plagte uns im Frühjahr 2024 plötzlicher Starkregen mit vielerorts Hochwasser bis in unsere Keller, warnte Anfang April 2025 Städtetag-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy vor einer Dürre. Er rief zu einem sparsamen Umgang mit der wertvollen Ressource Wasser auf. Viele Städte sind schon dabei. Sie entsiegeln Flächen, legen Grünflächen mit klimaresistenten Pflanzen an, wo Regenwasser gut versickern kann. Dies kühlt die klimabedingte Sommerhitze, besonders auch in Wohngebieten.
Ebenso sind viele Wohnungsunternehmen mit im Boot. Sie haben früh erkannt: Ein zielführendes Leitungswasserschaden-Managementsystem liefert Ergebnisse, die in die schadenpräventive Planung der Leitungswasserinstallation für Neubau oder Modernisierung einfließen können. Das verhindert Folgeschäden und Trinkwasserverlust, spart Kosten und ist somit nachhaltig.
Städtetag-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy appellierte auch an die Menschen in ihren Wohnungen beim Verbrauch von Trinkwasser zu sparen. Das Forum Leitungswasser-Redaktionsteam hat beim Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, Umweltbundesamt und Deutschem Wetterdienst recherchiert. Lesen Sie mehr im Bericht: „Dürre, was nun?? Sorgsam mit Trinkwasser umgehen“.
Wasserführende Leitungen in einem Gebäude sind in Planung und Umsetzung, aber auch in der Bewirtschaftung und Wartung, für alle Akteure eine große Herausforderung. Dies zeigen deutlich die jährlich vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gemeldeten Leitungswasserschäden: 1,12 Millionen in 2023 und in 2024 werden es nicht weniger sein.
So mancher Schaden landet vor Gericht, auch dieser Fall. In einem leerstehenden Gebäude mit unklaren Eigentumsverhältnissen kam es frostbedingt zu einem Leitungswasserschaden.
Wie das OLG Frankfurt entschieden hat, lesen Sie in dem Beitrag: „Leitungswasserschäden in leerstehenden Gebäuden und die Frage nach Gefahrerhöhung“ von Alexander Haag, Ass. jur., AVW-Fachbereich Sachversicherungen.
Beim Kauf von Badkeramiken legen die Entscheider in den Technischen Abteilungen der bestandshaltenden Wohnungsunternehmen hohe Maßstäbe an. Bill Tony Faber, Projektleiter in der Abteilung Sanierung und Großinstandsetzung bei der Berliner Wohnungsbaugesellschaft Degewo, kauft jährlich rund 1.000 Bäder für den Neubau sowie 1.000 für die Sanierung. Im Gespräch hat er uns erklärt, worauf er besonders wert legt. Lesen Sie: „Degewo kauft 2.000 Bäder im Jahr – Auf welche Qualitätsmerkmale achten Sie besonders, Herr Faber?“
Dies und mehr erwartet Sie in dieser Ausgabe von FORUM LEITUNSGWASSER.
Der Klimawandel kann durch geringe Niederschläge regional und saisonal zu Wasserknappheit führen. Niedrigwasser an der Elbe bei Dresden. Quelle: hecht7 / Fotolia.com / Umwelt Bundesamt
Der März 2025 ist mit einem Deutschlandmittel von nur 21% des Niederschlages im Vergleich zur Periode 1991-2020, der sechsttrockenste März seit 1881.
Vor allem im Norden gibt es größere Gebiete in denen nur wenige Liter pro Quadratmeter gefallen sind. Das starke Niederschlagsdefizit hat, vor allem in Teilen des norddeutschen Binnenlands, die Feuchte der oberen Bodenschichten markant unter die für die Jahreszeit üblichen Werte sinken lassen.
Für den März liegen die Bodenfeuchte-Werte regional deutlich unter denen des Jahres 2018. Bei weiter andauernder Trockenheit kann es stellenweise zu Verzögerungen beim Auflaufen der ausgesäten Sommerkulturen und zu Trockenstress bei den jungen Pflänzchen kommen. Wegen der geringen Niederschläge wurde erst kürzlich in Bayern und Brandenburg die zweithöchste Waldbrandgefahrenstufe ausgerufen.
„Wir müssen sparsam mit der wertvollen Ressource Wasser umgehen“
Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte zur aktuellen Dürre gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland:
„Die Klima-Extreme nehmen zu und kommen in immer kürzeren Abständen. Das vergangene Jahr brachte viel Regen, weite Flächen wurden überschwemmt. Der März dagegen war in Europa der wärmste seit Jahrzehnten und ungewöhnlich trocken. Aktuell gibt es aber keinen Grund zur Sorge. Die Trinkwasserversorgung für die Menschen ist sicher.
Um sich auf diese Klimafolgen einzustellen, bauen viele Städte ihre Flächen um. Sie entsiegeln Flächen, damit Regenwasser versickern kann für Trockenperioden. Sie legen neue Grünflächen an und bauen Rückhaltebecken für Starkregen. Längere Trockenheit bedeutet auch Dürre-Stress für das Grün in der Stadt. Das beobachten die Städte und bewässern Beete und Bäume, wo es notwendig ist. Dieser Aufwand wird immer größer.
Bei einer langanhaltenden Dürre kann es regional zu Herausforderungen kommen, beispielsweise wenn Trinkwasser aus Flüssen oder Seen gewonnen wird und diese deutlich weniger Wasser führen. Der Klimawandel ist mehr und mehr spürbar. Deshalb ist effiziente Wassernutzung in der Stadt, in der Landwirtschaft und der Industrie entscheidend.
Auch für die Bürgerinnen und Bürger gilt, wir müssen sparsam mit der wertvollen Ressource Wasser umgehen. Es ist richtig, dass der Bund gemeinsam mit den Ländern derzeit an Leitlinien für den Umgang mit Wasserknappheit arbeitet, um Nutzungskonflikte zu minimieren oder ganz zu vermeiden. Hier hoffen wir bald auf handfeste Ergebnisse.“
Was können Bürger*innen bei Trockenheit tun?
Die Trinkwassernutzung ist in den letzten Jahrzehnten durch ein hohes Bewusstsein bei den Bürger*innen und zum Beispiel den Einsatz von wassersparenden Armaturen und Geräten kontinuierlich zurückgegangen. So hat sich die Trinkwassernutzung im Haushalt bei etwa 129 Litern pro Person und Tag eingependelt. Es ist aber davon auszugehen, dass gerade in heißen und trockenen Sommern diese Werte höher liegen.
