.“

Das Integrationshaus Innsbruck von der Alpenländischen erhielt klima:aktiv Gold.

Größtes Anergienetz Österreichs

Und in Wien? Eines der größten Stadtentwicklungsgebiete ist das Village im Dritten, das seit dem Büromasterplan von Norman Foster eine ökologische Kehrtwende hingelegt hat. Auf den Gründen des ehemaligen Aspangbahnhofs entsteht unter der Leitung von Austrian Real Estate (und nach einem neuerlichen, gemischtgenutzten Masterplan von Albert Wimmer und Ganahl/Ifsits/Larch ein Stadtquartier mit 1.900 Wohnungen für insgesamt 4.000 Menschen. Wichtigster ökologischer Beitrag ist – in Zusammenarbeit mit Wien Energie – ein Nahwärme- Anergienetz mit einigen Hunderten Tiefenbohrungen unter dem gesamten Areal. Es ist das größte Anergienetz Österreichs.

„Die ökologische Nachhaltigkeit hat gleich in mehrfacher Weise Auswirkung auf einen sozialen Benefit“, sagen Bettina Götz und Richard Manahl, Artec Architekten, die in Zusammenarbeit mit Dietrich Untertrifaller und den beiden Bauträger:innen Heimbau und Altmannsdorf Hetzendorf das Baufeld 7 bebauen. „Wir können nicht nur die Heiz- und Warmwasserkosten massiv reduzieren, die Mieter:innen haben auch den Vorteil, dass sie keine Heizkörper sowie raumhohe Verglasungen mit passiven Solargewinnen im Winter haben.“ Im Sommer kann man die Balkone mit einem Außenvorhang zuziehen, sehr poetisch, zudem sorgt die Fassadenbegrünung vor den Loggien für zusätzliche Verschattung.

Auf dem Baufeld 11B errichtet die Schwarzatal mit feld72 und einszueins Architektur das Wohnhaus vis-à-vis in Holzhybridbauweise mit insgesamt 111 Wohnungen, davon 46 Wohneinheiten für die Baugruppe Vis-à-Wien, einem viergruppigen Kindergarten, einer Wohngemeinschaft für SOS Kinderdorf sowie einem Stadtteilzentrum, das über die Gebietsbetreuung betrieben wird. Begleitet wird das Bauvorhaben von einem Forschungsprojekt, das sich mit der Frage beschäftigt, wie CO₂- Emissionen in der Herstellung und Errichtung effizient reduziert werden können. Das Fördervolumen der Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) beträgt 500.000 Euro, im Februar 2025 werden die Endergebnisse vorliegen.

„Zu Forschungszwecken haben wir das gesamte Projekt in vier verschiedenen Bauvarianten durchgeplant und hinsichtlich CO₂-Fußabdruck minutiös durchgerechnet“, sagt Markus Zilker, Partner bei einszueins. „Die größte Überraschung für uns war, dass ein Stahlbeton-Skelett mit vorgehängter Holzfassade lediglich sieben Prozent CO₂-Ersparnis bringt. Bei der von uns gewählten Bauweise jedoch können wir im Vergleich zu einem klassischen Massivbau in Stahlbeton rund 2.600 Tonnen Kohlendioxyd einsparen. In solchen Entscheidungen wird sich weisen, ob wir die Klimaneutralität schaffen werden oder nicht.“

Village im Dritten, Baufeld 7, von Heimbau, Altmannsdorf und Hetzendorf, geplant von Artec Architekten und Dietrich Untertrifaller

ESG als Forschungsfeld

Kritisch beurteilt Zilker die noch fehlende Bereitschaft einiger Stakeholder, sich mit grünen Technologien ernsthaft auseinanderzusetzen und die Einsparungspotenziale an die Endnutzer: innen weiterzugeben. Schon die Holzhybridbauweise bereitet im Bewilligungsverfahren große Probleme. Einem negativen Bewilligungsbescheid konnte nur mit einem aus eigener Tasche finanzierten Großbrandversuch entgegengewirkt werden. „Und was die Zusammenarbeit mit Wien Energie betrifft, so sind nachhaltige Quellen und Energieaufbereitungen natürlich sinnvoll und amortisieren sich in der Regel schon nach wenigen Jahren. Aber dazu braucht man auch einen Energiebetreiber, der mit fairen Konditionen in den Markt hineingeht“, so Zilker.

Eines der haustechnischen Highlights im Village im Dritten ist ohne jeden Zweifel das Projekt am Baufeld 10.


Praxis-Check

Käthe-Dorsch-Gasse
Auf einer ÖBB-Restfläche neben den Westbahngleisen in Wien-Penzing errichteten die Migra und die wbv-gpa zwei Wohnhäuser. Zur haustechnischen Ausstattung zählen nicht nur Geothermie, sondern auch Wärmerückgewinnung aus Abwasser und sogar – erstmals in Österreich in Anwendung – Wärmekollektoren unter dem Asphalt. Um das Projekt im Alltag auf Herz und Nieren zu prüfen, fand Ende September in Kooperation mit der Wohnen Plus Akademie ein Praxis-Check statt. Die allgemeine Erkenntnis des Tages: Mit den neuen Technologien treten auch neue Akteur: innen auf den Markt, und die Bauträger:innen sind gefordert, das jeweils richtige Haustechnik- und Betreiber:innenmodell zu finden. Die Wohnhausanlage mit insgesamt 455 Wohnungen – darin waren sich alle Beteiligten einig – ist ein Pionierprojekt, von dem man viel lernen kann. Aktuell läuft ein Monitoring zu sozialen, technischen und ökonomischen Themen. 2025 sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden.

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