Bernd Krechting – Wer auf nachhaltige Instrumente im Bauprozess setzt, verschafft sich einen klaren Wettbewerbsvorteil.

Das Errichten von Gebäuden ist komplex. Die unterschiedlichen Gewerke, ihr Einsatz zur richtigen Zeit mit Materialien mit den zwingend vorgegebenen Standards, muss wie ein geöltes Räderwerk funktionieren. Dies – und Qualität und Termintreue – gehört in der heutigen Zeit auch zum Themenfeld des nachhaltigen Bauens. Und gilt für das „überschaubare“ Einfamilienhaus genau so wie für das Großprojekt.

Aber wie erreicht man das? Wer hat den Überblick? Wie kann BIM und die damit verbundenen Prozesse helfen? Wohnungswirtschaft architektur. hat Bernd Krechting gefragt. Er ist studierter Bauingenieur der Fachrichtung „Konstruktiver Ingenieurbau“ in Münster und „Wirtschaftsingenieurwesen“ in Berlin. Heute ist er Geschäftsführer der BAL Bauplanungs- und Steuerungs- GmbH und beteiligter Bauunternehmer für das Projekt für das Central One in Berlin.

Großprojekte konnten in 2022 meistens nur mit Verzögerung oder gar nicht abgeschlossen werden – Warum läuft beim Central One am Berliner Alexanderplatz bislang alles nach Plan?

Bernd Krechting: Einer der größten Erfolgsfaktoren stellt sicherlich unser Planerteam rund um das Central One dar. In enger Abstimmung mit den sehr agilen Bauherren bei Einhaltung flacher und schlanker Strukturen können meist schnelle Entscheidungen getroffen werden. Das bringt nicht nur Tempo in die Angelegenheit, sondern vermeidet auch komplizierte, langwierige Abstimmungsprozesse.

Zusätzlich gab es keine wesentlichen Probleme bei der Baufeldfreimachung und bei der Ausführung der Baugrube – obwohl wir zu Beginn im Zuge des Aushubs auf Denkmalreste gestoßen sind.

Hinzu kam ein hochwertiger und in der Errichtung schneller Rohbau, der damit auch zusätzliche Wartezeiten und Kosten rund um den Bauprozess verhinderte.

Das hat gleich zu Beginn des Projektes eine solide bauliche Grundlage und eine positive Grundstimmung geschaffen, die bis heute innerhalb der verantwortlichen Planer spürbar geblieben ist. Fairerweise – und das kann man nun wirklich nicht erzwingen – hatten wir mit Blick auf Auftragnehmer auch das nötige Quäntchen Glück. Großprojekte können schließlich schon anhand von vermeintlichen Kleinigkeiten scheitern.

Da wir allerdings auch noch nicht fertig sind, wäre es zu früh, um schon ein Schlussfazit zu ziehen – die entscheidende Phase kommt noch.

Neben dem Projekt im Herzen der Bundeshauptstadt müssen für ein Smart Building auch enorm viele Details in puncto Nachhaltigkeit beachtet werden. Wird umweltfreundliches Bauen in so einer angespannten Marktphase nicht doch eher zum Luxus oder bleiben diese Komponenten unverzichtbarer Teil des Central One?

Bernd Krechting: Unabhängig davon, wie angespannt der Markt gegenwärtig auch sein mag: Umweltfreundliches Bauen ist aus meiner Sicht langfristig nicht mehr zu umgehen.

Diejenigen Projektentwickler, Bauherren usw., die heute auf nachhaltige Instrumente im Bauprozess setzen, zahlen möglicherweise im Hier und Jetzt ein wenig mehr, verschaffen sich jedoch im Hinblick auf die kommenden Jahre und Jahrzehnte einen klaren Wettbewerbsvorteil.

Verantwortungsvolle und zukunftsorientierte Investitionen bei Themen wie ESG prägen die sozialen Lebensräume für die nachfolgenden Generationen. Nachhaltiges Bauen ist insofern längst keine Spielwiese mehr für Idealisten. Es befindet sich meines Erachtens ganz oben in der Immobilienwirtschaft.

Das Central One schickt sich dabei an, mit ein Beispielgeber für die grüne und digitale Transformation zu sein. Wir werden ein SMART-Building mitten im Herzen von Berlin sein, weil wir Zertifizierungen wie Wired-Score und SMART-Score bedienen und eine Menge digitaler Features zur Operationalisierung anwenden. Diese beiden Welten treffen sich im Objekt.

2024 will das Smart Building dann Beispielgeber für zuverlässige Immobilienprojekte in Krisenzeiten sein – ohne Kostenexplosion, ohne Verspätungen, ohne peinliche Kommentare. Bildrechte: Central One Midtown Offices

An welchen Stellen des Gebäudes kann am ehesten und in welchem Umfang Energie eingespart werden?

