Reduzierung von Leitungswasserschäden durch Absperrventile? Eine Produktübersicht.

Als 2010 die Schadenverhütungsabteilung in der damaligen Westfälischen Provinzial Versicherung ein Konzept zur Reduzierung von Großschäden in kommunalen Gebäuden startete, war die Lage auf dem Markt von Leckageschutzgeräten noch übersichtlich.

Tabelle 1: Ausgewählte Übersicht von Leckageschutzsystemen (Stand 2012)

Bild 1: Kemper Leckage Sicherheitssystem

Bild 2: Seppelfricke SEPP Safe, JUDO Zewa Wasserstop, Syr Protect Fr

Heutiger Sachstand

Mittlerweile ist die Zahl der heute verfügbaren Geräte deutlich größer und das Angebot ändert sich ständig. Ein weites Angebot bilden mittlerweile Produkte, die in „Smart Home“ Systeme eingebunden werden können. Über Sensoren und Aktoren können die Geräte nunmehr auch über das Internet kommunizieren und von dort über Laptop, Smartphone etc. kontrolliert und bedient werden. Hier zeigt sich die Entwicklung der Steuerungsmöglichkeiten von „Smart Home“, wie sie auch mit anderen technischen Geräten, ob Heizungsanlage, Photovoltaikanlagen oder auch Haushaltsgeräten möglich sind. Ebenso sind die Nennweiten der Absperrsysteme wesentlich ausgeweitet worden.

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Weiterhin gibt es eine Vielzahl technischer Möglichkeiten über Zeitschaltuhren, Anschluss an eine Gefahrenmeldeanlage, Druck- und/oder Durchflussmessungen, Sensoren an bevorzugten Stellen außerhalb der Rohrleitungen, Kopplung des Durchflusses mit Bewegungsmeldern etc. Die Palette ließe sich noch erweitern.

Das bedeutet allerdings auch, dass man ein Konzept für seine individuellen Bedürfnisse erstellen muss. Ein Übersichtsartikel im schadenprisma 3/21:“ Leckageschutz in Trinkwasserinstallationen“ von Dr. Thorsten Pfullmann beschreibt die Erstellung eines Konzeptes für einen Leckageschutz.  

Des Weiteren hat mit Grohe Sense ein Anbieter aus der Sanitärbranche ein System mit Leckagesensoren vor einigen Jahren auf den Markt gebracht, dass von einigen Versicherungsunternehmen in der Probephase getestet wurde. Hansgrohe bietet ein ähnliches System an. Leider haben auch diese Systeme bisher nicht die Erwartungen der Versicherungsbranche zur dauerhaften Reduzierung der Leitungswasserschäden erfüllen können.

Es lässt sich festhalten, dass eine Vielzahl von brauchbaren Leckagewarnsystemen für den Einsatz in der Trinkwasserinstallation in bestimmten Gebäuden auf dem Markt verfügbar ist. Aber sie sind vornehmlich für kleine übersichtliche Trinkwasserinstallationen interessant. Also für Einfamilienhäusern, Ferienhäuser, kleine Kindergärten, kleinere Museen usw. Für größere komplexere Installationen sind diese Systeme, wie sie in Mehrfamilienhäuser, Schulkomplexe, Altenheime anzutreffen sind, weniger geeignet.

Allerdings können für spezielle Konstellationen Sensoren, z.B. in Gewerbe- oder Industrieobjekte, eingesetzt werden. Hier sind die Sensoren unabhängig von der Trinkwasserleitung und können Feuchtigkeit an Stellen messen, wo man diese nicht haben möchte. Dies sind in der Regel genau untersuchte und abgestimmte Einzelfälle, bei denen dann ein angepasstes Schutzkonzept erstellt wurde. Hinzu kommt, dass es in der Regel Ablauf-/Alarmpläne und technische Ansprechpartner für die Systeme gibt, die dafür verantwortlich sind.

Warum wurden die Erwartungen nicht erfüllt?

Gerade die öffentlichen Gebäudeversicherer haben in den letzten zwei Jahrzehnten zum Teil mit großen Erwartungen versucht, die Vorteile dieser Systeme ihren Kunden nahe zu bringen.

Es wurden auch falsche Erwartungen von einigen Akteuren vermittelt, dass man mit diesen Systemen die Probleme in der Leitungswassersparte lösen könnte. Mittlerweilen ist in der Branche Ernüchterung eingetreten, da sich diese Erwartungen so nicht erfüllt haben.

Bild 5: Drei Absperrventile der Firma Kemper an separaten Leitungen. Hieran sieht man die aufwändige Installation, wenn man alle Strangleitungen überwachen möchte.

Warum wurde es bisher nicht geschafft eine marktbreite Anwendung dieser Systeme umzusetzen? Und woran liegt das?

Ein wesentlicher Punkt ist nach Meinung des Autors dabei, dass man mit diesen Systemen keinen Wasserschaden verhindern kann. Wenn also das System anschlägt, dann ist der Schaden bereits eingetreten. Bei einem nach der GDV Statistik ermittelten Durchschnittsschaden von ca. 4000 Euro in der verbundenen Wohngebäudeversicherung (Stand 2024) sind alle Kosten von Leckagesuche, Aufstemmen der Wand, Installation reparieren, Wand verschließen, Maler- und Tapezierarbeiten, ev. Trocknungsarbeiten etc. enthalten. Somit lassen sich also im Durchschnittsschaden bei einem Einfamilienhaus kaum Einsparungen für die Behebung von Leitungswasserschäden für den Versicherer einsparen.

