Wie smarte Technik bezahlbares Wohnen unterstützt

Die Wohnungswirtschaft steht unter Druck: steigende Energiepreise, hohe Nebenkosten, wachsende Anforderungen an Klimaschutz und Digitalisierung.

Im Gespräch erklärt Dr. Dirk Then, CEO der noventic group, wie intelligente Technologien dabei helfen können, Heizkosten zu senken, Mieter zu entlasten und gleichzeitig CO₂-Emissionen zu reduzieren. Ein Plädoyer für pragmatische Lösungen – und den Mut zum Handeln.

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Herr Dr. Then, bezahlbares Wohnen ist ein zentrales Thema der Wohnungswirtschaft. Welche Bedeutung haben die Nebenkosten in diesem Zusammenhang?

Dr. Then: Die sogenannte „zweite Miete“ – also Energie- und Betriebskosten – hat sich zu einem wesentlichen Bestandteil der Wohnkosten entwickelt. Gerade in Zeiten volatiler und steigender Energiepreise wird deutlich: Wer über bezahlbares Wohnen spricht, muss auch über intelligente Wärmeversorgung sprechen. Hier setzen wir mit unseren Lösungen an. Ziel ist es, die laufenden Kosten für Mieter durch transparente Verbrauchsdaten und eine gezielte Steuerung der Heiztechnik zu senken.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung dabei?

Dr. Then: Digitalisierung ermöglicht uns, Prozesse nicht nur effizienter, sondern auch intelligenter zu gestalten. Grundlage ist eine einfache Logik: erkennen, verstehen, optimieren. Das beginnt mit der Erfassung relevanter Systemdaten, geht über eine gezielte Analyse in Echtzeit und endet bei automatisierten Regelprozessen. Unsere Lösungen – beispielsweise HeatSense – greifen genau dieses Prinzip auf und ermöglichen Bestandshaltern die bedarfsgerechte Steuerung von Heizsystemen in Bestandsgebäuden.

Was bedeutet das konkret im Heizungskeller?

Dr. Then: Wir machen bestehende Heizungsanlagen digital „sichtbar“. Das heißt: Wir messen kontinuierlich Temperaturen und Wärmemengen, Durchflüsse und die Taktung der Anlage – und erkennen über Algorithmen so frühzeitig, wo ein System nicht optimal arbeitet. Über ein Dashboard stellen wir diese Informationen zur Verfügung und erstellen Vorschläge zur Optimierung der Heizanlage. Ziel ist ein stabiler, effizienter Betrieb – ganz ohne aufwendige Eingriffe in die bestehende Technik. Und: Im Fall von Störungen gibt es automatisierte Warnmeldungen, damit die Hausverwaltung reagieren kann, bevor die Beschwerden die Mieter eingehen.

Das IoT-Ökosystem der noventic group verknüpft Mess-, Steuerungs- und Verbrauchsdaten zu einem digitalen Regelkreislauf – für mehr Transparenz, Effizienz und Klimaschutz im Gebäudebestand.

Was bedeutet das für Vermieter – und für Mieter?

Dr. Then: Für Vermieter bedeutet es Planbarkeit und reduzierte Risiken – für Mieter niedrigere Heizkosten. Wichtig ist uns, dass die Nachrüstung für alle Beteiligten unkompliziert ist. Unsere Technologien bauen daher im Retrofit auf den bestehenden Infrastrukturen auf.

Egal, ob wir über das Zentralheizungsmonitoring oder smarte Thermostate sprechen: Die Montage erfolgt im laufenden Betrieb, es braucht keine aufwendigen Bauarbeiten. Das macht die Lösung besonders attraktiv – auch im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit.

Wie groß sind die Einsparpotenziale?

Dr. Then: Wir sehen im Bestand unserer Kunden durchschnittliche Einsparungen zwischen 12 und 15 Prozent, abhängig von den baulichen Gegebenheiten vor Ort. Entscheidend ist: Diese Erfolge sind messbar – und wiederholbar. Denn besonders relevant ist das kontinuierliche Monitoring. Wer früh erkennt, wo sich ein Problem anbahnt, spart im Zweifel Energie und Kosten – und vermeidet sogar unnötige Ausfallzeiten.

Ein oft diskutiertes Thema ist der hydraulische Abgleich. Warum ist er so wichtig?

