Stark gestiegene Bodenpreise, hohe Baukosten und gestiegene Kapitalmarktzinsen bremsen die Immobilien- und Bauwirtschaft. Die Branche bezeichnet ihre Lage als dramatisch. Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware. Diverse Wohnbauinitiativen und neue Allianzen zwischen Akteuren sollen Abhilfe schaffen.
— FRANZISKA LEEB
Das Projekt ist ein Glücksfall, waren sich die Anwesenden aus Wohnungswirtschaft und verwandten Sektoren beim Praxischeck der WohnenPlus Akademie im Stadtquartier Wolfganggasse einig. Schon allein deshalb, weil es zügig entwickelt und gebaut werden konnte und sich daher die Kosten im Rahmen hielten. Das Quartier entstand auf dem früheren Areal der Wiener Lokalbahnen. 2018 wurde die Station der Badner Bahn geschlossen, im gleichen Jahr wurde die Flächenwidmung beschlossen und der Bauträgerwettbewerb abgehalten. Ab Herbst 2020 war Baubeginn, zwei bis zweieinhalb Jahre später konnten die Wohnhäuser bezogen werden. Es entstanden 700 geförderten Wohnungen von Gesiba, Heimbau, Neues Leben, wbv-gpa sowie 105 Gemeindewohnungen der Wigeba.
Die Mieten sind vergleichsweise günstig. Bei der Heimbau liegt das Monatsentgelt für geförderte Genossenschaftswohnungen mit Eigentumsoption bei 7,39 Euro pro Quadratmeter, brutto, inklusive Betriebskosten bei einem Grund- und Baukostenbeitrag von 364 Euro je Quadratmeter. Bei den höher geförderten Smart-Wohnungen beträgt die Miete 7,32 Euro pro Quadratmeter, der Baukostenbeitrag 60 Euro pro Quadratmeter. Im Gemeindebau, wo kein Finanzierungsbeitrag anfällt, betragen die Mietkosten 8,15 Euro brutto.


Isabella Stickler
„Die Vergabe der Bauleistungen erfolgte noch vor der massiven Baupreiserhöhung“, erklärt Maximilian Koller von der Heimbau. Aktuell sei es die Kombination mit den gestiegenen Finanzierungskosten, die den Wohnbau unter Druck bringen. Zusätzliche Verteuerungen seien auch den immer wieder steigenden Anforderungen aus Normen, OIB-Richtlinien und Behördenauflagen geschuldet. Aktuell kalkuliere man zwischen neun und zehn Euro Miete.
„Beginnend mit 2019 sind sowohl die Baukosten als auch die Finanzierungskosten extrem angestiegen“, ergänzt Paul Steurer, Geschäftsführer von Gesiba und Wigeba. „Dies hatte zur Folge, dass vor allem gewerbliche, frei finanzierte Bauträger unter Druck kamen.“ Im letzten halben Jahr hätten sich die Baupreise stabilisiert und auch die Zinsen sind etwas gesunken. Auch die Zeit spiele eine Rolle.
„UVP-Verfahren sowie andere naturschutzrechtliche Verfahren nehmen sehr viel Zeit in Anspruch. Die damit verknüpften Auflagen verursachen zusätzliche Kosten.“ Beim Quartier Wolfganggasse war keine UVP notwendig.


