Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Der Sommer steht vor der Tür, und auch dieser wird vermutlich einer der heißesten seit Beginn der Messungen werden. Angesichts der multiplen Krisen des Jahres 2022 ist es nur verständlich, wenn man sich etwas Schönes als Urlaubslektüre in den Koffer legt, um auf andere Gedanken zu kommen. Doch vorher muss ich Sie noch etwas Unangenehmes fragen: Haben Sie den jüngsten Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) gelesen?

Ein erbauliches Erlebnis ist das nicht, doch leider ein unvermeidliches. Die Zeit, so die eindringliche Mahnung der Wissenschafter, wird immer knapper. Inzwischen sind schon sechs von zehn Klima-Hürden gerissen, die 1,5-Grad-Ziele kaum noch zu halten. Uns bleiben nur noch wenige Jahre, um das Klima zumindest erträglich zu gestalten.

Die Bauwirtschaft ist je nach Angaben für 30 bis 40 Prozent, laut dem renommierten deutschen Ingenieur Werner Sobek sogar für 50 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Der italienische Physiker Giorgio Parisi, der 2021 den Nobelpreis für sein Fachgebiet gewann, sagte in klaren Worten: „Wirtschaftswachstum und der Kampf gegen globale Erwärmung sind nicht kompatibel.“

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Was also tun? Soll man, wie es die kanadische Architekturtheoretikerin Charlotte Malterre-Barthes sagt, vorerst einfach gar nicht mehr bauen? Da steht der akute Bedarf dagegen, gerade im Wohnbau, und die Szenarien der Ressourcenknappheit, von Wasser über Lebensmittel bis zu Baustoffen, erfordern noch mehr Bemühungen um soziale Verteilungsgerechtigkeit als bisher. Auch wenn die derzeit astronomischen Baukosten das nicht leichter machen und in der Tat eine Verschnaufpause nahelegen: Nein, man kann nicht nichts tun.

Gut und ermutigend ist es, dass in der Tat viel getan wird. Das haben wir bei der Recherche zu diesem Heft mehr als einmal bemerkt. Klimafahrpläne und Gesetze, Fassaden- und Dachbegrünung, Schwammstadt und Stadtnatur. Der Wohnbau wird grüner und greift dabei auf fachliche Expertise zurück. Natürlich gilt es hier genau hinzuschauen, um das Greenwashing von den seriösen Konzepten zu trennen, und natürlich hat man im geförderten Wohnbau auch die Klimafitness mit der Leistbarkeit unter einen Hut zu bringen.

Natürlich lassen sich manche Widersprüche nur schwer auflösen: Hohe Bebauungsdichten vermeiden die Zersiedelung, sind aber auch sommerliche Hitzeinseln. Wir werden es also nicht immer schaffen, alles richtig zu machen, aber vieles wird besser werden. Also packen Sie sich ruhig auch dieses WohnenPlus-Heft ins Urlaubsgepäck.

Ihr Maik Novotny

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