Für ein nachhaltiges Leben

Der Fachverband Steine Keramik engagiert sich mit den vielfältigen Anwendungsgebieten von mineralischen Baustoffen für Klimaschutz, betont aber zugleich, dass die aktuellen Zahlen in puncto Wohnbau alarmierend sind und dringender Handlungsbedarf besteht, damit leistbarer Wohnraum für ein nachhaltiges Leben möglich wird.

Die Zahl der Baubewilligungen brach 2023 auf 47.200 ein und halbierte sich damit in den letzten Jahren. Weiterhin rückläufig ist die Zahl der geförderten Wohneinheiten. „Wir stecken seit Jahren in einer besorgniserregenden Negativspirale aus einbrechenden Baubewilligungen, hohen Rohstoffkosten, steigenden Wohnkosten und der demografischen Entwicklung“, erläutert Robert Schmid, Obmann des Fachverbands der Stein- und keramischen Industrie. Die Wohnbauförderungsstatistik 2023, die alljährlich mit dem Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen erstellt wird, belegt den dringenden Handlungsbedarf. Auch 2024 gingen die Baubewilligungen weiter zurück.

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„Es ist dringend nötig, die Bauproduktion und das Angebot an leistbaren Wohnungen zu stabilisieren und dauerhaften Schaden von den Wohnungsmärkten, der Bau- und der Baustoffindustrie abzuwenden. Auch wenn die Sanierung – sie beinhaltet neben der Bauleistung auch Heiztechnikleistung – einen Wachstumspfad aufweist, kann damit bei Weitem nicht der Verlust im Neubau kompensiert werden“, betont Schmid. Die Sanierungsförderungsausgaben der Bundesländer beliefen sich 2023 auf 690 Millionen Euro. Gemeinsam mit der Umweltförderung des Bundes wurden 1,05 Milliarden Euro für die Wohnhaussanierung ausgeben. Besonders stark in der Sanierungsförderung waren die Bundesländer Salzburg, Tirol und Kärnten.

Andreas Pfeiler, Geschäftsführer Fachverband Steine Keramik, betont, dass es nun gezielte Leistungsanreize für leistbares Wohnen braucht, eine Abschaffung oder Abschwächung der Kreditvergaberichtlinien wie auch eine Zweckbindung und Attraktivierung der Wohnbauförderung.

Druck durch Klimawandel

Dazu kommen die Herausforderungen durch den Klimawandel, von dem vor allem die ärmere Bevölkerung betroffen ist. Immer mehr Hitzetage und Starkregenereignisse prägen die Jahreszeiten. Maßnahmen gegen die Bildung von urbanen Hitzeinseln sind eine Lösung für Österreichs Städte und Gemeinden.

„Platzgestaltungen durch Betonpflastersteine und -platten mit heller Oberfläche helfen, die Temperaturen deutlich angenehmer zu halten. Zusätzlich bietet die Betonsteinverlegung mit wasserdurchlässiger Fuge die Möglichkeit, Plätze nach dem Schwammstadt-Prinzip zu gestalten“, erklärt Anton Glasmaier, Vorstandsvorsitzender von Beton Dialog Österreich. „Der Wurzelraum von Stadtbäumen wird dabei erheblich erweitert, was zu ihrer Vitalität und Lebensdauer beiträgt“, erklärt Karl Grimm, Ingenieurkonsulent für Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur. Die Neugestaltung des Johann-Nepomuk- Vogl-Platzes in Wien-Währing, der Hauptplatz im oberösterreichischen Attnang-Puchheim oder das neue Stadtquartier Wolfganggasse in Wien-Meidling mit rund 850 geförderten Wohnungen sind aktuelle Beispiele für die klimafitte Gestaltung von öffentlichen Räumen.

Zahlreiche Forschungsaktivitäten

Trotz der vielen Erfolgsbeispiele wird weiter emsig geforscht. Das Projekt Clim-Ziegel beschäftigt sich z. B. mit Ziegelsand, der in der Landwirtschaft eingesetzt werden kann. Ein Forscherteam rund um den Forschungsverein Steine und Keramik, die Universität für Bodenkultur, Boku, die Hengl Mineral GmbH sowie die Höhere Bundeslehranstalt und Bundesamt für Wein- und Obstbau Klosterneuburg untersucht derzeit, ob sich Ziegelsand dafür eignet, das Wasser in Böden zu speichern.