Fotos: Leeb, David Anselgruber Photography; Quelle: Statistik Austria
Vorpreschen hat sich gelohnt
Anders beim Areal Berresgasse in Wien- Donaustadt, für das der Bauträgerwettbewerb ein paar Wochen vor jenem für die Wolfganggasse entschieden wurde: Dort erfolgte für das Gros der Bauten der Baustart zwei Jahre später als geplant, weil die meisten Bauträger den Ausgang der Rechtsstreitigkeiten rund um die UVP-Frage abwarteten. Vorgeprescht ist der Bauträger Kallco, der nach einer Abschätzung des rechtlichen Risikos schon im März 2020 den Spatenstich vornahm.
„Wir haben den Bau ohne Stehzeiten durchgezogen und da wir die ersten am Areal waren, konnte das Marktpotenzial ausgeschöpft werden“, fasst Gernot Weingraber, Mitglied der Kallco-Geschäftsführung, die Vorteile zusammen, „Einen Monat nachdem wir in die Verwertung gegangen sind, waren alle 163 Wohnungen vergeben.“ Beim Projekt com- 22PLUS war man dank des firmeneigenen Systempatents Klima Loop Plus, das gänzlich ohne fossile Energieträger und auf keinen Fernwärmeanschluss angewiesen ist, völlig autark. Zur Heizung und Kühlung mittels Bauteilaktivierung wird Erdwärme genutzt, eine PV-Anlage liefert die Energie für die Wärmepumpe.
„Wir errichten Häuser nicht mehr anders“, so Weingraber, „so eine Immobilie ist voll EU-taxonomiekonform.“ Kostenmäßig war man noch gut dran, jedenfalls deutlich unter den 3.000 Euro pro Quadratmeter, mit denen man derzeit kalkuliert. Bei frei finanzierten Wohnungen sei aktuell mit zumindest 13,50 Euro netto kalt zu rechnen.
Wohnbaulücke droht
Angesichts der vielen Kräne, die sich aktuell am Himmel über Wien und anderswo drehen, muten die Unkenrufe von einer dramatischen Baukrise überzogen an. Fakt ist, dass in ganz Österreich die Wohnbauproduktion spürbar zurückgeht. „Die aktuell noch hohen Fertigstellungszahlen täuschen etwas darüber hinweg, dass markant weniger Projekte in der Pipeline sind“, erklärt der Wohnbauexperte des Wirtschaftsforschungsinstitutes Wifo, Michael Klien. „Wenn man die aktuellen Baubewilligungen als Indikator nimmt, ist ein Rückgang von bis zu 50 Prozent zu erwarten.“
In den letzten Jahren war vielfach die Rede davon, dass in Österreich die Wohnbaulücke durch die hohe Neubauleistung abgebaut wäre. Durch den bevorstehenden Einbruch der Wohnungsproduktion und die weiterhin starke Bevölkerungsentwicklung – der Ukraine-Krieg hat die Bevölkerung im Jahr 2022 um mehr als 100.000 Menschen erhöht – sieht Michael Klien die steigende Gefahr einer neuen Lücke: „Die Konsequenz von zu wenig Angebot sind höhere Mieten und steigende Wohnungspreise.“
Die Wohnungskrise, die ganz Europa betrifft, thematisierte auch Ursula von der Leyen am Vortag ihrer Wiederwahl als Präsidentin der Europäischen Kommission: „Die Menschen haben Mühe, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Aus diesem Grund werde ich zum ersten Mal einen Kommissar oder eine Kommissarin mit direkter Verantwortung für das Wohnungs- wesen ernennen.“ Die politischen Leitlinien für die nächste EU-Kommission sehen unter anderem eine Liquiditätsspritze vor, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen wird, „die geplanten kohäsionspolitischen Investitionen in erschwinglichen Wohnraum zu verdoppeln. Die Länder sind nun in der Pflicht.
Die österreichische Bundesregierung hat im Frühjahr ein Wohnbaupaket beschlossen, bemerkbar macht es sich noch nicht. „Das ist aufgrund der hohen Vorlaufzeiten im Wohnungsbau aber auch gar nicht möglich“, erläutert Michael Klien. Für die aktuell schwache Baukonjunktur und die Wohnbaulücke könne das Paket wenig tun, „Es leistet aber einen Beitrag, um die Wohnungsproduktion in der mittleren Frist von zwei bis fünf Jahren zu stabilisieren.“
Vor dem Gesichtspunkt, dass das Bundespaket nur eine zusätzliche Hilfestellung für die Bundesländer sein soll, sei es ein spürbarer und in weiten Teilen auch zielgerichteter Impuls. „Unabhängig davon müssen die Länder für Planbarkeit in der Wohnungswirtschaft sorgen und die Wohnbauförderung entsprechend erhöhen.“


Erhöhung der Wohnbauförderung
Die seit dem Vorjahr kräftig gestiegenen Zinsen haben nicht nur die privaten Wohnungskreditnehmer in Nöte gebracht, sondern verteuern auch die Finanzierung im großvolumigen Wohnbau. Im Juni hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent gesenkt. Auch wenn das zu wenig sei, um eine deutliche Belebung herbeizuführen, sei dies ein wichtiger Schritt, da damit die Zinswende nach unten eingeläutet worden sei, betont der Ökonom Klien.
„Der Druck von der Finanzierungsseite sollte daher in den kommenden zwei Jahren deutlich abnehmen“, prophezeit er. Banken und andere Marktteilnehmende würden die in den kommenden Jahren sinkenden Zinsen bereits antizipieren.
Klien ist gegen eine Zweckbindung der Wohnbaufördermittel: „Es wäre vollkommen irrational gewesen, im Wohnbauboom der letzten Jahre zusätzliches Steuergeld in den Wohnbau zu stecken. Die Wohnbauförderung muss flexibel sein, und nun sind aber die Länder gefordert, in Zeiten eines sichtbaren Fördermittelbedarfs, die Wohnbauförderung aufzustocken.“