Ein weiterer Punkt sind der Aufwand und die Kosten der Leckageschutzgeräte. In der Regel muss in die Installation eingegriffen werden, um das Absperrventil zu installieren (siehe Bild 5). D.h. ein Handwerker muss beauftragt werden und sich mit den Systemen auskennen, um den Kunden ein passendes Produkt zu empfehlen.

Dritter Punkt ist dann die Frage nach der Leitungswasserversicherung. Wenn der Kunde eine Leitungswasserversicherung hat, warum soll er zusätzlich noch eine Investition tätigen, die 1. in der Regel nur das Trinkwasser überwacht und abschaltet und 2. ein Mehrfaches von einem Jahresbeitrag für die Leitungswassersparte kostet.

Das bedeutet ein immenser Aufwand an Überzeugungsarbeit, der bisher noch nicht Früchte getragen hat.

Ansätze bei Kommunen

Interessanter ist da der Einsatz in Gebäuden, die ein Großschadenpotential haben. Dies betreffen, z.B. kommunale Objekte. Ziel solcher Projekte war von vorneherein die Minimierung des Kostenaufwands bei LW-Großschäden. Großschäden sind Schäden, die schnell Zehntausend und mehr Euro verursachen. Beispielsweise betrug der Durchschnittsschaden in einem Zeitraum von drei Jahren bei 88 LW-Großschäden in Kommunen eines öffentlichen Versicherers mehr als 35.000 Euro. Hier sind also andere Einsparpotentiale mit den Leckageschutzsystemen möglich, wenn man dann das „richtige“ Objekt findet.

Eine erhebliche Kostenreduzierung durch Austritt von weniger Leitungswasser ist für folgende Gewerke möglich:

  • Renovierungsarbeiten
  • Bodenbeläge
  • Trocknungskosten

Die anderen, oben aufgeführten, Kosten fallen bei jedem Leitungswasserschaden immer an und bilden kein Einsparpotenzial. Außerdem besteht ein Kostenvorteil für die Kommune, wenn Trinkwasser eingespart und Vandalismus vorgebeugt wird.

In verschiedenen Auswertungen von der Westfälischen Provinzial Versicherung (2008-2012) und der Versicherungskammer Bayern (2013) konnte gezeigt werden, dass es sich lohnt, diese Systeme in kommunalen Objekten zu installieren, um Großschäden zu verhindern.

In Pilotprojekten wurden im Einzelfall gute Erfolge erzielt. Aber die Probleme in den verschiedenen Projekten sind ähnlich gelagert wie oben bereits aufgeführt: die Ansprache und Erstellung eines Konzeptes, die Fachfirma einbinden und der Installationsaufwand, die Kosten und in der Regel ist dies auch nur für übersichtliche, einfachere Installationen sinnvoll. Auch in den Kommunen haben sich diese Systeme nicht flächendeckend durchgesetzt.

Organisation

Ein weiterer wichtiger Punkt, der oftmals unterschätzt wird, ist die Organisation.

Die Technik selbst funktioniert. Aber es muss jemand für die Technik verantwortlich sein. D.h. Ansprechpartner sein, wenn etwas Außergewöhnliches passiert. Das fängt damit an, wenn z.B. in einer Kita nach Dienstschluss noch eine Gruppe tagt, aber die Wasserzufuhr gesperrt wurde. Oder wenn ein Schulfest am Wochenende nicht angemeldet wurde. Oder wenn dann tatsächlich durch einen Leitungswasserschaden das Wasser abgestellt wird. Dies liest sich trivial, ist aber wie auch bei anderen Techniken oftmals die größte Hürde.

Bild 6: Regelkreis für den organisatorischen Aufwand z.B. in einer Kommune bei der Installation von Leckageabsperrvorrichtungen

Fazit

Die Systeme zum Leckageschutz sind für bestimmte Gebäudetypen, bzw. Nutzen sinnvoll. Allerdings gibt es keine Universallösungen. Das bedeutet erst einmal vom Nutzer Überlegungen, wie und was geschützt werden soll, um ein Schutzkonzept zu erstellen oder erstellen zu lassen. Damit dürfte aber der normale Eigenheimbesitzer überfordert sein. Bisher haben weder die Hersteller noch die Versicherer es geschafft, die Eigenheimbesitzer von den Systemen zu überzeugen.

Für komplexere Trinkwasserinstallationssysteme sind diese Leckageschutzgeräte aber weniger geeignet. In einem Mehrfamilienhaus mit sechs und mehr Wohneinheiten sind sie kein geeignetes Mittel, um die Trinkwasserinstallation mit überschaubaren Kosten zu überwachen. Hier bedarf es anderer intelligentere und vor allem kostengünstigere Lösungen. In der nächsten Ausgabe wird dazu ein Artikel erscheinen.

Dr. Georg Scholzen


Dr. Georg Scholzen ist Diplom-Chemiker mit über 20 Jahren Erfahrung in der Verhütung von Leitungswasserschäden. Er war u.a. Sprecher der Projektgruppe „Leitungswasser“ des GDV, Mitglied im Projektkreis „Betrieb und Wartung“ beim DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.), Autor des Fachbuches „Leitungswasserschäden: Vermeidung – Sanierung – Haftung“ und der Experte im FORUM LEITUNGSWASSER der AVW Unternehmensgruppe.

Forum Leitungswasser erscheint in Kooperation mit der Initiative Schadenprävention und  der AVW Gruppe

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