Grundsätzlich sollte mit Wasser – insbesondere mit Warmwasser – sorgsam umgegangen werden. Dazu gehört, Waschmaschine und Geschirrspüler nur anzuschalten, wenn sie voll beladen sind oder das Vollbad durch eine Dusche zu ersetzen.
Außerdem gilt:
Alle Maßnahmen, die zu einer geringeren Verschmutzung der Gewässer beitragen, erhöhen die Wasserverfügbarkeit. Dazu tragen zum Beispiel der Kauf von Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft, der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel und Bioziden in Garten und Haushalt und die ordnungsgemäße Entsorgung von Arzneimitteln bei. Weitere Tipps finden sich im Flyer „Unser Wasser – unsere Verantwortung“.
Ein Sparduschkopf entspricht 29 Energiesparlampen.
Quelle: Kompetenzzentrum Nachhaltiger Konsum (KNK)
Und ein Spartipp
Sparduschkopf einbauen: Durch wassersparende Armaturen lassen sich – meist ohne Komfortverlust – die Warmwasserkosten deutlich senken. Perlatoren, Wassersparbrausen und Ähnliches können auch nachträglich angebracht werden. Herkömmliche Duschbrausen haben einen Durchfluss von zwölf bis 15 Litern Wasser pro Minute. Wassersparbrausen hingegen nur sechs bis neun Liter. Das Öko-Institut hat errechnet, dass eine Wassersparbrause in einem Zwei-Personen-Haushalt durchschnittlich 20.000 Liter Wasser pro Jahr einsparen kann.
Hygienische Anforderungen beachten:
Das warme Wasser sollte überall im Leitungssystem immer eine Temperatur von mindestens 55 °C haben und am Austritt des Trinkwassererwärmers stets eine Temperatur von mindestens 60 °C einhalten, damit es zu keinem Legionellenwachstum kommt.
Achten Sie darauf, dass auch wenig genutzte Leitungsabschnitte regelmäßig durchspült werden.
Trinken sie nur frisches und kühles Wasser aus dem Zapfhahn.
Achtung: Auch in Kaltwasserleitungen können Legionellen wachsen, wenn das Wasser dort lange genug steht und sich erwärmt. Warm- und Kaltwasserleitungen sollten daher gut wärmeisoliert sein und regelmäßig genutzt werden.
Abwassernetz muss gespült werden
Neben der Trinkwasserversorgung ist auch die Abwasserentsorgung von Dürreperioden betroffen. Im Kanalnetz waren zusätzliche Spülungen notwendig, um mögliche Geruchsbelästigungen gering zu halten (Paetzel, 2021). Und durch einen geringeren Fremdwasseranteil ist die Verdünnung in den Kläranlagen geringer als in Durchschnittsjahren.
Dadurch wurde die Aufbereitungsleistung in der Vergangenheit zwar nicht gemindert, allerdings kommt es während einer Niedrigwasserphase zu höheren Ablaufkonzentrationen bei solchen Spurenstoffen, die nur unvollständig in der Kläranlage eliminiert werden (Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft, 2004; Bergmann et al., 2013).
Quellen: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, Umweltbundesamt, Deutscher Städtetag, Deutscher Wetterdienst, gw
Die wasserführenden Kanäle werden zwischen der Funktionseinheit (gelber Pfeil) und der Verlängerung (grüner Pfeil) mit O-Ringen (rote Pfeile) abgedichtet. Foto: https://www.ifs-ev.org/
Kurz nach dem Einzug in ein neu gebautes Mehrfamilienhaus bemerkten Mieter Schimmel im Sockelbereich der Wand zur Nachbarwohnung. Die Nachbarn waren bereits zwei Monate zuvor eingezogen.
Die Leckageortung führte zur Duscharmatur im Badezimmer der Nachbarn, die von einem möglichen Schaden bisher nichts mitbekommen hatten. Doch nun stellte sich heraus: Bei jeder Benutzung der Dusche lief Wasser aus der Unterputzarmatur in die Trockenbauwand zwischen den beiden Wohnungen.
Im IFS-Labor wurde später die Ursache der Leckage ermittelt: Zunächst wurde die mittlerweile auseinandergebaute Armatur so wieder zusammengebaut, wie sie auch vor Ort installiert gewesen war.
Bei der anschließenden Dichtigkeitsprüfung trat zwischen der Funktionseinheit aus Messing und einer Verlängerung aus Kunststoff Wasser aus.
Die O-Ringdichtungen zwischen den beiden Teilen waren vorhanden und in einwandfreiem Zustand. Ein Blick auf die verwendeten Komponenten und in die Montageanleitung zeigte jedoch, dass sie gar nicht zum Dichten kamen:
Die Funktionseinheit und die Verlängerung wurden mit vier Schrauben am Grundkörper der Armatur fixiert. Die passenden Schrauben wurden vom Hersteller mitgeliefert.
Die vier Schrauben (Pfeile), die den Grundkörper, die Funktionseinheit und die Verlängerung verbinden. Foto: https://www.ifs-ev.org/
Allerdings gab es mehrere Ausführungen der Funktionseinheit, und weil diese unterschiedliche Abmessungen haben, legt der Hersteller der Verlängerung drei unterschiedliche Schraubenlängen bei. In Montageanleitung ist anhand einer Zeichnung zu erkennen, welche Schrauben für welche Ausführung der Funktionseinheit vorgesehen ist.
An dieser Stelle war der Monteur falsch abgebogen. Er hatte sich für zu lange Schrauben entschieden, und in der Folge wurden die Funktionseinheit und die Verlängerung nicht fest und somit nicht wasserdicht zusammengepresst.
Um sicherzugehen, dass sich hier nicht doch ein Produktfehler verbarg, baute die Gutachterin die Armatur noch einmal auseinander und mit den vorgesehenen Schrauben wieder zusammen. Das Ergebnis: Leckage behoben.
Von den Komponenten der Armatur sind für unseren Fall relevant: Die Funktionseinheit (4) und die Verlängerung (3), die über vier Schrauben (2) am Grundkörper (1) fixiert werden. Foto: https://www.ifs-ev.org/
Hersteller geben sich nach Erfahrung des IFS in der Regel Mühe, ihre Produkte mit klaren und nachvollziehbaren Montageanleitungen in die Welt hinauszuschicken. Das war auch hier der Fall. Doch leider finden die Anleitungen oft nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. (is)
Ein Gastbeitrag des Institutes für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer, IFS e.V. Weitere Informationen unter www.ifs-ev.org/
Seit 1971 ist Sitz des Oberlandesgerichts Frankfurt das Gerichtsgebäude D, Zeil 42. Foto: OLG Frankfurt
In einer jüngeren Entscheidung (Urteil vom 07.08.2024 – 7 U 251/20) hat sich das OLG Frankfurt a.M. mit Fragen im Zusammenhang mit einem frostbedingten Leitungswasserschaden in einem leerstehenden Gebäude auseinandergesetzt.
