Klug in die Zukunft gedacht

Bereits zum sechsten Mal wurde der Superscape – der Preis für visionäre Konzepte in Architektur und Stadtentwicklung – vergeben. Das Sieger:innenprojekt überzeugte die Jury aufgrund der klugen Überlegungen, wie Städte mit den Klimawandelherausforderungen zukünftig umgehen können.

Superscape ist ein Innovationspreis für Ideen in der Architektur und Stadtentwicklung. Heuer stand er unter dem Thema „Form follows environment – Regenerative Architektur“. 82 Konzeptskizzen von Teilnehmer:innen aus 22 Ländern wurden eingereicht. Damit schließt die diesjährige Ausgabe an den Erfolg der vorherigen Editionen mit großer internationaler Beteiligung an. Der Preis wurde bereits zum sechsten Mal – als Gemeinschaftsprojekt der wbv-gpa, Wohnbauvereinigung für Privatangestellte, und des privaten Bauträgers Lenikus Immobilien (in Kooperation mit der Wirtschaftsagentur Wien) ausgelobt.

- Anzeige -
Superscape 2024 | Shortlist
- „An Inevitable Metamorphosis: A Hypothesis for Redefining Architecture“ von Mahboobeh Rezaei (IRN/AT)
- „COMROMISE“ von Airat Zaidullin mit Dina Kiyamova, Daria Shel, Radmir Valeev (RUS)
- „the Breathing Ground. (sub-)terranean architecture as an environmental instrument“ von Anna Orbanic (HRV)
- „Die Entsiegelte Stadt – Stadtraum als Ressource der Zukunft“ von Nathaniel Loretz mit Pia Bauer, Carina Loretz (AT)
- „Habitecture. Architektur der Koexistenz“ von Wolfgang Novotny (AT)
- „Bauen macht Boden“ von Anna Popelka mit Georg Poduschka (AT)

Michael Gehbauer, wbv-gpa, erläutert: „Es ist uns ein Anliegen, soziale, kulturelle und umweltbezogene Belange als Teil der unternehmerischen Verantwortung zu unterstützen. Da Architektur und Stadtplanung immer auch in die soziale Umwelt eingreifen, ist es wichtig, einen Beitrag zu einem nachhaltigen Diskurs im Spannungsfeld zwischen Architektur, ihren Akteur:innen, Bewohner:innen und Gestalter:innen zu leisten.“

Martin Lenikus ergänzt: „Lenikus Immobilien ist es immer ein großes Anliegen, innovative und visionäre Architekturprojekte zu fördern, die einen positive Beitrag zu einem besseren Leben leisten. Unser Fokus liegt dabei auf der langfristigen Balance zwischen sozialer Verantwortung, Funktionalität und kreativen, zukunftsorientierten Ansätzen.“

Regenerative Prinzipien müssen zunehmend wesentlicher Bestandteil von Architektur und Stadtplanung sein. Form follows environment – Form folgt der Umwelt: Architektur, verstanden als Erweiterung des Ortes, des Geländes, der Flora und Fauna und des Ökosystems, entwirft Konzepte, die ökologische Schäden umkehren und sich positiv auf die natürliche Umwelt auswirken. Statt klimaneutral heißt das Ziel klimapositiv. Denn in Zukunft wird Nachhaltigkeit nicht mehr ausreichen: Wachstumsdruck und gleichzeitige Verknappung der Rohstoffe erfordern ein komplettes Um- und Neudenken.

In diesem Kontext galt es, innovative Potenziale und Problemlösungen der Architektur und Stadtplanung auszuloten sowie visionäre Zukunftsblicke und gestalterische Experimente zu wagen, die auf diese Herausforderungen eingehen und Lösungsszenarien aufzeigen. Die Jury – Anna-Vera Deinhammer, Angelika Fitz und Thomas Romm – nominierte sechs Konzepte für die Shortlist. Im Verlauf des zweiten Jurymeetings wurde das Gewinner:innenprojekt „the Breathing Ground. (sub) terranean architecture as an environmental instrument“ von Anna Orbanic gekürt.

Im Rahmen der Preisverleihung am 15. Oktober 2024 wurde der mit 10.000 Euro dotierte Preis offiziell übergeben. Die weiteren Teilnehmer:innen der Shortlist erhielten jeweils eine Aufwandsentschädigung von 2.000 Euro.

