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Sustainable Finance im Bauen: DGNB startet Initiative mit Banken

Sustainable Finance im Bauen: DGNB startet Initiative mit Banken
Ziel der DGNB Initiative „Sustainable Finance im Bauen“ ist es, die Wirksamkeit der Transformationsfinanzierung im Bau- und Immobiliensektor gemeinsam mit Banken zu verbessern. Bildquelle: Michael Pasternack

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat eine neue Initiative ins Leben gerufen, bei der die Zusammenarbeit mit Banken im Fokus steht. Unter dem Namen „Sustainable Finance im Bauen“ haben sich zum Start bereits zehn Finanzinstitute offiziell zusammengetan, um gemeinsam die Wirksamkeit der Transformationsfinanzierung im Bau- und Immobiliensektor zu verbessern. Angesprochen sind sowohl Retailbanken als auch kommerzielle Immobilienfinanzierer. Als wissenschaftliche Begleiterinnen unterstützen zwei renommierte Universitäten die Initiative.

Banken spielen bei der nachhaltigen Transformation der gebauten Umwelt eine zentrale Rolle. Entscheidungen im Rahmen von Finanzierungen beeinflussen den Erfolg unmittelbar. Damit haben Finanzinstitute die Chance, aktive Treiber der Entwicklung zu werden – stehen aber auch gemeinsam vor der Herausforderung, wie sie dieser Rolle im Kontext bestehender sowie sich entwickelnder Regulatorik gerecht werden.

Genau hier setzt die Initiative „Sustainable Finance im Bauen“ an. Ihr Ziel ist es, kommerzielle Immobilienfinanzierer und Retailbanken dabei zu unterstützen, aktive Partner der Transformation hin zu einem zukunftsfähigen Gebäudebestand zu werden. Als Bottom-up-Initiative verbindet sie die Akteure des Finanzsektors mit der technischen Expertise des DGNB Netzwerks. Durch ihren starken Praxisfokus trägt sie dazu bei, effektive und umsetzbare Lösungen für eine nachhaltige Entwicklung des Gebäudesektors zu fördern.

„Als DGNB versprechen wir uns von der Zusammenarbeit mit den Banken eine Menge“, erklärt Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB. „Schon bei den ersten Treffen war deutlich spürbar, dass bei den teilnehmenden Finanzinstituten ein großer Wille besteht, das Richtige zu tun. Was bislang gefehlt hat, war der Brückenschlag zur Bauwirtschaft und der Zugang zu unabhängigem, tiefgehendem Fachwissen zum nachhaltigen Bauen. Genau das ändern wir mit der Initiative.“

DGNB Ideenlabor zum Thema Transformationsfinanzierung als Startpunkt

Ausgangspunkt für die Gründung der neuen Initiative war die Veranstaltung „DGNB Ideenlabor“ im September 2024 in Frankfurt. Das Event drehte sich um das Thema Transformationsfinanzierung und brachte Banken, Bestandshaltende und die Bauwirtschaft zusammen, um die jeweiligen Positionen besser zu verstehen, zielführende Anknüpfungspunkte zu finden und so die nachhaltige Transformation des Gebäudebestands zu forcieren.

„Das DGNB Ideenlabor war für uns ein Augenöffner“, sagt Dr. Christine Lemaitre. „Die Grundlage für Finanzierungsentscheidungen im nachhaltigen Bauen ist teils verheerend. Und das nicht, weil das Thema den Banken egal ist. Sondern weil eine große Unwissenheit herrscht, wie eine verlässliche Bewertung der Nachhaltigkeitsqualität vorgenommen werden kann. Oder weil bestehende Methodiken als Basis zur Einstufung von Gebäuden genutzt werden, die dafür schlichtweg nicht geeignet sind.“

Zu den ersten Arbeitsschwerpunkten der Initiative zählt es, einen gemeinsamen Überblick über vorhandene Tools und deren tatsächliche Funktionalitäten zu schaffen – jenseits von Marketingversprechen der jeweiligen Anbieter. Eine weitere Zielsetzung ist die Vereinheitlichung der Abfrage gebäudebezogener Nachhaltigkeitsdaten. Aktuell entwickeln hier viele Banken individuelle, voneinander abweichende Bewertungsmethoden. Grundsätzlich gilt für alle Ergebnisse, die im Rahmen der Initiative „Sustainable Finance im Bauen“ erarbeitet werden, dass diese im Anschluss aufbereitet und allen Beteiligten zur Verfügung gestellt werden.

Schulterschluss der Banken im Sinne der Transformation des Gebäudebestands

Gemeinsam mit strategischen und wissenschaftlichen Partnern sowie interessierten Banken wurden bei einem Konzeptionstreffen im Februar 2025 die grundlegenden Handlungsfelder der Bottom-up-Initiative erarbeitet. Bildquelle: DGNB

Zum Start haben sich bereits zehn Finanzinstitute entschlossen, der Initiative offiziell beizutreten. Einige weitere haben bereits an ersten Workshops teilgenommen und ihre Expertise eingebracht. Zu den Gründungsmitgliedern zählen die Bank im Bistum Essen, die Berlin Hyp, die Deutsche Bank, die Deutsche Kreditbank, die GLS Gemeinschaftsbank, die HypoVereinsbank, die ING-DiBa, die Sparda-Bank Baden-Württemberg, die Triodos Bank und die UmweltBank.

Der Verein für Umweltmanagement und Nachhaltigkeit in Finanzinstituten (VfU) engagiert sich in der Initiative als strategischer Partner. Für die wissenschaftliche Begleitung konnte die DGNB zwei renommierte Unterstützer gewinnen: das Institut für Bauklimatik und Energie der Architektur an der Technischen Universität Braunschweig, das von Prof. Elisabeth Endres geleitet wird, sowie den Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen an der Technischen Universität München unter Leitung von Prof. Thomas Auer.

Dr. Julia Wernsdorfer vom Center of Excellence Sustainability Steering and Transition bei der ING-DiBa: „Die Transformation des Bau- und Immobiliensektors gelingt nur, wenn Nachhaltigkeit zum festen Bestandteil finanzieller Entscheidungen wird. Die Initiative der DGNB schafft die dringend nötige Brücke zwischen Finanzierungsentscheidungen und zukunftsfähigem Bauen – ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz, Verantwortung und langfristigem Mehrwert.“

André Meyer, Leiter des Kompetenzcenters Nachhaltige Immobilien bei der GLS Gemeinschaftsbank: „Bei der Initiative ‚Sustainable Finance im Bauen‘ zeigt sich deutlich, was Wirtschaften in Verbundenheit heißt: Wir finanzieren Lebensräume, nicht nur Häuser. Die Bauwende gelingt uns nur, wenn wir sie ökologisch, wirtschaftlich und sozial zusammendenken – und das gemeinsam. Seit über 50 Jahren arbeiten wir in der GLS Bank nach diesem Grundsatz und bündeln nun innerhalb dieser Kooperation unsere Anstrengungen hin zu einer zukunftsfähigen Wohnungswirtschaft – für Wohnräume, die Menschen und Klima gerecht werden.“

Martin Buch, Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank Baden-Württemberg: „In unserem Kerngeschäft, der Baufinanzierung, haben wir die meisten Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten, CO2-Emissionen zu reduzieren. Wir finden es toll, mit der Initiative ‚Sustainable Finance im Bauen‘ die Welt der Finanzinstitute und die Welt der Planer bzw. Wissenschaft zusammenzubringen, um gemeinsam an pragmatischen und effizienten Lösungen für nachhaltiges Bauen und Wohnen zu arbeiten.“

Alle interessierten Banken können mitmachen

Interessierte Banken aus dem deutschsprachigen Raum können der Initiative kostenfrei beitreten. Die dazugehörigen Informationen finden sich online unter www.dgnb.de/sustainable-finance-im-bauen.