Interessant sind dabei insbesondere die Feststellungen zur Kürzungsquote nach grob fahrlässiger Schadensherbeiführung sowie zur Qualifizierung des Leerstandes als eine Gefahrerhöhung.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde
Aufgrund einer frostbedingten Aufplatzung der Heizkörper und Armaturen entstand im versicherten Gebäude am 26.01.2017 ein Leitungswasserschaden. Zum Zeitpunkt des Schadeneintritts befand sich der damalige Eigentümer und Versicherungsnehmer des Gebäudeversicherungsvertrages in einem Rechtsstreit mit den Voreigentümern der Immobilie über die Wirksamkeit des Kaufvertrages.
Ein Jahr nach dem Eintritt des Schadens kam es Anfang 2018 zur Rückübertragung an die Voreigentümer und Ende 2018 zur Weiterveräußerung an die Neueigentümerin (Grundbuch-Eintragung Anfang 2019). Die Neueigentümerin verlangte nun als Klägerin aus abgetretenem Recht von dem Wohngebäudeversicherer Leistungen zur Behebung des Leitungswasserschadens und Wiederherstellung des Gebäudes.
Dem Gebäudeversicherungsvertrag lagen die VGB 2003 zugrunde, nach denen dem Versicherungsnehmer oblag, nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten. Das Gebäude stand unstreitig seit mindestens November 2016 leer. Die wasserführenden Anlagen und Leitungen waren nicht geleert und abgesperrt gewesen.
Über einen Rechtsanwalt teilte der Eigentümer im November 2016 den Voreigentümern mit, dass er sich nicht für den Eigentümer halte und forderte diese gleichzeitig auf, das Anwesen in der nun kommenden kalten Jahreszeit zu beheizen, um Schäden durch Einfrieren der Leitungen zu verhindern. Da er kein Eigentümer geworden sei, gehe er davon aus, dass die Voreigentümer sich darum kümmern würden.
Entscheidung der ersten Instanz
Das in erster Instanz angerufene LG Frankfurt hat die Haftungsquote des Versicherers bei 75 % gesehen. Eine Obliegenheitsverletzung nach § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG habe der Versicherer vorliegend nicht geltend machen können, weil die Sanktionsregelung zugrundeliegender VGB 2003 wegen unterbliebener Vertragsanpassung (vgl. Art. 1 Abs. 3 EGGVG) an das VVG 2008 im Zuge der VVG-Reform unwirksam war.
Das Gericht nahm jedoch eine grob fahrlässige Schadenherbeiführung gem. § 81 VVG an und rechnete dabei das Verhalten der Voreigentümer als Repräsentanten zugunsten des Eigentümers an.
Entscheidung des OLG Frankfurt a.M.
In der Berufungsinstanz hat das OLG Frankfurt diese Entscheidung abgeändert. Zunächst wurde die Repräsentanteneigenschaft der Voreigentümer aufgrund der fehlenden Befugnis, selbständig in gewissem Umfang für den Eigentümer zu handeln, verneint. Das Gericht hat jedoch dem Eigentümer selbst zugutegehalten, dass sich die Frage der Wirksamkeit des Kaufvertrages in Klärung befand. Vor diesem Hintergrund sei der Eigentümer nicht komplett untätig geblieben.
Vielmehr habe er durch das anwaltliche Schreiben zum Schutz des Gebäudes versucht, die Voreigentümer in die Pflicht zu nehmen. Sein Verhalten sei damit nicht mit einem völligen Untätigbleiben gleichzusetzen, womit die Kürzungsquote von 75 % zulasten des Eigentümers gerechtfertigt sei.
Auf eine komplette Leistungsfreiheit aufgrund einer Gefahrerhöhung habe sich der Versicherer nicht berufen können. Das Gericht hat dabei bezweifelt, dass der Leerstand des Gebäudes allein eine Gefahrerhöhung darstellt. Zur Begründung verwies das OLG auf eine BGH-Entscheidung (r+s 04, 376), nach der im Einzelfall durch wertende Betrachtung der Umstände, unter Berücksichtigung der Ausgangslage bei Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, eine Abwägung durchzuführen sei, ob und in welchem Ausmaß den Gefahrerhöhungstatbeständen gefahrmindernde Umstände entgegentreten und es damit zu einer Kompensation der Gefahrerhöhung kommt.
Das OLG Frankfurt hat gefahrmindernd gewertet, dass das Gebäude aufgrund seiner Lage an der Hauptstraße des Ortes inmitten der Nachbarbebauung nicht komplett unbeobachtet bleibt. Zudem haben die Voreigentümer im November 2016 die Heizung nachweislich warten lassen und diese auf ein konstantes Raumklima von 10 Grad eingestellt. Die Kontrollen des Raumklimas durch die Voreigentümer fanden im Schnitt zweimal wöchentlich statt.
Gefahrerhöhend wurde zwar die Tatsache gewertet, dass ein Leitungswasserschaden bei seinem Eintritt in einem leerstehenden Gebäude länger unentdeckt bleibt. Dieser Wertung gegenüber wurde aber gleichzeitig mindernd der Wegfall anderer typischer Risiken in bewohnten Gebäuden berücksichtigt, wie z.B. die ungenügende Beaufsichtigung wasserführender Haushaltsgeräte. Damit hat das Gericht im Ergebnis das Vorliegen der Gefahrerhöhung aus dem Leerstand des Gebäudes verneint.
Literaturstimmen
Dieses Ergebnis wurde in Teilen der Literatur kritisiert (vgl. Günther, jurisPR-VersR 9/24 Anm. 2). Gerade die Leitungswasserversicherung habe in der Gebäudeversicherung als schadenträchtigste Sparte eine besondere Stellung. Das Leitungswasserrisiko sei daher bei leerstehenden Gebäuden kaum oder nur unter engen Voraussetzungen versicherbar.
Denn bei nicht genutzten Gebäuden liege eine statistisch signifikante Erhöhung der Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Leitungswasserschadens vor, zumindest jedoch eines vergrößerten Schadenumfangs wegen in der Regel verzögerter Schadenentdeckung. Die pauschalisierte Ablehnung einer Gefahrerhöhung bei einem Leerstand sei daher nicht gerechtfertigt. Denn in der Vergangenheit habe es hierzu auch bejahende Urteile gegeben (vgl. z.B. OLG Hamm, Urteil vom 21.04.1989 – 20 U 294/88 – VersR 1990, 86).