Klimareaktives Konzept

Anna Orbanic aus Kroatien, Absolventin der Akademie der bildenden Künste in Wien, mit den Schwerpunkten Ökologie, Nachhaltigkeit und Kulturerbe, konzentrierte sich mit ihrer Arbeit „the Breathing Ground.(sub-)terranean architecture as an environmental instrument“ auf Wien, eine Stadt, die – wie viele andere – zusehends von Klimawandel und Extremtemperaturen betroffen ist. Der ausgewählte Ort befindet sich auf einer Brachfläche, einer der städtischen Hitzeinseln von Wien, und dient als Versuchsstandort für den Designvorschlag: ein unterirdisches Theater und darüber liegende performative Gärten. Der Entwurf fungiert als Prototyp einer neuen architektonischen Typologie, die klimareaktiv ist.

Das vorgeschlagene Gebäude versteht sich – durch seine Form, Physiologie und vertikalen Ausdehnung – als eine klimatische Einrichtung, die einen unterirdisch gelegenen neuen öffentlichen Raum erzeugt, in dem die Temperaturen über das ganze Jahr hinweg stabil bleiben. Durch die unter der Erde liegende Konstruktion wird es möglich, mit Hilfe des Aushubmaterials den oberirdischen Bereich auszudehnen und damit windexponierte Türme zu errichten. Diese Türme erreichen eine über die benachbarten Dächer hinausragende Höhe, die – da sie beständig dem Wind ausgesetzt sind – den Ventilationsprozess aktivieren. Während die gesamte Konstruktion weiterwächst, schafft sie ein unterirdisches Netzwerk (und öffnet Raum für oberirdisch gelegene Gärten), das einen Kühlungseffekt für angrenzende Gebäude und die städtische Umgebung erzeugt.

Ihre Arbeit und Forschung sind darauf ausgerichtet, natürliche Prozesse zu beobachten und von ihnen zu lernen. Durch multidisziplinäre Zusammenarbeit bezieht Anna Orbanic häufig Menschen aus unterschiedlichen Bereichen mit ein, um die Grenzen der Architektur und die Art und Weise, wie wir unsere gebaute Umwelt planen, zu erweitern. Die Jury hat sich einstimmig für das Projekt „the Breathing Ground. (sub-)terranean architecture as an environmental instrument“ von Anna Orbanic entschieden und ist von der Preiswürdigkeit der visionären Kraft, der Vielschichtigkeit und der Ganzheitlichkeit des eingereichten Konzepts überzeugt.

Das Jury-Statement: „Inspirierend und innovativ ist sowohl die detaillierte Ausarbeitung der stadträumlichen Wirkung als auch die bautechnische und zirkuläre Materialisierung des architektonischen Ansatzes. Mit der Skalierung für eine Klimatisierung von Stadtraum im Allgemeinen und Architektur im Besonderen visioniert ,the Breathing Ground‘ vorbildhaft eine regenerative Architektur als ,Form Follows Environment‘.“


Über Superscape

2024 wurde der Superscape Preis zum sechsten Mal ausgelobt – als Gemeinschaftsprojekt der wbvgpa, Wohnbauvereinigung für Privatangestellte, und des privaten Bauträgers Lenikus Immobilien (in Kooperation mit der Wirtschaftsagentur Wien). Im Vordergrund des biennal ausgelobten Superscape steht die Etablierung einer langfristigen Ideenwerkstatt, die durch visionäre Konzepte einen Beitrag für heutige und zukünftige Architektur und Stadtentwicklung geben kann.

Ideen zum Thema

Der Ausschreibungsprozess verlief zweistufig: In der ersten Phase wurden Absolvent:innen eines Studiengangs der Architektur, Landschaftsarchitektur, Raumplanung oder Design einer Universität, Fachhochschule oder Akademie eingeladen, ihre Ansätze und Ideen zum jeweiligen Themenschwerpunkt in skizzenhafter und prägnanter Form einzureichen. Die Fachjury wählte aus den eingereichten Konzepten anschließend eine Shortlist.

Diese sechs Teilnehmer:innen wurden eingeladen, ihre Ansätze in der zweiten Wettbewerbsphase bis Ende August 2024 vertiefend auszuarbeiten. Im Zuge einer zweiten Jurysitzung im September 2024 wurde das Gewinner:innenprojekt gekürt. Alle Beteiligten der Shortlist erhielten jeweils eine Aufwandsentschädigung von 2.000 Euro, das Gewinner:innenprojekt wurde bei der offiziellen Preisverleihung am 15. Oktober 2024 mit 10.000 Euro ausgezeichnet.

Lesen Sie die nächsten Artikel dieser Ausgabe

Lesen Sie Artikel zum selben Thema