Zu Besuch bei Kari Ochsner, Firmenchef in fünfter Generation von Ochsner Wärmepumpen in Haag: Es wird keine Energiewende ohne Wärmewende geben, und es wird sicher keine Wärmewende ohne Wärmepumpe geben.
MAIK NOVOTNY
Kari Ochsner hat viel zu tun in diesen Tagen. Zwischen Auslandsreisen ist er gerade wieder in seinem Büro am Stammsitz des Wärmepumpen-Herstellers in Stadt Haag. Sein Hund, ein stattlicher Rhodesian Ridgeback namens Tupac, logiert neben dem Schreibtisch des Firmenchefs auf einer Decke. Seit fast 50 Jahren werden hier Wärmepumpen produziert. Damit war man der Zeit voraus, heute in Zeiten des Green Deal und der Energiewende hat die Welt aufgeholt. Im Gespräch spricht Kari Ochsner, der 2023 zum Präsidenten der Industriellenvereinigung Niederösterreich gewählt wurde, über die Akzeptanz von erneuerbaren Energiequellen.
Die Firma Ochsner hat sich bereits Ende der 1970er-Jahre auf Wärmepumpen spezialisiert, im Rückblick scheint dies eine weitsichtige Entscheidung. Was war damals der Impuls?
Ochsner produziert seit mehr als 110 Jahren Komponenten für die Heizungsindustrie. Mein Vater hat dann auf der ETH Zürich studiert, und war dort von einem Wärmepumpen-Projekt fasziniert, vor allem vom Carnot- Prozess, der ihrer Funktion zugrunde liegt. Er hat dann begonnen, Wärmepumpen industriell zu fertigen. Heute würde man das Start-up nennen. Natürlich hat Ende der 1970er-Jahre keiner gewusst, was eine Wärmepumpe ist und was man da wohin pumpt. Man musste sehr viel Aufklärungsarbeit leisten.
Wo stehen wir heute im Vergleich dazu?
Die Wärmepumpe ist die effizienteste Heiztechnik und die einzige, die heizen und kühlen kann. Sie nimmt 75 Prozent ihrer Energie aus der Umwelt – aus Grundwasser, Boden oder Luft. Wir bei Ochsner haben uns immer konsequent auf die Wärmepumpe konzentriert, mit dem Gesamtspektrum der Anwendungen von zwei Kilowatt bis 2,5 Megawatt. Wir können vom kleinen Schrebergarten in Wien bis zu einem Flughafen oder einem Einkaufszentrum alles heizen und kühlen.
Wie teilt sich bei Ihren Aufträgen das Verhältnis Sanierung zu Neubau auf? Gibt es hier Veränderungen?
Grundsätzlich war das immer
50/50. Nachdem das Neubauvolumen
jetzt auf Basis der aktuellen Zinslage
zurückgeht, ist der Anteil an den Sanierungen
deutlich höher. Neben dem
Gewerbebau nimmt hier auch der Geschoßwohnbau
deutlich zu.
Die Stadt Wien hat mit der Dekarbonisierungs- Initiative „Raus aus Gas“ eine Mammutaufgabe vor sich, bei der Wärmepumpen-Technologie eine große Rolle spielt.
Wir betreiben gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology (AiT) ein Forschungsprojekt zum Thema Gasthermenersatz durch Wärmepumpen in Wien. Die Grundlagenforschung ist abgeschlossen, jetzt gehen wir in die Anwendung. Wir können heute schon sehr viele Wohnbauten in Wien umrüsten. Aber für kleine Einheiten und Etagenlösungen wird es wahrscheinlich noch um die drei Jahre dauern.
Welche Rolle spielen Forschung und Entwicklung bei Ihnen, und in welchem Bereich gibt es das größte Innovationspotenzial?
