Das Thema Wohnen ist ein medialer und politischer Dauerbrenner. Immer wieder erstaunt es die fachkundigen Beobachter:innen, welche Ideen von welcher Seite lanciert werden, um vermeintliche oder tatsächliche Problemstellungen am Wohnungsmarkt zu bekämpfen. Die Leerstandsabgabe gehört definitiv zu jenen Instrumenten, die nach Einschätzung vieler Expert:innen keine große Wirksamkeit hat, wie sich in der medialen und politischen Diskussion anlässlich der jüngsten parlamentarischen Initiative wieder gezeigt hat.
Schon die Vorgeschichte zur jüngsten Verfassungsnovelle ist bemerkenswert: Aus zuverlässigen Quellen wird berichtet, dass die verfassungsrechtliche Absicherung der Leerstandsabgabe nicht allein eine Priorität des grünen Koalitionspartners gewesen wäre, sondern auch auf dem Wunschzettel mehrerer ÖVPgeführter Bundesländer stand. Nach der im April im Nationalrat beschlossenen Novelle der Bundesverfassung, die den Bundesländern im Hinblick auf eine „angemessene Höhe“ der Leerstandsabgabe eine Einhebung effektiv ermöglicht, zeichnet sich bis dato keine einheitliche Linie ab.
Anton Holzapfel, Geschäftsführer des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI), der ÖVI Immobilienakademie und der ImmoZert GmbH. Jurist (Referent, Universitätslektor sowie Buchautor, u. a. Knittl/Holzapfel Maklerrecht Österreich) und Musiker (Konzertorganist) www.ovi.at, www.antonholzapfel.at
Die „Flächenbundesländer“ Niederösterreich und Oberösterreich haben schon klargestellt, dass sie keine derartige Abgabe einführen werden, da sowohl der Schutz des Eigentumsrechts an sich als auch unklare Auswirkungen und vor allem ein hoher administrativer Aufwand dem entgegenstünden, auch Wien denkt vorerst nicht daran, in der Steiermark gibt es sie bereits.
Problematisch sind vor allem die fehlende Datenlage und unklare Definitionen. Wann gilt eine Wohnung als leer stehend? Wie viele Wohnungen sind nicht einmal teilweise genutzt? Persönlicher Bedarf in der Familie kann genauso ein Grund sein dafür wie auch Unvermietbarkeit, vor allem in wirtschaftlich schwachen ländlichen Regionen Österreichs. Auch die zunehmende Rechtsunsicherheit bei Mietvertragsvereinbarungen (Stichwort Klauselentscheidungen zur Wertsicherung) bringt Eigentümer: innen dazu, in dem einen oder anderen Fall ihre Immobilie nicht mehr zu vermieten.
Nach der jüngsten Verfassungsnovelle liegt es nun an den Landesgesetzgebern, die Definitionen von Leerstand überhaupt einmal klarzustellen. Wie auch immer diese lauten werden: Die vom Momentum Institut immer wieder zitierte Mobilisierung von fast 200.000 Wohnungen ist eine Behauptung, die mit der Realität am Markt in keiner Weise in Einklang zu bringen sein wird.
Mit der Leerstandsabgabe vermengt wird eine zweite Abgabe, die in mehreren Bundesländern schon als Einkunftsquelle der Kommunen identifiziert wurde, es geht um die sogenannte Zweitwohnsitzabgabe, wie sie in Tirol, Vorarlberg und in Salzburg unterschiedlicher Ausprägung und Höhe schon seit ein, zwei Jahren eingeführt wurde. Manche Regelungen setzen derzeit auf eine Selbsterklärung der Eigentümer: innen, deren Immobilie mehr als 26 Wochen im Jahr leer steht und/oder keine Hauptwohnsitzmeldung hat.
Argumentiert wird damit, dass den Kommunen Einkünfte entgehen, Aufwendungen aber sehr wohl zu tätigen sind. Dennoch wird die Zweitwohnsitzabgabe kein Lenkungsinstrument gegen zu hohen Leerstand sein. Zumindest sporadisch, aber regelmäßig dient diese Immobilie den Wohnbedürfnissen der Eigentümer:innen. Für einen Hauptwohnsitz und eine damit einhergehende sinnvolle Vermietung sind solche Liegenschaften oftmals in der falschen Lage angesiedelt.
Damit wird das Problem auch schon näher fassbar: Die Ursachen für allfälligen Leerstand sind ganz anders gelagert. Fehlende barrierefreie Nutzbarkeit von Bestandsimmobilien, mangelnde Attraktivität von Ortskernen, Abwanderung in die Ballungszentren, sind nur einige Aspekte, die ausschlaggebend für eine Verwaisung von Ortskernen ist.
Wenn man die „lost places“ in vielen österreichischen Gemeinden betrachtet, wird man mit einer Leerstands- oder Zweitwohnsitzabgabe nicht weit kommen. Auch die von manchen Bundesländern ins Treffen geführte Baulandmobilisierung greift zu kurz. Eine stringente, gesamthafte Raumplanung wäre der erste Schritt in die richtige Richtung.