Wer noch mehr erfahren möchte, kann auch den DGNB Tag der Nachhaltigkeit am 25. Juni 2025 in Stuttgart nutzen. Hier stellt sich die Initiative „Sustainable Finance im Bauen“ mit einem eigenen Programmpunkt und auf dem dortigen Marktplatz der Ideen vor. Alles zu der Veranstaltung und die Möglichkeit zur kostenlosen Anmeldung gibt es unter www.dgnb.de/tdn.

Felix Jansen

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Dr. Sabine Dörry (LISER): „Finanzmärkte müssen stärker auf Nachhaltigkeitsziele ausgerichtet werden“

Dr. Sabine Dörry (LISER): „Finanzmärkte müssen stärker auf Nachhaltigkeitsziele ausgerichtet werden“
Ihr Wissen rund um Finanzmärkte teilte Dr. Sabine Dörry bei einem Workshop mit den Forschenden des IÖR. (Foto: H. Hensel/IÖR-Media)

Im März und April 2025 war Dr. Sabine Dörry vom Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (LISER) zu Gast am IÖR. Die Wirtschafts- und Finanzgeografin eröffnete als erste Teilnehmerin das neue IÖR-Fellowship-Programm. Der Ausgangspunkt für ihren Aufenthalt am IÖR war die Frage, wie „nachhaltig“ ein Projekt oder ein Programm sein kann, dessen Finanzierung auf ökonomischen Strukturen basiert, die selbst nicht nachhaltig oder gerecht sind.

Im Interview berichtet sie von ihrer Arbeit und vom Austausch mit den Kolleg*innen am IÖR.

Welches sind die fachlichen Schwerpunkte Ihrer Arbeit?

Sabine Dörry: Ich beschäftige mich hauptsächlich mit Fragen rund um die Finanzindustrie und deren komplexen Räumlichkeiten. Dies beinhaltet etwa Fragen nach der Entwicklung von nachhaltigen Finanzzentren wie Luxemburg, London und Frankfurt und der Digitalisierung von Finanzökonomien. Außerdem interessiert mich die wichtige Frage, wie mächtig die Finanzindustrie im Verschnitt zu Big Law und Big Tech, also zu den großen Anwaltskanzleien und riesigen Tech-Unternehmen dieser Welt geworden ist.

Wie kann es in diesem Umfeld gelingen, nicht nur mit sich selbst Handel zu treiben, zu spekulieren und Arbitrage zu betreiben, also selbst künstlich erzeugte Kurs- und Preisunterschiede auszunutzen, sondern nachhaltige Ökonomien und Gesellschaften auf ihrem Weg mit den notwendigen Investitionen auch sinnvoll zu unterstützen.

Diese Beobachtungen schlagen im Prinzip die Brücke zur globalen Architektur von Netzwerken von Finanzzentren, die sich, je nach Ziel und Regulierung, arbeitsteilig immer wieder neu konfigurieren können, um gesetzliche Vorgaben besser für sich zu nutzen oder auch zu umgehen.

Ein Beispiel war etwa die Reaktion auf eine EU-Regulierung zur Bekämpfung von Steueroptimierung: Bestimmte Fondsprodukte, die zuvor hauptsächlich in Luxemburg aufgelegt wurden, wurden praktisch über Nacht über Jersey geleitet – und damit die Regulierung umgangen. Die Geographien von Finanzwirtschaft und Finanzzentren sind also eng mit Regulierung und Innovation verbunden. Aus dieser Perspektive untersuche ich, wie nachhaltig eine strukturell nicht-nachhaltige globale Finanzwirtschaft überhaupt sein kann.

Wenn ich es richtig verstehe, dann sagen Sie: Nachhaltige Entwicklung ist ohne den Finanzsektor nicht möglich. Was meinen Sie damit und was bedeutet das für die Forschung – an einem Institut wie dem IÖR?

Sabine Dörry: Tatsächlich erfordert eine klimaneutrale und nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaften und Ökonomien enorme Investitionen, die der Staat allein nicht stemmen kann. Es geht um jährliche Milliardenbeträge, etwa für die Umsetzung der Energiewende – also den Übergang von fossilen und nuklearen Energiequellen (wie Kohle, Gas und Atom) hin zu erneuerbaren Energien (wie Sonne, Wind, Wasser und Biomasse), oft unter Einsatz neuer grüner Technologien. Diese Energieträger sowie die dafür nötigen, zunehmend digitalisierten Infrastrukturen müssen finanziert werden. Dazu braucht es die Beteiligung der privaten Finanzwirtschaft.

Gleichzeitig ist die globale Finanzindustrie – und ich spreche hier bewusst nicht nur vom deutschen Bankensystem, sondern insbesondere auch von der Fondsindustrie und den Anleihemärkten – derzeit häufig noch von einer Logik geprägt, die das Profitversprechen über den Klimanutzen stellt. Genau hier liegt eine zentrale Herausforderung: Die Finanzmärkte müssen stärker auf Nachhaltigkeitsziele ausgerichtet werden, um tatsächlich als Hebel für die sozial-ökologische Transformation wirken zu können.

Für die Forschung – etwa an einem Institut wie dem IÖR – bedeutet das, dass ökonomische, regulatorische und räumliche Aspekte der nachhaltigen Transformation nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Es braucht ein vertieftes Verständnis dafür, wie Finanzströme, Investitionsentscheidungen und räumliche Entwicklungen miteinander verflochten sind – und wie nachhaltige Steuerungsinstrumente jeweils gestaltet sein müssen, um in unterschiedlichen lokalen Kontexten eine echte transformative Wirkung zu entfalten.

Was hat Sie veranlasst, sich für das IÖR-Fellowship zu bewerben?

Sabine Dörry: Im Rahmen unseres AltFin-Forschungsprojekts, das ich gemeinsam mit Prof. Christian Schulz von der Universität Luxemburg geleitet habe, haben wir Sachsen als eine von mehreren Fallstudien untersucht. In diesem Zusammenhang sind wir mit Dr. Markus Egermann vom IÖR ins Gespräch gekommen – und von dort aus recht schnell zu den großen Fragen rund um Finanzierung, Finanzinvestoren und die Rolle des Finanzsektors in Transformationsprozessen.

In der Transformationsforschung wird Finanzierung oft als gegeben vorausgesetzt, aber selten wirklich als eigene Industrie mit eigenen Zielen, Mitteln und viel Macht mitgedacht.

Dabei folgt die Finanzwirtschaft – sei es im Bankensektor oder in der Fondsindustrie – häufig eigenen Logiken und Anreizen: Es geht weniger um die Finanzierung realwirtschaftlicher, nachhaltiger Projekte, sondern oft um geschlossene Zirkulationen von Kapital, etwa um den Handel mit sich selbst.

Gewinne entstehen dabei vor allem durch Kapitalabschöpfung, nicht durch langfristige, nachhaltige Investitionen. Genau hier beginnt die kritische Frage: Wie „nachhaltig“ kann ein Projekt sein, dessen Finanzierung auf ökonomischen Strukturen basiert, die selbst alles andere als nachhaltig oder gerecht waren? Diese Ambivalenz stellt eine zentrale Herausforderung für die Transformationsforschung dar – gerade dann, wenn sie den Anspruch hat, sozial und ökologisch gerecht zu wirken.

