Grün und bunt gemischt

Das Sonnwendviertel gilt als Vorzeigebeispiel für soziale Nachhaltigkeit. Auf einen „guten“ Mix bei den Bewohnern wie auch dem Angebot für alle Altersgruppen sowie Anrainer wurde bereits vor der Planung gedacht. Unterschiedlich, bunt gemischt – vor allem aber auch üppig grün präsentiert sich das Quartier hinter dem Hauptbahnhof beim Lokalaugenschein.
GISELA GARY

Es ist ein heißer, windiger Hochsommernachmittag – nicht viele Menschen sind unterwegs. Wir sind im Sonnwendviertel, einem der ersten großen Stadtentwicklungsgebiete, das von der Stadt in Angriff genommen wurde. Der Plan dafür ist schon viel älter, aber gemeinsam mit den ÖBB – die ja zuvor den neuen Hauptbahnhof bauten – wurde der Masterplan aus dem Jahr 2004 Schritt für Schritt erweitert und angepasst. Der Masterplan legte die primären Strukturen hinsichtlich Baufelder, Freiräume, Erschließung, sozialer Infrastruktur und städtebaulichen Kennziffern für die Entwicklung des rund 44 Hektar großen Sonnwendviertels in Favoriten fest und schaffte gleichzeitig Handlungsspielräume für künftige Erfordernisse.

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Stadtteil Sonnwendviertel Das Sonnwendviertel im 10. Bezirk in Wien befindet sich südlich vom Hauptbahnhof. Insgesamt entstanden hier 4.300 Wohnungen für rund 11.000 Menschen, ein Bildungscampus sowie der sieben Hektar große, öffentliche Helmut-Zilk-Park. Besonders ist auch die lokale Infrastruktur: Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Kindergärten, Arztpraxen und Apotheken, die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, ein durchgängiges Wege- und Radwegenetz und ein nachhaltiges Mobilitätsangebot tragen dazu bei.

Das Gebiet des heutigen Sonnwendviertels lag einst außerhalb der Stadtmauern Wiens und wurde landwirtschaftlich genutzt. Im Jahr 1874 wurde der Grundstein für Favoriten, den 10. Wiener Gemeindebezirk, gelegt. Das Areal der Süd- bzw. Ostbahn befand sich im Norden des für lange Zeit größten Wiener Bezirks und war geprägt vom steigenden Flächenbedarf der Bahn. Ende des 19. Jahrhunderts war die größte Ausdehnung erreicht. Nach den beiden Weltkriegen waren große Teile des Bahngeländes zerstört. In den 1950er-Jahren entschlossen sich die ÖBB zu einer Zusammenlegung der Bahnhofsareale von Süd- und Ostbahn. Die Gleisanlagen entsprachen jedoch weiterhin jenen von 1945; eine durchgehende Führung der Ost- mit der Südbahn wurde nie umgesetzt. Doch die ÖBB waren sich des Makels bewusst und begannen bereits in den 70er-Jahren mit Plänen zu einem Zentralbahnhof – im Jahr 2012 wurde der Hauptbahnhof Wien feierlich eröffnet.

Großzügig und perfekt angebunden: Das Sonnwendviertel im Überblick, im Zentrum der sieben Hektar große Park.
Übersichtskarte: GB*
Soziale Durchmischung ist im Sonnwendviertel selbstverständlich: Treffpunkt für alle Altersgruppen ist der Motorikpark, auch Anrainer vom „alten Favoriten“ kommen vorbei.
Foto: Florian Albert

Im Sonnwendviertel südlich der Alfred- Adler-Straße überwiegt eine gemischte Nutzung bzw. Wohnnutzung. Die Gruppierung der Wohngebäude um den großzügigen, zentralen Helmut- Zilk-Park stellt eine möglichst hohe Lebensqualität sicher. Kindergärten und ein Bildungscampus decken den Bedarf nach sozialer Infrastruktur ab.

Margot Lehmann von der Gebietsbetreuung Stadterneuerung/Stadtteilmanagement Sonnwendviertel, selbst ausgebildete Raumplanerin, schlendert mit uns durch das neue Quartier, das seit heuer fertiggestellt ist. Rund 11.000 Menschen leben hier – aus unzählig vielen Ländern – von der älteren Dame bis zur Jungfamilie und zum jungen Studenten wohnen hier ganz unterschiedliche Menschen. Von etwa 4.300 Wohnungen sind rund 56 Prozent geförderte und rund 44 Prozent frei finanzierte Wohnungen, vier Baugruppenhäuser, zwei Baugruppen in Quartiershäusern, eine Baugruppe in einem geförderten Wohnbau und zehn Quartierhäuser.

Wir vernetzen und
bringen Leute zusammen.

Margot Lehmann
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Lebendige Nachbarschaft

Soziale Durchmischung und eine gute, bunte und lebendige Nachbarschaft standen bei der Entwicklung des ehemaligen ÖBB-Areals ganz oben auf der Agenda der Stadtplanung. So ist auch das Stadtteilmanagement der Gebietsbetreuung Stadterneuerung, GB, laufend unterwegs und liefert Impulse für das Miteinander und eine gute Nachbarschaft. Die Aufgabe des GB Stadtteilmanagements ist es, mit Veranstaltungen und verschiedenen Informationsangeboten im öffentlichen Raum die Entwicklung im Stadtteil zu begleiten und das Zusammenwachsen des neuen Stadtteils mit der bestehenden Umgebung zu unterstützen. Da kommen dann ebenso Anrainer vorbei, die nicht direkt im Sonnwendviertel leben. Es sind vor allem aber die engagierten Bewohner des Stadtteils, die zur sozialen Durchmischung beitragen. Es gibt ebenso Flohmärkte oder Pflanzentauschbörsen, diese werden meist von Bewohnern der Baugruppen- und Quartiershäuser initiiert. Einfach zugängliche Nachbarschaftsangebote bringen die Menschen zusammen.

Es gibt sehr viele Kontakte zwischen den Bewohnern, man lernt sich im Park kennen oder bei nachbarschaftlichen Aktivitäten. „Wir nehmen Anliegen auf und unterstützen die Initiativen, die noch Tipps brauchen“, erläutert Lehmann ihre Arbeit, „wir vernetzen die Menschen und bringen Leute zusammen. Die Arbeit des Stadtteilmanagements der GB* umfasst vor allem Informationen je nach Phase – „wir bieten unterschiedliche Formate an: Infonachmittage, Themenführungen, bei denen wir den Bewohnern eine neue Perspektive zeigen wollen wie z. B. Wind und Wetter als Thema der Stadtentwicklung.“ Dabei erzählen Bewohner immer wieder, dass sie sehr gern hier im Stadtteil leben.

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