Energiesprong saniert in Köln-Zollstock

Anlässlich ihres 100-jährigen Jubiläums entschloss sich die Wohnungsgenossenschaft am Vorgebirgspark eG 2020, mit einer Energiesprong-Sanierung in Köln-Zollstock ein Zeichen gegen den Klimawandel zu setzen.

Die 1920 gegründete Kölner Genossenschaft verfügt über einen Wohnungsbestand von insgesamt 863 Wohneinheiten verteilt auf 103 Häuser in den Stadtteilen Klettenberg, Lindenthal, Mülheim, Müngersdorf, Sülz und Zollstock. Das Mehrfamilienhaus in der Schwalbacher Straße 24/26 ist die erste energetische Sanierung im Rheinland, bei der das innovative Sanierungsverfahren zum Einsatz kam.

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Nachdem der ursprünglich vorgesehene Gesamtlösungsanbieter aus dem Projekt ausstieg, übernahm Zeller Kölmel Architekten die Rolle des gestaltenden Ideengebers.

Wir wollen es nicht nur den großen Playern überlassen, für Innovationen zu sorgen. Auch wir als kleine Genossenschaft können die Zukunft mitgestalten.

Thomas Meißner, Vorstand Wohnungsgenossenschaft am Vorgebirgspark eG

Ziel der im März 2022 gestarteten Energiesprong-Sanierung war es, das 1962 erbaute viergeschossige Mehrfamilienhaus von einem schlechten Energieeffizienzstandard schnell und kosteneffizient auf den klimaneutralen NetZero-Standard zu bringen. Nach der Sanierung, die im Dezember 2022 abgeschlossen wurde, erzeugt das 992 m² große Gebäude übers Jahr betrachtet so viel erneuerbare Energie, wie die Bewohner für Heizung, Warmwasser und Strom benötigen. Die 16 Mietparteien konnten während der gesamten Bauzeit in ihren Wohnungen verbleiben.

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Die Gesamtkosten der energetischen Modernisierung lagen bei 1,9 Millionen Euro, von denen 876.000 Euro über das BEG-Programm des Bundes und 235.000 Euro über das Interreg-Programm der EU gefördert wurden.

„Im Wohnungsbestand liegt ein großes Potential zur Energieeinsparung und damit zu wesentlichen Beiträgen für ein besseres Klima. Gerade der hier vorgestellte Ansatz mit intelligenter Vorplanung und Vorfertigung z.B. von Fassadenelementen, gepaart mit modernen Energiekonzepten, ebnet den Eigentümern den Entscheidungsweg für eine wirkungsvolle Sanierung. Im Sinne des Klimaschutzes für eine Millionenstadt begrüße ich nachdrücklich diese beispielgebende Initiative.“

Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der Stadt Köln

Aufgrund der guten Erfahrungen mit dem Pilotprojekt plant die Wohnungsgenossenschaft am Vorgebirgspark eG, fünfzig weitere Wohneinheiten nach dem Energiesprong-Prinzip energetisch zu sanieren.

Maßnahmen

  • Fassadenelemente (Holzrahmengestell), komplett gedämmt und mit vormontierten Fenstern und Türen
  • Dachdämmung mittels Fertigelementen
  • Wärmepumpe für Heizung zentral, inkl. Speicher
  • Warmwasser über vollelektrische Durchlauferhitzer
  • Integration Sonnenschutz in Fassade
  • Photovoltaik-Anlage auf dem Dach zur CO2-neutralen Stromerzeugung
  • neue Heizkörper in den Wohnungen (soweit noch nicht ausgetauscht)
  • Neue vorgeständerte Balkone
  • Fassadenintegrierte Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung
  • Smarte Sensoren und Thermostatventile, smarte Strom- und Wärmemengenzähler

Besonderheiten

Der Pilot in Köln-Zollstock ist das erste Energiesprong-Projekt, bei dem ein Architekturbüro als gestaltender Ideengeber agierte. Als Kooperationspartner konnten das Energiebüro vom Stein für die TGA-Planung und Korona-Holzbau als ausführendes Bauunternehmen gewonnen werden.

Fassade mit Fenster vor Befestigung der Aluminium Rauten. Bild: dena, Jens Willebrand

In der Schwalbacher Straße wurde erstmalig in der deutschen Energiesprong-Historie die KfW Effizienzklasse 40 plus erreicht. Das ist energetisch deutlich ambitionierter als für den Net-Zero-Standard eigentlich gefordert ist. Dies bedeutet, dass das Gebäude mehr regenerative Energie erzeugt, als seine Bewohner für ihren Alltag benötigen.

Einen Beitrag zum überdurchschnittlichen Energieeffizienz leistet auch ein neuartiges, fassadenintegriertes Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung, das ohne Betreten der Wohnungen gewartet werden kann. Hier hat sich gezeigt, dass es theoretisch möglich ist, die technische Versorgung der Wohnungen weitestgehend über die Fassade zu realisieren.

Köln-Zollstock ist das erste Energiesprong-Projekt, bei dem die Prinzipien des kreislaufgerechten Bauens umgesetzt wurden. Wichtig war es den Architekten, eine Konstruktion zu entwerfen, die rückbaubar und recyclingfähig ist und ökologische Baustoffe enthält. Mit Korona-Holzbau konnte ein Baupartner aus der Region gewonnen werden, sodass energie- und CO2-intensive Transporte entfallen. 

Lessons Learned

Der neu gedachte Sanierungsprozess verändert die Rolle von Architekten und Planern. Ihr Aufgabenspektrum erweitert sich um die Konzept- und Produktentwicklung und geht damit über die reine Architektur hinaus. Mit ihrer Expertise können sie eine Vorreiterrolle einnehmen und die Erreichung eines klimaneutralen Gebäudesektors bis 2045 aktiv vorantreiben. Gerade im Hinblick auf die architektonisch und qualitativ oft wenig überzeugenden Nachkriegsbauten bietet sich im Rahmen der seriellen Sanierung die Chance, die energetische Modernisierung mit der gestalterischen Optimierung zu verbinden.

Das Projekt in Köln-Zollstock zeigt, dass sich Klimaschutz auf anspruchsvolle Weise mit Funktionalität und Standardisierung sowie Ästhetik und gutem Design kombinieren lässt.

So sieht das viergeschossige Mehrfamilienhaus in Köln-Zollstock nach der seriellen Sanierung aus. Innerhalb weniger Monate ist 992 Quadratmeter klimaneutraler Wohnraum zu weiterhin bezahlbaren Mietpreisen entstanden. Bild: dena, Jens Willebrand

So legten die Architekten großen Wert auf die städtebaulichen Qualitäten der neuen Gebäudehülle. Als Fassaden-Finish wurde eine aus einem Guss wirkende kleinteilige Aluminiumraute gewählt. Technisch bedingt erfolgt deren Verlegung vor Ort auf der Baustelle. Da dies sehr arbeitsintensiv ist, erarbeiten die Architekten zusammen mit dem Hersteller eine Lösung, bei der die Rauten bereits werkseitig auf die Fassadenelemente aufgebracht werden können.

Damit alle vom gesammelten Wissen aus dem Pilotprojekt in Köln-Zollstock profitieren, entwickeln Zeller Kölmel Architekten mit Mitteln der Bundesförderung Serielles Sanieren einen digitalen Planungsbaukasten, der Architekten und Planer Schritt für Schritt durch den Planungsprozess führt und ihnen die Besonderheiten der seriellen Sanierung nach dem Energiespong-Prinzip verdeutlicht. 

Quelle: dena

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