Modernisierungsschub als Ziel

Wie positioniert sich in dieser Frage die Gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft Neues Leben? Und mit welchen Herausforderungen ist sie dabei konfrontiert? Obmann Siegfried Igler im Gespräch.
WOJCIECH CZAJA

Wohnen Sie selbst zur Miete oder im Eigentum?

Ich wohne in Innerfavoriten in einer Eigentumswohnung. Das Haus wurde vom ÖSW mit Fördermitteln errichtet. Ich bin in Favoriten geboren, bin hier zur Schule gegangen, und nun arbeite ich auch hier. Es ist ein toller Bezirk zum Leben!

Obmann Siegfried Igler
- Anzeige -

Früher hieß die Unterscheidung: Das eine ist günstig und unkompliziert, das andere ist eine langfristige Investition in die Zukunft. Gilt diese Unterscheidung angesichts der dramatisch gestiegenen Bau-, Wohn-, Energie-, Finanzierungs- und Inflationskosten heute immer noch?

Nicht mehr in dieser Klarheit wie früher. Was langfristig betrachtet günstig ist, hängt vom jeweiligen Lebensmodell ab. Das muss jeder und jede für sich selbst entscheiden. Was allerdings viele außer Acht lassen, sind die enormen Unterschiede in Bezug auf Rechte und Pflichten. Beim Mieten habe ich nur zwei Pflichten: Ich muss rechtzeitig zahlen und muss mich einigermaßen anständig benehmen.

Obmann Siegfried Igler

Und beim Eigentum?

Mehr Pflichten als Rechte! Ich kann zwar mehr oder weniger selbstständig über meine Wohnung verfügen, kann sie nach eigenen Vorstellungen gestalten und verändern, kann sie verkaufen, vermieten, vererben und verschenken. Und dann kommt der große, lange Pflichtenkatalog als Eigentümer: Pflege, Sanierung, Instandhaltung, Verkehrssicherheit, Dekarbonisierung bis 2040 und so weiter. Sie können sich vorstellen: Auch für uns ist die Verwaltung von Wohnungseigentum manchmal alles andere als lustig.

Für mich gibt es drei Arten von Eigentümer: Erstens die Selbstnutzer, die mit der Wohnhausanlage verbunden sind und keinen sonderlichen Veränderungswillen haben. Zweitens die jungen, innovativen, zukunftsfitten Eigentümer, die bereit sind, langfristig und nachhaltig zu investieren. Und drittens die Vermieter, die keinen Aufwand haben und eigentlich nur maximal gewinnorientiert vermieten möchten. Diese drei unterschiedlichen Zugänge in ein- und demselben Haus unter einen Hut zu bringen, ist nahezu unmöglich.

Wir als Neues Leben verwalten insgesamt 8.000 Wohnungen, davon circa die Hälfte in Miete und die Hälfte im Eigentum. Und Letzteres ist, was die Verwaltung betrifft, manchmal schwierig – und manchmal eine Katastrophe.

Obmann Siegfried Igler

„Die Verwaltung von Wohnungseigentum ist alles andere als lustig.“

Was ist das Katastrophale daran?

Mit den heutigen gesetzlichen Instrumenten stoßen wir an unsere Grenzen. Viele Häuser aus den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren müssen technisch ertüchtigt und verkehrssicher instandgehalten werden. Erschwerend kommt hinzu, dass man für präventive Maßnahmen in gewissen Situationen einen Mehrheitsbeschluss benötigt.

Obmann Siegfried Igler
- Anzeige -

Welche Lösungsansätze haben Sie?

Wir versuchen, darauf aufmerksam zu machen. Wo die Einsicht fehlt, nehmen wir einen Juristen oder einen Technikexperten zur Hausversammlung mit, künftig wohl auch jemanden aus dem Bereich der Mediation. Aber auch das hilft nicht immer. Manchmal kommt es vor, dass wir das eine oder andere Haus in der Verwaltung verlieren. Im Extremfall kündigen auch wir als Neues Leben aktiv die Verwaltung eines Wohnungseigentumsobjekts.

Obmann Siegfried Igler

In Zukunft steht uns nicht nur die Verkehrssicherheit der Objekte bevor, sondern auch die vollständige Dekarbonisierung. Was ist nötig, damit das WEG-mäßig gelingt?