Simon Handler
Wohnbauallianz für Zweckbindung
GBV-Obmann Klaus Baringer hingegen bezeichnete Ende Juni die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung als Gebot der Stunde. Gemeinsam mit Andreas Köttl, Präsident der VÖPE, Vereinigung Österreichischer Projektentwickler, und den Bausozialpartnern trat der Obmann der Gemeinnützigen Bauvereinigungen vor die Presse, um einen „Vorstoß zu einer Quartier Wolfganggasse: Bauteil Wigeba (105 Gemeindewohnungen) von Peretti+Peretti und Bauteil Gesiba von Königlarch Architekten (133 geförderte Wohnungen) 3 – 2 0 2 4 13 THEMA Renaissance der Wohnbaupolitik“ zu unternehmen. Das Wohnbaupaket der Bundesregierung wurde zwar einhellig begrüßt. Aber der stärkste Einbruch im Wohnbau seit mehreren Jahrzehnten erfordere koordiniertes Handeln.
Wurden im Jahr 2019 noch rund 85.000 Wohnungen baugenehmigt, waren es 2023 nur noch rund 47.000. Dazu kommt, dass viele genehmigte Wohnbauprojekte wegen der hohen Baupreise und Zinsen nicht begonnen werden. Einen deutlichen Rückgang vermelden auch die gemeinnützigen Wohnbauträger: Schon 2023 lag man mit 14.900 fertiggestellten Wohnungen zehn Prozent unter dem Zehnjahresschnitt. Für 2024 werden 14.100 Fertigstellungen und für 2025 gar nur eine Bauleistung von 10.000 bis 11.000 Wohnungen erwartet.
Nicht nur das leistbare Wohnen ist gefährdet, auch Tausende Arbeitsplätze am Bau und in nachgelagerten Branchen gibt Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender Gewerkschaft Bau- Holz, zu bedenken. Im Juli 2024 waren zehn Prozent mehr Menschen arbeitslos gemeldet als im Juli des Vorjahres. Besonders stark betroffen: die Warenproduktion mit einem Plus von 18 Prozent und der Bau mit einem Plus von 13 Prozent. „Der Konjunkturmotor Nummer eins ist die Bauwirtschaft und wenn die an Sprit verliert, trifft es auch viele andere Bereiche. Wir brauchen neue Perspektiven, neue Strukturen und Lösungen“, so Muchitsch.
Um diese umzusetzen, vermissen die Branchenvertreter auf Bundesebene die Expertise. Heinrich Übleis, von 1985 bis 1987 Bautenminister in den Regierungen Sinowatz und Vranitzky I, war der letzte Minister, der das Portfolio „Bauten“ im Titel trug. „Seither wird der Wohnbau im Bund stiefmütterlich behandelt und niemand fühlt sich letztverantwortlich“, so VÖPE-Präsident Köttl. „Aus unserer Sicht fehlt es an der Koordination zwischen Bund, Ländern und Kommunen in Wohnbau und Stadtentwicklung sowie der Vermittlung und Koordination zwischen der europäischen und nationalen Ebene.“
Man stünde bereit, bei der Umsetzung mitzuwirken – in Form einer Allianz, in der Bund, Länder und Kommunen vertreten sind und auf Augenhöhe mit allen Branchenverbänden, Vorschläge und Maßnahmen zu erarbeiten. „In Deutschland ist etwas Vergleichbares bereits eingerichtet“ verweist Baringer auf das dortige „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“.


Flexibel und guter Dinge
„Mit größtmöglicher Flexibilität“, so Obfrau Isabella Stickler, reagiere man derzeit bei der niederösterreichischen Alpenland auf die herrschende Situation, in der es an langfristiger Planbarkeit und Stabilität mangelt. Jedes Projekt werde in mehreren Stufen – bei Grundstücksankauf, in der Projektierung, zu Baubeginn und zu Verwertungsbeginn – auf Produktart und Finanzierung geprüft.
„Es gibt eine wesentlich stärkere Nachfrage nach Miete und sehr wenig Nachfrage nach Eigentum. Das ist für uns ein Indiz, dass das Vertrauensklima in die Investition Wohnen und die Leistbarkeit am Immobilienmarkt nicht gegeben ist.“ Das Hauptprodukt von Alpenland war schon vor der Immobilienkrise die Miete mit Kaufoption, „Dabei bleiben wir, da wir unseren Kund:innen weiterhin beide Möglichkeiten anbieten wollen.“