Fazit:
Das Urteil und die Reaktionen in der Literatur zeigen erneut, dass die Anforderungen der Gebäudeversicherungsbedingungen in Bezug auf nicht genutzte Gebäude nach wie vor ernst zu nehmen sind und ihre Nichtbeachtung im Schadenfall zu hohen Abzügen bei der Versicherungsleistung führen kann. Dies gilt nicht nur außerhalb der kalten Jahreszeit, sondern vor allem innerhalb der Frostperiode.
Die entsprechenden vertraglich vereinbarten, besonderen Obliegenheiten des Versicherungsnehmers in § 16 Ziffer 1 b) VGB 2008 lauten dabei:
nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile zu jeder Jahreszeit genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten;
In der kalten Jahreszeit besteht zudem in § 16 Ziffer 1 c) VGB 2008 die Obliegenheit
alle Gebäude und Gebäudeteile zu beheizen und dies genügend häufig zu kontrollieren oder dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten.
Treffen beide Obliegenheiten zusammen, so geht nach ganz herrschender Meinung die erstgenannte Obliegenheit als Spezialvorschrift vor (vgl. OLG Celle, Urteil vom 7. Juni 2007 – 8 U 1/07).
Neben möglicher Obliegenheitsverletzung schwingt in solchen Fällen, wie aufgezeigt, auch das Risiko der Leistungskürzung aufgrund einer Gefahrerhöhung mit. In unseren AVW-Konzepten zur Wohngebäudeversicherung wirken wir den genannten Risiken mit verschiedenen Regelungen entgegen – sei es durch eine Gefahrerhöhungs- und Versehensklausel, durch den Verzicht des Versicherers auf die Geltendmachung einer grob fahrlässigen Schadensherbeiführung oder durch Anerkennung vorübergehender Leerstände (bis zu 12 Monate) als keine anzeigepflichtige Obliegenheitsverletzung.
Alexander Haag Ass. jur., Fachbereich Sachversicherungen in der AVW-Gruppe
Die Anschlussleitungen für den Geschirrspüler verlaufen durch die Abseite. Foto: https://www.ifs-ev.org/
Der Fußboden in einer Dachgeschosswohnung war großflächig mit Wasser bedeckt, und es bahnte sich bereits seinen Weg in die darunter liegenden Stockwerke, als die Eigentümerin die Tür aufschloss und den Schaden entdeckte. Das Wasser war aus dem Anschluss einer Geschirrspülmaschine ausgetreten, der sich im Bereich des Drempels befand. Die Anschlussleitungen verliefen durch die dahinterliegende Abseite.
Bei der Laboruntersuchung der betroffenen Komponenten fand der mit diesem Fall beauftragte Gutachter Risse im Anschlussstutzen aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Sie waren durch einen starken Druckanstieg von innen entstanden: Das klassische Bild eines Frostschadens.
Zum Schadenzeitpunkt war die Heizungsanlage des Hauses funktionstüchtig und die betroffene Ferienwohnung beheizt. Allerdings hat die Beheizung nicht ausgereicht, um die Bauteile in der Abseite hinter der Leichtbauwand vor Frost zu schützen, obwohl sich der nächste Heizkörper nur ein paar Meter von der Leckagestelle entfernt befand.
Der Geschirrspüleranschluss bei der Dichtigkeitsprüfung im IFS. Foto: https://www.ifs-ev.org/
Die Installation samt Geschirrspüler war rund zehn Jahre alt, und es waren nie Probleme aufgetreten. Vor der Schadenentdeckung hatte es jedoch ein paar Frostnächte mit Temperaturen von bis zu -15 °C gegeben, und vor diesen tiefen Werten war die Installation bei der gewohnten Heizkörpereinstellung nicht ausreichend geschützt.
Wenn sich im Umfeld einer Immobilie etwas ändert, müssen die Betriebsbedingungen gegebenenfalls angepasst werden, um Schäden zu verhindern. Während der intensiven Frostphase hätte die Heizung stärker aufgedreht werden müssen. Entsprechend heikel ist es, die Heizung einfach herunterzudrehen, um die Kosten zu senken.
Damit das Energiesparen am Ende nicht teuer wird, muss die Beheizung dem Zustand der Immobilie, der wasserführenden Installation und den Wetterbedingungen angepasst werden. Eine pauschale Aussage zum frostsicheren Betrieb ist darum nicht möglich.
Wichtig ist vor allem, die Schwachstellen zu kennen. Dabei hilft der IFS-Wintercheck, den jeder kostenfrei auf der Internetseite unter www.ifs-ev.org/wintercheck durchführen kann.
Nach dem Lüften wieder aufdrehen
Sehr ambitioniertes Energiesparen kann außerdem zu Schimmelschäden führen. Unser gewöhnliches Wohnverhalten, sogar die bloße Anwesenheit der Bewohner, lässt die Luftfeuchtigkeit in einem Raum ansteigen. Um Schimmelpilzbildung zu vermeiden, sollte die relative Luftfeuchtigkeit nicht dauerhaft über 60 Prozent liegen. Die relative Luftfeuchtigkeit gibt an, zu welchem Anteil die Luft mit Feuchtigkeit gesättigt ist.
Beim Lüften fließt in der kalten Jahreszeit die warme, feuchte Luft hinaus und kalte Luft strömt hinein. Um die relative Luftfeuchtigkeit zu senken, muss die frische, kalte Luft nun erwärmt werden, denn warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen als kalte. Stoßlüften und Heizen sind darum das Mittel der Wahl, um Schimmelpilzwachstum zu verhindern. Kommt es zum Schimmelbefall, obwohl das Hygrometer stets unverdächtige Werte anzeigt, kann ein baulicher Mangel vorliegen. (is)
Ein Gastbeitrag des Institutes für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer, IFS e.V. Weitere Informationen unter www.ifs-ev.org/
Dr. Georg Scholzen ist Experte für Schadenprävention und langjähriger Autor beim Forum Leitungswasser. Foto: Gerd Warda
Leitungswasserschäden stellen einen erheblichen Teil des Schadenaufkommens in der Wohngebäudeversicherung dar. Die AVW bietet ihren Kunden jetzt einen speziell entwickelten Inhouse-Workshop zur Schadenprävention an, um Schäden zu vermeiden.
Mehr als 4,5 Milliarden Euro betrug der Schadenaufwand für Leitungswasserschäden 2023. Damit stellen die Schäden den größten Teil des Schadenaufkommens in der Wohngebäudeversicherung dar. Und sie sind nicht nur teuer, sie kosten auch viel Zeit und sind damit ärgerlich für alle Beteiligten – für Wohnungsunternehmen und für Mieter.
