Sanierung plus Wohlfühlen

Neben finanziell motivierten Zielen, wie einer Optimierung der Energieeffizienz oder Wertsteigerung der Immobilie, können sich Sanierungsmaßnahmen auch auf der Ebene des Wohnkomforts sowie im Hinblick auf soziale Aspekte als höchst wirksam erweisen.
LINDA PEZZEI

Im Zuge groß angelegter Sanierungsvorhaben im Wohnungsbau geht es häufig darum, die Technik auf den neuesten Stand zu bringen, Mängel zu beheben, gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden und die Kosten für die Mieter:innen langfristig zu senken. Dabei setzen immer mehr Bauträger auch darauf, die Wohnqualität und den Standard anzuheben sowie die soziale Interaktion und Integration von Bewohner: innen und Nachbarschaften zu fördern. Damit kann sich eine breit angelegte Sanierung auf mehreren Ebenen bezahlt machen.

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Um ungewollten Misstönen wie beispielsweise einer Gentrifizierung von Anfang an effektiv entgegenzuwirken, ist es wichtig, Sanierungsprojekte sorgfältig zu planen und ihre Auswirkungen auf verschiedene Aspekte der Gemeinschaft zu berücksichtigen. Zu diesem Ergebnis kommen auch neue Analysen vom Wegener Center der Uni Graz und dem Institute for Ecological Economics der Wirtschaftsuniversität Wien. Technische Lösungen seien laut der Studie wichtige Instrumente, könnten aber per se nicht alle Probleme lösen. Karl Schellmann, Klimasprecher des WWF Österreich, schließt daraus:

„Wirksamer Klimaschutz bringt für die Natur mehr Schutz, für die Wirtschaft mehr Wertschöpfung und für alle Teile der Gesellschaft mehr Lebensqualität. Ohne eine gesamtgesellschaftliche Weiterentwicklung führen einseitig technische Lösungen, oder gar das Spekulieren auf noch zu erfindende technische Lösungen, zu Energieverschwendung, milliardenschwerer Auslandsabhängigkeit, mehr Naturzerstörung und einer verstärkten Kluft zwischen Menschen mit niedrigem Einkommen und jenen mit hohen Gehältern und viel Besitz.“

Das Szenario JustTransition setzt in diesem Sinne auf eine Stärkung der inter- und intragenerationellen Gerechtigkeit und zusätzliche Maßnahmen, wie eine auf Luxusgüter fokussierte CO₂-Steuer, eine Anpassung der Arbeitszeit und weitere Umweltdimensionen.

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Klare Aufwertung

Wien-Süd beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit der Bedeutung der Sanierung und Revitalisierung alter Bausubstanzen. Als aktuelles Vorzeigeprojekt der gemeinnützigen Bau- und Wohnungsgenossenschaft gelten zwei Geschoßwohnungsbauten in der „Porsche- Siedlung“ in Wiener Neustadt – siehe dazu auch Bericht auf Seite 49. Tatsächlich kann dieses Sanierungsprojekt insofern als richtungsweisend bezeichnet werden, da es sich um eine umfassende und ökologische Althaussanierung unter Berücksichtigung zahlreicher Aspekte handelt.

Zusatzeffekte durch Sanierung 
- Erhöhter Komfort 
- Verbesserte Innenraumluftqualität 
- Verbesserung der Wohnqualität 
- Barrierefreiheit 
- Entsiegelung 
- Schaffen von Grünflächen 
- Kosteneinsparungen dank der Reduzierung des Energieverbrauchs 
- Steigerung des Wohlbefindens der Bewohner:innen 
- Erhöhen der Attraktivität der Immobilie

Neben der thermischen Ertüchtigung sollen vorgehängte Balkone und Loggien vor allem die Wohnungen ohne direkten Freiraumzugang aufwerten. Und auch der Blick nach draußen soll sich künftig grüner gestalten – dank klimafitter Parkplätze in Form von einem recycelten, begrünten Gitterbelag und einer Neugestaltung der Grünanlage inklusive Aufenthalts- und Spielbereichen sowie der Möglichkeit zum Urban Gardening.

Flankiert werden diese Maßnahmen durch „Naschhecken“ in Form von Johannisbeersträuchern. In Folge soll in Kooperation mit der Stadtverwaltung zum Zwecke der Aufwertung des gesamten Quartiers zudem ein Mehrzweckgebäude als zentrale Anlaufstelle der Nachbarschaft entstehen.