Forschung und Entwicklung haben Ochsner seit eineinhalb Jahrhunderten vorangebracht. Auch bei der Wärmepumpe ist die Reise noch lange nicht abgeschlossen. Da geht es um Effizienz, aber auch um das Thema Schall, gerade bei Luft-Wasser-Wärmepumpen im Wohnbau. Es geht um die Lebensdauer, und um das ganze Themenfeld Smart Grid, Regelung, Batteriespeicher und intelligente Netze. Hier kann die Wärmepumpe in Zukunft sehr viel zur Glättung der Netze beitragen. Dabei kommt heute schon Künstliche Intelligenz zum Einsatz. Wir entwickeln App- Steuerungen mit Predictive Maintenance, bei denen die Maschinen sich proaktiv melden, wenn sie nicht im idealen Zustand laufen. Und natürlich forschen wir auch, was Temperaturen und Kältemittel betrifft.
Die Dekarbonisierung hat den Energie- und Wohnsektor in Bewegung versetzt. Es gibt neue Player:innen und Zuständigkeiten, es gibt Energiegemeinschaften und -nachbarschaften, Bauträger:innen werden Energieanbieter: innen. Wie spüren Sie das als Hersteller? Erklären Sie Hausverwaltungen, wie die Anwendung funktioniert?
Ja, weil immer noch zu wenig bekannt ist, dass sich unsere Wärmepumpen besonders durch ihre Performance auszeichnen. Außerdem gibt es beim Wohnbau noch hartnäckige Vorurteile, was die Wärmepumpe betrifft. Das eine ist: Das geht ja nur für im Einfamilienhaus. Das zweite: Das geht nur mit Fußbodenheizung. Das dritte: Es ist sowieso zu teuer. Und alle drei stimmen einfach nicht mehr.
Es wird oft debattiert, ob es genug Fachkräfte für die Bau- und Energiewende und für die Sanierung gibt. Was ist Ihre Erfahrung?
Wir haben ein sehr gutes Partner: innen-Netzwerk und dadurch genug Handwerker:innen, die unsere Wärmepumpen installieren können. Aber dass die Energiewende auch mehr Fachpersonal brauchen wird, ist klar. Es werden aber auch woanders Kapazitäten frei, beispielsweise können Mechaniker: innen aus der Autoindustrie, deren Jobs durch die Elektromobilität wegfallen, ihre Fähigkeiten für die Wärmewende einbringen. Das Problem, dass wir da nicht genug Fachkräfte hätten, um das umzusetzen, sehe ich nicht.
Gibt es von Ihrer Seite Wünsche, was politische und gesetzliche Rahmenbedingungen und Förderungen auf Österreich- oder EU-Ebene betrifft, oder sind Sie zufrieden mit der Lage?
Ich wünsche mir, dass die Wärmepumpe politisch entideologisiert wird. Dass sie die Heizenergie der Zukunft ist, wird selbst von jenen, die früher Öl und Gas verkauft haben, bestätigt. Der zweite Wunsch ist, dass der elektrische Strom als Leitenergie zu fairen Preisen für die Industrie und die Endverbraucher: innen zur Verfügung steht. Der Netzausbau ist ein Generationenprojekt, da geht es um kritische Infrastruktur. Hier muss der Staat dazu beitragen, dass diese Zukunft sichergestellt wird.
Derzeit sind zahlreiche Modelle für faire Strompreise in Diskussion. Haben Sie ein bevorzugtes Modell?
Der Strompreis ist natürlich eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und darin liegt auch eine große Chance. Wenn ich ein Einfamilienhaus habe und dort eine PV-Anlage installieren kann, aber als Mieter:in in Wien zahle ich bei der Förderung von Solaranlagen mit, dann ist das nicht immer nur fair. Wenn aber der Strommarkt seine Spitzen abgeben kann, werden alle profitieren, weil jeder Haushalt selbst entscheiden kann, wann er den Strom verbraucht und wann nicht. Das ist positiv für die soziale Komponente, egal, ob Eigentümer:in oder Mieter:in.