Die AVW unterstützt ihre Kunden jetzt ganz individuell mit einem Inhouse-Workshop dabei, Leitungswasserschäden zu vermeiden. Ganz nach dem Motto: Der beste Schaden ist der, der gar nicht entsteht.
Der AVW-Workshop „Schadenprävention Leitungswasser“ ist ein Schulungsangebot, das im Rahmen unseres FORUM LEITUNGSWASSER und in Zusammenarbeit mit dem renommierten Experten für Schadenprävention, Dr. Georg Scholzen, entwickelt wurde.
Der Workshop bietet eine individuelle Schadenberatung für Techniker und technisch Verantwortliche im Unternehmen. Themen können z. B. sein:
Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB)
Abwasserleitungen
Trinkwasserverordnung
Aufbau der Wasserinstallation
Technische Aspekte und Normen
Grundlagen der Korrosion
Sanierungsverfahren
Maßgeschneiderte Inhalte für individuelle Lösungen
Das Besondere: Die Inhalte werden individuell auf Basis der Schadendaten Ihres Unternehmens gestaltet und in enger Abstimmung mit Ihnen auf Ihre spezifischen Anforderungen angepasst. Je nach Anzahl der Themenblöcke dauert der Workshop etwa einen halben bis maximal einen Tag und findet bei Ihnen vor Ort statt.
Die Vorteile für Sie:
individuelle Beratung vor Ort
Fokus liegt auf der eigenen, konkreten Schadensituation
praktische und maßgeschneiderte Lösungen durch den direkten Austausch mit unseren Experten
geringer Zeitaufwand
kein Reiseaufwand
Pilot-Workshop
Die Vereinigte Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft (VHW) hat den Workshop als Anlass genommen, ein Pilotprojekt zur Schadenprävention bei Leitungswasserschäden zu starten. Durch den Austausch der Erkenntnisse der Versicherungswirtschaft aus Millionen von Leitungswasserschäden und von Best Practices konnte unser Kunde weitere Ansatzpunkte für Schadenpräventionsmaßnahmen gewinnen.
Sie möchten in Ihrem Unternehmen ebenfalls proaktiv Leitungswasserschäden verhindern und die Effizienz Ihrer Schadenverhütungsstrategien erhöhen? Bei Interesse an unserem Workshop sprechen Sie gern Ihren Kundenmanager an. Wir freuen uns, gemeinsam mit Ihnen an der Prävention von Leitungswasserschäden zu arbeiten!
Beispielfoto eines Befalls durch Stachybotrys. Foto: https://www.ifs-ev.org/
Mit Leitungswasserschäden geht oft eine erhebliche Durchfeuchtung der Bausubstanz einher. Kommt es dann zum Befall durch Schimmelpilze, muss der Sanierungsbereich vom Rest der Wohnräume abgeschottet werden, um das Problem nicht zu verschlimmern.
Nachdem im ausgebauten Dachgeschoss eines Reihenhauses Leitungswasser aus einer undichten Duschinstallation in die Leichtbauwände gedrungen war, baute ein Fachbetrieb den Fußbodenaufbau und die Gipskartonbeplankungen der Ständerwände teilweise zurück.
Gesamtpartikelmessung im Sanierungsbereich; die Beplankungen wurden hier mittlerweile vollständig zurück gebaut. Foto: https://www.ifs-ev.org/
Die verschimmelten Gipskartonplatten der Leichtbauwände trugen die Sanierungsprofis unverpackt durch das Haus. Derweil stand im Dachgeschoss die Tür zum Kinderzimmer offen.
Das IFS wurde beauftragt zu prüfen, ob es nach der Sanierung noch Schimmelpilzquellen im Haus gab. Und die gab es in der Tat. Der Gutachter führte Gesamtpartikelmessungen im Sanierungsbereich, im Kinderzimmer, im Treppenhaus und im Wohnzimmer im Erdgeschoss durch.
Weitere Messungen im Treppenhaus. Foto: https://www.ifs-ev.org/
Dabei stellte er im Bereich von Schlaf- und Badezimmer eine erhebliche und im Kinderzimmer immerhin eine erhöhte Belastung durch Sporen vom Typ Stachybotrys fest. Dieser Pilz schätzt zellulosehaltige Baustoffe, speziell Gipskarton, und verursacht einen intensiven schwarzen Befall.
Die erste Sanierung hatte also das Problem nicht beseitigt, sondern zum Leidwesen der Eigentümerin vergrößert. Es folgten eine aufwendige Feinreinigung – diesmal durch einen qualifizierten Fachbetrieb – und umfangreiche Nachmessungen.
Letztere ergaben schließlich eine Sporenkonzentration im Haus, die unter dem Wert der Luft im Garten lag. Ein glückliches Ende, allerdings ein unnötig kostspieliges. Mit der schlichten Beachtung des Sanierungsleitfadens des Umweltbundesamtes während der Sanierung wäre dieser Schaden in kürzerer Zeit und mit wesentlich kürzerer Rechnung beseitigt gewesen. (is)
Ein Gastbeitrag des Institutes für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer, IFS e.V. Weitere Informationen unter www.ifs-ev.org/
Welt der Mikroorganismen. Quelle: eurofins /Umweltmykologie Dr. Christoph Trautmann
Im ersten Teil unserer Serie Alle Jahre wieder: „Der Winter ist gekommen, der Schimmel wächst aus“ hat Dr. Christoph Trautmann die „Feuchteschäden durch Kondensationen an Materialoberflächen“ mit den Schwerpunkten „Zusammenhang von Lufttemperatur und der in der Luft maximal aufnehmbaren Wasserdampfmenge“, „Ursachen für erhöhte Feuchtigkeit bzw. Kondensation an Materialoberflächen“ beschrieben.
In dem zweiten Teil erklärt Dr. Christoph Trautmann die Vorteile und Nachteile von Baustoffen mit großem Porengehalt. Er beantwortet die Frage: Wie kommen Schimmelpilze an die für sie lebensnotwendige Feuchtigkeit? Und hat der fRsi-Temperaturfaktor einen praktischen Nutzen zur Vorhersage von Kondensationsschäden?
Besuchen Sie auch die Online-Vorlesung – Schimmel ist immer und überall in einem Gebäude, aber warum? Dr. Christoph Trautmann hat das Thema von A bis Z betrachtet. Daraus ist eine Online-Vorlesungs-Reihe mit 11 Themenblöcken entstanden.
