Gemeinsam – für alle

Im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes, kurz EAG, ermöglichen Energiegemeinschaften eine neue Form der gemeinschaftlichen Erzeugung und des Verbrauchs und treiben somit die Energiewende weiter voran. Konkrete Vorhaben in Österreich machen vor, wie es gehen kann.
LINDA PEZZEI

Eine Energiegemeinschaft besteht immer aus mindestens zwei unterschiedlichen Akteuren, die eine gewisse Menge an erzeugter Energie gemeinsam verbrauchen, speichern und/oder verkaufen. Um innerhalb dieser Gemeinschaft eine korrekte Abrechnung durchführen zu können, ist nicht mehr als der Einbau eines intelligenten Messgeräts, eines sogenannten Smart Meters, notwendig. Da die Versorgung über die Energiegemeinschaft diejenige aus dem öffentlichen Netz in den seltensten Fällen gänzlich ersetzen kann, bleibt für den Einzelnen der frei gewählte Energieliefervertrag und Netznutzungsvertrag dabei bestehen.

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Zu den Formen der Energiegemeinschaften zählt zum einen die Erneuerbare- Energie-Gemeinschaft (EEG), bei der neben dem Fokus auf erneuerbaren Energieträgern auch eine lokale Eingrenzung der Teilnehmer im selben Netzgebiet gelten kann. Im konkreten Fall könnte dabei ein kleines Unternehmen auf dem Dach der Lagerhalle eine Photovoltaikanlage errichten und die nicht direkt verbrauchte Energie im Rahmen einer EEG mit Anrainern der Gemeinde teilen.

Grafik: Österreichische Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften im Klima- und Energiefonds

Zum anderen gibt es die Bürgerenergiegemeinschaft (BEG), deren Konzept über den Lokal- oder Regionalbereich und sogar über die Grenzen eines Netzbereichs hinaus umgesetzt werden kann. Auch hier wieder der konkrete Fall: Eine Gemeinde im Netzbereich A errichtet eine Photovoltaikanlage auf dem Schuldach, die Partnergemeinde im Netzbereich B revitalisiert ein Kleinwasserkraftwerk. Man teilt den selbst erzeugten Strom, um E-Ladestellen in den jeweiligen Gemeinden zu betreiben, wobei sich die Bürger ebenfalls an der Energiegemeinschaft beteiligen können.

Smart und nachhaltig

Inwiefern sich Energiegemeinschaften im täglichen Leben smart, nachhaltig und gewinnbringend anwenden lassen, zeigen folgende Konzepte und Projekte wie z. B. die Idee für den Wohnbau der Arwag, Architektur gerner gerner/Heri& Salli, im Projekt Village im Dritten. Dort ist ein Fitnessraum mit Fahrrädern von SportsArt geplant, mit der sogenannten ECO-POWR™-Technologie.

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Während des Trainings an den Cardiogeräten wird Strom erzeugt, der über einen Mikro-Wechselrichter in das Stromnetz eingespeist werden kann. Dazu ist nicht mehr nötig, als das Gerät über eine einfache Steckdose anzuschließen. Der Hersteller wirbt damit, dass Fitnessstudios auf diese Weise CO₂ in der Menge von knapp 3.000 Kilogramm verbrannter Kohle sowie jährlich 53 Tonnen an CO₂-Emissionen einsparen und dabei 8.700 kW an umgesetzter Energie pro Jahr produzieren können.

Die Wohnhausanlage der Wien- Süd-Tochter WS-O in der Florianistraße im oberösterreichischen Schwanenstadt umfasst mit der Fertigstellung von zwei weiteren der insgesamt fünf Baukörper mit insgesamt 114 Wohneinheiten sowie eine zweigeschoßige Tiefgarage. Eine Besonderheit dieses sozialen Wohnbauprojekts stellt die von der KWG auf eigene Kosten errichtete Photovoltaikanlage in Form von Paneelen auf dem Dach und an den Balkonbrüstungen dar.

