Nutzungsmix als Erfolgsgarant?

Peter Roitner und Christian Seethaler sprechen über die Bedeutung der Nutzungsmischung in verschiedener Ausformung im Wohnbau: Zwei Positionen zu Anforderungen, die an zeitgemäße Wohnbauten in der Stadt gestellt werden.
ROBERT TEMEL

Peter Roitner

„Wir leben verschiedene Arten des Nutzungsmix: gemischte Wohnformen und Mischung mit Gewerbe.“

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Nutzungsmix bedeutet für uns einerseits, verschiedene Wohnformen zu kombinieren, also beispielsweise Wohnen für Junge, für Familien und für Senioren, Smart-Wohnungen und größere Wohnungen. Wir tun dies unter anderem, weil dadurch eine lebendige Nachbarschaft entsteht, es den sozialen Zusammenhalt fördert und die Kommunikation zwischen den BewohnerInnen bereichert.

Das ist auch ein wichtiger Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit, wie man etwa in unserem Projekt in der Arakawagasse in Wien-Donaustadt sieht, wo die Verknüpfung unterschiedlicher Wohnungstypen ein Merkmal des Projekts ist. Wir hoffen aber nicht darauf, dass diese Mischung ganz von selbst funktioniert, sondern setzen auf Begleitung und Steuerung: Am Beginn sollte dies nicht der Hausverwaltung alleine überlassen werden.

Es muss sowohl die Möglichkeit geben, zu kommunizieren und sich auszutauschen, als auch sich in Wohnbereiche zurückzuziehen, wo SeniorInnen ihre Ruhe finden und Jüngere ein bisschen lauter sein können – das geht, indem man die verschiedenen Wohnformen auf mehrere Stiegenhäuser verteilt, die miteinander verbunden sind.

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Ein anderes, ebenso wichtiges Thema ist Nutzungsmischung zwischen Gewerbe und Wohnen – unser Beispielprojekt ist der freifinanzierte Wohn- und Gewerbebau Mio im Sonnwendviertel, das oben Eigentums- und Mietwohnungen, im ersten Stock Büros und im Erdgeschoß Gewerbeflächen enthält.

Die kleinteiligen Gewerbeflächen bieten einen durchdachten Mix, es gab hier einen eigenen Community-Building-Prozess fürs Gewerbe. Diese Mischung trägt zur Belebung bei und die Gewerbetreibenden profitieren von den HausbewohnerInnen als Kunden.

Aber auch hier kann man es nicht einfach laufen lassen, eine Begleitung in der Verwertungsphase ist sinnvoll. Bei Mio handelt es sich um ein Haus mit Wohnungseigentum, daher war die rechtliche Realisierung des Nutzungsmixes nicht einfach, wurde aber schließlich ein großer Erfolg.

Christian Seethaler

„Seit zehn Jahren hat sich in Wien die stadträumliche Qualität neuer Stadtteile stark weiterentwickelt – das gilt auch für Nutzungsmischung.“

Für mich ist Nutzungsmischung absolut zentral – da geht es vor allem um das soziale Miteinander. Nutzungsmix bedeutet, dass der Stadtraum nicht nur morgens und abends belebt ist, sondern rund um die Uhr, das bringt eine völlig andere Atmosphäre ins Grätzel und macht es sicherer für Kinder.

Kleine Lokale im Stadtteil dienen als Treffpunkt, so etwas ist in der historischen Stadt gut eingespielt, aber in Neubauvierteln muss es erst entstehen. Dann ist es eben möglich, dass ich im Beisl einen Bekannten wegen eines Problems frage, und zwei Tage später weiß es der ganze Stadtteil und hat eine Lösung.

Als Architekt finde ich, es gibt nichts Schlimmeres als eine entvölkerte Stadt, die man geplant hat. In unserem Beruf werden Fassaden überbewertet und Nutzungsmischung unterschätzt. Das zweite zentrale Thema ist Nachhaltigkeit: Nur mit Nutzungsmischung kann man die Stadt der kurzen Wege bauen, die man idealerweise vor allem zu Fuß und mit dem Fahrrad benützt.

Im geförderten Wohnbau ist soziale Nachhaltigkeit schon lange ein Thema, deshalb ist Nutzungsmischung auch in den Hirnen der Bauträger präsent…

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