Die Idee: Ziegel werden aus einem Abbruch recycelt und zu Ziegelsand zerkleinert oder man nutzt Ziegelsand direkt aus der Produktion. Dieser wird auf landwirtschaftlich genutzten Böden eingebracht. Da Ziegelsand Wasser speichern kann, sollen die landwirtschaftlichen Nutzpflanzen in den Trockenperioden davon profitieren. „Wir wollen die Kulturlandschaft klimaresilienter machen“, sagt Florian Hengl, Geschäftsführer der Hengl Mineral GmbH.

Aktuell befindet sich das Projekt in der Phase der Laborversuche. Hans Peter Rauch, der zusammen mit seinem Kollegen Stephan Hörbinger von der Boku an dem Projekt arbeitet, erläutert: „Auf Basis der Ergebnisse der Versuche sind Feldversuche geplant, bei denen der Einsatz von Ziegelsand im Weinbau mit wissenschaftlichen Methoden unter realen Bedingungen getestet und überprüft wird.“ Anhand der aktuellen Forschungsergebnisse könne man jetzt schon sagen, dass das Wasser definitiv länger gespeichert wird. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) hat bereits bestätigt, dass der Ziegelsand als Bodenhilfsstoff eingesetzt werden kann.

Bodenaushub nützen

Potenzial, ganz im Sinn der Kreislaufwirtschaft, wird auch beim Bodenaushub erforscht. In Österreich fallen jährlich mehr als 40 Millionen Tonnen Bodenaushub an, wie beim Hochbau und Tunnelbau, dem Bau von Netzwerken wie der Wasserversorgung oder sonstigen Infrastrukturprojekten. Aktuell wird Bodenaushub als Abfall betrachtet. Die weitere Behandlung unterliegt somit dem strengen Abfallrecht und führt dazu, dass laut Bundesabfallwirtschaftsplan 2023 rund 27 Millionen Tonnen davon deponiert werden müssen. In Zeiten von Ressourcenknappheit wird die Kritik an dieser Praxis immer größer. Qualitativ hochwertiger Bodenaushub sollte als Wertstoff eingestuft werden, um ihn für Auffüllarbeiten weiterverwenden und zu neuen Baustoffen verarbeiten zu können. Das ist im Nachbarland Deutschland schon seit Jahren Usus.

Alois Fürnkranz, Regionalvorstand Wien und Voeb-Experte für Baurecycling, ist überzeugt, dass Bodenaushub in Zukunft zum begehrten Wertstoff wird: „90 Prozent des klassischen Bodenaushubs eignen sich problemlos für den Einsatz bei Erdbauarbeiten sowie zur Herstellung von Recycling-Baustoffen, Beton oder Asphalt. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft sollten diese Möglichkeiten in vollem Umfang genutzt werden.“

Am effizientesten wäre es, wenn der Bodenaushub direkt vor Ort wieder recycelt bzw. verwendet wird, z. B. für Anschüttungen oder Verdichtungen von Straßen. Damit könnte Aushub unmittelbar im Kreislauf geführt werden. So fallen auch Transportwege zu den Deponien weg, was zu enormen CO₂- Einsparungen führt. Eine Berechnung des Voeb ergibt, dass bei 27 Millionen Tonnen Bodenaushub, der rund 30 Kilometer bis zur nächsten Deponie transportiert werden muss, jährlich zwischen 30.000 und 50.000 Tonnen CO₂- Äquivalente verursacht werden. Wird Bodenaushub nicht mehr als Abfall betrachtet, könnten diese Transportwege wegfallen und somit Treibhausgase eingespart werden. Das zuständige Bundesministerium für Klimaschutz arbeitet bereits an einer Verordnung zum Thema Abfallende bei Aushubmaterialien.

„Wenn wir größer denken und alle Potenziale berücksichtigen, wird das Bauen – und Wohnen – ganz einfach grün und leistbar. Wir haben die Lösungen dazu, und auf dem Weg in eine klimafitte Zukunft führt kein Weg an mineralischen Baustoffen vorbei“, ist Pfeiler überzeugt.


Die Broschüre „Wohnbauförderung in Österreich 2023“:

www.baustoffindustrie.at/app/uploads/2024-IIBW-FV-Steine-Wohnbaufoerderung-2023.pdf

https://www.iibw.at/de/aktuell

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