„Die Photovoltaikpaneele erfüllen dabei eine Doppelfunktion und dienen neben der Stromerzeugung auch als Geländer und Gestaltungselement im Bereich der wohnungszugeordneten Freiräume“, erklärt Helmut Junker, stellvertretender Leiter der Wien-Süd-Abteilung Projektentwicklung. Dafür, dass die Jahresstromproduktion in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird, fließen 30 Prozent der jährlich aus ökologischer, nachhaltig gewonnener Solarenergie wieder zurück an die Siedlung, was die Betriebskosten der gesamten Anlage merkbar senkt.

Auf diese Weise profitieren alle beteiligten Kooperationspartner. „Das Konzept wurde damit auch zu einem Pilotprojekt für Contractormodelle mit dem Land Oberösterreich. Über das Energiemonitoring soll die Win-win- Situation zwischen Entlastung der Baukosten und Betriebskostengewinn für die Mieter herausgearbeitet werden. Da für jeden Balkonturm und die Dachanlage gesonderte Wechselrichter vorgesehen wurden, ist zudem eine sehr detaillierte Ertragsermittlung hinsichtlich Ausrichtung und Neigung der rund 500 kWp-Gesamtanlage möglich“, so Christian Smrcka, Leiter der Abteilung Neubau Oberösterreich.

Was ähnliche Bauvorhaben und die Integration von aus erneuerbaren Energiequellen gewonnener Stromversorgung angeht, darf das Quartier damit durchaus als Pilotprojekt für zukünftig ähnlich angelegte Projekte und weitere Kooperationen gelten.

Das Anergienetz im Grätzl Miesbachgasse – Leopoldsgasse – Malzgasse – Obere Augartenstraße basiert auf Erdwärme.
Anergienetz: Leitungsnetz für den Transport von Wärme auf niedrigem Temperaturniveau, für Wärme und Kälte

Anergienetz für das Grätzl

Noch immer verfügen nahezu 50 Prozent der Haushalte in Wien über eine klimaschädliche Gasheizung. Einen innovativen Beitrag zur bis 2040 angestrebten Energiewende und dem „Raus aus Gas“ in der Wärmeversorgung soll eine Energiegemeinschaft im Grätzl Miesbachgasse – Leopoldsgasse – Malzgasse – Obere Augartenstraße im 2. Wiener Bezirk leisten. Unter Federführung der Sozialbau AG wird dazu an einer Kooperation mehrerer Liegenschaftseigentümer gearbeitet.

Energie effizient nutzen
für private Haushalte, KMU, Gemeinden & Co: 
- Eigenverbrauch mit Überschusseinspeisung eines einzelnen Haushalts 
- Gemeinschaftliche Erzeugungsanlage im Mehrparteienhaus
- Erneuerbare Energiegemeinschaften im regionalen und lokalen Nahbereich 
- Bürgerenergiegemeinschaften

Entstehen soll ein liegenschaftsübergreifendes Anergienetz. Dabei fungieren Erdwärmesonden in 100 Meter Tiefe als Zwischenspeicher zur Kühlung im Sommer und zum Wärmen im Winter. Zusätzlich ist geplant, das Grundwasser via Wärmepumpe zum Heizen und zur Warmwasserversorgung zu verwenden.

Bei der daraus resultierenden Winwin- Situation profitieren die Liegenschafts- und Wohnungseigentümer von Kosteneinsparungen und Komfortgewinnen, die Bewohner von mehr Lebensqualität durch eine substanzielle Einsparung an klimaschädlichen Treibhausgasen sowie einem angenehmeren Stadtklima.

„Als verantwortungsbewusste Hauseigentümer sind wir in erster Linie dazu verpflichtet, die Werthaltigkeit unserer Immobilien zu sichern. Da fossile Brennstoffe mit 2040 ein Ende haben, heißt es jetzt zu handeln“, bringt Ernst Bach, Direktor für Bestandsmanagement Sozialbau, die Dringlichkeit derartiger Projekte auf den Punkt. Das Anergienetz wird in Kooperation mit der Ögut, der TU Wien und der Geologischen Versuchsanstalt für Hydrologie und Solarthermie umgesetzt.

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