Die klimagerechte Bestandsstadt

Die Zukunft der Bestandsstadt liegt in ihrer sozialökologischen Transformation, die Stadt muss auf die Klimakrise reagieren und dafür werden neue Ansätze und Instrumente nötig sein. Es geht um eine Neukonstitution der Stadterneuerung – ausgerichtet auf Nachhaltigkeit.
ROBERT TEMEL

Das Wiener Projekt „Pocket Mannerhatten“ untersucht zentrale Mechanismen für diese Transformation ausgehend von der Idee des Teilens. Es ist klar, dass die zukünftige, klimagerechte Stadt heute bereits großteils gebaut ist: Auch in wachsenden Städten wie Wien bildet der Neubau einen so kleinen Anteil am Gesamtbestand, dass man nicht auf einen Ersatz durch technisch am letzten Stand befindliche Bauten hoffen kann. Man muss es also schaffen, bestehende Bauten und Freiräume zu ertüchtigen.

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Ebenso klar ist, dass es im Stadtumbau einen neuen Fokus braucht. Die Wiener Tradition der „sanften Stadterneuerung“ mit sozialgerechter Sanierung und Qualifizierung des öffentlichen Raums hat große Erfolge gebracht, muss aber nun erweitert werden: Die neue Zielrichtung heißt Klimaschutz und Klimaanpassung, und auch diese Ziele müssen sozial gerecht erreicht werden.

„Pocket Mannerhatten“ entstand aus der Diplomarbeit des Architekten Florian NiedworokNiedworok an der Universität Innsbruck, die zu einem Sondierungs- und einem Umsetzungsprojekt führte, gefördert vom Klima- und Energiefonds. Niedworoks Grundidee, wie er sie heute formuliert:

„Wie denkt man Nachhaltigkeit nicht mehr nur technisch, sondern organisatorisch-räumlich? Wie kann man in der bestehenden Stadt Raum teilen, räumlich vernetzen, und dadurch nachhaltiger werden?“

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Dabei wird in zwei Richtungen vom Standardelement der Gründerzeit abgewichen, der einzelnen Liegenschaft mit dem darauf befindlichen Zinshaus. Einerseits wurde ein Katalog von Möglichkeiten des Teilens erarbeitet, die aus teils sehr kleinen Implantaten bestehen, „Pockets“ quasi, wie der Projekttitel deutlich macht: etwa ein Gemeinschaftsraum, den sich Bewohner mehrerer Häuser teilen oder ein zugänglicher Innenhof.

Und andererseits geht es um größere Maßnahmen, die die Liegenschaften und damit Eigentumsgrenzen überschreiten und somit mehr Effizienz und Wirtschaftlichkeit bringen, etwa durch gemeinsame Energieproduktion, gemeinsames Parken oder gemeinsame Erschließung – oder durch grundstücksübergreifende innovative Wohntypologien.

Bewertung für Gemeinwohlangebote

Die dabei entstehenden vielfältigen Schwierigkeiten wurden untersucht. Das strikte Eigentumsrecht steht Potenzialen des Teilens entgegen, und viele kleinere und größere gemeinwohlorientierte Beiträge, von der Nachbarschaftsgarage bis zur Photovoltaik, von Zugänglichkeit bis zur Fassadenbegrünung, sind nur schwer vergleichbar und damit kaum tauschbar.

Gesa Witthöft vom Forschungsbereich Soziologie der TU Wien entwickelte als Projektpartnerin ein „Sieben-Säulen-Bewertungssystem“, um die gemeinwohlorientierten Beiträge auf einen Nenner zu bringen. Anhand bestehender Bewertungsmodelle wie die Social Development Goals der UNO oder die Ökokaufkriterien wurde versucht, alle tauschbaren Angebote, ob nun leicht oder schwer quantifizierbar, direkt vergleichbar zu machen, indem man ihren Gemeinwohleffekt bewertet.

Witthöft meint: „Es geht dabei auch um Entkapitalisierung von Räumen – wer nichts für die Stadtgesellschaft tut, soll dafür kein öffentliches Geld erhalten!“ Das Bewertungssystem wird so zum Stadterneuerungsinstrument: Wenn man Angebote von privaten Eigentümern vergleichen kann, lässt sich nicht nur eine Förderungssumme dafür quantifizieren,sondern man kann auch andere, weiche Abgeltungsformen entwickeln, und diesbezüglich ist das Projektteam im Austausch mit dem Wiener Magistrat.

Es wird diskutiert, wie man das Tauschen mit Förderungen verknüpfen…

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