Das Team von der „Initiative Schadenprävention“ und „Forum Leitungswasser / Alles rund um die Leckage-Prävention“ lädt Sie zur kostenfreien Teilnahme an den Online-Vorlesungen von Dr. Trautmann ein. Mehr lesen Sie am Ende dieses Artikels.
1.3 Vorteile von Baustoffen mit großem Porengehalt
Baustoffe mit einem hohen Porengehalt haben eine Vielzahl von Vorteilen und werden daher in der Bauwirtschaft im großen Umfang eingesetzt. Ein hoher Porenanteil im Baustoff verbessert zum Beispiel seinen Dämmwert und verringert sein Gewicht. Ein großes Porenvolumen, dass im Austausch mit der Raumluft steht, ermöglicht eine Pufferung von Feuchtigkeitsspitzen und kann dadurch das Raumklima deutlich verbessern. Hierbei lagert sich Wasserdampf in den Poren des Materials ein und wird dadurch der Raumluft temporär entzogen.
Ein zu hoher Anstieg der Raumluftfeuchtigkeit kann so eine Zeit lang verhindert werden, so dass auch an kühleren Wandbereichen keine kritischen Feuchtigkeitskonzentrationen erreicht werden. Der Feuchtigkeitsgehalt von Materialien steht in einem dynamischen Austausch mit der Raumluftfeuchtigkeit. Solange die Raumluftfeuchtigkeit höher ist als die Luftfeuchtigkeit in den Materialporen, wird kontinuierlich Luftfeuchtigkeit in das Material eindiffundiert und der Raumluft entzogen. Wenn sich die Verhältnisse umdrehen, und die Feuchtigkeit der Raumluft,
z. B. nach einer Lüftung, stark vermindert wurde (siehe weiter oben) beginnt die Feuchtigkeit aus dem Material wieder zurück in die Raumluft zu diffundieren.
Ein Problem bei diesem Vorgang besteht darin, dass der Raumnutzer von der Deposition der Luftfeuchtigkeit in das Material und insbesondere von dem Überschreiten eines kritischen Feuchtegehalts im Material in der Regel nichts mitbekommt, weil wir Menschen dafür kein geeignetes Sinnesorgan haben. Ein Maß dafür, wie viel mikrobiell verfügbares Wasser im Material enthalten ist, ist der aw-Wert, der unter länger anhaltenden gleichartigen Bedingungen aus der relativen Feuchtigkeit im Material abgeschätzt werden kann (siehe hierzu auch 1.4).
In der Tabelle 1 ist das Gesamtporenvolumen von wichtigen Baustoffen angegeben. Die angegebenen Werte sind grobe Einstufungen, die in einer konkreten Baustoffprobe leicht abweichen können. Ein wichtiger Unterschied zwischen den verschiedenen Baustoffen ist die Größenverteilung dieser Poren. Kleine Poren sind besonders wichtig bei der Mikrokondensation, weil hier, aufgrund von Adsorptionskräften, eine Mikrokondensation bereits bei Luftfeuchten um 80 % stattfinden kann (siehe 1.4).
Tabelle 1: Häufige Baumaterialien und ihre Porenvolumen
Materialtyp
Porenvolumen [Vol %]
Kalksandstein
ca. 29
Vollziegel
ca. 38
Gipsputze
ca. 50
Porenbeton
ca. 72
Fichtenholz
ca. 71
Calciumsilicatplatten
ca. 90
Expandiertes Polystyrol
ca. 98
Zu den Materialien mit den feinsten Kapillaren und den kleinen Poren gehören Tone und Ziegel. Bei stärkeren Kondensationen können auch größere Materialporen mit Wasser volllaufen und dann zu einer mikrobiellen Besiedlung führen. Porenbeton und Gipskarton sind zwei Materialien, bei denen die Porenbildung bei der Herstellung induziert wird.
Die relativ großen Poren vom Porenbeton können bereits mit dem unbewaffneten Auge erkannt werden. In Abbildung 5 sind besiedelte Poren im Porenbeton vergrößert dargestellt. Im Gipskarton existieren eine Vielzahl etwas kleinerer Poren, die mit dem unbewaffneten Auge nur noch begrenzt erkannt werden können (Abbildung 6).
1.4 Wie kommen Schimmelpilze an die für sie lebensnotwendige Feuchtigkeit
Schimmelpilze sind im Hinblick auf ihren Feuchtebedarf im Vergleich zu vielen anderen Organismen relativ genügsam.
Wenn es zur Auskondensation der Raumluftfeuchtigkeit auf kalten Oberflächen kommt, bilden sich zum Teil feuchte Flecken, so dass ein Schimmelpilzwachstum für jeden nachvollziehbar ist. Weniger nachvollziehbar ist dagegen das Wachstum von Schimmelpilzen bei einer relativen Luftfeuchtigkeit, bei der noch keine Oberflächenkondensation stattfindet.
Die Erklärung liegt in der Materialstruktur poriger Materialien (siehe Abbildung 7a). In diesen Materialien kann eine Mikrokondensation in feinen Kapillaren und kleinen Poren bereits oberhalb des Taupunktes aufgrund von Kapillar- und Adhäsionskräften stattfinden. Materialien, die längere Zeit einer feuchten Atmosphäre ausgesetzt sind, nehmen Feuchtigkeit aus der Luft auf. Bereits bei niedrigen Luftfeuchten diffundieren Wassermoleküle in die Materialien ein (siehe Abbildungen 7b + 7c).
Mit zunehmenden Feuchtegehalt bilden sich dünne Lage von Wassermolekülen auf den inneren Materialoberflächen (siehe Abbildung 7d). Bei einer weiteren Einwanderung von Wassermolekülen kommt es zu ersten Kapillarkondensationen (siehe Abbildung 7e), bei dem die gasförmigen Wassermoleküle zu flüssigem Wasser kondensieren. Im weiteren Verlauf tritt auch in kleinen Poren (siehe Abbildung 7f) und später in größeren Poren flüssiges Wasser auf.
Insgesamt nimmt der Gehalt an Wassermolekülen und damit die Wasseraktivität des Materials (aw-Wert) mit steigender relativer Luftfeuchtigkeit in der Umgebung zu.
Der aw-Wert wird definiert als das Verhältnis des Wasserdampfdrucks über dem Material (pi) zum Wasserdampfdruck von reinem Wasser (po) bei gleicher Temperatur und Druck: aw-Wert = pi / po.. Er nimmt somit einen Wert zwischen 0 und 1 an. Porige Materialien, die längere Zeit bei einer 80%igen Luftfeuchtigkeit gelagert wurden, nehmen einen aw-Wert von 0,8 an.