Dr. Markus Egermann und Dr. Sabine Dörry im Innenhof des IÖR. (Foto: H. Hensel/IÖR-Media)

Diese Fragestellung war auch der Reibungspunkt, an dem Markus Egermann und ich in den ersten Gesprächen angesetzt haben – und letztlich der Ausgangspunkt für meinen Aufenthalt am IÖR. Ich wollte mehr über konkrete nachhaltige Initiativen „on the ground“ in und um Sachsen lernen – und im Gegenzug mein Wissen über globale Dynamiken der Finanzwirtschaft, etwa im stark gehypten Private-Equity-Bereich zur Finanzierung des europäischen „Green Deal“, einbringen. Daraus sind spannende und produktive Diskussionen entstanden.

Welche Möglichkeiten hat Ihnen das IÖR-Fellowship eröffnet?

Sabine Dörry: Zwei Dinge waren für mich in dieser Zeit besonders bereichernd: Zum einen die große Offenheit der Kolleg*innen hier am IÖR – sowohl mir persönlich gegenüber als auch gegenüber dem doch recht komplexen und noch vergleichsweise neuen Themenfeld der Nachhaltigkeitsfinanzierung. Zum anderen hatte ich selbst die Möglichkeit, mit vielen verschiedenen Personen ins Gespräch zu kommen und dabei tiefe Einblicke in ganz unterschiedliche Forschungsbereiche zu gewinnen.

Ich habe unglaublich viel gelernt – etwa über Kommunikationsstrategien und -praktiken im lokalen Nachhaltigkeitskontext von Reallaboren, über die Analyse großer und komplexer Datensätze aus sozialen Medien im Zusammenhang mit Klima- und Nachhaltigkeitsthemen sowie über transformative Ansätze im globalen Süden, insbesondere in Indien. Die Vielfalt der Forschungsthemen und die fachliche Tiefe der Teams haben mich nicht nur beeindruckt, sondern auch nachhaltig inspiriert.

Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal herzlich für die großartige Aufnahme und die inspirierende Zusammenarbeit am IÖR bedanken. Die Zeit hier hat mir nicht nur neue Perspektiven eröffnet, sondern hat in meinen Augen auch den Grundstein für eine weiterführende Kooperation gelegt.

Hatten Sie auch Gelegenheit, Dresden ein bisschen kennenzulernen? Was hat Ihnen besonders gefallen?

Sabine Dörry: Diese Gelegenheit habe ich mir nicht entgehen lassen! Ich bin gebürtige Dresdnerin, lebe aber seit über 20 Jahren nicht mehr hier – umso spannender war es, die Stadt mit neuen Augen zu sehen. Vieles hat sich verändert. Besonders eindrücklich war für mich der Besuch der eingestürzten Carolabrücke. Ich habe sie fotografiert und war – im wahrsten Sinne des Wortes – etwas „geknickt“.

Zugleich sehe ich in ihr aber auch einen Ort mit Potenzial: Hier eröffnet sich die Chance, über neue, zeitgemäße und nachhaltige Mobilitätskonzepte nachzudenken – und diese Debatten in Dresden auch aktiv zu führen. Ein spannendes Thema, das ich sicherlich auch aus der Ferne weiter beobachten werde.

Ein ganz persönlicher Bonus meines Aufenthalts war die viele Zeit mit meiner Familie – das habe ich sehr genossen. Und ich habe einen neuen Lieblingsort entdeckt: das kleine Café im Beutlerpark. Ein wunderbarer Platz, um sich mit Kolleg*innen zu treffen, sich auszutauschen – oder einfach mal im Grünen kurz durchzuatmen.

Was nehmen Sie mit aus Ihrer – wenn auch recht kurzen – Zeit am IÖR und in Dresden?

Sabine Dörry: Wir planen auf jeden Fall, auch in Zukunft zusammenzuarbeiten. Die fünf Wochen, die ich hier als Fellow verbringen durfte, sind leider viel zu schnell vergangen. In zahlreichen Gesprächen haben wir begonnen, die Komplexität der globalen Nachhaltigkeitsforschung im Bereich der Finanzierung besser mit der lokal gelebten Nachhaltigkeitspraxis – insbesondere in Sachsen – in Beziehung zu setzen und erste Verbindungslinien zu ziehen. Darauf aufbauend haben wir begonnen, ein gemeinsames Paper zu skizzieren, Ideen für mögliche Projekte zu entwickeln – und vor allem haben wir es geschafft, trotz unserer teils sehr unterschiedlichen fachlichen Perspektiven innerhalb der Nachhaltigkeitsforschung miteinander ins Gespräch zu kommen und eine gemeinsame Sprache zu finden. Und genau das ist, aus meiner Sicht, eine hervorragende Grundlage für zukünftige Kooperationen.

Ich nehme viel Enthusiasmus für diese neuen Vorhaben mit – und ebenso viele Anregungen, die ich in den Alltag meiner eigenen Arbeitsgruppe in Luxemburg einbringen möchte. Besonders der offene und respektvolle Austausch hier am IÖR hat mir sehr gefallen – eingebettet in eine ostdeutsche Mentalität der Offenheit, Bodenständigkeit und Herzlichkeit, die ich in höchstem Maße schätze und so nur hier erlebt habe.

Die Fragen stellte: Heike Hensel

Wissenschaftlicher Kontakt im IÖR
Dr. Markus Egermann, E-Mail: M.Egermann@ioer.de

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Mietschulden kann jeden treffen – WIRO in Rostock setzt auf persönliche Begleitung und direkte Lebenshilfe

Mietschulden - WIRO Rostock setzt auf Begleitung und Lebenshilfe

Vom zahlungswilligen zum zahlungsunfähigen Mieter ist der Weg oft nur ein kurzer: Finanzielle Notlagen oder persönliche Krisen können einen Menschen schnell überfordern. In diesem Fall ist schnelle Hilfe gefragt, denn wer seine Miete nicht zahlt, setzt sein Zuhause aufs Spiel. Die WIRO Wohnen in Rostock setzt auf persönliche Begleitung und direkte Lebenshilfe: Umso eher und ehrlicher die Ansprechpartner der WIRO mit einbezogen werden, desto besser und schneller können sie helfen.

Mietschulden entstehen meist durch sehr persönliche Umstände: Arbeitsverlust, persönliche Schicksalsschläge wie der Tod eines Partners oder eine schwere Krankheit. „Es gibt viele Gründe, warum das Geld plötzlich knapp wird“, sagt Silvana Stephanski. Jeden kann es treffen: vom Studenten bis zum Rentner. In einer Krise kann ein Mensch schnell den finanziellen Überblick verlieren. Er gerät dann ungewollt in eine Schuldenspirale, aus der er allein nicht mehr herausfindet.

Miteinander reden aber ist das A und O.

Oft ein Problem: Wer Mietschulden hat, spricht nicht gern darüber. Miteinander reden aber ist das A und O. „Denn gemeinsam finden wir Lösungen – etwa Ratenzahlungen oder Unterstützung bei Behördengängen“, erklärt die Leiterin des unternehmensinternen juristischen Forderungsmanagements.

„Umso eher und ehrlicher wir einbezogen werden, desto besser und schneller können wir helfen.“ Das Ziel sei, finanzielle Probleme der Mieter aufzudecken und zu bewältigen, Zahlungsrückstände in den Griff zu kriegen, Räumungen – und den damit verbundenen Wohnraumverlust – zu verhindern.

Hilfe zur Selbsthilfe

Seit 1995 unterstützt das Rostocker Wohnungsunternehmen Mieter, die aus eigener Kraft nicht in der Lage sind, ihre persönlichen Probleme zu lösen. „Oft schaffen es Menschen in finanziellen Notsituationen nicht, ihre Post und Mahnbescheide zu öffnen, fühlen sich schon von Alltäglichem überfordert oder wissen einfach nicht, welche Hilfen sie in Anspruch nehmen können“, macht Katharina Krüger, Leiterin des WIRO-Sozialmanagements, klar.

