Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Zur Miete wohnen und flexibel bleiben oder doch lieber im Eigentum, das man später verkaufen oder vererben kann? Die Qual der freien Wahl haben die meisten nicht. Wofür die Entscheidung fällt, ist meist eine Frage der verfügbaren Finanzen. In Österreich besitzt die Hälfte aller Haushalte keine Immobilien. 40,5 Prozent besitzen nur das Haus oder die Wohnung, in der sie selbst wohnen, nur die restlichen 9,5 Prozent besitzen weitere Wohnimmobilien. Der größte Teil der Eigentümer lebt im eigenen Haus. Die geringe österreichische Eigentumsquote – in der EU ist sie nur in Deutschland geringer – ist alles andere als ein Zeichen mangelnden Wohlstands. Den höchsten Anteil an Eigentumswohnungen haben die ärmeren Länder Europas.

„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“, heißt es in Artikel 14 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Und auch bei uns gehen mit dem Besitz von Immobilien Pflichten einher. Manche wollen sie nicht wahrnehmen, manche können nicht. Und so verfallen Häuser bis zur Abbruchreife, weil die einen sich mehr Rendite von einem Neubau erwarten oder weil sich die anderen die Sanierung aufgrund geringer Mieteinnahmen oder zu geringen Vermögens nicht leisten können. Hier braucht es dringend neue gesetzliche Regeln und zielgerichtete Fördermaßnahmen, um die Klimaziele zu erreichen.

Nicht höhere Baustandards, steigende Energie- und Baupreise, die Inflation und schließlich höhere Zinsen allein sind die Ursache dafür, dass Kaufpreise und Mieten für viele Menschen unerschwinglich wurden. Die investmentgetriebene Wohnungsproduktion, die Wohnen nicht als soziales Gut, sondern Finanzanlagefeld betrachtet, hat die Kosten schon vorher in die Höhe getrieben. Der gemeinnützige Wohnbausektor wirkt preisdämpfend auf das gewinnorientierte Wohnungssegment, bestätigt eine aktuelle Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung und des Österreichischen Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen im Auftrag der Stadt Wien.

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Die Frage, ob Miete oder Eigentum, und wie es finanziert wird, ist nicht nur eine höchstpersönliche, sondern vielmehr eine hochpolitische. Einzelmaßnahmen werden nicht die Lösung bringen, sondern wie bei der Bewältigung der Klimakrise werden multiple Lösungsansätze gebraucht, wo Finanzund Förderwesen, Steuerpolitik, Bodenpolitik und Sozialpolitik ineinandergreifen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen trotz schwieriger Zeiten Zuversicht und eine erkenntnisreiche Lektüre.

Ihre Franziska Leeb

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