Das im Material enthaltende Wasser können viele Pilze ab einen aw-Wert von ca. 0,8 und einige spezialisierte Pilze bereits bei aw-Werten um 0,7 für ihre Entwicklung nutzen.
Zu diesen spezialisierten Pilzen gehören insbesondere Wallemia sebi, sowie Vertreter des Aspergillus glaucus-Komplex (siehe Abbildung 8) und des Aspergillus restrictus-Komplex (siehe Abbildung 9). Die genannten Pilze werden häufig bei Kondensationsschäden festgestellt. Diese Pilze wachsen vergleichsweise langsam, aber bilden eine Vielzahl von Sporen, die in belasteten Wohnungen dann in hohen Konzentrationen in der Raumluft festgestellt werden.
Eine Infektion der Bewohner ist durch diese Schimmelpilze nicht zu befürchten. Allerdings kann es durch das Einatmen großer Sporenmengen zu einer Sensibilisierung gegen diese Pilzarten kommen oder es treten bei bereits sensibilisierten Personen allergische Reaktionen auf. Der Leitfaden des Umweltbundesamtes empfiehlt daher bekannte Schimmelschäden in Innenräumen zu sanieren.
2. Hat der fRsi-Temperaturfaktor einen praktischen Nutzen zur Vorhersage von Kondensationsschäden?
Der Temperaturfaktor fRsi ist ein Wert, der Hinweise auf die wärmedämmende Qualität von Außenbauteilen liefert. Er wird aus dem Verhältnis der Temperaturdifferenz zwischen der raumseitigen Oberflächentemperatur (in der Regel im Bereich einer Wärmebrücke) und der Außenlufttemperatur (θsi – θe) zur Temperaturdifferenz zwischen der Innen- und Außenluft (θi – θe) berechnet.
Unter Normbedingungen (bei 20 °C und einer relF von 20 %) liegt die Mindestanforderung bei einem Verhältnis von 0,7 oder höher (fRsi ≥ 0.70), bei dem in der Regel kein Schimmelpilzwachstum auftritt.
In der Immobilienwirtschaft eignet sich dieser Wert vor allem dazu, die Mindestanforderung der Außenwanddämmung zu berechnen. Da die geforderten Normbedingungen in der Praxis selten über längere Zeit eingehalten werden können, ist dieses Verfahren zur Vorhersage von mikrobiellem Wachstum an Oberflächen nur bedingt geeignet. Viel sinnvoller ist die Verwendung von Datenloggern, die an den entsprechenden Wandbereichen platziert werden und kontinuierlich die Wandtemperatur und die relative Luftfeuchtigkeit erfassen.
Drartige Datenlogger (siehe Abbildung 10) sind relativ klein und können inzwischen mit einer App für sas Mobiltelefon zur „Lüftungsampel“ https://baubiologie.net/wissenswertes/lueftungsampel/ verknüpft werden und bieten so eine Unterstützung für eine kontrollierte Lüftung.
Abb. 10: Datenlogger der Fa. Ruuvi
Zusammenfassung
Es ist kein Zufall oder gar eine unglückliche Entwicklung, dass die Verbreitungsstrategie vieler Pilze über die Luft erfolgt und Pilze so viele Sporen bilden, dass sichergestellt ist, dass alle Materialoberflächen zwischen dem Nord- und Südpol zumindest mit wenigen Sporen kontaminiert sind und auch immer wieder mit Sporen kontaminiert werden.
Eine sporenfreie Welt wäre nicht wünschenswert, weil durch das Fehlen von Pilzen der Abbau von organischen Materialien stark gebremst wäre und durch die fehlende Remineralisierung auch die Entstehung von neuen Lebensformen gebremst ist, was in letzter Konsequenz die Anpassung von Organismen auf Veränderungen behindern würde.
Wir müssen uns daher damit abfinden, dass „Keimzellen“ für mikrobielles Wachstum immer in Innenräumen vorliegen werden und dass wir eine Schimmelbildung am besten durch die Vermeidung von kritischer Materialfeuchte erreichen können.
Die übermäßige Feuchtigkeitsaufnahme von Materialien erfolgt vor allem in der kalten Jahreszeit im Bereich von Wärmebrücken. Bei Wohn- und Büroimmobilien erwartet man heutzutage eine Mindestwärmedämmung, die mit dem Temperaturfaktor fRsi unter Standardbedingungen überprüft werden kann.
Um Kondensationsschäden im Innenraum zu vermeiden, muss bereits bei der Erstellung von Immobilien auf die Vermeidung von starken Wärmebrücken geachtet werden. Weiterhin ist es hilfreich, wenn die Nutzer auf Prozesse hingewiesen werden, bei denen besonders viel Feuchtigkeit freigesetzt wird und wie diese Freisetzung verringert werden kann. Außerdem muss der Sinn und die Häufigkeit von notwendigen Lüftungs- und Heizzyklen erklärt werden.
Da Wärmebrücken und das Erreichen kritischer Materialfeuchten für die Nutzer nicht erkennbar sind, hat sich, zumindest bei Gebäuden mit bauphysikalischen Schwachstellen, der Einsatz von Datenloggern bewährt, die zusammen mit dem Mobiltelefon als praktische Lüftungsampel genutzt werden können.
Online-Vorlesung – Schimmel ist immer und überall in einem Gebäude, aber warum?
Dr. Christoph Trautmann hat das Thema von A bis Z betrachtet. Daraus ist eine Online-Vorlesungs-Reihe mit 11 Themenblöcken entstanden. Das Team von der „Initiative Schadenprävention“ und „Forum Leitungswasser / Alles rund um die Leckage-Prävention“ lädt Sie zur kostenfreien Teilnahme an den Online-Vorlesungen von Dr. Trautmann ein.
Umfangreiche Informationen zu wichtigen Themen rund um die Lebensbedingungen, den Auswirkungen und der Erfassung von Mikroorganismen in Innenräumen können Sie in unseren Online-Vorlesungen erfahren.
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Themen und Termine für Online-Vorlesungsreihe
Thema
Datum
ATP-Analysen
April 29, 2025 @ 17:00 – 18:00
Extremophile und extremotolerante Mikroorganismen
Mai 20, 2025 @ 17:00 – 18:00
Bewertung von Materialproben
Juni 10, 2025 @ 17:00 – 18:30
Bewertung von Luftproben
Juni 24, 2025 @ 17:00 – 18:30
Lesen Sie auch den ersten Teil der Serie von Dr. Christoph Trautmann Alle Jahre wieder: „Der Winter ist gekommen, der Schimmel wächst aus“.
Ein korrodiertes Heizungsrohr wird im Labor auf Dichtigkeit geprüft. Foto: https://www.ifs-ev.org/
In einem Gebäudekomplex für betreutes Wohnen wurde im Frühjahr ein Druck- und Wasserverlust in der Heizungsanlage festgestellt. Der Hausmeister füllte etwa 100 Liter Wasser nach, und zwar täglich.
Zweieinhalb Monate strichen ins Land, und der Mann hatte bereits 7000 Liter nachgefüllt, bevor der betroffene Heizungsstrang endlich abgesperrt wurde.
Eine Feuchtemessung ergab, dass der Bodenkanal, in dem sowohl die Heizungs- als auch die Trinkwasserleitungen durch alle drei Abschnitte des Gebäudes verliefen, über die gesamte Länge nass war.
Während die Außerseite stark korrodiert ist, ist die Rohrinnenwand weitgehend ungeschädigt. Foto: https://www.ifs-ev.org/
Beim Öffnen des Kanals kamen die von außen stark korrodierten Heizungsrohre aus schwarzem Stahl zum Vorschein. Dem Ausmaß des Schadenbildes nach hatte über einen langen Zeitraum Feuchtigkeit auf die Rohre eingewirkt.
An diversen Stellen war es bereits zu Wanddurchbrüchen an dem 3 mm starken Material gekommen. Die Trinkwasserleitungen aus Edelstahl waren (noch) nicht geschädigt.
Wie ursprünglich Feuchtigkeit in den Bodenkanal gelangt war, konnte die Untersuchung nicht zeigen. Entgegen der Norm war der Kanal jedoch nicht gegen eindringendes Wasser gesichert. Er hätte wegen der Trinkwasserleitungen außerdem belüft- und entwässerbar sein müssen.
Korrosionsprodukte und ein Wanddurchbruch an der Außenseite des Rohrabschnitts. Foto: https://www.ifs-ev.org/
Darüber hinaus war er mit einer Perliteschüttung gefüllt, was ebenfalls gegen die Norm verstößt und in diesem Fall das Schadenausmaß erheblich vergrößert hat.
Der gesamte Bodenkanal musste für die Trocknung geöffnet und die Perliteschüttung komplett entfernt werden. Außerdem mussten alle Heizungsrohre ausgetauscht werden.
Unsere erfahrensten Gutachter raten, das Gras wachsen zu hören, wenn es an den wasserführenden Installationen Auffälligkeiten gibt. In diesem Fall hätte es schon genügt, das herausgaloppierende Nashorn nicht zu ignorieren. (is)
Ein Gastbeitrag des Institutes für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer, IFS e.V. Weitere Informationen unter www.ifs-ev.org/
Probenahme aus der Estrichdämmschicht. Die ausgestochene Dämmschicht (Pfeil) ist sowohl geruchlich als auch bei der direktmikroskopischen Untersuchung unauffällig. Foto: https://www.ifs-ev.org/
Eigentlich handelte es sich um einen Routineschaden: Wegen eines geplatzten Flex-Schlauches war es zum Frischwassereintritt in die Räume einer Zahnarztpraxis gekommen.
In dem durchfeuchteten Fußboden war als Dämmmaterial expandiertes Polystyrol verbaut, dem Laien auch besser bekannt als Styropor®. Aus trocknungstechnischer und mikrobiologischer Sicht wäre diese Geschichte kurz und einfach: durch den Bodenbelag und den Estrich bohren und über die geschaffenen Löcher die Dämmschicht trocknen. Fertig.
Die Sanierungsfirma veranlasste hier jedoch eine Untersuchung der Estrichdämmschicht durch ein Ingenieurbüro. Dazu wurden Estrichdämmschichtproben aus dem Bodenaufbau entnommen und kultivierend untersucht. Wegen der teilweise gefundenen hohen Bakteriengehalte (> 1 Millionen KBE/g) wurde das Abbrechen des Bodenaufbaus als Sanierungsmaßahme gefordert. Man wollte – um im Bild der Zahnärzte zu bleiben – gleich den „ganzen Zahn“ ziehen, da dieser bakteriell belastet sei.
Blick in die Räume der Zahnarztpraxis: Der Bodenaufbau hätte abgebrochen werden sollen. Untersuchungen des IFS und die abschließende Freimessung zeigen, dass das Trocknen als Sanierungsmaßnahmen ausreichend war. Foto: https://www.ifs-ev.org/
Der Zahnarzt, der seine Praxis nicht unnötig lange schließen wollte, holte daraufhin – wie in der Medizin ja nicht unüblich – eine Zweitmeinung ein, und zwar beim IFS. Dem erfahrenen Gutachter fiel sofort auf, dass nie eine direktmikroskopische Untersuchung der Proben veranlasst wurde.
Das zielführende Vorgehen in einem solchen Fall wäre, zunächst eine direktmikroskopische Untersuchung vorzunehmen, um festzustellen, ob überhaupt eine relevante Belastung mit Schimmelpilzbestandteilen vorliegt. Durch Anfärben werden hier Schimmelpilzstrukturen für die Betrachtung unter dem Mikroskop direkt sichtbar gemacht. Ergänzend können die Proben kultivierend untersucht werden, um eine mögliche Schimmelpilzbelastung zu verifizieren.
Eine erhöhte Belastung durch Bakterien ist in einem solchen Fall nicht relevant und rechtfertigt schon gar nicht das Abbrechen des Bodenaufbaus, denn die Bakteriengehalte korrelieren mit der Feuchte im Bodenaufbau. Durch die Trocknung sterben die Bakterien ab, und sie haben keine relevante Biomasse. Dies spiegelt sich auch in der VdS 3151, den „Richtlinien zur Schimmelpilzsanierung nach Leitungswasserschäden“ in der es heißt: „Auch können Werte von 106 KBE/g in nassem Estrich schnell erreicht werden. Es reicht dann aber erfahrungsgemäß aus, abzusaugen und zu trocknen.“
Der IFS-Gutachter entnahm frische Proben aus dem Bodenaufbau, die direktmikroskopisch untersucht wurden. Ein Schimmelpilzbefall wurde dabei nicht festgestellt, allenfalls eine Verunreinigung mit Schimmelpilzen.
In den Räumen des Zahnarztes war also das Trocknen des Fußbodenaufbaus ausreichend; die Substanz an sich konnte erhalten werden. Nach Abschluss der Maßnahmen wurde der Sanierungserfolg mit eine Freimessung belegt. (Sc)
Ein Gastbeitrag des Institutes für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer, IFS e.V. Weitere Informationen unter www.ifs-ev.org/