Häufig sind nur Formulare auszufüllen – aber angesichts des aussichtslos erscheinenden Papierkrieges stecken viele den Kopf in den Sand. „Wir kooperieren eng mit der Fachstelle für Wohnraumerhalt und bringen diese mit unseren Mietern in schwierigen Situationen in Kontakt.“

Katharina Krüger, Leiterin des WIRO-Sozialmanagements, kooperiert eng mit der Fachstelle für Wohnraumerhalt und leistet Hilfe zur Selbsthilfe. Fotos: DOMUSIMAGES

Mit Hilfe einer engmaschigen Betreuung – begleitet von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, dem psychologischen Dienst und Mitarbeitern aus dem Amt für Soziales und Teilhabe der Hanse- und Universitätsstadt Rostock  – werde gemeinsam nach Wegen gesucht, um die Mietrückstände möglichst außergerichtlich abzubauen, so Krüger. „Wenn sich abzeichnet, dass es die beste Lösung ist, in eine kleinere Wohnung umzuziehen, die zu den Lebensumständen passt, unterstützen wir unsere Mieter dabei, ihr Leben selbst zu regeln und helfen, den Wohnungswechsel zu organisieren.“

Anders verhält es sich mit Nichtzahlern, die ihre Pflicht, die Miete termingerecht zu überweisen, schlicht vernachlässigen. Dies betrifft vor allem Menschen, die lernen müssen, wo die Prioritäten liegen. Dass ein Dach über dem Kopf wichtiger ist als materielle Güter, wird oft erst durch eine schmerzhafte Erfahrung deutlich, die die wahren Bedürfnisse im Leben offenbart. Ein mitunter sorgloses Verhalten gegenüber Ämtern führt außerdem dazu, dass die Wohnungskosten nicht übernommen werden. Selbst aber können diese Menschen ihre Miete nicht aufbringen und geraten so schnell in die roten Zahlen.

„Mietforderungen, Mahn-, Klage-, Räumungs-, Rechtsanwalts- und Renovierungskosten verursachen Schäden, die die gesamte Mieterschaft treffen. Wohnungsunternehmen müssen bei Zahlungsverzug ihre rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen“, sagt Silvana Stephanski.

„Gemeinsam finden wir Lösungen – etwa Ratenzahlungen oder Unterstützung bei Behördengängen“, erklärt die Leiterin des unternehmens-internen juristischen Forderungsmanagements, Silvana Stephanski. Fotos: DOMUSIMAGES

100 Räumungen konnten so im Jahr 2024 verhindert werden.

Ein gut organisiertes Forderungsmanagement sei ein effektiver Weg, Risiken früh zu erkennen, säumige Zahler zu erreichen und zu motivieren, Chancen der Rückzahlung abzuschätzen, Rück­zahlungs­mo­da­li­tä­ten zu vereinbaren und bei Vereinbarungsbruch schnell einzugreifen. 100 Räumungen konnten so im Jahr 2024 verhindert werden.

„Ein verantwortungsvoller Vermieter versteht die Situation des Schuldners. Er übermittelt klar die Vorteile einer Kooperation, aber auch die Folgen bei Verweigerung. Auf dem steinigen Weg, die Rückstände zu begleichen, ist er ein verlässlicher Partner und verhindert den Wohnraumverlust – heute eine der schlimmsten Katastrophen in Deutschland und für jeden Betroffenen eine traumatische Erfahrung.“

MOINS – Menschen vor Obdachlosigkeit intelligent schützen

In Rostock leben nach aktuellen Schätzungen rund 60 bis 80 Obdachlose und knapp 300 wohnungslose Menschen. 2023 haben insgesamt 597 Personen die Wohnungslosennotfallhilfe in Anspruch genommen. Hinzu kommen Obdachlose, die Hilfsangebote ablehnen sowie die „nicht sichtbaren Obdachlosen“, die im Stadtbild untertauchen oder zeitweise bei Freunden und Familie wohnen.

Die Fachstelle für Wohnraumerhalt, mit der die WIRO eng kooperiert, bietet Unterstützung für Menschen mit Mietschulden, vermüllten Wohnverhältnissen und allgemeiner Überforderung, Wohnraum-Kündigung oder drohender Räumung. Die Mitarbeiter klären über Sozialleistungen auf, unterstützen beim Ausfüllen von Anträgen und vermitteln weiterführende Hilfen.

Dagmar Horning

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Hochwasserschäden mehr als verdoppelt – Klimafolgenanpassung muss Priorität der neuen Bundesregierung sein

Hochwasserschäden verdoppelt - Priorität Klimafolgenanpassung
Starkregen wird immer mehr zur Herausforderung. Vielerorts merken die Gemeinen, dass ihre Straßenentwässerung für die Regenmengen zu klein ausgelegt ist. Die Folge: das Wasser sucht sich seinen Weg, schlimmstenfalls über die Kellerfenster in die Keller. Foto: wohnungswirtschaft heute / GW

Starkregen, Überschwemmungen, Sturm und Hagel haben 2024 in Deutschland versicherte Schäden in Höhe von 5,7 Mrd. Euro verursacht – genauso viel wie in 2023. Besonders schwer traf es die Menschen in Süddeutschland. „Allein Starkregenereignisse und Überschwemmungen schlugen mit 2,6 Mrd. Euro zu Buche – rund eine Milliarde Euro mehr als im langjährigen Durchschnitt“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV. Das geht aus der jährlichen GDV-Naturgefahrenstatistik hervor.

„Die Folgen des Klimawandels werden auch bei uns immer spürbarer“, so Asmussen. 2023 lagen die Schäden durch Starkregen und Hochwasser noch bei rund 1 Mrd. Euro.

Weniger Sturm- und mehr Hochwasserschäden

Im vergangenen Jahr sind zwar große Schäden durch Winter- und Herbststürme ausgeblieben, dafür verursachten Hochwasser – im Mai im Saarland und in Rheinland-Pfalz, im Juni in Baden-Württemberg und Bayern – erhebliche Überschwemmungsschäden. 

Der detaillierte Blick auf die Sach- und Kfz-Versicherung ergibt für die Naturgefahrenstatistik folgendes Bild: In der Sachversicherung, die Gebäude und Hausrat sowie Gewerbe- und Industriebetriebe abdeckt, wurden 2024 versicherte Schäden von 4,4 Mrd. Euro verzeichnet. Davon entfallen neben den Elementarschäden weitere 1,8 Mrd. Euro auf Schäden durch Sturm und Hagel. Mit Leistungen von 1,3 Mrd. Euro liegt die Naturgefahrenbilanz für die Kfz-Versicherer in etwa auf dem Niveau des langjährigen Durchschnitts.  

Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen mit höchsten Schadenssummen

Die höchsten Schäden verzeichneten 2024 die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg – mit jeweils rund 1,6 Mrd. Euro. Hauptursache war hier das schwere Juni-Hochwasser. Mit deutlichem Abstand folgt Nordrhein-Westfalen auf Platz drei: Dort summierten sich die versicherten Schäden auf rund 613 Mio. Euro, vor allem infolge von Stürmen und Hagel.

Versicherer plädieren für mehr Präventions- und Schutzmaßnahmen

„Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Klimafolgenanpassung muss Priorität der neuen Bundesregierung sein“, so Asmussen. „Denn eine Pflichtversicherung allein verhindert keine Schäden. Was wir brauchen, ist ein Naturgefahren-Gesamtkonzept, das neben einer Versicherungslösung auch vorsorgende Maßnahmen beinhaltet. Nur so schaffen wir mit Blick auf den Klimawandel langfristige Sicherheit – für Menschen und für die kommunale Infrastruktur.“

Naturgefahren-Gesamtkonzept der Versicherer

Um Naturgefahren künftig besser abzusichern, setzen sich die Versicherer für ein Naturgefahren-Gesamtkonzept ein. Es kombiniert flächendeckenden Versicherungsschutz mit verbindlicher Klimafolgenanpassung und einer staatlichen Zusammenarbeit zur Absicherung von Extremrisiken. Ziel ist es, Risiken zu verringern, Prävention zu stärken und die Versicherung gegen Elementarschäden auch in exponierten Lagen bezahlbar zu halten.

