Alle mit im Boot

Das Mehrgenerationen-Wohnen ist als Teil der Quartiersbildung längst anerkannt. Die Nachfrage nach selbstbestimmtem Wohnen im Alter ist enorm. Doch das Angebot hinkt oft hinterher.
MAIK NOVOTNY

Eigentlich klingt es wie eine soziale Monofunktion: „Junges Wohnen.“ Dies ist das Motto für das Quartier Neu Leopoldau, das zurzeit auf dem ehemaligen Gaswerksgelände im Norden Wiens entsteht.

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Wohnformen für Junge waren auch in den meisten Bauträgerwettbewerben gesucht, eine Forschung des Sora-Instituts zum Thema „Junges Wohnen in Neu Leopoldau“ wurde 2016 von der IBA_Wien 2022 beauftragt. Doch hier wird keineswegs ein demographisch reines Stadtviertel für 0- bis 39-jährige entstehen. Man setzt auf den Mix.

Zum Beispiel das „Mehr-Nutzen-Haus“, die zukünftige Heimat der Baugruppe Pegasus 21, die von der Siedlungsgenossenschaft Neunkirchen (SGN) errichtet wird. Unter dem Motto „Gemeinsam Lebensraum gestalten“ wird Generationenwohnen hier mit Nutzungsmischungen wie Wohnen und Arbeiten sowie kulturellen Angeboten kombiniert.

Der „gemeinsame Lebensraum“ soll so dauerhaft wachsen und lebendig bleiben. Insgesamt sind hier 34 Wohneinheiten geplant. Schon im Bau befindlich sind zwei weitere Baugruppenprojekte in der Seestadt Aspern, die sich explizit dem produktiven Generationenmix verschrieben haben.

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Gerade hier, wo junge Familien überproportional vertreten sind, ist eine Ergänzung durch ältere Personengruppen höchst willkommen – und bringt allen einen Gewinn. Beide Projekte entstehen direkt nebeneinander im Gebiet „Am Seebogen“.

Selbstständig im Alter

Das Haus „Kolokation am Seebogen“ (kolok-as) basiert auf der Kernidee des Zusammenlebens von Alt und Jung. Die Initiative geht auf den Verein Kolokation zurück, der von den Architekten Freya Brandl und Peter Bleier gegründet wurde. Deren Motivation: Eine selbstständig Wohnform fürs Alter zu finden.

Eine vom Verein in Auftrag gegebene Meinungsumfrage ergab, dass rund ein Drittel der Senioren Interesse am gemeinschaftlichen Wohnen zeigt. „Klar ist, dass die Nachfrage das Angebot bei weitem übersteigt“, so Freya Brandl.

Für den Bauträgerwettbewerb am „Seebogen“ tat sich der Verein mit dem Bauträger Schwarzatal und zwei weiteren Initiativen zusammen, die das Generationenangebot ergänzen: „Juno“ und „WGE! Gemeinsam wohnen“ richten sich an Alleinerziehende beziehungsweise Studierende.

Ein Win-win für alle, so Freya Brandl: „Viele junge Eltern wünschen sich, dass die Eltern in der Nähe sind. Sie sind froh, wenn jemand das Kleinkind zur Kita begleitet, oder zur Apotheke geht, wenn das Kind krank ist und nicht alleingelassen werden kann.

Die Jüngeren helfen den Älteren beim Transport oder mit dem Computer, und die Alten können im Bildungscampus ihre Lebensgeschichte erzählen.“

„Die Wohnungen werden im Haus geschossweise bunt durchmischt“, erklärt der Architekt Christian Kronaus. „Im Erdgeschoss wird der soziale Träger Jugend am Werk einen Treffpunkt betreiben, der für Bewohner und Nachbarn offen ist.“ Sprich: Kolok-As ist auch fürs Quartier aktiv.

Ideales Angebot

Schwarzatal errichtet auf dem benachbarten Baufeld auch das Haus für die Baugruppe Leuchtturm Seestadt. Hier liegt der Schwerpunkt auf dem langfristigen Zusammenwohnen, dem gemeinsamen Altwerden. „Dafür werden einige Wohnungen von Anfang an voll barrierefrei geplant“, erklärt Markus Zilker vom Büro einszueins Architektur.

Hinzu kommen eine Senioren-WG und eine Praxisgemeinschaft für Therapeuten. Insgesamt umfasst der Leuchtturm 45 Wohnungen, eine WG, Gemeinschaftsflächen und rund 800 Quadratmeter für Gewerbe. Bezugstermin für beide Häuser ist Sommer 2021…

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