Aufgrund des akuten Wohnraummangels in den deutschen Großstädten wird derzeit intensiv über die Notwendigkeit diskutiert, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Diese Debatte betrifft dabei nicht nur die Planungsinstitutionen der Länder und Kommunen, sondern in zunehmendem Maße auch die Aktivitäten von privaten Entwicklern und Investoren auf dem Wohnungsmarkt. Eine Untersuchung von JLL stellt die unterschiedlichen kommunalen Wohnraumförderprogramme vergleichend dar und zeigt auf, inwiefern Engagements in den sozialen Wohnungsbau in den sieben deutschen Immobilienhochburgen Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Frankfurt, Köln, München und Stuttgart auch attraktiv für institutionelle Investoren sein können.
Für Entwickler von Wohnprojekten, die den städtischen Baulandmodellen unterliegen, sind zumeist die kommunalen Wohnungsgesellschaften als Endinvestoren die Zielgruppe. Sie garantieren den Erstellern die Abnahme der geförderten Wohnungen. Hierbei werden oft Forward-Deals getätigt, d.h. der vor Fertigstellung vereinbarte Erwerb des Projekts. Für die Entwickler reduziert sich damit das Risiko der Suche nach einem Endinvestor. Deutschlandweit wurden seit 2016 1,2 Mrd. Euro durch öffentliche Wohnungsgesellschaften in vorab erworbene Projektentwicklungen investiert. Nicht immer unterlagen die Projekte vollständig einer öffentlichen Förderung.
Für langfristig ausgerichtete institutionelle Anleger kann ein Investment in öffentlich geförderten Wohnraum aus verschiedenen Gründen ebenfalls interessant sein.
Zum einen ist das Vermietungsrisiko insbesondere in der Nachvermietung geringer als im frei finanzierten Bereich. „So besteht bei frei finanzierten Projektentwicklungen die Gefahr, dass die Anfangsmiete sehr hoch und über dem örtlichen Mietspiegel angesetzt wird“, so Dr. Konstantin Kortmann, Head of Residential Investment JLL Germany. Da die Erstbezieher sich nach einiger Zeit besser in der Stadt vernetzt haben, beziehen sie oft innerhalb weniger Jahre preiswertere Wohnungen in besser integrierten Lagen. Die Fluktuation kann hier vergleichsweise hoch sein und eine Nachvermietung an Zweit- oder Drittmieter mit dem entsprechenden Aufwand wird nötig. Auch wenn bei einer Nachvermietung aufgrund hoher Nachfrage keine Zugeständnisse an der Miethöhe gemacht werden müssen, ist eine Mietanpassung aufgrund von Kappungsgrenzen und des über dem Mietspiegel liegendem Mietniveaus rechtlich oft nicht möglich. Bei Projekten des sozialen Wohnungsbaus sind hingegen die Fluktuation und die daraus folgenden Instandsetzungskosten wesentlich geringer. Darüber hinaus sind durch viele kommunale Förderprogramme – wenn auch von einem niedrigeren Niveau kommend – regelmäßige Mietsteigerungen möglich.
Neben der besseren Planbarkeit des Cash-Flows bei einer in der Regel nahezu 100 % liegenden Vermietungsquote in Großstädten ist auch die bessere Ausnutzung des Grundstückes eine Charakteristik des geförderten Wohnungsbaus. Auch spezifische Mieter- und Käuferanpassungen beim Bau oder der Ausstattung müssen seitens des Bauherrn nicht durchgeführt werden.
Gesamtrenditen (Miet- und Wertsteigungsrendite) zwischen 2,7 % bis 4,0 % erzielbar
„Investitionen in den sozialen Wohnungsbau sind insbesondere für sehr langfristig orientierte Anleger mit Blick auf stabile und stetige Cash-Flow bei gleichzeitig geringem (Leerstands)-Risiko interessant“, so Kortmann. Ein Ausgleich für die niedrigere Rendite findet zum Teil durch verschiedene Förderkomponenten der Städte statt. So erhalten Investoren im Rahmen der Förderprogramme u.a. vergünstigte Konditionen bei den Förderdarlehen, wie subventionierte Zinssätze oder angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase sogar Zuschüsse. Letzteres kann insbesondere für eigenkapitalstarke Investoren von Vorteil sein, um die Renditelücke zum frei finanzierten Wohnungsbau zu schließen.
Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany: „Langfristig sind über die Laufzeit Gesamtrenditen (Miet- und Wertsteigungsrendite) zwischen 2,7 % bis 4,0 % erzielbar. Vor dem Hintergrund, dass die aktuelle Umlaufrendite für langfristige Staatsanleihen bei etwa 0,4 % liegt und Spitzenrenditen für Büro- sowie Highstreet-Objekte von 2,8 und 3,1 % aufweisen, sind einer Förderung unterliegende Wohninvestments eine lohnende Alternative.“
Soziale Durchmischung vermeidet Ghettobildung
„Es empfiehlt sich, Projekte frühzeitig bei der Bauaufsicht und der Stadtplanung vorzustellen und eine einvernehmliche Lösung zur Sozialwohnungsbindung auszuhandeln“, so Kortmann. Häufig bestehe ein gewisser Verhandlungs- und Gestaltungsspielraum. Beispielsweise verzichte die Verwaltung in der Regel bei einem Zugewinn von weniger als 3.000 m² Wohnfläche auf die Förderquote und es gäbe Spielraum bei der Anzahl der Autostellplätze. Und schließlich sei anzuerkennen, dass eine soziale Durchmischung eine Ghettobildung und damit hohe gesamtgesellschaftliche Kosten vermeide. Das wirke sich letztlich auch für Investoren positiv aus.
„Fraglos: Es gibt einen riesigen Bedarf an günstigem Wohnraum. Aber die Fördersysteme laufen vielerorts ins Leere, das klassische Darlehen zieht nicht mehr, kaum ein Privater interessiert sich. Ob der Weg der Kommunen, mit einer Art Zwangsquote bis zu 45% preiswerte Wohnungen einzufordern, von Erfolg gekrönt sein wird? Es darf bezweifelt werden“, so Kortmann.
Dorothea Koch