Auch wenn unsere Winter im Schnitt immer wärmer werden gibt es immer noch Tage, an denen es richtig kalt wird und die Temperaturen längere Zeit unter 0 ° C fallen. Unzureichend gedämmte Wasserleitungen können dann einfrieren und platzen. Plötzlich kommt kein Wasser mehr. Was kann man dagegen tun?
Dipl.-Phys. Thomas Wollstein von der VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik beantwortet und die wichtigsten Fragen.
Trinkwasserleitungen sollen doch gedämmt sein, oder?
Ja, sollen sie, aber eine Dämmung ist etwas Passives. Sie verhindert nicht, dass sich das Wasser erwärmt oder abkühlt, sondern verlangsamt die Wärmeübertragung. Tee in der Thermoskanne ist am nächsten Tag auch nicht mehr wirklich heiß.
Was ist mit der Formulierung „so kalt wie möglich“?
Kaltes Trinkwasser soll normalerweise kalt sein. Früher lautete die Formel im Regelwerk „So kalt wie möglich, aber nicht über 20 °C.“ Aktuell steht im Regelwerk (siehe VDI 6023 Blatt 1) „maximal 25 °C“. Trinkwasser ist nicht steril. Bei stehendem Wasser mit Temperaturen zwischen 25 und 55 °C können sich gefährliche Bakterien wie Legionellen schnell vermehren.
Zu kalt ist aber auch nicht gut.
Bei 0 °C gefriert Wasser zu Eis. Die im flüssigen Zustand recht beweglichen Wassermoleküle ordnen sich in einem Kristallgitter regelmäßig an. Wassermoleküle können sich nur in einer bestimmten Ausrichtung und in einem bestimmten Abstand aneinander koppeln, um ein solches Kristallgitter zu bilden. Dadurch beansprucht eine Anzahl Wassermoleküle im Kristallgitter, also als Eis, mehr Platz als in flüssiger Form.
Das hat jeder schon mal gemerkt: Füllt man den Eiswürfelbereiter im Gefrierfach bis oben hin, dann stehen die Eiswürfel deutlich heraus.
Dasselbe passiert, wenn Wasser in einem Gefäß gefriert: Wer beispielsweise ein leeres Marmeladenglas randvoll mit Wasser füllt und gefrieren lässt, hört irgendwann einen Knall im Gefrierfach. Das Glas platzt. Wem schon mal eine Flasche – besser noch gleich ein Kasten – Wasser im Auto eingefroren ist, der weiß, was passiert: Solange das Wasser gefroren bleibt, merkt man nichts, aber wenn es taut, wird es nass.
Und genau das passiert auch im Gebäude, wenn eine Wasserleitung einfriert. Erstmal kommt einfach kein Wasser. Wenn es dann taut, ist die Leitung geplatzt und leckt. Wenn die geplatzte Flasche leer ist, kommt kein Wasser mehr. Aber eine Wasserleitung hängt an einem „unendlichen“ Reservoir. Es kann nahezu beliebig viel Wasser austreten. Wenn es Ihre im Erdreich verlegte Leitung zur Entnahmestelle am Gartenhäuschen war, die geplatzt ist, passiert nicht sofort etwas Schlimmes, weil das Wasser ja in den Boden hinein abfließt. Eigentlich passiert gar nicht viel Merkbares. So realisieren Sie möglicherweise den Rohrbruch erst nach längerer Zeit – und viel Wasserverlust . Das kann teuer werden.
Was tun?
Wasserleitungen müssen gegen Einfrieren geschützt werden. Solange das Wasser in der Leitung fließt, liefert das nachströmende Wasser aus dem Leitungsnetz des Versorgers immer auch ein bisschen Wärme nach. Aber abhängig vom Durchfluss, der Temperatur des nachströmenden Wassers und dem Durchfluss kommt bei abnehmenden Temperaturen ein Punkt, an dem das Wasser dann doch gefriert. Wie oben ausgeführt, kann man dämmen. Dann kommt dieser Punkt bei sonst gleichen Bedingungen bei etwas niedrigeren Temperaturen.
Nächster Schritt: Man dämmt und baut eine Rohrbegleitheizung ein. Die verhindert Einfrieren ziemlich sicher, verbraucht aber eben Energie. Mehr zum Thema in der Richtlinie VDI 2069.
Was tun, wenn es schon passiert ist?
Jetzt beginnt der Wettlauf mit der Zeit bis zum Auftauen.
Folgendes Vorgehen empfiehlt sich
Absperren:
Wenn Sie können, sperren sie die eingefrorenen Leitungsteile, im schlimmsten Fall die ganze Installation, ab.
Für Mieter:
Vermieter informieren. Als Mieter dürfen und können Sie meist nicht mehr tun.
Fachinstallationsunternehmen hinzuziehen:
An dieser Stelle endet auch der Handlungsrahmen des Heimwerkers, denn an Trinkwasserinstallationen dürfen nur beim Wasserversorger registrierte Vertragsinstallationsunternehmen arbeiten. Wenn Sie, beispielsweise als Hausbesitzer*in selber Anschlussnehmer sind, haben Sie nämlich mit dem Versorgungsvertrag mit Ihrem Wasserversorger die sogenannten AVBWasserV (sozusagen das Kleingedruckte oder die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ für die Trinkwasserversorgung) vereinbart. Darin erlegt Ihnen der Wasserversorger zum Schutz seines Netzes bestimmte Einschränkungen auf.
Ein kompetenter Handwerker weiß dann, was zu tun ist. Er wird auf jeden Fall als Erstes die betroffenen Leitungsteile vom Versorgernetz trennen – absperren, sofern Sie das nicht schon getan haben. Dann wird es spannend: Kunststoffrohre können, wenn sie nicht zu alt sind, ein Einfrieren überstehen. Sie sind elastisch. Meist platzen metallene Bauteile, wie Rohrleitungen oder Armaturen. Nachdem er sich dann ein Bild gemacht hat, wird er möglicherweise offenkundig beschädigte Installationsteile ersetzen. Problem können aber Haarrisse sein, kleine Leckagen, die nicht sofort augenfällig sind. Das merkt man erst, wenn die Installation wieder unter Druck steht.
Auch die Wiederinbetriebnahme ist je nach Installation nicht ganz trivial. Mitunter müssen Spülmaßnahmen durchgeführt werden. Für weitere Informationen sei auf die Expertenempfehlung VDI/DVQST-EE 3810 Blatt 2.1 hingewiesen. Und dann stellt sich noch die Frage: Was passiert nächstes Jahr? Wenn der Handwerker einmal da ist, sollte man mit ihm gleich gemeinsam nachdenken, ob vielleicht Maßnahmen nach VDI 2069 sinnvoll sind, um erneute Schäden auszuschließen.
Dipl.-Phys. Thomas Wollstein
Quelle: VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik