„Zugänglichkeit für Gemeinnützige öffnen“

Bernadette Fina ist Scientist am Center for Energy am Austrian Institute of Technology (AIT). Sie forscht im Bereich Energiegemeinschaften.

Ein wichtiger Schritt zum Energiesparen sind Energiegemeinschaften. Was tut sich in Österreich schon?

Wir unterscheiden drei Arten von Energiegemeinschaften. Erstens die sogenannten gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen nach dem Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetz (ElWOG) §16a, die seit 2017 gesetzlich möglich sind und die sich auf ein Gebäude bzw. auf eine Liegenschaftsgrenze beschränken.

Der Nachteil dabei: Für viele Vermieterinnen ist die Errichtung einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage, wenn sie das Objekt nicht selbst nutzen, wirtschaftlich unattraktiv, die Mieterinnen wiederum wollen nicht investieren. Daher wurden in den letzten fünf Jahren weitaus weniger §16a-Anlagen umgesetzt als man sich erhofft hatte.

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Und die anderen beiden Arten?

Zweitens die sogenannte Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft und drittens die Bürgerenergiegemeinschaft. Die Erneuerbare-Energie- Gemeinschaft ist lokal oder regional begrenzt. Das bedeutet, dass sich die Teilnehmer*innen innerhalb desselben Nieder- oder Mittelspannungsabzweigs des Stromnetzes befinden müssen. Die Attraktivität liegt hier einerseits in meist reduzierten Netztarifen und andererseits im Wissen, dass man den Strom aus erneuerbaren Energiequellen bezieht – also vor allem Photovoltaik im Haushaltsbereich sowie theoretisch auch noch aus Wind- und Wasserkraft.

Fina
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Was die Bürgerenergiegemeinschaft betrifft, sind Sie österreichische Vorreiterin!

Ja, ich bin diejenige, die aktuell Österreichs erste Bürgerenergiegemeinschaft gegründet hat, und zwar mit meinen Eltern, die in Niederösterreich leben und dort eine private PVAnlage betreiben. Ich wohne in Wien und kann Teile meines Strombedarfs über diese Energiegemeinschaft decken. Überschuss, den meine Eltern ins Netz speisen, wird viertelstündlich mit meinem Verbrauch gegengerechnet.

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Wie funktioniert die Abrechnung?

In unserem Fall beziehe ich den Strom zum Nulltarif, aber das ist Vereinbarungssache. Für nicht familiäre Energiegemeinschaften empfiehlt es sich, bilateral einen passenden Tarif zu beschließen. Der Tarif muss für Erzeuger und Konsument gleichermaßen attraktiv sein.

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Wo kann man sich bei der Gründung einer Energiegemeinschaft Hilfe holen?

Bei der Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften. Da gibt es nicht nur fachkundige Beratung, sondern auch entsprechende Vertragsmuster, die kostenlos zur Verfügung stehen. Für die Neugründung einer Energiegemeinschaft empfiehlt es sich, einen Verein zu gründen. Danach müssen einige Detailpunkte mit dem Netzbetreiber abgewickelt werden.

Sobald eine Energiegemeinschaften läuft, bezieht sie ihre Energiedaten über das EDA-Portal, das ist eine elektronische Daten- Austausch-Plattform. Jeder Netzbetreiber hat unterschiedliche Abläufe, aber generell werden die Verfahren immer schneller und immer effizienter. Der Einstieg in eine bestehende Energiegemeinschaft ist einfacher als die Neugründung.

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Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Aktuell ist es so, dass Bauträger von Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften ausgeschlossen sind. Das war insofern eine nachvollziehbare Überlegung der Gesetzgeber, als man dieses Angebot vor allem an Privatpersonen adressieren wollte. Institutionelle sollten sich hier keinen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen können.

Nachdem gemeinnützige Bauträger aber per se ohnehin der Gemeinnützigkeit verpflichtet sind und sich per Statuten nicht bereichern dürfen, würde ich es begrüßen, die Zugänglichkeit zu vergrößern. Damit könnten wir die Entwicklung vorantreiben. Davon würden alle profitieren.

Fina

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