Christian Ponzel

Weitere Artikel zu Naturgefahren und Schadenprävention.

Gehölzverwendung in der Schwammstadt – Chancen und Risiken“ von Prof. Dr. habil. Hartmut Balder, Institut für Stadtgrün. Klicken Sie HIER und es öffnet sich Teil 2 des Artikels.

Smarte Lösung für Hochwasserschutz – App von der TU Dresden für Simulation von Starkregenereignissen“.

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Die virtuelle Eigentümerversammlung – eine neue Ära in der Zusammenarbeit mit der Immobilienverwaltung

Virtuelle Eigentümerversammlung: neue Ära in der Zusammenarbeit
Neben der Präsenzversammlung und der hybriden Versammlung ist die virtuelle Versammlung eine weitere Versammlungsoption. Foto: https://vdiv.de/virtuelle-eigentuemerversammlung

Die beginnende Versammlungssaison markiert eine neue Ära für viele Wohnungseigentümergemeinschaften: Erstmals dürfen Versammlungen vollständig virtuell stattfinden. Ein längst überfälliger Fortschritt, der nun in der Praxis ankommt. Angesichts steigender Anforderungen, wachsender Sanierungsbedarfe und knapper personeller Ressourcen bietet die digitale Option eine dringend benötigte Entlastung für alle Beteiligten.

„Die neue, endlich gesetzlich verankerte Option zur virtuellen Durchführung von Eigentümerversammlungen ist mehr als ein digitaler Fortschritt. Sie ist ein notwendiger Schritt, um der Realität gerecht zu werden“, betont Martin Kaßler, Geschäftsführer des Verbands der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV). Besonders profitieren Gemeinschaften von der neuen Flexibilität, wenn Eigentümer aus unterschiedlichsten Gründen nicht vor Ort sind oder ein Austausch öfter notwendig ist.

Ein Format für die Herausforderungen der Zeit

Die Versammlungssaison gilt als Hochphase in der Immobilienverwaltung und der Druck wächst: Entscheidungen zu Sanierungen, Förderprogrammen oder energetischen Maßnahmen müssen oft kurzfristig getroffen werden. Virtuelle Eigentümerversammlungen eröffnen hier wertvolle Spielräume: Sie sparen Zeit und Kosten, reduzieren organisatorischen Aufwand, erhöhen die Beteiligung und lassen sich einfacher auch außerhalb klassischer Bürozeiten realisieren.

„Wenn künftig mehrmals im Jahr Beschlüsse notwendig werden, etwa im Rahmen schrittweiser Sanierungen, dann ist das virtuelle Format ein echter Hebel für die Handlungsfähigkeit einer Wohnungseigentümergemeinschaft“, erklärt Kaßler. Besonders bei zeitnah notwendigen Entscheidungen, beispielsweise zur Fristwahrung bei Förderanträgen, zeigt sich die Stärke des rein digitalen Formats.

Klare Regeln schaffen Vertrauen und neue Möglichkeiten

Rechtlich gilt: Eine virtuelle Versammlung ist nur zulässig, wenn sie zuvor von drei Vierteln der Anwesenden beschlossen wurde. Der Datenschutz und stabile technische Rahmenbedingungen müssen gesichert sein. „Jede Gemeinschaft hat dabei die Wahl zwischen einer Präsenzversammlung und einem hybriden oder virtuellen Format. Digitale Formate eröffnen aber Gemeinschaften und Verwaltungen auch neue Spielräume. Für Verwaltungen etwa bei der Arbeitszeitgestaltung und beim Einsatz knapper Ressourcen“, so Kaßler abschließend.

„Viele WEG werden diese neue optionale Versammlungsform begrüßen. Für Immobilienverwaltungen wird es den Arbeitsalltag erleichtern und das Berufsbild stärken. Und der Gesetzgeber kann darauf bauen, dass Gemeinschaften zu schnelleren Beschlüssen kommen, um die Klimawende voranzubringen.“

Martin Kaßler, Geschäftsführer VDIV Deutschland

Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland e. V. (VDIV Deutschland) repräsentiert als Spitzenverband der Branche bundesweit rund 4.100 Mitgliedsunternehmen mit insgesamt etwa 8,7 Millionen Wohnungen. Die Mitgliedsunternehmen verwalten circa 75 Prozent des ETW-Bestandes in Deutschland.

Als Verband setzt der VDIV Deutschland sich für tragfähige politische Rahmenbedingungen bei den Themen bezahlbares Bauen und Wohnen, Klimaschutz und Eigentumsförderung sowie für die weitere Professionalisierung der Branche ein. Der VDIV Deutschland ist im Bündnis für Bezahlbares Wohnen und Bauen der Bundesregierung sowie in der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID).

Ohle Zyber

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Solarpflicht in den Bundesländern: Pionierkraft zeigt einfache Lösung zur Umsetzung – macht aus der Pflicht ein Geschäftsmodell

Solarpflicht in Bundesländern: Pionierkraft zeigt einfache Lösung
Mit dem Modell von Pionierkraft wird der auf dem Dach erzeugte Solarstrom direkt im Haus genutzt und bedarfsgerecht an die einzelnen Wohnparteien verteilt. Bildquelle: Pionierkraft

Die Energiewende kommt zunehmend auf den Dächern an: Immer mehr Bundesländer führen eine Solarpflicht ein – insbesondere für Neubauten, Dachsanierungen und große Parkplätze. Was viele zunächst als zusätzliche Pflicht wahrnehmen, lässt sich mit dem richtigen Konzept in eine rentable Lösung verwandeln. Pionierkraft zeigt, wie das geht.

Ob Berlin, Bayern, Hamburg oder Baden-Württemberg – in mittlerweile neun Bundesländern gilt: Ohne Solaranlage geht beim Neubau oder der Dachsanierung kaum noch etwas. Meistens gilt eine Photovoltaik Pflicht, teilweise reicht auch eine Solarthermie-Anlage. Die konkreten Vorgaben unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. Im Ziel sind sich die Länder jedoch einig: Unerschlossene Dachflächen sollen künftig Energie liefern.

Und der Kreis der Vorreiter wächst weiter. In Bremen greift seit Juli 2024 eine Solarpflicht bei umfassenden Dachsanierungen – konkret dann, wenn mindestens 80 Prozent der Dachfläche betroffen sind. In Nordrhein-Westfalen stehen neue Wohngebäude unter einer Solarpflicht. Auch Brandenburg hat mit Jahresbeginn 2024 eine Pflicht eingeführt – zunächst für gewerbliche und öffentliche Neubauten ab einer Dachfläche von 50 Quadratmetern. Private Wohngebäude sind dort bislang ausgenommen. In Niedersachsen gilt seit Januar 2025 eine Solarpflicht für Neubauten und Dachsanierungen, während in Schleswig-Holstein eine gestufte Regelung greift: Zunächst waren nur Nichtwohngebäude betroffen, ab diesem Jahr folgen auch Wohngebäude.

In Rheinland-Pfalz wiederum ist seit 2023 bei gewerblichen Neubauten eine Solaranlage vorgeschrieben, für private Wohnbauten gilt seit 2024 eine sogenannte „PV-Readiness“, also eine bauliche Vorbereitungspflicht. Hessen hat sich auf eine Pflicht für öffentliche Gebäude und große Parkplätze fokussiert – private Bauherren sind hier derzeit noch ausgenommen.

Noch sind Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und das Saarland zurückhaltend. Doch der Trend ist eindeutig: Die Solarpflicht wird zum Standard. Wer heute plant oder saniert, kommt an ihr kaum noch vorbei.

Dabei lässt sich mit der passenden Lösung aus der Pflichterfüllung ein wirtschaftlicher Vorteil machen. Mit dem Modell von Pionierkraft wird der auf dem Dach erzeugte Solarstrom direkt im Haus genutzt, indem er bedarfsgerecht an die einzelnen Wohnparteien verteilt und zu einem attraktiven Preis verkauft wird. Ohne aufwändige Stromlieferverträge, ohne unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand. Die technische Plattform von Pionierkraft übernimmt die Steuerung und Abrechnung – automatisch und gesetzeskonform.

Es ist Zeit, die Solarpflicht nicht als Pflicht, sondern als Möglichkeit zu sehen“, sagt Andreas Eberhardt, CO-Gründer und Geschäftsführer von Pionierkraft. „Wir haben die Technik, Deutschland die Dächer – jetzt kommt es darauf an, diese zu nutzen. Am besten gemeinsam.“

Die Solarpflicht wird sich ausweiten – so viel ist sicher. Während einige Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg oder Berlin bereits klare Regelungen verabschiedet haben, ziehen andere in diesem Jahr nach. Nur wenige Länder verzichten bislang noch ganz auf eine Pflicht. Doch auch dort ist absehbar, dass es ohne Solarnutzung künftig nicht mehr gehen wird. Wer also jetzt baut oder saniert, sollte mehr als nur Statik und Schallschutz einkalkulieren. Die Sonne steht bereits im Bauplan – und mit ihr die Chance, Gebäude zu einem Teil der Energiewende zu machen.

Daniela Schwendy

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Der Traum vom eigenen Pool – Welche Rechte und Pflichten haben Mieter und Eigentümer?

Der Traum vom eigenen Pool - Welche Rechte und Pflichten?
Spaß am Planschen in der Sommerhitze, allerdings müssen die geltenden Ruhezeiten eingehalten werden. Quelle: ERGO Group

Sommer und Sonne bedeutet: Die Badesaison geht los. Doch nicht jeder wohnt in der Nähe eines Schwimmbads, Flusses oder Sees für eine kurze Abkühlung zwischendurch. Ein Alternative ist da der eigene Pool im Garten. Welche Regelungen Mieter und Hauseigentümer dabei beachten müssen, weiß Sabine Brandl, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH.

Pools bis 100 m3 meist ohne Baugenehmigung möglich

Einen fest eingelassenen Pool im eigenen Garten zu realisieren, kann aufwendig sein. Ob dafür eine Baugenehmigung notwendig ist, legen die jeweiligen Landesbauordnungen fest. In den meisten Bundesländern sind Pools bis zu einem Fassungsvermögen von 100 m3 verfahrensfrei.

Das bedeutet: Es ist keine Baugenehmigung und auch keine Bauanzeige bei der Baubehörde nötig. „Trotzdem empfiehlt es sich, vor der Anschaffung bei der örtlichen Baubehörde nachzufragen. Denn manchmal gibt es weitere Kriterien und die Regelungen können sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden“, weiß Sabine Brandl, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH.

Ist darüber hinaus zum Beispiel noch eine feste Poolüberdachung geplant, kann eine Baugenehmigung erforderlich sein. „Wichtig ist, dass sich Bauherren auch bei verfahrensfreien Bauten an Vorgaben aus dem Baurecht halten müssen“, ergänzt Brandl. So sind Abstandsregelungen, etwa zum Nachbargrundstück, die die Landesbauordnung vorgibt, einzuhalten.

Der Bebauungsplan der Gemeinde kann Vorgaben machen, dass bestimmte Flächen nicht bebaut werden dürfen. Und in der Nähe denkmalgeschützter Bauten kann eine Genehmigung vom Denkmalschutzamt notwendig sein. Bei Missachtung solcher Regeln droht Ärger mit den Behörden – bis hin zur Abrissanordnung. Allen, die sich keinen Kopf um Genehmigungen machen möchten, rät die Juristin, auf einen Aufstellpool zurückzugreifen.

Was gilt für Mieter und in Eigentümergemeinschaften?

Für Mieter und Eigentümergemeinschaften ist auf dem Weg zum eigenen Pool noch mehr zu beachten. „Mieter müssen sowohl vor dem Bau eines Einbaupools als auch bei großen Aufstellpools vorab das Einverständnis des Vermieters einholen“, weiß Brandl. Bei Mehrfamilienhäusern darf zudem die Gartennutzung der anderen Mieter nicht beeinträchtigt sein.

„Im Gemeinschaftsgarten eines Mehrfamilienhauses dürfen Mieter daher in der Regel keinen privaten Pool aufstellen oder installieren – es sei denn, außer dem Vermieter stimmen auch alle anderen Mieter zu“, so die ERGO Juristin.

„Auch wenn der Vermieter einen Pool auf einem Mietgrundstück erlaubt hat, darf er einen Rückbau des Schwimmbeckens beim Auszug verlangen.“ Sind angehende Poolbesitzer Teil einer Eigentümergemeinschaft, ist ein rechtsgültiger Beschluss der Eigentümerversammlung für die bauliche Veränderung auf dem Gemeinschaftseigentum erforderlich.

„Das gilt auch für Flächen mit Sondernutzungsrecht, etwa in einer Reihenhausanlage mit eigenen Gärten pro Partei,“ ergänzt Brandl. Denn: Durch einen Swimmingpool wird der Garten erheblich umgestaltet. Dies geht über eine normale Gartennutzung deutlich hinaus.

Pflichten beim Planschen

Mit den richtigen Genehmigungen ist es beim Poolbau jedoch noch nicht getan. „Gartenbesitzer müssen bereits während der Bauphase ihrer Verkehrssicherungspflicht nachkommen und darauf achten, dass keine Gefahr für andere besteht“, so die Rechtsexpertin von ERGO. Ist der Pool befüllt, empfiehlt Brandl, diesen bei Nichtbenutzung mit einer Abdeckung zu sichern, um Verletzungen und Schadenersatzansprüchen vorzubeugen. Auch an die Sicherheit von Kindern ist zu denken.

Dazu gehört auch, den Garten vor unbefugtem Zutritt zu sichern, denn ein Pool kann auch für fremde Kinder eine Versuchung darstellen und auch hier drohen Haftungsrisiken. Geltende Ruhezeiten sind ebenfalls beim Planschen zu beachten.

„Da Poolwasser meist chemische Zusätze wie Chlor oder Anti-Algen-Mittel enthält, muss es in die Kanalisation“, so Brandl. Damit ist der Hausanschluss für Abwasser gemeint und nicht die Kanalisation an der Straße. Denn: Letztere ist meist nur für Regenwasser gedacht und leitet das Wasser ungeklärt in das nächste Gewässer ein.

„Das Wasser beim Entleeren nach dem Sommer einfach in den Garten zu kippen, ist ebenfalls verboten. Denn es schadet nicht nur dem Boden und den Pflanzen, sondern verunreinigt auch das Grundwasser.“ Um sicherzugehen, sollten Poolbesitzer vor der Entsorgung die regionalspezifischen Bestimmungen der Gemeinde prüfen. Auskunft dazu können etwa das Umweltamt, das Ordnungsamt oder die für Wasser und Abwasser zuständige Stelle der Gemeinde erteilen.