Im Juni hat die Niederösterreichische Landesregierung die Umsetzung des Wohnbaupaketes des Bundes für den gemeinnützigen Wohnbau beschlossen und die gemeinnützigen Bauvereinigungen informiert. „Das Wohnbaupaket wird zwar erst mit September schlagend werden, die Vorbereitungen laufen aber intensiv während des Sommers, sodass noch heuer die ersten bundesgeförderten Projekte zugesichert werden. Wir sind guter Dinge, dass wir heuer auch Baubeginne mit dieser zusätzlichen Förderung setzen können“, ist Stickler zuversichtlich.
Die Baukosten betreffend, spricht die Alpenland-Obfrau von einer Abwärtsbewegung, „Die fehlende Auslastung der Bauunternehmen führt zu einem schon lange nicht mehr dagewesenen Wettbewerb.“ Wichtig sei dem Unternehmen die Vergabe an den Best- und nicht an den Billigstbieter. „Das bedeutet, dass der verhandelte Baupreis bis zum Bauende hält und das Bauunternehmen wirtschaftlich so stabil ist, dass wir das Bauprojekt mit ein- und demselben Ausführenden beginnen und beenden“, ergänzt Stickler.
Im St. Pöltener Stadtteil Oberwagram feierte Alpenland kürzlich direkt gegenüber der 2023 an die Bewohner: innen übergebenen Siedlung „Mühlbach-Ost“ den Spatenstich für eine weitere große Wohnanlage. Es werden 92 geförderte und 40 frei finanzierte Wohnungen, jeweils zur Miete mit Kaufoption entstehen.


Was sind die Preistreiber?
Als Ursachen für hohe Baukosten und Mieten werden oft überzogene Standards, Gesetze und Normen genannt. Wir fragen nach bei Simon Handler. Als Geschäftsführer der hacon GmbH und der sima consulting GmbH steht der studierte Bauingenieur und Gebäudetechniker für einen gesamtheitlichen Planungsansatz für hocheffiziente Gebäude und Quartiere. Ob energietechnische oder bauphysikalische Maßnahmen Kostentreiber sind, komme auf die Sichtweise an, meint er. Klar sei, dass jede zusätzliche Maßnahme für sich betrachtet zu Mehrkosten führt. 20 Zentimeter Wärmedämmung kosten mehr als zehn, Wohnungen mit Balkonen mehr als solche ohne, Verbundsicherheitsglas ist teurer als Einscheiben- Sicherheitsglas oder Floatglas.
„Die Nutzung fossiler Brennstoffe hat es uns in der Vergangenheit ermöglicht, Gebäude günstig zu errichten und zu betreiben. Im Gegenzug wurden und werden durch diese Gebäude bis heute hohe CO₂-Emissionen verursacht. Die Auswirkungen hat man nicht gleich erkannt – mittlerweile spürt man sie doch recht eindeutig“, holt Handler aus. Effizientes und nachhaltiges Bauen sollte daher ebenso wenig infrage gestellt werden wie die VSG-Verglasung im absturzgefährdeten Bereich.


Michel Klien
Gebäude ohne negative Umweltauswirkungen sollten der Ausgangspunkt der Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit von Effizienzmaßnahmen sein. Durch geringere Qualitäten können womöglich Investitionskosten eingespart werden. Im Gegenzug erhöhen sich aber die Betriebskosten und die negativen Umweltauswirkungen. „Man muss dann bewerten, ob man sich die reduzierten Investitionskosten noch leisten kann. Da geht es einerseits um die Betriebskosten an sich und andererseits um die noch weitgehend unbekannten CO₂-Folgekosten“, gibt der Experte für Gebäude- und Anlagensimulationen zu bedenken.
Wichtig sei es, möglichst früh im Projektverlauf ein gemeinsames Verständnis für ein Gesamtkonzept zu entwickeln, so Handler: „Ein ökologisch und ökonomisch optimiertes Gebäude lässt sich nur durch ein Zusammenspiel aller beteiligten Planungsdisziplinen erreichen. Sind Architektur, Bauphysik, Haustechnik und Energietechnik aufeinander abgestimmt, lassen sich hocheffiziente Gebäude ohne wesentliche Mehrkosten realisieren.“
An Energieeffizienzmaßnahmen, die auch zu einer wirtschaftlichen Bauweise führen, nennt Handler kompakte Bauformen oder den optimierten und reduzierten Einsatz von Verglasungen. „Gebäude sollten gesamtheitlich als Lowtech- Konzepte konzipiert werden. Häufig wird allerdings der Fehler gemacht unter Lowtech lediglich den Entfall von haustechnischen Anlagen zu verstehen.“
Es müsse sich auch das architektonische Konzept an diesem Ansatz orientieren. Auch ein grundlegendes Umdenken im Hinblick auf den teils ausufernden Komfortanspruch und den daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen sei erforderlich. Er könne sich eine Anpassung der normativen und gesetzlichen Randbedingungen ähnlich den Entwicklungen in Deutschland auch für Österreich vorstellen.