Bernd Krechting: Letzen Endes können hier Vergleiche zu privaten Wohngebäuden gezogen werden: Das größte Potential zur Energieeinsparung liegt vor allem in der effizienten und intelligenten Gebäudetechnik, die den Betrieb des Objektes deutlich nachhaltiger gestaltet.

Ein Beispiel: Individuelle Nutzerwünsche von Mietern innerhalb des Objektes, können durch den heutigen Stand der Technik erkannt und die Heizung oder das Licht runtergeregelt werden, selbst wenn Büros unbesetzt sind. So werden Ressourcen für Heizperioden sinnvoll eingespart und nicht verschwendet.

Zusätzlich dazu besitzt der heutige Entwicklungsstand der zentralen Gebäudetechnik die Fähigkeit, Abwärme von Räumen für die Wärmeerzeugung des Objektes zu nutzen. Hier sehe ich ein noch weitestgehend ungenutztes Potential für sowohl den gewerblichen als auch den privaten Wohnungsbereich: Abwärme muss zukünftig mehr denn je genutzt werden, um den effizienten Umgang mit unseren Ressourcen zu fördern.

Eine Frage zum Inneren des Gebäudes: Inwieweit wird die nachhaltige Qualität beim Verlegen von Leitungen im C1 gewährleistet?

Bernd Krechting: Uns kommen in diesem Zusammenhang die durch die DGNB-Zertifizierung geforderten Verfahrenswege massiv entgegen. Bedeutet in der Praxis: Wesentliche eingebaute Materialien können nicht einfach nur der technischen Norm entsprechen. Für uns gelten DGNB-Anforderungen genauso stark wie die technischen Komponenten.

Erst wenn diese beiden Faktoren gewährleistet sind, kann auch mit dem Einbau begonnen werden. Das beginnt meistens schon bei Isoliermaterial an Rohrleitungen.

Welche Heizungsrohre werden mit welchen Materialien verbaut?

Bernd Krechting: Für das Central One greifen wir nach derzeitiger Planung u. a. auf Edelstahlrohe im Pressverfahren zurück. Diese besitzen neben Vorteilen in der Montage wegen geringerer Korrosionsanfälligkeit Vorzüge in langer Haltbarkeit.

Bernd Krechting, Geschäftsführer der BAL Bauplanungs und Steuerungs GmbH, porträtiert im Dachraum des Pergamonsaals. Foto: studio kohlmeier

Wie sind Sie insgesamt mit Kostensteigerungen umgegangen und wie geht man in Richtung 2023, ohne wirklich zu wissen, wie sich branchenrelevante geopolitische Szenarien weiterentwickeln?

Bernd Krechting: Unser mit Abstand größter Vorteil lag in der Rückschau darin, dass wir extreme Situationen, wie z.B. Material-Shortage, mit deutlich längeren Lieferzeiten 2022 verhindern konnten.

Wir haben Ausschreibungen zeitgerecht platzieren können: Zurzeit scheinen sich die Lieferprobleme des Jahres 2022 zumindest relativiert zu haben. Der Markt hat sich etwas beruhigt, sodass Bieter wieder besser auf die aktuelle Situation reagieren können.
So und mit etwas Glück in der Umsetzung blieben wir von den weltweit sichtbar schlechten Nachrichten in Bezug auf exorbitante Kostenentwicklungen und Lieferengpässe bis dato verschont.

Gleichzeitig gehen wir mit Vorsicht und Respekt in das Jahr 2023. Gerade wenn es um Rohstoffe und Materialien aus der Haustechnik geht, könnten in den kommenden Monaten möglicherweise neue Herausforderungen auf den Markt zukommen.

Welche Tipps und Ratschläge können Sie auf Basis der Erfahrungen aus 2022 an Bauplaner, Projektentwickler und Immobilienunternehmer für 2023 mit auf den Weg geben?

Bernd Krechting: In jedem Fall sollte bis zu einer vermietungsreifen Fertigstellung des Gebäudes an der Baustelle weitergearbeitet werden. Ein Baustopp erzeugt durch Stillstand und Baunebenkosten ggf. höhere Kosten als gestiegene Materialpreise.

Für das Central One bleiben wir optimistisch. Nicht nur, da wir den Auftraggeber mit ausreichender Standfestigkeit an unserer Seite wissen – erfahrene Partner in Planung und Ausführung geben uns die nötige Sicherheit, um den bislang reibungslosen Bauablauf fortzusetzen.

Danke für den spannenden Einblick in die neue Welt des Baues.

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