Katharina Manderfeld

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Dennis Voss verlässt die Wohnungsbaugenossenschaft KAIFU-NORDLAND eG zum Jahresende

Dennis Voss verlässt Wohnbaugenossenschaft KAIFU-NORDLAND
Dennis Voss verlässt zum Jahresende KAIFU. Foto: Jochen Quast

Nach über acht Jahren im Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft KAIFU-NORDLAND eG wird Dennis Voss zum 31. Dezember 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Amt ausscheiden, um sich einer neuen beruflichen Herausforderung zu widmen.

„Seit über 100 Jahren steht die Genossenschaft für bezahlbares Wohnen und gelebte Nachbarschaft in Hamburg – eine Aufgabe, die mich von Anfang an begeistert hat. Wer hier arbeiten darf, erfüllt eine sinnstiftende Aufgabe – und das gemeinsam mit einem großartigen Team“, sagt Voss.

Dennis Voss trat im Mai 2017 in den Vorstand der KAIFU-NORDLAND eG ein. Zu den Meilensteinen seiner Amtszeit zählt die Entwicklung des Neubauprojekts LOK67, eines der größten Bauvorhaben in der Geschichte der Genossenschaft mit 106 neuen Wohnungen in Hamburg-Lokstedt. Ebenso prägte Voss maßgeblich die Neuorganisation der Genossenschaft in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht, sowie den Umzug der Geschäftsstelle in den Kieler Park.

Wir bedauern das Ausscheiden von Dennis Voss sehr“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende Niels Berlin. „Er hat mit Energie, Klarheit und großer Leidenschaft dafür gesorgt, dass unsere Genossenschaft wirtschaftlich und personell hervorragend aufgestellt ist.“ Unter Voss’ Verantwortung wurde die KAIFU mehrfach ausgezeichnet – etwa mit dem Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft für ihr Change-Management sowie dem Deutschen Bauherrenpreis 2020 für das Projekt „Wohnen am Eimsbütteler Marktplatz für die Generation 60+“.

Voss betont die besondere Rolle der Mitarbeitenden: „All das Erreichte wäre ohne das Engagement und den Teamgeist unserer Kolleginnen und Kollegen nicht möglich gewesen. In der Fußballersprache würde man über die KAIFU sagen: Der Star ist die Mannschaft.“

Auch in den verbleibenden Monaten bis zum Jahresende werde Voss seine ganze Kraft für die KAIFU einsetzen: „Vor uns liegen noch viele spannende Aufgaben.“

Die Nachfolgeregelung ist bereits angestoßen: Mit Stefan Henze ist seit Kurzem ein erfahrener Fachmann als Vorstand Technik im Amt. Der Aufsichtsrat hat die Suche nach einer geeigneten Nachfolge für Dennis Voss bereits eingeleitet. Die KAIFU wird das langjährige Wirken von Dennis Voss zum Jahresende angemessen würdigen – die Arbeit im Vorstandsteam bleibt bis dahin in verlässlichen Händen.

Quelle: KAIFU

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Wohnungswirtschaft zeichnet HfWU-Absolventinnen Patrizia Dausel und Chantal Gaßner aus

Wohnungswirtschaft zeichnet HfWU-Absolventinnen aus
Preise für immobilienwirtschaftliche Abschlussarbeiten vom Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen vbw. Die beiden Preisträgerinnen Patrizia Dausel (links) und Chantal Gaßner umringt von den Gratulanten (v.l.) Dr. Iris Beuerle (Verbandsdirektorin des vbw), Prof. Markus Mändle, Senator E.h. Herbert Klingohr und Axel Gedasch-ko (Präsident des Bundesverbands der deutschen Wohnungswirtschaft GdW). (Foto: vbw/Michael Tilp)

Für hervorragende Bachelorarbeiten zu wohnungswirtschaftlichen Themen zeichnete der Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen (vbw) die beiden HfWU- Absolventinnen Patrizia Dausel und Chantal Gaßner aus.

Die Immobilienwirtschaftlerinnen erhielten auf dem Verbandstag der Wohnungswirtschaft Baden-Württemberg in Reutlingen den vbw-Immo-Preis überreicht. Themen ihrer Arbeiten waren die „Messbarkeit sozialer Nachhaltigkeitskriterien bei Wohnimmobilien“ und die „Dekarbonisierung von Wohngebäuden im Bestand“.

„Wir haben ein großes Interesse an der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den wohnungswirtschaftlichen Themen. Daher zeichnen wir schon seit Jahren besonders gelungene Arbeiten mit einer Urkunde und einem Preisgeld von jeweils 500 Euro aus – herzlichen Glückwunsch“, ehrte Verbandsdirektorin Dr. Iris Beuerle die beiden HfWU-Absolventinnen.

Quelle: HfWU

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Biodiverse Schwammstadt: Ein Zukunftsbild für den Dresdner Postplatz 2045

Biodiverse Schwammstadt: Zukunftsbild für den Dresdner Postplatz
Postplatz mit neu errichtetem dreieckigem Glasdach, dem "Wilsdruffer Tor". Bild: Sebastian Weingart) | https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/

Wie könnte eine klimagerechte Stadt der Zukunft aussehen? Eine neue Vision für den Postplatz in Dresden zeigt eine überraschend grüne und lebendige Perspektive für diesen Verkehrsknotenpunkt im Stadtzentrum. Entwickelt haben diese Vision verschiedene Akteur*innen aus der Dresdner Zivilgesellschaft. Wissenschaftlich untersetzt wurde das Zukunftsbild unter anderem durch Forschungsergebnisse des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung (IÖR).

Statt wie bisher als „steinernes Gelenk“ zu erscheinen, verwandelt sich der Postplatz in Dresden auf dem Bild in eine Oase aus Grün und Blau: Dach- und Fassadenbegrünung, entsiegelte Frei- und Wasserflächen sowie eine Vielzahl neu gepflanzter Bäume verleihen ihm die Atmosphäre eines Parks und damit eine ganz neue Aufenthaltsqualität.

Die Darstellung ist ein motivierender Wegweiser für ein Dresden, das sich den Herausforderungen des Klimawandels stellt. Das Bild soll als Einladung für alle Menschen in Dresden gelten, sich für eine lebenswerte Stadt der Zukunft selbst einzubringen.

Dresden Postplatz 2045 | Reinventing Society & loomn (CC BY-NC-SA 4.0, Vorherbild: Sebastian Weingart) | https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/

Impulse für zukünftige Stadtentwicklung:

1. Außenliegender Sonnenschutz der Fenster

Der außenliegende Sonnenschutz ist eine der effektivsten Möglichkeiten um, v.a. bei großen Fensterflächen, die Hitzebelastung in Gebäuden zu reduzieren und die Raumtemperaturen um mehrere Grad Celsius zu verringern. Kombiniert mit Dünnschicht-Photovoltaikmodulen können diese zugleich zur Stromerzeugung genutzt werden.

2. Erneuerbare Energien in der Stadt

Strom kann in der Stadt durch Nutzung der Dachflächen über Photovoltaikelemente erneuerbar erzeugt werden. Wie an diesem Beispiel zu sehen ist, können diese vom Design her auch so gewählt werden, dass sie die bestehende Gebäudeansicht nicht wesentlich verändern.

3. Rasengleise

Grüne Straßenbahngleise fördern die Versickerung von Regenwasser und tragen so zu einem nachhaltigen Wassermanagement bei. Gleichzeitig sorgen die Grasflächen für eine effektive nächtliche Abkühlung und erhöhen die Zufuhr kühler Luft ins Stadtquartier. Sie mindern Lärm durch die Schalldämmung der begrünten Flächen und schaffen gleichzeitig Lebensräume für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten, wodurch die Biodiversität in urbanen Räumen gesteigert wird.