Eine restriktivere Gesetzesvorgabe mit entsprechenden Übergangsfristen. Einfaches, aber bestes Beispiel für mich das Kfz: Ich erinnere mich an ein gesetzliches Nachrüsten von Gurten vorne, von Gurten hinten, Einbau von Katalysatoren, Einführen von Emissionsobergrenzen und so weiter – und das Ganze kontrolliert bei wiederkehrenden Prüfungen unter Durchsetzung von Strafzahlungen bei Nichteinhaltung, Entzug der Zulassungen und Verlust des Versicherungsschutzes. So etwas wünsche ich mir auch für Wohnhäuser. Eine Art TÜV-Pickerl für die Immobilie.

Obmann Siegfried Igler

Mit dem 3. WÄG (Wohnrechtsänderungsgesetz) und der Novellierung des WGG 1994 wurde das Mietmodell mit Kaufoption eingeführt. Seit damals wurden österreichweit mehr als 55.000 Wohnungen veräußert. Wie ist die Situation im Neuen Leben?

2022 hatten wir – aufgrund der gesetzlichen Kaufoption – die beste Unternehmensbilanz seit Jahren! Vor zehn Jahren wurden viele geförderte Mietwohnungen mit Kaufoption errichtet, letztes Jahr haben verhältnismäßig viele Bewohner davon Gebrauch gemacht.

Obmann Siegfried Igler

Gehen Sie aktiv auf die Mieter zu?

Nein. Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Das eine für dauerhaft zur Verfügung stehenden leistbaren Mietwohnraum. Das andere für die leistbare Möglichkeit der Eigentumsbildung mit all ihren Vor- und Nachteilen. Das Kapital, das wir dadurch einnehmen, fließt wiederum in die Errichtung von leistbarem Wohnraum.

Obmann Siegfried Igler

Erst kürzlich wurde der Wohnturm „the one“ fertiggestellt. Unter den insgesamt 412 Wohnungen gibt es auch Miete mit Kaufoption.

Das Projekt basiert auf den Richtlinien der Wiener Wohnbauinitiative (WBI) und enthält 50 Prozent zwar nicht geförderte, aber leistbare freifinanzierte Mietwohnungen und 50 Prozent freifinanzierte Eigentumswohnungen. Gemeinsam mit unserem Partner, der WBV-GPA, haben wir uns bei den Mietwohnungen für eine freiwillige Kaufoption nach zehn Jahren entschieden. Im „the one“ geht es um Urbanität, Wohnkultur und Wohnabenteuer. Wer sich für so ein Wohnen im Turm entscheidet, der soll auch die Möglichkeit haben, Eigentum zu begründen.

Obmann Siegfried Igler

Optionswohnungen werden zum Verkehrswert verkauft. Sind Ihre Mieter überrascht, wenn sie hören, dass bei der Kaufoption die bereits geleisteten Mietbeträge beim Kaufpreis nicht angerechnet werden?

Das kann schon mal vorkommen. Die meisten sind gut informiert, haben unsere Verträge gelesen und haben auch die damaligen Beratungsgespräche in Erinnerung behalten. Wobei ich dazusagen muss: In der Regel bieten wir unsere Wohnungen – abhängig vom Objekt – fünf bis 15 Prozent unter dem Verkehrswert an.

Obmann Siegfried Igler
Siegfried Igler ist ausgebildeter Baumeister und seit 2000 in der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft tätig – zunächst bei EBG, seit 2014 schließlich bei der Gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft Neues Leben. Seit 2022 ist er Obmann. www.wohnen.at

2020 sind Sie vom technischen Leiter in den Vorstand und letztes Jahr schließlich zum Obmann aufgestiegen. Geht Ihnen die Technik ab?

Nein. Die Zeit als technischer Leiter war großartig. Jetzt darf ich – gemeinsam mit meiner Vorstandskollegin Maria Vertesich – ein Unternehmen mit rund 60 Mitarbeitern leiten und mich neben der Projektentwicklung auch mit den wichtigen wohnrechtlichen sowie kaufmännischen und administrativen Themen befassen. Jeder Tag ein Lernen.

Obmann Siegfried Igler

Was möchten Sie in Ihrer Zeit als Geschäftsführer bewirken?

Einen großen Modernisierungsschub – sowohl in unseren Projekten als auch in unserem Unternehmen selbst.

Obmann Siegfried Igler

Lesen Sie die nächsten Artikel dieser Ausgabe

Lesen Sie Artikel zum selben Thema