Dr. Then: Ohne hydraulischen Abgleich kommt die Wärme nicht in ausreichendem Maß dort an, wo sie tatsächlich gebraucht wird. Typischerweise sind untere Wohnungen überheizt, während obere Etagen unterversorgt bleiben. Das führt zu Unzufriedenheit in den unterversorgten Wohnungen oder zu einem unnötig erhöhten Energieverbrauch durch eine gebäudeweite Überversorgung, um alle ausreichend zu beheizen.

Der adaptive hydraulische Abgleich löst genau dieses Problem – kontinuierlich, automatisch und ohne bauliche Eingriffe. Smarte Thermostate vereinfachen hier den eigentlich komplexen, aufwändigen analogen Prozess eines hydraulischen Abgleichs um ein Vielfaches und vermeiden so eine Überversorgung aus dem Heizkeller. In Kombination mit dem zuvor beschriebenen Heizungsmonitoring der Zentralheizung entsteht so ein ganzheitlich thermisch optimiertes Heizsystem, das im Betrieb den Energieverbrauch ohne Komfortverlust für die Mieter reduziert und so bares Geld spart und CO2 reduziert.

Wie arbeiten die smarten Thermostate genau?

Dr. Then: Sie übernehmen die entscheidende Feinjustierung auf Wohnungsebene. Die Thermostate lernen im Zusammenspiel die individuellen Aufheizzeiten jedes Heizkörpers im Gebäude kennen und optimieren den Durchfluss automatisch je Heizkörper so, dass die Temperaturverhältnisse in den einzelnen Räumen vergleichbar werden.

Auf diese Weise entsteht dynamisch zu jeder Jahreszeit und in jeder Wohnsituation eine gleichmäßige Wärmeverteilung im gesamten Gebäude. Zudem ermöglichen die smarten Thermostate den Mietern, ihren Verbrauch transparent nachzuvollziehen und aktiv zu steuern. Damit schaffen sie die Voraussetzung für die Einbindung der Mieterhaushalte in die Klima-Roadmap des Wohnungsunternehmens.

Und wie steht es um die Akzeptanz bei den Mietern?

Dr. Then: Die ist erfreulich hoch – denn die Vorteile sind im Alltag unmittelbar erlebbar: verlässlich beheizte Räume, mehr individuelle Kontrolle und am Ende des Jahres spürbar geringere Heizkosten. Entscheidend ist dabei, die Mieter frühzeitig einzubeziehen. Transparenz und verständliche Kommunikation sind zentrale Erfolgsfaktoren.

Welche Bedeutung hat die CO₂-Bepreisung in diesem Zusammenhang?

Dr. Then: Seitdem Vermieter Teile der CO2-Kosten übernehmen müssen, lohnt sich Energieeffizienz für Bestandshalter doppelt – ökologisch und ökonomisch. Unsere Systeme helfen dabei, den CO₂-Ausstoß konkret zu reduzieren, die CO2-Kostenaufteilug aus Vermietersicht zu verbessern und damit in Summe die Belastung für Vermieter zu senken.

Dr. Dirk Then, CEO der noventic group, erklärt, wie intelligente Technologien dabei helfen können, Heizkosten zu senken. Foto: noventic group

Hilft die Digitalisierung auch bei den Verwaltungsprozessen?

Dr. Then: Ganz klar: ja. Wir stellen ESG-relevante Daten automatisiert bereit und erleichtern damit die Erstellung von Berichten. Das reduziert Aufwand und schafft Sicherheit – sowohl für Wohnungsunternehmen als auch für Verwalter.

Wie lässt sich bezahlbares Wohnen mit steigenden Anforderungen an die Energieeffizienz vereinbaren?

Dr. Then: Wir sehen heute: Investitionen in digitale Effizienzlösungen rechnen sich sehr schnell – für alle Beteiligten. Wir haben es nicht mit einem technischen Problem zu tun, sondern mit einer Umsetzungsaufgabe. Wenn wir Bestehendes intelligent nachrüsten, können wir große Effekte erzielen – und zwar sofort.

Ihr Appell an die Wohnungswirtschaft?

Dr. Then: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, aktiv zu werden. Beginnen Sie mit den Gebäuden, in denen der Effizienzgewinn am größten ist. Unsere Lösungen sind bereit. Der Nutzen ist bewiesen. Entscheidend ist, dass wir ins Handeln kommen – mit Augenmaß und Entschlossenheit.

Vielen Dank für das Gespräch.

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