4. Künstliche Nisthilfen

Damit die Stadt auch für Tiere ein Lebensraum sein kann, müssen neben Nahrungsquellen auch Nistmöglichkeiten vorhanden sein. Künstliche Niststrukturen an Fassaden oder auf Dächern können das Angebot für viele Tierarten verbessern und damit auch die Biodiversität und ein natürliches Gleichgewicht unter den Arten stärken. Insbesondere für Wildbienen, Fledermäuse und Vögel gibt es bereits hochwertige Lösungen, die in die Fassade intergiert werden können.

5. Spielplätze mit Trinkbrunnen und Toiletten

Spielplätze mit Sitzgelegenheiten, Toiletten und Trinkbrunnen schaffen inklusive Orte, die allen Menschen Zugang zum öffentlichen Raum ermöglichen und so die Teilhabe unabhängig von Alter, Herkunft oder Einkommen fördern. Sie erfüllen grundlegende menschliche Bedürfnisse kostenfrei und stärken dadurch soziale Gerechtigkeit und Lebensqualität im urbanen Raum. Zudem fördern sie die Begegnung zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, was den sozialen Zusammenhalt in der Stadt stärken kann.

6. Essbare Stadt

Essbare Elemente wie z.B. Obstbäume im öffentlichen Raum fördern das Bewusstsein für Saisonalität und machen sichtbar, wie Lebensmittel wachsen. Sie fördern die Verbindung der Stadtbevölkerung zum Lebensmittelanbau und zur -produktion und sensibilisieren für einen nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Die Essbare Stadt trägt zur Klimaanpassung bei, indem begrünte Flächen das Stadtklima regulieren, Wasser speichern und die Biodiversität erhöhen. Gleichzeitig schafft sie inklusiven Raum für Gemeinschaft, Bildung und Teilhabe.

7. Dach- und Fassadengrün

Dach- und Fassadenbegrünung haben neben der Hitzeschutzwirkung – sowohl im Freiraum als auch im Gebäude – weitere wesentliche positive Eigenschaften für den Natur-, Umwelt- und Ressourcenschutz. Dies sind zum Beispiel lokaler Rückhalt von Regenwasser, Filterung von Luftschadstoffen, Erhöhung der Biodiversität oder die gemeinschaftliche Nutzung als Dachgärten.

8. Flächen für Regenwassermanagement

Häufigere und heftigere Starkregenereignisse sind ein zunehmendes Risiko des Klimawandels. Die Kanalisation oder Elemente zur Verdunstung oder Versickerung sind oft nicht in der Lage, die Wassermengen in so kurzer Zeit abzuführen. Für solche Ereignisse muss eine Schwammstadt Rückhalteräume bereitstellen, die größere Menge Regenwasser schadlos für einige Tage speichern können. Ideal dafür sind multifunktional nutzbare Räume wie tiefergelegte Parks, Sportplätze oder auch Skatebahnen. In den Phasen ohne Starkregeereignis ist hier ungestörte Freizeitnutzung möglich.

9. Bäume

Urbanes Grün ist sowohl über die Tages- als auch die Nachtzeit betrachtet ein wirksamer Hitzeschutz. Vor allem tagsüber erhöhen Bäume mit ausladenden Baumkronen die Aufenthaltsqualität an heißen, strahlungsreichen Sommertagen, da sie die gefühlte Temperatur insbesondere wegen ihrer Schattenwirkung um über 10 Grad Celsius verringern. Bäume dienen außerdem als Staubfilter und als Lebensraum für Tiere.

10. Regenstele – Wert des Regenwassers ins Bewusstsein bringen

Mit dem Fortschreiten des Klimawandels werden wir mit länger anhaltender Trockenheit rechnen müssen. Regenwasser ist bereits heute wertvoll – zumal der Erhalt und die Vitalität des öffentlichen Grüns von einer gleichbleibenden Bewässerung abhängen. Die Regenstele visualisiert die Regenmenge anschaulich und hebt den Wert öffentlich hervor. Zugleich bietet die Stele die Möglichkeit, Niederschlagswasser zeitweise zu speichern und später zur Bewässerung des öffentlichen Grüns zu nutzen.

11. Verkehr

In der Vision ändert sich der Mobilitätsmix am Postplatz zu mehr ÖPNV, Radnutzung sowie Fußverkehr. Dazu wird die Infrastruktur um den Postplatz zu Radfahrstraßen umgebaut – gut sichtbar blau gefärbt. Die Straßenbahnen fahren auf Rasengleisen und durch die Verkehrsberuhigung und die Umgestaltung des Platzes sind auch Wege zu Fuß deutlich angenehmer. Lieferverkehr und Rettungsdienste können diese Wege natürlich weiterhin nutzen. Der Platz ist barrierearm passierbar und bietet Orientierung.

„Versiegelte Plätze wie der Postplatz werden in heißen Sommern, besonders für ältere Menschen und Kinder, zur gesundheitlichen Belastung.“

Hinter dieser Vision stehen zivilgesellschaftliche Akteur*innen wie der BUND Dresden und die Lokale Agenda Dresden, gemeinsam mit Wissenschaftler*innen der Technischen Universität Dresden (TUD) und des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung (IÖR). Der Verein Reinventing Society und die Agentur loomn haben die Ideen grafisch umgesetzt. „Wir möchten mit dieser positiven Vision Menschen dazu inspirieren, selbst aktiv zu werden und sich an der Gestaltung einer lebenswerten Stadt der Zukunft zu beteiligen“, erklärt Julia Leuterer von der Lokalen Agenda Dresden.

Dass solche grünen Visionen dringend notwendig sind, verdeutlicht Hanna Witte vom Projekt „Biodiverse Schwammstadt Dresden“: „Versiegelte Plätze wie der Postplatz werden in heißen Sommern, besonders für ältere Menschen und Kinder, zur gesundheitlichen Belastung.“

Messungen und Simulationen von Dr. Astrid Ziemann von der Professur für Meteorologie der TUD zeigen, dass eine umfassende Begrünung die thermische Belastung deutlich senken kann. Astrid Ziemann ergänzt: „Vitale Vegetation ist die beste Antwort, die Städte auf Hitze geben können, sowohl für den Freiraum als auch für erträgliche Temperaturen in Gebäuden.“ Gleichzeitig bieten solche grünen Oasen Lebensraum für Tiere und verbessern durch nachhaltiges Regenwassermanagement die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen in Trockenzeiten.

Dr. Christoph Schünemann vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung betont: „Dieses Bild hat keinen konkreten Gestaltungsanspruch – es ist eine Einladung, Dinge einmal anders zu denken.“

Die Darstellung soll daher nicht als Blaupause für die Planung verstanden werden, sondern vielmehr ein motivierender Wegweiser sein – für ein Dresden, das sich den Herausforderungen des Klimawandels stellt.

Dabei haben die Ideen, die wir in dem Zukunftsbild zusammenbringen, aber Hand und Fuß, denn wir beteiligten Wissenschaftler*innen haben zentrale Erkenntnisse aus unserer Forschung zu Hitzeanpassung in Städten einbringen können“, schließt Christoph Schünemann.


Quelle: Dr. Christoph Schünemann // Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung (IÖR).

Finanziert wurde die Erarbeitung des Zukunftsbildes durch das BUND-Projekt „Biodiverse Schwammstadt Dresden“, die Stadtentwässerung Dresden und die Lokale Agenda Dresden.

Das Zukunftsbild „Dresden Postplatz 2045“ ist unter einer Creative Commons-Lizenz verfügbar, sodass es alle nutzen können, die sich für ein klimagerechtes und inklusives Dresden einsetzen. Zusätzlich zum hier gezeigten Zukunftsbild steht auch eine Version mit Nummerierung zur Verfügung, die ergänzt wird durch Erläuterungen zu den einzelnen Elementen der Anpassung an den Klimawandel.

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