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Barrierefreier Wohnraum: Schlüssel zu einem würdevollen Leben im Alter

Barrierefreier Wohnraum: Schlüssel zu würdevollen Leben im Alter
Versorgungslücke von barrierereduzierter Wohnungen im Jahr 2018 (links) bis 2025, 20230 und 2025 (rechts). Quelle: IWU

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des eklatanten Mangels an altersgerechtem Wohnraum fordern der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) und die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) die sofortige Wiederaufnahme und Weiterentwicklung des KfW-Förderprogramms 455-B „Barrierereduzierung“.

Die Lage ist alarmierend: Einer von der KfW beauftragten Studie des Instituts für Wohnen und Umwelt (IWU) zufolge werden in Deutschland bis 2035 mehr als zwei Millionen barrierefreie oder barrierereduzierte Wohnungen zusätzlich benötigt.

Gleichzeitig steigt die Zahl der Pflegebedürftigen rapide an – derzeit sind es rund 5,6 Millionen Menschen, bis 2040 wird mit bis zu acht Millionen gerechnet. Der Großteil wird zuhause betreut – doch rund sieben Millionen Bäder in Deutschland sind dafür nicht geeignet: Sie sind sanierungsbedürftig, nicht barrierefrei und nicht pflegegerecht.

„Ein barrierefreies Bad ist keine Frage des Komforts, sondern der Menschenwürde“, sagt Andreas Müller, Hauptgeschäftsführer des ZVSHK. „Es ist Grundvoraussetzung für Selbstbestimmung im Alter und eine funktionierende häusliche Pflege.

Dass das Programm 455-B in den Haushaltsplanungen für 2025 und 2026 nicht mehr berücksichtigt wird, ist ein schwerwiegender Fehler – gerade in einer älter werdenden Gesellschaft.“

ZVSHK und VDS fordern:

  • Förderprogramm 455-B reaktivieren: Mindestens 150 Millionen Euro jährlich im Bundeshaushalt einplanen.
  • Zuschusshöhe erhöhen: Förderquote auf 10 % bei Investitionen bis 50.000 Euro ausweiten.
  • Praxisgerechte Kriterien umsetzen: Keine pauschalen Mindestgrößen für Badezimmer – auch kleine Bestandsbäder müssen förderfähig bleiben, z. B. bei Einbau bodengleicher Duschen.
  • Pflege mitdenken: Technische Normen um pflegerelevante Anforderungen ergänzen – und kosteneffiziente Lösungen standardisieren.
  • Integrierte Förderstrategie etablieren: Gesundheits- und Bauministerium müssen gemeinsam handeln. KfW-Zuschüsse und Leistungen der Pflegekassen dürfen nicht länger isoliert betrachtet werden.

„Investitionen in barrierefreie Bäder lohnen doppelt – sie stärken die häusliche Pflege und entlasten das Pflegesystem langfristig“, ergänzt VDS-Geschäftsführer Jens Wischmann. „Die Politik muss jetzt handeln – nicht irgendwann. Die Bundeshaushalte 2025 und 2026 müssen hier klare Signale setzen.“

Frank Ebisch

Lesen Sie auch den Beitrag KfW Research Fokus Volkswirtschaft Nr. 285, 27. April 2020 – Von Dr. Arne Leifels

3 Mio. Haushalte benötigen barrierearmen Wohnraum – Tendenz steigend

Für eine eigenständige und sichere Lebensführung im Alter bzw. bei körperlichen Einschränkungen ist der Abbau von Barrieren in der Wohnung erforderlich. Der demografische Wandel treibt den Bedarf an barrierearmem Wohnraum. Aktuell gibt es ca. 3 Mio. Haushalte mit Mobilitätseinschränkungen, im Jahr 2035 werden es 3,7 Mio. sein.

Doch nur 560.000 Wohnungen sind nach unserer (erstmalig repräsentativen) Schätzung barrierearm. Um die enorme Versorgungslücke trotz Markthemmnissen zu verringern, setzt die KfW mit dem Förderprogramm „Altersgerecht Umbauen“ Investitionsanreize für die Barriererreduzierung des Wohnungsbestands. In den Jahren 2014–2018 wurden mit Förderkrediten und Investitionszuschüssen insgesamt 190.000 Wohnungen umgebaut.

Dies zeigt eine von KfW Research und dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat in Auftrag gegebene Evaluation. Die Förderung wird zudem als effektiv bewertet: Es werden mit Abstand am häufigsten die Maßnahmen durchgeführt, die zentral für Unfallvermeidung und selbstständige Alltagsbewältigung sind – Schwellenabbau und altersgerechte Badezimmer. Zudem wird die zentrale, mobilitätseingeschränkte Zielgruppe sehr gut erreicht – was vß.a. auf die für ältere Haushalte geeignete Zuschussförderung zurückzuführen ist.

Die Bedeutung der Förderung wird künftig zunehmen. Denn von ohnehin zunehmender Altersarmut abgesehen, verursacht die Corona-Pandemie erhebliche Einkommenseinbußen. Gleichzeitig dürfte die erlebte Isolation in der eigenen Wohnung die Bedeutung altersgerechten Wohnraums stärker ins Bewusstsein rücken.


Lesen Sie den Beitrag 2030 sind rund 2,9 Millionen barrierefreie Wohnungen nötig

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Impulse für Europa: Wie eine koordinierte Wohnungspolitik gelingen kann

Impulse für Europa: koordinierte Wohnungspolitik kann gelingen
Wohnpolitik ist europäische Zukunftspolitik, schreibt die Professorenschaft der EBZ Business School und fordert eine koordinierte EU-Wohnungspolitik mit Fokus auf Wohnraumversorgung, Nachhaltigkeit und Investitionssicherheit. Fotograf: Alain ROLLAND / Urheberrecht: © European Union 2025 - Source: EP-184742A_AR2_020

Die angespannte Lage auf den Wohnungsmärkten in vielen Mitgliedsstaaten der EU hat längst eine europäische Dimension erreicht. Angesichts wachsender Ungleichheiten, steigender Baukosten und regulatorischer Hürden fordert die EBZ Business School in Bochum eine aktive europäische Wohnungspolitik.

Ihr aktuelles Positionspapier versteht sich als fachlich fundierter Beitrag zum European Affordable Housing Plan der EU-Kommission – und plädiert für mehr Koordination, ohne dabei nationale Kompetenzen zu untergraben.

Wohnraumverteilung gerechter gestalten

Ein zentrales Problem, das das Papier adressiert, ist die zunehmende Fehlverteilung von Wohnfläche. Aufgrund demografischer Veränderungen – etwa der Alterung der Gesellschaft und der Zunahme von Singlehaushalten – kommt es zu einer paradoxen Entwicklung: Während viele Menschen in überdimensionierten Wohnungen leben, mangelt es gleichzeitig an passenden Angeboten für wachsende oder einkommensschwache Haushalte.

Die Professorenschaft schlägt deshalb Modelle vor, die ältere Menschen beim freiwilligen Umzug in kleinere, altersgerechte Wohnungen aktiv unterstützen – zum Beispiel durch Beratungsangebote, Wohnraumanpassung oder finanzielle Anreize.

Vielfalt neuer Wohnformen fördern

Die klassischen Wohnungsdefinitionen werden der gesellschaftlichen Realität längst nicht mehr gerecht. Wohnprojekte wie Baugruppen, Co-Housing-Modelle, generationenübergreifende Wohnformen oder neue Genossenschaften stoßen häufig an regulatorische Grenzen.

Die EBZ fordert daher eine Öffnung der Prozesse und rechtlichen Rahmenbedingungen, um innovative Wohnformen nicht länger zu behindern, sondern gezielt zu fördern. Besonders genossenschaftliches Wohnen sei nicht nur ein sozial tragfähiges Modell, sondern auch ein stabilisierender Faktor in Krisenzeiten.

Eigentum und Miete – keine ideologische Frage

In vielen politischen Debatten wird das Eigentum als Idealbild propagiert – besonders im Sinne der Altersvorsorge. Doch das Positionspapier mahnt zur Differenzierung: Eigentum könne im Alter auch zu einer Belastung werden, etwa durch hohe Instandhaltungskosten oder geringe Marktliquidität.

Die Autoren plädieren daher für ein ideologiefreies Verständnis: Sowohl Miete als auch Eigentum – ebenso wie Mischformen wie Mietkauf oder Wohnrechte – sollten nebeneinander existieren können und den unterschiedlichen Lebensphasen gerecht werden.

Nachhaltigkeit mit Wirtschaftlichkeit versöhnen

Ein besonders brisantes Thema ist die ökologische Modernisierung des Gebäudebestands. Während das Prinzip „Efficiency First“ lange als goldene Regel galt, warnt die EBZ vor einer einseitigen Kostenfokussierung. Stattdessen sollte stärker auf die tatsächliche Vermeidung von Treibhausgasemissionen geachtet werden.

Investitionen in regenerative Energien – etwa durch Quartierslösungen oder den gezielten „Fuel Switch“ – sollten Vorrang vor rein technokratischen Effizienzmaßnahmen erhalten, die oft hohe finanzielle Belastungen mit sich bringen.

Regulierungen vereinfachen – europäisch denken

Eine der größten Hürden für den Wohnungsbau ist laut EBZ die Komplexität der regulatorischen Landschaft. Unterschiedliche Normen, Baustandards und Ausführungsregeln zwischen – aber auch innerhalb – der Mitgliedsstaaten erschweren Bauprozesse und treiben die Kosten in die Höhe. Das Papier fordert eine umfassende Harmonisierung von Bauvorschriften auf europäischer Ebene, jedoch unter Wahrung demokratischer Legitimation. Standards, die allein von Industrieverbänden definiert wurden, sollten hinterfragt werden.

Wohnungsbau priorisieren – auch gegenüber anderen Zielen

In der Praxis geraten Wohnbauprojekte häufig in Konflikt mit anderen politischen Zielen wie Denkmal- oder Umweltschutz. Hier wünscht sich die EBZ mehr Pragmatismus. Vorschläge wie die virtuelle Archivierung historischer Bauten oder integrative Planung ökologischer Qualitäten könnten helfen, Blockaden zu überwinden.

In besonders angespannten Wohnungsmärkten könne auch eine gesetzliche Regelung denkbar sein, die dem Wohnbau grundsätzlich Vorrang einräumt – formuliert als „in dubio pro apartmento“.

Rechtssicherheit bei Förderung und Energieprojekten

Viele öffentliche Förderprogramme scheitern nicht an fehlenden Mitteln, sondern an komplexen beihilferechtlichen Vorgaben der EU. Hier setzt die EBZ auf eine Modernisierung des EU-Beihilferechts, um insbesondere den sozialen Wohnungsbau schneller und rechtssicher umsetzen zu können.

Auch bei der Nutzung regenerativer Energieformen wie Mieterstrom bestehen derzeit erhebliche Unsicherheiten – etwa, wann ein Vermieter als Netzbetreiber gilt. Für eine dezentrale, nachhaltige Energieversorgung müsse Rechtssicherheit geschaffen werden.

Zinspolitik im Blick behalten

Die Entwicklung der Kapitalmärkte wirkt sich stark auf den Wohnungsbau aus – eine Realität, die sich mit dem Zinsanstieg 2022 schmerzhaft verdeutlicht hat. Das Papier warnt vor zu schnellen geldpolitischen Kurswechseln. Eine europäische Wohnungspolitik müsse mit einer Geldpolitik Hand in Hand gehen, die Investitionen in den Wohnbau nicht blockiert.

Langfristig könnten sonst wiederkehrende Zinsschocks den sozialen Wohnungsbau massiv gefährden.

Mehr Europa wagen – aber mit Maß

Die Stellungnahme der EBZ Business School betont die Bedeutung eines europäischen Rahmens für die Wohnungspolitik, ohne nationale Besonderheiten zu ignorieren. Die Vorschläge zielen nicht auf eine Zentralisierung, sondern auf mehr Koordination, Dialog und Kompatibilität. Europa könne hier Leitlinien setzen, Standards vereinfachen und gleichzeitig soziale wie ökologische Ziele in Einklang bringen.

Das Papier endet mit einem klaren Appell: „Es ist ein Problem für alle – auch für diejenigen, die heute noch nicht betroffen sind.“ Wohnpolitik ist europäische Zukunftspolitik.

Margarethe Danisch


Quelle: EBZ Business School

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„Wohnungsunternehmen werden zu Energieakteuren“ – Gespräch mit Pionierkraft-Gründer Andreas Eberhardt

„Wohnungsunternehmen werden zu Energieakteuren“ – Gespräch
Grafik: Pionierkraft

Die Energiewende braucht die Wohnungswirtschaft – davon ist Andreas Eberhardt, Geschäftsführer von Pionierkraft, überzeugt. Im Gespräch mit Wohnungswirtschaft heute. erklärt er, warum Mieterstromprojekte mehr als nur Klimaschutz bedeuten, welche Hürden aktuell noch bremsen und wie technologische Innovationen den Weg zu einer dezentralen Energiezukunft ebnen.

Herr Eberhardt, welche Rolle spielt die Wohnungswirtschaft Ihrer Meinung nach bei der Energiewende?

Andreas Eberhardt: Eine zentrale. Der Gebäudesektor ist einer der größten Energieverbraucher, und gerade Mehrfamilienhäuser bieten enormes Potenzial für dezentrale Energieversorgung. Wenn Vermieter und Eigentümer ihren Mietern Zugang zu lokal erzeugtem Solarstrom ermöglichen, wird die Energiewende nicht nur effizienter, sondern auch sozialer.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Hürden für Immobilieneigentümer, wenn es um Energieprojekte wie Mieterstrom oder Energy-Sharing geht?

Andreas Eberhardt: Ganz klar: Bürokratie, wirtschaftliche Unsicherheit und fehlende Transparenz. Viele Modelle sind regulatorisch komplex, oft mit Pflichten eines Energieversorgers verbunden. Das schreckt viele ab. Was es braucht, sind praxistaugliche, wirtschaftlich attraktive Lösungen, die auch ohne juristisches Spezialwissen funktionieren.

Wie lässt sich lokaler Solarstrom in Mehrfamilienhäusern wirtschaftlich sinnvoll einsetzen?

Andreas Eberhardt: Indem Eigentümer ihren Strom nicht einspeisen, sondern lokal verbrauchen. Das spart Netzentgelte und Steuern, bringt eine bessere Rendite und reduziert Stromkosten für Mieter. Gleichzeitig bleiben Eigentümer unabhängig von Fördermodellen – das macht die Planung verlässlicher.

Wenn Vermieter und Eigentümer ihren Mietern Zugang zu lokal erzeugtem Solarstrom ermöglichen, wird die Energiewende nicht nur effizienter, sondern auch sozialer, sagt Andreas Eberhardt. Foto: Pionierkraft

Inwiefern verändert sich durch diese Entwicklung die Rolle von Wohnungsunternehmen?

Andreas Eberhardt: Wohnungsunternehmen werden zunehmend auch zu Energieakteuren. Sie haben heute die Möglichkeit, nicht nur Wohnraum bereitzustellen, sondern auch lokal erzeugte Energie direkt an ihre Mieter weiterzugeben. Das bedeutet: Sie übernehmen aktiv Verantwortung für Klimaschutz und Versorgungsstruktur und erschließen dabei neue Einnahmequellen. Gleichzeitig entsteht ein echter Mehrwert für die Mieter: sauberer Strom direkt vom Dach, oft günstiger als beim klassischen Versorger. Diese doppelte Wirkung – wirtschaftlich und ökologisch – macht das Thema für die Wohnungswirtschaft hochattraktiv.

Was unterscheidet Pionierkraft von anderen Mieterstrom- oder Energy-Sharing-Lösungen?

Andreas Eberhardt: Unsere Technologie überträgt den Strom real, nicht nur virtuell. Das reduziert Bürokratie, spart Netzentgelte und Stromsteuer – ein echter Vorteil gegenüber vielen anderen Modellen. Auch die Integration in Bestandsanlagen ist problemlos möglich, was insbesondere für die Sanierung von Mehrfamilienhäusern relevant ist. Pionierkraft ermöglicht es, selbst erzeugte Energie lokal und profitabel zu teilen. Mit einer Kombination aus Hardware, Software und Dienstleistung können unsere Kunden ihren Solarstrom ab der ersten Partei wirtschaftlich weitergeben.

Herr Eberhardt, vielen Dank für das Gespräch.

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Erste Hausverwaltung stärkt Präsenz deutschlandweit und übernimmt mehrere Immobilienverwaltungen

Hausverwaltung deutschlandweit übernimmt Immobilienverwaltung
Mit den Zusammenschlüssen verfolgt die EHV das Ziel, bestehende Kompetenzen zu bündeln, technologische Synergien gezielt zu nutzen und den Kundennutzen nachhaltig zu steigern. Bildquelle: https://erste-hausverwaltung.de/immobiliencontrolling/

Die Erste Hausverwaltung GmbH (EHV), ein Unternehmen der Odevo AB, baut ihren Marktanteil aus und gibt die Übernahme von gleich mehreren Immobilienverwaltungen bekannt: Seit Mai 2025 sind die Oehler Immobilien- und Hausverwaltung GmbH sowie die Unternehmen Allgemeine Wohnungsverwaltungs- & Betreuungsgesellschaft Verwey GmbH, H+V Tesche Immobilienverwaltung GmbH und IEB Immobilien-, Entwicklungs- & Betreuungs-GmbH Teil des EHV-Unternehmensverbundes.

Mit dem Zusammenschluss verfolgt die EHV das Ziel, bestehende Kompetenzen zu bündeln, technologische Synergien gezielt zu nutzen und den Kundennutzen nachhaltig zu steigern. Im Zentrum steht dabei die gemeinsame Vision der Unternehmen: gesundes Wachstum und die konsequente Weiterentwicklung der Digitalisierungsstrategie. Beide Unternehmen bringen hierfür wertvolles Know-How und eine etablierte Marktposition mit.

Die Oehler Immobilien- und Hausverwaltung GmbH mit Sitz in Essen und über 70 Mitarbeiter:innen ist Anbieter für Facility Management, technisches Gebäudemanagement und Immobilienverwaltung. Die beiden Verwaltungsgesellschaften Verwey GmbH und H+V Tesche Immobilienverwaltung GmbH mit Standorten in Duisburg, Erkrath, Hamburg sowie Berlin und über 70 Mitarbeiter:innen verwalten insgesamt über 24.000 Einheiten und decken zusammen mit der auf Architekten- und Bauleistungen spezialisierten IEB GmbH das gesamte kaufmännische, buchhalterische und technische Spektrum der Immobilienverwaltung ab. Als Teil der EHV-Gruppe erhalten die Immobilienverwaltungen einen breiten Zugang zu weiteren Wachstumsmöglichkeiten und profitieren von der umfassenden Expertise und Unterstützung der EHV insbesondere in den Bereichen Digitalisierung, Personalgewinnung sowie der Optimierung und Vereinfachung administrativer Prozesse.

Die Unternehmen werden weiterhin eigenständig agieren und ihre Namen beibehalten. Auch die aktuellen Geschäftsführer und deren Führungsteams – Helge Oehler, Oehler Immobilien- und Hausverwaltung GmbH sowie Hagen Bens, Leitung der Unternehmensgruppe um Verwey, H+V Tesche und IEB – bleiben an Bord. Beide werden zudem das Management-Bord der EHV verstärken und gemeinsam mit den Führungskräften der EHV die Gruppe nachhaltig weiterentwickeln und ausbauen.

„Mit Verwey, H+V Tesche und der IEB unter Leitung von Hagen Bens erweitern wir den EHV-Firmenverbund um ein neues, herausragendes Mitglied. Wir sind beeindruckt von dem Fundament, das die Familie, Führungskräfte und das gesamte Team über die letzten 50 Jahre geschaffen haben und freuen uns sehr darauf, diese Geschichte gemeinsam fortzuschreiben. Mit Hagen Bens können wir zusätzlich einen erfahrenen Manager für den EHV-Führungskreis gewinnen, um unsere Wachstumsgeschichte fortzusetzen und zu beschleunigen und gemeinsam die Vision einer umfangreich digitalisierten und integrierten Immobilienplattform umzusetzen“, erklärt Marcel Tamm, CFO der EHV.

„Nach über zweijähriger Suche haben wir mit der EHV und deren Führungsebene endlich den richtigen Partner für eine nachhaltige Unternehmensfortführung gefunden, der unsere Vision und Qualitätsansprüche im Immobilienmanagement teilt. Wir freuen uns riesig auf die gemeinsam anstehenden Herausforderungen, auf das organische Wachsen der Gruppe sowie insbesondere auf die gemeinsame Entwicklung eines auf die Belange der EHV-Gruppe zugeschnittenen eigenen cloudbasierten sowie KI- und prozessgesteuerten ERP-Systems“, ergänzt Hagen Bens.

Mit ihrer Erfahrung im technischen Bereich und in der Verwaltung trägt auch die Oehler Immobilien- und Hausverwaltung GmbH maßgeblich zur gemeinsamen Weiterentwicklung der EHV-Gruppe bei. „Der Name Oehler steht für exzellenten Service und Kundenzufriedenheit – gemeinsam mit der Familie Oehler und dem gesamten Team werden wir diese Erfolgsgeschichte weiter fortschreiben. Wir sehen einen riesigen Bedarf für die technischen Dienstleistungen und können diese mit dem EHV-Firmenverbund einem noch größeren Publikum anbieten,“ erklärt Marcel Tamm

Auch Helge Oehler, Geschäftsführer der Oehler Immobilien- und Hausverwaltung GmbH, freut sich auf die Zusammenarbeit: „Mit der EHV haben wir einen Partner gefunden, der nicht nur unsere Werte und Vision teilt, sondern auch operativ hervorragend aufgestellt ist. Die zusätzliche Unterstützung im Bereich Digitalisierung und Fachkräftegewinnung wird unser Team gezielt entlasten und eröffnet neue Potenziale – ich freue mich sehr auf die gemeinsame Weiterentwicklung und darauf, die EHV-Gruppe aktiv mitzugestalten.“

Mit den beiden Zusammenschlüssen setzt die EHV ihren Wachstumskurs konsequent fort, stärkt ihre Präsenz deutschlandweit und treibt ihre Vision mit dem klaren Ziel, Immobilienverwaltungen neu zu denken, voran.

Laura Braxmaier

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Aareon Forum 2025 – Neue Features und KI für mehr Wertschöpfung

Aareon Forum 2025 – Features und KI für mehr Wertschöpfung
Das Aareon Forum 2025 findet vom 3. bis 4. September 2025 im Penta Hotel Leipzig statt. Foto: Aareon

Mit dem Aareon Forum 2025, das zentrale Anwendertreffen für wohnungswirtschaftliche Aareon-ERP-Systeme, bietet Aareon eine Plattform für zukunftsgerichtete Innovation, praktische Anwendungsfälle und Vernetzung. Die zweitägige Veranstaltung für Fach- und Führungskräfte aus der Branche findet vom 3. bis 4. September 2025 im Penta Hotel Leipzig statt.

Im Zentrum des Aareon Forums steht neben verschiedenen neuen Funktionalitäten in den ERP-Systemen, insbesondere der praxisnahe Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) – für mehr Wertschöpfung sowie Entlastung von Mitarbeitenden.

Zusätzlich zum Fachprogramm kommt die persönliche Begegnung nicht zu kurz. In den Breakout-Sessions diskutieren Teilnehmende mit unseren Expertinnen und Experten über aktuelle Herausforderungen und Trends. Eine begleitende Ausstellung mit innovativen Partnerlösungen zeigt zudem Möglichkeiten zur gezielten Erweiterung digitaler Ökosysteme und zusätzlichen Automatisierung von Prozessen.

Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Interessierte auf der Veranstaltungsseite Aareon Forum 2025.

Karin Veyhle, Aareon

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Mieterstrom und bezahlbare Strompreise – Drei Wünsche an die Politik

Mieterstrom und bezahlbare Strompreise - Drei Wünsche an Politik
Wohnungswirtschaft wird als Partner der Energiewende ausgebremst. So bleibt enormes Potenzial ungenutzt: Lokale Solarstromerzeugung auf Wohngebäuden könnte nicht nur die CO₂-Emissionen senken, sondern auch zusätzliche Einnahmequellen für Vermieter:innen und bezahlbare Strompreise für Mieter:innen schaffen. Foto: deumess

Von Magdalena Strasburger

Die ambitionierten Klimaziele Deutschlands können nur erreicht werden, wenn die Wohnungswirtschaft als Partner der Energiewende ernst genommen und gezielt eingebunden wird. Aktuell fehlen jedoch die passenden Rahmenbedingungen, um klimafreundliche Investitionen im Gebäudebestand wirtschaftlich attraktiv und regulatorisch machbar zu machen.

Anstelle von Impulsen für Innovation und Beteiligung dominieren Unsicherheit, Komplexität und bürokratische Hürden. Dabei bleibt enormes Potenzial ungenutzt: Lokale Solarstromerzeugung auf Wohngebäuden könnte nicht nur die CO₂-Emissionen senken, sondern auch zusätzliche Einnahmequellen für Vermieter:innen und bezahlbare Strompreise für Mieter:innen schaffen. Um dieses Potenzial zu heben, sind politische Maßnahmen erforderlich, die den Ausbau erneuerbarer Energien in Quartieren erleichtern, neue Geschäftsmodelle ermöglichen und die Teilhabe der Mieter:innen stärken.

Im Folgenden skizziere ich daher drei konkrete Wünsche an die Politik, wie die Wohnungswirtschaft als Akteur der dezentralen Energiewende gestärkt werden kann – und das ganz ohne neue Fördermittel, sondern durch kluge regulatorische Weichenstellungen.

1. Anerkennung der CO₂-Einsparungen durch PV-Strom in der Wohnungswirtschaft

Derzeit wird der Stromverbrauch in Wohnungen ausschließlich der Energiewirtschaft zugerechnet. Diese Regelung stammt noch aus einer Zeit, in der die Energieerzeugung zentral und überwiegend fossiler Natur war. Inzwischen hat sich der Energiemarkt jedoch grundlegend verändert, insbesondere durch die dezentrale Stromerzeugung mittels Photovoltaik-Anlagen auf Wohngebäuden (Agora Energiewende, 2024: „Klimaneutrales Deutschland – Von der Zielsetzung zur Umsetzung“).

Wohnungsunternehmen, die Photovoltaikanlagen selbst betreiben und den erzeugten Strom direkt über Mieterstrommodelle oder eine gemeinschaftliche Gebäudeversorgung (GGV) in die Wohnungen liefern, profitieren bereits finanziell davon. Allerdings fehlt eine entsprechende Anerkennung in der Nachhaltigkeits- und CO₂-Bilanz. Derzeit wird nur der PV-Strom, der für den Allgemeinstrom genutzt wird, analog zu aus dem öffentlichen Netz bezogenen Grünstrom, als CO₂-Einsparung zugunsten der Wohnungswirtschaft anerkannt.

Eine Ausweitung dieser Anerkennung auf direkt in Wohnungen gelieferten PV-Strom wäre unbürokratisch möglich und würde Investitionen erheblich attraktiver machen. Dadurch könnten erhebliche Potenziale für die dezentrale Energiewende aktiviert werden, ohne dass neue Förderinstrumente geschaffen werden müssten.

2. Klare gesetzliche Grundlage für Energy Sharing nach Österreichischem oder Schweizer Vorbild

Energy Sharing, also das Teilen lokal erzeugten Stroms innerhalb eines lokalen Gebiets z.B. eines Quartiers, ist in Deutschland rechtlich möglich, jedoch durch die fehlende Umsetzung des ursprünglich vorgesehenen § 42c Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) stark eingeschränkt. Zudem haben die jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil C-718/18) und des Bundesgerichtshofs (BGH-Urteil VIII ZR 253/20) bezüglich der Kundenanlage für zusätzliche Unsicherheit gesorgt und hemmen derzeit die Realisierung neuer Projekte. Der lokale Verbrauch erzeugten Stroms über die Netze zieht aktuell hohe Abgaben und Steuern nach sich, wodurch sich die wirtschaftlichen Anreize erheblich reduzieren.

In unseren Nachbarländern existieren bereits erfolgreiche und pragmatische Modelle, wie das österreichische Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) und die ab dem 1. Januar 2026 geltenden Lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG) in der Schweiz.

Diese Modelle ermöglichen Energy Sharing durch reduzierte Netzentgelte und vereinfachte administrative Prozesse. Deutschland sollte sich daran orientieren, um sowohl die Nachhaltigkeit als Quartiere zu stärken. Ein konkreter Schritt in diese Richtung wäre beispielsweise eine reduzierte Berechnung der Netzentgelte lediglich auf Ebene der unteren Spannungsebene.

3. Beschleunigung des Rollouts intelligenter Messsysteme, durch gebündelten Einbau in Mehrfamilienhäusern

Smart Meter sind der Schlüssel zu einer vernetzten und klimafreundlichen Energiezukunft im Gebäudesektor. Sie ermöglichen Mieterstrom, die gemeinschaftliche Versorgung von Gebäuden, dynamische Stromtarife und die Integration steuerbarer Verbraucher wie Wärmepumpen. Doch (insbesondere in Mehrfamilienhäusern) kommt der Rollout intelligenter Messsysteme kaum voran. Die bestehenden Prozesse sind komplex, teuer und für viele Wohnungsunternehmen praktisch kaum umsetzbar.

Zwar besteht formal das Recht, einen wettbewerblichen Messstellenbetreiber zu beauftragen, doch in der Praxis scheitert ein gebündelter Rollout häufig an technischen Anforderungen, bürokratischen Hürden, der Zustimmung einzelner Mieter und fehlenden Standardprozessen. Dadurch werden zentrale Anwendungen wie Verbrauchstransparenz oder Lastmanagement verhindert.

Deshalb ist ein klarer Impuls notwendig: Grundzuständige Messstellenbetreiber (gMSBs) sollten den Einbau intelligenter Messsysteme standardmäßig auch in Mehrparteienhäusern vorzunehmen: gebündelt, gebäudeweise und ohne Zusatzaufwand für die Wohnungswirtschaft.

Ergänzend sind standardisierte Schnittstellen, eine vereinfachte Gateway-Administration und wirtschaftlich tragfähige Rahmenbedingungen erforderlich, um die Integration in wohnungswirtschaftliche Prozesse zu erleichtern.

So entsteht endlich die digitale Infrastruktur, die benötigt wird, um CO₂-optimiertes Verhalten im Alltag zu ermöglichen und die Energiewende im Gebäudesektor auf breite Füße zu stellen.

Auf dem Weg zur Nachhaltigkeit, könnten diese drei politischen Maßnahmen bieten die Möglichkeit bieten, die Energiewende im Gebäudesektor voranzutreiben, Investitionen in nachhaltige Technologien zu erhöhen und durch stärkere lokale Strukturen auch einen gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen. Nun ist es Aufgabe der neuen Bundesregierung, klare und langfristig verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die genau diesen Wandel ermöglichen und beschleunigen.

https://www.strasburger-et.de

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Jenseits der Zuständigkeiten – Warum bezahlbares Bauen einen ganzheitlichen Kraftakt braucht

Gerd Warda, Foto: krimiwa

Liebe Leserinnen, liebe Leser.

Wer heute in Deutschland bezahlbaren Wohnraum schaffen will, braucht nicht nur Kapital, sondern vor allem Geduld – und Nerven. Denn zwischen politischem Anspruch und baulicher Wirklichkeit klafft eine Lücke, die mit jeder neuen Vorschrift und jedem verschleppten Genehmigungsprozess größer zu werden droht. Die Antwort darauf kann nicht in einzelnen Stellschrauben liegen. Es braucht einen systemischen Wandel, einen echten Schulterschluss – quer durch die Ministerien und Ebenen.

Ein Blick auf die Zahlen spricht Bände: Die Baukosten sind laut ARGE zwischen 2020 und 2024 um fast 50 % gestiegen – von rund 3.000 auf über 4.400 Euro/m². Gleichzeitig brechen die Baugenehmigungen dramatisch ein. Mit rund 215.000 Wohnungen 2024 wird das Ziel von 400.000 neuen Einheiten pro Jahr zur politischen Fiktion. Und das, obwohl der Staat steuerlichen Anreizen nicht geizt. Die Realität? Projekte werden reihenweise gestoppt – nicht aus Mangel an Willen, sondern aus Mangel an Machbarkeit.

Hinzu kommt ein politischer Zielkonflikt, der die Lage weiter verschärft: Die kürzlich bis Ende 2029 verlängerte Mietpreisbremse soll Mieter:innen vor überhöhten Mieten schützen. Doch gerade in angespannten Wohnungsmärkten, wo sie greift, wirkt sie wie ein Investitionshemmnis – insbesondere für den Neubau. So konterkariert die Mietpreisbremse die Wirkung von Förderprogrammen und steuerlichen Anreizen, die eigentlich den Wohnungsbau ankurbeln sollen.

Dr. Christina Lupprian benennt in ihrem 10-Punkte-Plan konkrete Hebel: schnellere Bebauungspläne, erweitertes Vorkaufsrecht, Aufstockungserleichterungen. Alles sinnvoll – aber auch: alles nur dann wirksam, wenn Länder und Kommunen ihre neue Freiheit auch nutzen. Der Bund hat geliefert, jetzt sind Mut und Umsetzungskraft auf lokaler Ebene gefragt. Der neue § 246e BauGB, der Genehmigungen binnen zwei Monaten ermöglichen soll, ist ein gutes Beispiel: Ein Turbo bleibt ein Papiertiger, wenn niemand aufs Gaspedal tritt. (Mehr in dieser Ausgabe)

Dass es auch anders geht, zeigt die Energiewende im Gebäudebestand – oder besser: deren bislang versäumte Chance. Mieterstrom, Energy Sharing, Smart Meter – all das könnte längst Alltag sein, wenn die Regulierung nicht im fossilen Zeitalter stecken geblieben wäre. Magdalena Strasburger bringt es auf den Punkt: Photovoltaik auf Wohnhäusern spart CO₂, senkt Stromkosten und stärkt die Akzeptanz – wird aber bilanziell ignoriert. Solange CO₂-Einsparungen nicht dort angerechnet werden, wo sie entstehen, bleibt jedes Nachhaltigkeitszertifikat bloße Symbolpolitik.

Noch frappierender ist die Untätigkeit beim Energy Sharing. Während Österreich und die Schweiz längst lokale Elektrizitätsgemeinschaften fördern, zögert Deutschland – und blockiert damit innovative Quartierskonzepte. Dabei wäre es einfach: reduzierte Netzentgelte, klare gesetzliche Grundlagen, weniger Bürokratie. Stattdessen: Hürden, Unsicherheit, Stillstand. (Mehr in dieser Ausgabe)

Und doch gibt es Lichtblicke: Das Beispiel Vonovia zeigt, wie pragmatisches Handeln aussehen kann. 30 kolumbianische Elektroniker wurden durch gezielte Weiterbildung und enge Begleitung in nur 14 Monaten zu anerkannten Fachkräften gemacht. Ein echtes Erfolgsmodell – und ein Signal, wie internationale Fachkräftegewinnung gelingen kann, wenn alle Akteure kooperieren. (Mehr in dieser Ausgabe)

Der Weg zu bezahlbarem, nachhaltigem Wohnen ist kein Wunschkonzert – er ist ein anspruchsvolles Zusammenspiel vieler Akteure. Und genau deshalb braucht es mehr als Förderprogramme oder Gesetzesnovellen. Es braucht eine abgestimmte Strategie, ressortübergreifende Verantwortung und einen echten Kulturwandel in Planung, Regulierung und Vollzug. Bezahlbarer Wohnraum entsteht nicht in Ministerien – sondern dort, wo die Realität nicht durch Bürokratie ausgebremst wird, sondern durch Kooperation beflügelt.

Juli 2025 – Wohnungswirtschaft technik. . Eine neue Ausgabe mit vielen anderen Blickwinkeln. Klicken Sie mal rein.

Auch heute lautet das Motto: Machen statt warten!

Bleiben Sie zuversichtlich und nachhaltig.

Ihr Gerd Warda

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Baunormen und Baustandards – Chance für Kostensenkung oder unflexibler Kostentreiber?

Ein Blick hinter den Bauzaun. Der DIN e. V. sorgt mit seinen Normen und Standards dafür das schlussendlich Qualität und Sicherheit beim Bauen die Regel ist. Foto: Wohnungswirtschaft heute. // Gerd Warda

Von Daniel Schmidt, Mitglied des Vorstandes des Deutschen Instituts für Normung e. V.

Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung aus Schwarz und Rot steht es wieder geschrieben: Primäres Mittel zur Bekämpfung der Wohnungsnot in Deutschland ist Bauen, Bauen, Bauen. Nur wurden die gesteckten Ziele von 400.000 neuen Wohneinheiten pro Jahr in den vergangenen Jahren nicht erreicht, und auch für 2025 liegen die Prognosen weit unter dem gesteckten Ziel.

Dass es mit dem Neubau nicht wie gewünscht vorangeht, liegt nach Meinung Vieler, auch vieler Medien, an den hohen Kosten beim Bauen. Gerne sieht man die Ursache hierfür bei den Standards und Normen im Baubereich. Dabei hat eine von DIN e.V. in Auftrag gegebene Befragung von mehr als 300 Expertinnen und Experten der Baubranche ergeben, dass es die Baukosten als Ganzes sind, also Kosten für Baumaterialien, Transport und Logistik sowie Energie- und Personalkosten, die Kostentreiber Nr. 1 sind. Nicht zu vergessen die uneinheitlichen Vorgaben im Baurecht der einzelnen Bundesländer.

Standards und Normen sind also nicht die wahren Kostenverursacher – Über die Jahre hinweg helfen sie sogar dabei, Kosten zu senken, indem zum Beispiel durch die Festlegung gemeinsamer Regeln die Planung und Bauausführung erleichtert wird. Zudem bilden sie die Grundlage für einen reibungslosen Bauablauf auf der Grundlage eines gemeinsamen Verständnisses aller Beteiligten. Außerdem verbergen sich hinter Normen jede Menge Wissen und Erfahrung, sodass durch deren konsequente Anwendung Fehler und entsprechende Fehlerkosten vermieden werden. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 könnten somit 24 Mrd. Euro, die durch Baufehler entstehen, eingespart werden.

Darüber hinaus gibt es durch den Gesetzgeber immer höhere Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Klimaschutz, was das Bauen insgesamt immer komplexer macht. Damit, so scheint es, sind Kostensteigerungen unausweichlich. Dies schlägt sich auch in Normen und Standards nieder – und kann Baukosten erhöhen. Aber es geht auch andersrum: Normen können selbstverständlich durch die interessierten Kreise aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und Verbraucherschutz angepasst oder auch zurückgezogen werden, wie die Praxis immer wieder belegt.

DIN e.V. Hauptverwaltung in Berlin. Foto: Thomas Voßbeck

Normen und Standards: Für Qualität und Sicherheit beim Bauen mit entsprechender Flexibilität

Normen sind im Bauwesen von unschätzbarem Wert. Sie schaffen klare Vorgaben und fördern Effizienz. Aber: Viele Menschen glauben, DIN-Normen hätten Gesetztes-Charakter, was nun überhaupt nicht der Realität entspricht. Im  Gegenteil: Normen sind freiwillige technische Standards, die vor allem der Qualitätssicherung und der Gewährleistung von Sicherheit im Bau dienen – aber sie sind nicht verbindlich.

Erst wenn DIN-Normen zum Inhalt eines Vertrages werden oder der Gesetzgeber auf diese verweist, sind sie verbindlich. Normen tragen also einen hohen Grad an Flexibilität in sich, statt, wie immer wieder behauptet, starr und unflexibel zu sein. Denn auch im Normungsprozess ist das meiste nicht in Stein gemeißelt.

Niemand normt für sich allein

Auch zur Frage, wie Normen und Standards eigentlich gebildet werden, gibt es immer wieder Irrtümer. Diese entstehen bei DIN eben nicht im Alleingang und mit wenigen Akteuren im stillen Kämmerlein, sondern in offenen, transparenten Prozessen. Hierbei arbeiten Fachexpertinnen und -experten aus verschiedenen Bereichen in diversen Ausschüssen zusammen, um praxisorientierte Lösungen zu entwickeln. Ziel dabei ist, Orientierung und Sicherheit zu bieten, ohne gesetzlich verpflichtend zu sein.

Wie schon betont, sind Normen dynamisch und passen sich an aktuelle Herausforderungen an, um stets relevant zu bleiben. DIN übernimmt an dieser Stelle eine Moderatorenrolle zwischen gesellschaftlichen Ansprüchen, den Vorgaben der Politik und den praktischen Umsetzungsmöglichkeiten der Baubranche, ohne selbst Inhalte vorzugeben. DIN als gemeinnütziger Verein – dafür steht das e.V. – bietet somit eine neutrale Plattform, auf der Wissen zusammenfließt und praxistaugliche Lösungen entstehen.

Infografik „Entstehung einer Norm“ © DIN

Normen und Standards als kollektives Ergebnis eines öffentlichen Prozesses

Normen entstehen nicht hinter verschlossenen Türen – weder bei DIN noch bei der Industrie. Normen und Standards werden im Normierungsgremium durch Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft erarbeitet, die auch die darin beschriebenen Anforderungen festlegen.

Die Expert*innen nehmen bei Bedarf auch Bezug auf gesellschaftliche und politische Anforderungen und lassen diese in die Entwürfe einfließen. Dies betrifft zum Beispiel den Klimaschutz oder Barrierefreiheit. Der offene Prozess stellt sicher, dass alle relevanten Akteure ihre Perspektiven einbringen. Falls dann doch erforderlich, werden Normen angepasst – für bessere Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit.

Der erste Entwurf einer jeweiligen Norm wird dann online veröffentlicht und kann von Jeder und Jedem kommentiert werden.

Die mehrwöchige öffentliche Kommentierungsphase ist ein Kernelement des Normungsprozesses. In dieser Zeit können alle Interessierten – von Fachleuten bis zu Privatpersonen – Stellung nehmen. Kritik und Verbesserungsvorschläge sind dabei ausdrücklich erwünscht. Nach der Kommentierungsphase wertet der Ausschuss alle Rückmeldungen aus. Ein Ergebnis kann dabei sogar die Einstellung des Projekts sein.

So geschehen unlängst beim Norm-Entwurf DIN 94681. Die geplante Norm sollte bestimmte Standards und Normen im Wohnungsbau unter dem Aspekt der „Verkehrssicherheit in Wohngebäuden“ clustern und zusammenführen. Nach Abschluss der öffentlichen Kommentierungsphase hat der zuständige Ausschuss für den Entwurf der betreffenden Norm jedoch beschlossen, das Normungsprojekt einzustellen. Dies geschah aufgrund der eingegangenen Kommentare.

Für die weitere Bearbeitung des Themenkomplexes „Verkehrssicherheit von Wohngebäuden“ plant der Ausschuss einen Workshop mit den Einsprechern.

Das Beispiel des Norm-Entwurfs DIN 94681 macht deutlich:  Normung ist eben kein starres System, sondern ein lebendiger Prozess. Und spätestens nach fünf Jahren prüft DIN jede Norm und ändert sie bei Bedarf – oder zieht sie zurück.  So bleiben Normen immer auf technischer Höhe und berücksichtigen, was Gesellschaft und Wirtschaft wirklich brauchen.

Normen und Standards als Motor für Innovation und Kostensenkung oder doch eher Preistreiber beim Bauen?

Wie schon betont, können Normen eine zentrale Rolle bei der Senkung der Baukosten und der Erleichterung des Wohnungsbaus spielen. Sie bieten standardisierte Lösungen und klare Richtlinien, die Planungs- und Bauprozesse optimieren, sodass qualitativ hochwertige Bauweisen ermöglicht werden, die dann auch noch kostengünstig sind.

Änderungen in der Normung können direkt zu angestrebten Einsparungen beitragen, wenn sie in einem offenen und transparenten Dialog entstehen. Denn wie ebenfalls schon geschrieben, spiegeln Normen die aktuellen Anforderungen und Bedarfe der Gesellschaft wider und stellen den aktuellen Stand der Technik dar. Dabei fördern sie Innovationen und bieten standardisierte Lösungen und klare Richtlinien. Damit können sie dazu beitragen, dass Planungs- und Bauprozesse optimiert und Innovationspotenziale erschlossen werden können. Sie bilden somit die Grundlage für Fortschritt.

Und trotzdem: Es sind die Normen und Standards, die in der Öffentlichkeit unter dem Generalverdacht stehen, die Misere im Baubereich zu verschulden. Und auch wenn laut Aussage von Expertinnen und Experten der Branche eher die Baukosten die wahren Urheber für schleppendes Bauen, insbesondere im sozialen Wohnungsbau sind, so DIN nimmt diese Einschätzung sehr ernst. Denn sie zeigt, dass eine breite Diskussion erforderlich ist, um Anforderungen so zu gestalten, dass Sicherheit, Qualität, Klimaschutz und gesellschaftliche Anforderungen an attraktiven Wohnraum mit der Wirtschaftlichkeit beim Bauen in Einklang stehen.

Daniel Schmidt, Mitglied des DIN-Vorstandes

DIN hat darum eine Reihe von Schritten zu einer Reform der Normungsprozesse im Bauwesen eingeleitet:

Die Folgekostenabschätzung – Brauch ich das, oder kann das weg?

So führte DIN anfangs des Jahres eine Folgekostenabschätzung für Baunormen ein. Dies ist das Ergebnis einer gemeinsamen Initiative zwischen dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und DIN, um die Baukosten im Wohnungsbau zu senken. Mit diesem neuen Prozess unterstützt DIN die Bestrebungen von Bund und Ländern, die Folgekosten neuer oder geänderter Normen im Geschosswohnungsbau zu begrenzen und so bezahlbaren Wohnraum zu fördern.

Künftig soll auch deutlicher erkennbar sein, ob es sich um Mindestanforderungen oder darüber hinaus gehende Anforderungen handelt. In DIN-Normen können zudem Leistungsstufen definiert werden. Ziel ist es, praxistaugliche Standards zu entwickeln, die technischen Fortschritt ermöglichen.

Bereits heute werden auf vertraglichen Vereinbarungen die rund 600 bauaufsichtlichen Normen – d.h. die Normen, auf die der Gesetzgeber direkt verweist – so erstellt, dass Mindestanforderungen deutlich von weitergehenden Anforderungen getrennt sind. Es geht darum, einfaches und kostengünstiges Bauen zu gewährleisten und gleichzeitig durch die Ausweisung weitergehender Anforderungen den Stand der Technik zu beschreiben.

Grundsätze der Arbeit – noch mehr Transparenz

Die Normungsarbeit bei DIN stützt sich auf drei wesentliche Grundsätze:

  • Einer ist die breite Beteiligung aller interessierten Stakeholder. Sie ist ein wesentlicher Grund für das hohe Vertrauen in DIN-Normen. In den Ausschüssen bei DIN arbeiten die interessierten Kreise aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand sowie Verbraucher- und Arbeitsschutz gemeinsam an den Inhalten von Normen. DIN steuert den Normungsprozess als privatwirtschaftlich organisierter Projektmanager.
  • Ein weiterer ist der der Grundsatz „Konsens statt Mehrheit“ Dabei wird im Gegensatz zu Mehrheitsentscheidungen bei DIN ein Konsens angestrebt, um einseitige Einflussnahme zu verhindern.
  • Und der dritte Grundsatz gilt dem offenen Dialog. Dabei geht es darum, dass besonders im Baubereich die Möglichkeit besteht, dass viele unterschiedliche interessierte Akteure ihre Expertise und Perspektiven in den Prozess einbringen können. Dies wird deutlich durch die Online-Veröffentlichung eines jeden Normenentwurfs, der dann ganz öffentlich diskutiert und von Jedermann und Jederfrau kommentiert werden kann.

Um den Wunsch verschiedener Stakeholder nach noch mehr Transparenz bezüglich der Zusammensetzung der Gremien und Ausschüsse nachzukommen und die Akzeptanz der Normung weiter zu stärken, wird DIN die Darstellung der Ausschüsse zukünftig nachvollziehbarer gestalten, zunächst durch die Nennung der Zusammensetzung der Ausschüsse nach Branchen. 

Zusammenfassend lässt sich sagen: DIN ist die Plattform für einen offenen Dialog, in dem alle relevanten Stimmen Gehör finden. Normungsarbeit ist nicht nur für die Industrie da, sondern für die gesamte Gesellschaft. Die Ergebnisse sind anerkannte Normen, die nicht nur Qualität und Effizienz sichern, sondern auch das Vertrauen in Prozesse, Produkte und Technologien stärken und den internationalen Handel erleichtern.

Daniel Schmidt


Daniel Schmidt ist Mitglied des Vorstandes des Deutschen Instituts für Normung e. V. (DIN). Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Chemnitz war er für viele Jahre als Steuerberater für PriceWaterhouse¬Coopers AG tätig. Ab 2006 trug er die Verantwortung in verschiedenen Führungspositionen im Finanz- und Rechnungswesen bei der Überlandwerk Fulda AG in Fulda. Als Wirtschaftsprüfer leitete er anschließend wechselnde Teams bei der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Berlin. 2010 wechselte er zunächst als Führungskraft im Rechnungswesen zu DIN. Im Januar 2014 berief ihn der Vorstand zum Mitglied der Geschäftsleitung Finanzen und Controlling. Seit September 2020 ist er Mitglied des Vorstandes.

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Wie rechtliche Reformen und praktische Stellschrauben den Wohnungsbau wieder ankurbeln können – Zehn praxisnahe Hebel

Wie rechtliche Reformen den Wohnungsbau ankurbeln können
Dr. Christina Lupprian ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt im Bau-, Immobilien- und Gesellschaftsrecht. Foto: Korten Rechtsanwälte https://korten-ag.de/

Trotz steigender Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum geraten kommunale und genossenschaftliche Bauträger zunehmend unter Druck: Seit 2020 haben sich die Kosten für Neubauprojekte nahezu verdoppelt.

Insbesondere der geförderte Wohnungsbau kämpft mit explodierenden Preisen, technischen Überregulierungen und schleppenden Genehmigungsverfahren, während die politischen Zielmarken in weite Ferne rücken.

Das strukturelle Dilemma von Preisdruck und Planungsstau

Wie die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. (ARGE) feststellt, kletterten die Baukosten in deutschen Großstädten zwischen 2020 und 2024 von rund 3.000 Euro/m² auf über 4.400 Euro/m² . Das bedeutet einen Anstieg um beinahe 50 %. Der Markt reagiert: Im Jahr 2024 sank die Zahl der genehmigten Wohnungen bundesweit auf etwa 215.000, was einen Rückgang um 17 % im Vergleich zum Vorjahr ausmacht. Mittelfristig könnten die Genehmigungen auf unter 180.000 pro Jahr fallen und sich damit weit vom politisch propagierten Ziel von 400.000 Einheiten entfernen.

Trotz milliardenschwerer Bundesmittel und steuerlicher Anreize bleiben viele Vorhaben unwirtschaftlich. Die Ursachen sind vielschichtig: Material- und Lohnkosten steigen, technische Anforderungen wachsen, Planungsverfahren ziehen sich. Rechtliche und verwaltungsorganisatorische Anpassungen bleiben dabei hinter dem Bedarf zurück.

Neues Baugesetzbuch: Spielräume für kostengünstigeres Bauen

Mit der Reform des Baugesetzbuchs 2024 eröffnen sich rechtlich neue Möglichkeiten für Wohnungsbauprojekte. Die Voraussetzung besteht jedoch darin, dass diese Optionen auch praktisch von allen Beteiligten genutzt werden:

  • Die Nachverdichtung und Aufstockung (§ 34 BauGB) wurde erweitert
  • Für Bebauungspläne gilt nun eine 12-Monats-Frist (§ 4b BauGB)
  • Kommunale Vorkaufsrechte erstrecken sich auf Share Deals
  • Ein sozialer Flächenbeitrag kann künftig bei Umlegungen verlangt werden (§ 58a BauGB)

Gleichzeitig wird aus der Branche der Ruf nach weiteren Vereinfachungen laut: Weniger technische Vorgaben, flexiblere Landesbauordnungen und regionale Pilotprojekte mit reduzierten Standards sollen die Baupraxis wirtschaftlicher gestalten. Erste Initiativen in Bayern, Hessen und NRW machen Hoffnung, doch eine flächendeckende Wirkung bleibt bisher aus.

Zehn praxisnahe Hebel für den kosteneffizienten Wohnungsbau

Die folgenden zehn Vorschläge zeigen, wie sich aus rechtlicher und praktischer Perspektive die Baukosten im geförderten Wohnungsbau spürbar senken lassen:

1. Feste Ansprechpartner in den Bauämtern

Insbesondere kleinere Träger profitieren von klaren Anlaufstellen in der Verwaltung. Ein persönlicher Koordinator bei der Bauaufsicht kann Genehmigungsprozesse beschleunigen und Informationsverluste zwischen Fachabteilungen verhindern.

2. Verbindliche Fristen für Genehmigungen

Jährlich verlorene Monate im Antragsverfahren verursachen hohe Zusatzkosten. Die angedachte sechs- plus sechswöchige Frist nach § 4b BauGB sollte bundesweit gelten – inklusive automatischer Genehmigungsfiktion bei Fristversäumnis.

3. Einheitliche Digitalisierung von Verfahren

Das Onlinezugangsgesetz (OZG) muss zur verbindlichen Leitplanke für digitale Bauanträge und Genehmigungsprozesse werden. Ergänzend helfen BIM-basierte Vorprüfungen und Dashboard-Lösungen für mehr Transparenz zwischen Planern und Behörden.

4. Serielles Bauen mit Typengenehmigungen stärken

Serien- und Modulbauweisen reduzieren Planungsaufwand und senken Risiken. Förderregionen mit industrieller Vorfertigung und einer öffentlich zugänglichen Typenbibliothek können als Blaupause für bundesweite Skalierung dienen.

5. Wirtschaftlichkeit statt Übermaß

Der geförderte Wohnungsbau sollte sich auf das funktional Notwendige konzentrieren. Tiefgaragen, Maximalanforderungen an Fahrradstellplätze oder technisch überdimensionierte Gebäude erhöhen die Kosten, ohne sozialen Mehrwert zu schaffen.

6. Vertragsklarheit durch Verzicht auf übermäßige DIN-Bezüge

Wenn Verträge, etwa beim Schallschutz, weit über gesetzliche Anforderungen hinausgehen,  entstehen Unsicherheiten und Zusatzkosten. Funktionale Leistungsbeschreibungen bieten hier mehr Planungssicherheit. Einheitliche Vertragsmuster könnten helfen.

7. Technische Standards differenziert anwenden

Barrierefreiheit, Brandschutz und Energieeffizienz sind wichtige Ziele, dürfen aber nicht dogmatisch angewendet werden. Geförderte Vorhaben brauchen realistische Mindestanforderungen – idealerweise im Rahmen bundesweit harmonisierter Ausnahmeregeln.

8. Projektstrukturierung durch „Phase 0“

Vor Antragstellung sollten alle Beteiligten von der Kommune bis zur Förderstelle gemeinsam einen Fahrplan entwickeln. Die strukturierte Abstimmung vermeidet spätere Korrekturschleifen und sorgt für realistische Termin- und Budgetplanung.

9. Kommunale Grundstückspolitik mit Mehrwert

Erbpachtmodelle, Konzeptvergaben und flexible Stellplatzsatzungen sind kommunale Werkzeuge, um den geförderten Wohnbau attraktiver zu machen. Gemeinwohlorientierte Träger sollten bevorzugten Zugang zu kommunalen Liegenschaften erhalten.

10. Politische Unterstützung sichtbar machen

Vorhaben im geförderten Segment brauchen klare Rückendeckung. Frühzeitige Kooperationsvereinbarungen mit Lokalpolitik und Verwaltung senden Stabilitätssignale an Investoren und Kreditgeber – und helfen bei gesellschaftlicher Akzeptanz.

Fazit: Wirtschaftlicher Wohnungsbau braucht rechtliche Klarheit

Wenn bezahlbarer Wohnraum in Deutschland eine realistische Perspektive haben soll, reicht finanzielle Förderung allein nicht aus. Es braucht eine strategische Entlastung im Bau- und Planungsrecht, die sich an der Realität gemeinwohlorientierter Bauträger orientiert. Der vorgestellte 10-Punkte-Plan zeigt: Rechtssichere Vereinfachungen sind machbar. Jetzt  müssen Kommunen, Länder und der Bund sie in der Praxis zur Wirkung bringen.

Mit dem jüngst beschlossenen „Bauturbo“-Gesetzespaket hat der Bund ein wichtiges Signal gesetzt: Der neue § 246e BauGB erlaubt es Kommunen, unter bestimmten Voraussetzungen deutlich beschleunigte Genehmigungsverfahren für Aufstockungen, Umnutzungen und Nachverdichtungen einzuführen – binnen zwei Monaten statt in Jahren. Die Regelung ist bis Ende 2030 befristet und soll 2029 evaluiert werden. Auch der Schutz vor der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in angespannten Märkten wurde verlängert. Damit schafft der Gesetzgeber auch im Bereich des geförderten Wohnungsbaus neue Spielräume für schnelle Umsetzung.

Ob der „Bauturbo“ aber tatsächlich Wirkung entfaltet, hängt maßgeblich von der Umsetzung vor Ort ab. Kommunen behalten das Entscheidungsrecht, ob und wie sie die neuen Instrumente anwenden. Nur wenn diese Befugnisse aktiv genutzt und Genehmigungsprozesse mutig gestrafft werden, kann das neue Gesetz sein Potenzial entfalten. Der Bund hat geliefert. Jetzt ist es an der lokalen Verwaltungspraxis, das Bauen bezahlbarer Wohnungen wieder attraktiv und realisierbar zu machen.