Im Zuge der thermischen Sanierung der Anlage Altmannsdorfer Straße 201–205 konnte die Gemeinnützige Siedlungs-Genossenschaft Altmannsdorf und Hetzendorf AH-Wohnen versiegelte Flächen reduzieren und Ersatz durch Grünflächen und Bepflanzung schaffen. Fotos: GSD, Archiv AH

Booster für den Wohnkomfort

Dass energetisch und technisch begründete Optimierungsmaßnahmen ausstrahlen können, beweist auch die Ertüchtigung der Wiener Wohnanlage Altmannsdorfer Straße 201–205 durch die Gemeinnützige Siedlungs-Genossenschaft Altmannsdorf und Hetzendorf. Im Zuge des Fenstertauschs in allen Wohnungen und Stiegenhäusern sowie der Wärmedämmung der Fassaden, Kellerdeckenuntersichten und Dachbodenflächen wurden auch gesundheitsbedenkliche, asbestzementhaltige Elemente abgebrochen und fachgerecht entsorgt.

Der Leitspruch „Prinzip Genossenschaft“, nach dem die AH-Wohnen die Interessen aller Mitglieder in den Mittelpunkt ihres Wirkens stellt, spiegelt sich im aktuellen Projekt in einer Reduktion der versiegelten Flächen samt Ersatz durch Grünflächen und Bepflanzung wider. Eine künftig vielseitigere Nutzung der Freiflächen verspricht auch die Ergänzung und Sanierung des Kleinkinderspielplatzes und das Schaffen eines Generationensitzplatzes mit Outdoor- Bewegungsgeräten. Neu zur Verfügung stehen den Bewohner:innen der 185 Genossenschaftswohnungen zudem 125 gesicherte Fahrradabstellmöglichkeiten in zwei Fahrradpavillons und überdeckten Bereichen.

Wohnhausanlagen 
Altmannsdorfer Str. 201–205, Wien | AH-Wohnen Baujahr 1962–1965 10 Baukörper mit 185 Genossenschaftswohnungen, ca. 10.200 m² Wohnnutzfläche, Unterkellerung, 41 Garagen 

Johann-Hoffmann-Platz 10–15, Wien | GWSG Baujahr 1912, denkmalgeschützt, 195 Wohneinheiten, 2 Lokale, 10.717 m² Nutzfläche 

Josef-Bierenz-Gasse 12+14, Wiener Neustadt | Wien-Süd Baujahr 1993 60 Wohneinheiten, 4.254 m² Wohnnutzfläche

Die gelungene Sockelsanierung des denkmalgeschützten Objekts Johann- Hoffmann-Platz 10–15 mit 195 Wohneinheiten in Wien-Meidling brachte der GWSG Gemeinnützige Wohnungsund Siedlungsgesellschaft der Wiener Stadtwerke, in Kooperation mit der Baubetreuerin GSD – Gesellschaft für Stadt- und Dorferneuerung den ersten Platz beim 36. Stadterneuerungspreis ein. Im Zuge der Maßnahmen wurden rund 80 Bestandswohnungen saniert und im Standard angehoben. Neue Balkone und Mieter:innengärten sorgen dabei ebenso für eine Steigerung der Wohnqualität wie auch der Zubau von insgesamt sieben als Durchlader konzipierten Aufzügen zum Zwecke der barrierefreien Erschließung sämtlicher Wohnungen.

Der Dachgeschoßausbau ermöglichte zudem die Erweiterung um 26 neue Wohneinheiten, welche zum Teil als räumlich großzügige Maisonetten ausgeführt wurden. Anstelle der vormaligen Pult- und Satteldächer wurden die Verbindungstrakte neu mit begrünten Flachdächern versehen, was zu einer Verbesserung der Belichtungssituation im Innenhof führte. Den Bewohner:innen stehen nach der Sanierung ergänzend vier allgemein zugängliche Terrassen, eine Zentralwaschküche mit barrierefreiem Zugang sowie Kinderwagen- und Fahrradabstellräume zur Verfügung. Gefördert wurde diese Bandbreite an Maßnahmen durch den wohnfonds_wien.

Die Beispiele zeigen anschaulich, dass neben den rein technischen Sanierungsmaßnahmen gerade in dicht bebauten Stadtquartieren vor allem „softe“ Optimierungsanstöße zu einer nachhaltigen Verbesserung der Wohnqualität führen.

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