Vorbild Deutschland
In Deutschland legte Ende Juli die Bundesregierung eine Leitlinie für einfaches und kostengünstiges Bauen – genannt Gebäudetyp E – und einen darauf abgestimmten Gesetzesentwurf vor (siehe Kasten). Es ist ein Teil des Maßnahmenpakets für eine Bau-, Investitions- und Innovationsoffensive zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum und greift Konzepte der Architekten- und Ingenieurkammer auf, um ein normenreduziertes Bauen zu ermöglichen.
Zurück ins Quartier Wolfganggasse: Dort hatte man nicht nur Glück, noch vor der großen Teuerung alles ins Trockene gebracht zu haben, sondern profitiert auch von der guten Mischung. Zum einen adressiert man mit unterschiedlichen Angeboten die Bedürfnisse von Alleinerziehenden. Zum anderen gibt es eine Reihe weiterer Einrichtungen und Nutzer:innengruppen. Die ÖJAB-Österreichische Jungarbeiterbewegung errichtete im Quartier das Pflegewohnhaus Neumargareten mit 216 Pflegeplätzen und betreibt im Bauteil „Lebenscampus Wolfganggasse“ von Neues Leben und WBV-GPA ein Studierenden- und Jugendwohnheim, den Stützpunkt der Hauskrankenpflege sowie Werkstätten für die überbetriebliche Ausbildung von Lehrlingen im Bereich Glasbautechnik.


Fotos: Alexander Müller, BMWSB; Visualisierung: Architekten Mauer & Partner; Quelle: Statistik Austria
Im Bauteil der Gesiba ist ein Kindergarten untergebracht. Die Heimbau übersiedelte mit ihrer Zentrale ins neue Quartier und bietet 13 sogenannte Smart- Offices an, anmietbar als Home- office-Arbeitsplätze. Im Erdgeschoß gibt es ein italienisches Restaurant und einen Lebensmittelsupermarkt. An die Vergangenheit des Areals erinnert das Remisengebäude, das zu einer Food- Hall umgebaut wurde. Diverse Veranstaltungen – Kasperltheater, diverse Kreativworkshops, Yoga- Stunden, Pub- Quizze und Ausstellungen – ergänzen das gastronomische Angebot. Wenn dann noch Michaela Winklbauer, Haus- und Pflegedienstleiterin des Pflegewohnhauses, berichtet, dass sie für den Pflegedienst von Bewohner:innen der Anlage Initiativ- Bewerbungen erhält, zeigt sich, dass nicht allein Zahlen und Kosten zählen.
E wie einfach


In Deutschland sollen es die Leitlinie Gebäudetyp-E und das darauf abgestimmte Gesetz zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus (Gebäudetyp-E-Gesetz) einfacher machen, rechtssicher auf Baustandards zu verzichten, die für die Gebäudesicherheit nicht notwendig sind und die gesetzlich nicht zwingend sind. Im Wesentlichen sieht das Gesetz drei Änderungen des Bauvertragsrechts vor:
- Der Begriff der „anerkannten Regeln der Technik“ soll konkreter gefasst werden. Es soll erreicht werden, dass reine Komfort-Standards im Allgemeinen nicht als „anerkannte Regeln der Technik“ gewertet werden.
- In Verträgen zwischen fachkundigen Unternehmern soll die Abweichung von „anerkannten Regeln der Technik“ erleichtert werden.
- Ein Abweichen von „anerkannten Regeln der Technik“ soll nicht mehr automatisch ein Sachmangel sein. Das Gebäudetyp-E-Gesetz ändert nichts an den öffentlich-rechtlichen Vorgaben, die alle Bauvorhaben einhalten müssen