Über die Autorin
Dr. Christina Lupprian ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt im Bau-, Immobilien- und Gesellschaftsrecht. Sie studierte in Hamburg, Mainz und San Diego und promovierte im öffentlichen Wirtschaftsrecht. Nach Stationen als Associate und Partnerin in international tätigen Großkanzleien sowie spezialisierten Boutique-Kanzleien machte sie sich mit Fokus auf immobiliennahe Wirtschaftsthemen, erneuerbare Energien und Projektstrukturierung selbstständig. Seit Juli 2024 verstärkt sie das Team von Korten Rechtsanwälte als Ansprechpartnerin für die rechtliche Begleitung komplexer Bau- und Immobilienprojekte.

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Planmäßiger Ausbau von Erneuerbaren Energien senkt Börsenstrompreise bis 2030 um bis zu 23 Prozent

Ausbau von Erneuerbaren Energien senkt Börsenstrompreise
Positive Meldung aus dem Norden. In Bosau haben „Erneuerbare Energien“ keine politische Bremse. Hier wird geplant und angepackt. Das Bild zeigt die Vorbereitungen für den Bau der nächsten Windkraftanlagen. In anderen Teilen der Gemeinde sind AgriPV-Anlagen in der Planung. Foto: Wohnungswirtschaft technik. Gerd Warda

Die schwache Konjunktur und der schleppende Hochlauf klimaneutraler Technologien führen aktuell zu Diskussionen um den künftigen Strombedarf Deutschlands. Doch eine neue Analyse von Agora Energiewende zeigt: Es lohnt sich, Erneuerbare Energien weiterhin wie geplant auszubauen.

Selbst bei einem schwächeren Anstieg der Stromnachfrage senkt der Zubau von Windkraft- und Solaranlagen den Börsenstrompreis bis 2030 um knapp ein Viertel.

Der durchschnittliche Börsenstrompreis kann bis 2030 um bis zu 23 Prozent sinken, wenn die Bundesregierung am geplanten Ausbaupfad der Erneuerbaren Energien festhält – verglichen mit einer Kappung der derzeitigen Ausbauraten für Wind- und Solarenergie um rund 45 Prozent. Das gilt auch dann, wenn die Stromnachfrage 2030 geringer ausfällt, etwa weil weniger Elektroautos und Wärmepumpen hinzukommen als geplant. Dies geht aus einer neuen Analyse von Agora Energiewende hervor, in der die Entwicklung der Strompreise bis 2030 für zwei Szenarien betrachtet wird.

Das erste Szenario legt einen schnellen Hochlauf von klimaneutraler Industrieproduktion, Elektroautos und Wärmepumpen zugrunde, bei dem der Strombedarf bis 2030 stark ansteigt. Ein zweites Szenario geht vor dem Hintergrund des derzeitigen Markthochlaufs von einem niedrigeren Strombedarf aus. Im Ergebnis fällt der durchschnittliche Börsenstrompreis 2030 in beiden Szenarien um 20 Euro pro Megawattstunde niedriger aus, wenn der Ausbau von Wind- und Solarenergie weiterhin wie im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegt erfolgt.

„Der Ausbau der Erneuerbaren Energien schafft die Grundlage für dauerhaft attraktive Strompreise, von denen alle profitieren: Unternehmen und private Haushalte. Die Bundesregierung sollte daher unbedingt am eingeschlagenen Ausbaupfad festhalten“, sagt Markus Steigenberger, Geschäftsführer der Agora Think Tanks. „Staatliche Zuschüsse, wie die Absenkung der Stromsteuer und Netzentgelte, sind angesichts der gestiegenen Kosten infolge der fossilen Energiepreiskrise zwar durchaus sinnvoll. Mittel- und langfristig sind Investitionen in Erneuerbare Energien jedoch besser geeignet, um die Strompreise dauerhaft zu senken.“

Strompreisentlastungen durch Erneuerbaren-Ausbau übersteigen zusätzliche Förderkosten

Die neue Analyse basiert auf Szenarien, die das Beratungsunternehmen Aurora Energy Research für Agora Energiewende berechnet hat. Im Szenario mit einem schwächeren Anstieg der Stromnachfrage auf 609 Terawattstunden und einer Drosselung des Ausbaus der Erneuerbaren bis 2030 ergibt sich ein Börsenstrompreis von rund 85 Euro pro Megawattstunde.

Die Berechnung geht dabei – entsprechend einer Anpassung der Ausbauziele an eine niedrigere Stromnachfrage – von rund 45 Prozent niedrigeren Zubauquoten für Wind- und Solarenergie bis 2030 aus als bislang geplant.

Wenn der Ausbau dagegen planmäßig fortgesetzt wird, sinkt der durchschnittliche Börsenstrompreis bei gleicher Stromnachfrage um rund 23 Prozent auf 65 Euro pro Megawattstunde. Das entspricht einer Entlastung der Stromverbraucherinnen und -verbraucher von 12 Milliarden Euro jährlich. Demgegenüber stehen zusätzliche Ausgaben für die Förderung Erneuerbarer-Energien-Anlagen in Höhe von 7 bis 7,8 Milliarden Euro. Somit erzielt umgerechnet jeder Euro, der aus dem Bundeshaushalt für die Förderung des Ausbaus Erneuerbarer Energien verwendet wird, eine Strompreissenkung von 1,60 Euro.

Auch im Szenario mit einer höheren Stromnachfrage bis 2030 von 708 Terawattstunden sinkt der Börsenstrompreis von 101 Euro auf 81 Euro pro Megawattstunde beziehungsweise um 20 Prozent, wenn der aktuelle Ausbaupfad der Erneuerbaren Energien beibehalten wird. Insgesamt ergibt sich daraus eine jährliche Entlastung der Stromverbraucherinnen und -verbraucher von 14 Milliarden Euro.

Der zusätzliche Förderbedarf würde in diesem Szenario pro Jahr zwischen 7,5 und 7,7 Milliarden Euro liegen, verglichen mit einem schwächeren Erneuerbaren-Ausbau. Damit würde jeder Euro an staatlicher Förderung eine durchschnittliche Strompreissenkung von rund 1,90 Euro je Megawattstunde erzielen.

Günstiger Ökostrom drängt teure Gas- und Kohlekraftwerke aus dem Markt – Börsenpreis sinkt

Die hier berechneten Preisvorteile des Erneuerbaren-Ausbaus für Stromkundinnen und -kunden ergeben sich in erster Linie aus dem sogenannten Merit-Order-Effekt: Da der Strompreis an der Börse vom teuersten noch benötigten Kraftwerk bestimmt wird, drängt die vermehrte Einspeisung von günstigem Ökostrom teure Gas- und Kohlekraftwerke aus dem Markt. Das dämpft den durchschnittlichen Börsenstrompreis.

Wie aus der Agora-Analyse hervorgeht, haben die Stromnetzkosten dabei keine Auswirkungen auf die Strompreise – unabhängig vom Ausbautempo der Erneuerbaren bis 2030. Denn der Netzausbau ist aufgrund der langen Planungs- und Realisierungsfristen bereits weitgehend festgelegt. Da Deutschland mit seinem geplanten Netzausbau jedoch heute schon stark im Verzug ist, würden zusätzliche Verzögerungen die notwendigen Investitionen nur weiter in die Zukunft verlagern.

Ausbau macht Deutschland resilienter gegenüber fossilen Energiepreisschocks

„Die Diskussion über eine Reduktion der Erneuerbaren-Ausbauziele verkennt das eigentliche Problem“, sagt Markus Steigenberger. „Denn die aktuell stagnierende Stromnachfrage ist in erster Linie auf eine schwache Konjunktur und Versäumnisse beim Umstieg auf klimafreundliche Technologien in den Bereichen Gebäude und Verkehr zurückzuführen.

Gerade in diesen Sektoren sind günstige Strompreise die Voraussetzung dafür, dass sich der Umstieg auf E-Autos und Wärmepumpen lohnt. Vor dem Hintergrund weltweit zunehmender geopolitischer Spannungen fördert der Ausbau der Erneuerbaren dabei nicht nur den Klimaschutz, sondern macht Deutschland auch resilienter gegenüber fossilen Energiepreisschocks.“

Die Analyse „Erneuerbare Energien senken Strompreise unabhängig von der Nachfrage“ basiert auf Berechnungen von Aurora Energy Research und vergleicht in zwei Szenarien die Entwicklung der Börsenstrompreise bis 2030. Die Analyseergebnisse inklusive umfangreicher Grafiken sind kostenfrei unter agora-energiewende einsehbar.

Roman Rudnik

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