Mieterstrom und bezahlbare Strompreise – Drei Wünsche an die Politik

Von Magdalena Strasburger

Die ambitionierten Klimaziele Deutschlands können nur erreicht werden, wenn die Wohnungswirtschaft als Partner der Energiewende ernst genommen und gezielt eingebunden wird. Aktuell fehlen jedoch die passenden Rahmenbedingungen, um klimafreundliche Investitionen im Gebäudebestand wirtschaftlich attraktiv und regulatorisch machbar zu machen.

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Anstelle von Impulsen für Innovation und Beteiligung dominieren Unsicherheit, Komplexität und bürokratische Hürden. Dabei bleibt enormes Potenzial ungenutzt: Lokale Solarstromerzeugung auf Wohngebäuden könnte nicht nur die CO₂-Emissionen senken, sondern auch zusätzliche Einnahmequellen für Vermieter:innen und bezahlbare Strompreise für Mieter:innen schaffen. Um dieses Potenzial zu heben, sind politische Maßnahmen erforderlich, die den Ausbau erneuerbarer Energien in Quartieren erleichtern, neue Geschäftsmodelle ermöglichen und die Teilhabe der Mieter:innen stärken.

Im Folgenden skizziere ich daher drei konkrete Wünsche an die Politik, wie die Wohnungswirtschaft als Akteur der dezentralen Energiewende gestärkt werden kann – und das ganz ohne neue Fördermittel, sondern durch kluge regulatorische Weichenstellungen.

1. Anerkennung der CO₂-Einsparungen durch PV-Strom in der Wohnungswirtschaft

Derzeit wird der Stromverbrauch in Wohnungen ausschließlich der Energiewirtschaft zugerechnet. Diese Regelung stammt noch aus einer Zeit, in der die Energieerzeugung zentral und überwiegend fossiler Natur war. Inzwischen hat sich der Energiemarkt jedoch grundlegend verändert, insbesondere durch die dezentrale Stromerzeugung mittels Photovoltaik-Anlagen auf Wohngebäuden (Agora Energiewende, 2024: „Klimaneutrales Deutschland – Von der Zielsetzung zur Umsetzung“).

Wohnungsunternehmen, die Photovoltaikanlagen selbst betreiben und den erzeugten Strom direkt über Mieterstrommodelle oder eine gemeinschaftliche Gebäudeversorgung (GGV) in die Wohnungen liefern, profitieren bereits finanziell davon. Allerdings fehlt eine entsprechende Anerkennung in der Nachhaltigkeits- und CO₂-Bilanz. Derzeit wird nur der PV-Strom, der für den Allgemeinstrom genutzt wird, analog zu aus dem öffentlichen Netz bezogenen Grünstrom, als CO₂-Einsparung zugunsten der Wohnungswirtschaft anerkannt.

Eine Ausweitung dieser Anerkennung auf direkt in Wohnungen gelieferten PV-Strom wäre unbürokratisch möglich und würde Investitionen erheblich attraktiver machen. Dadurch könnten erhebliche Potenziale für die dezentrale Energiewende aktiviert werden, ohne dass neue Förderinstrumente geschaffen werden müssten.

2. Klare gesetzliche Grundlage für Energy Sharing nach Österreichischem oder Schweizer Vorbild

Energy Sharing, also das Teilen lokal erzeugten Stroms innerhalb eines lokalen Gebiets z.B. eines Quartiers, ist in Deutschland rechtlich möglich, jedoch durch die fehlende Umsetzung des ursprünglich vorgesehenen § 42c Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) stark eingeschränkt. Zudem haben die jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil C-718/18) und des Bundesgerichtshofs (BGH-Urteil VIII ZR 253/20) bezüglich der Kundenanlage für zusätzliche Unsicherheit gesorgt und hemmen derzeit die Realisierung neuer Projekte. Der lokale Verbrauch erzeugten Stroms über die Netze zieht aktuell hohe Abgaben und Steuern nach sich, wodurch sich die wirtschaftlichen Anreize erheblich reduzieren.

In unseren Nachbarländern existieren bereits erfolgreiche und pragmatische Modelle, wie das österreichische Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) und die ab dem 1. Januar 2026 geltenden Lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG) in der Schweiz.

Diese Modelle ermöglichen Energy Sharing durch reduzierte Netzentgelte und vereinfachte administrative Prozesse. Deutschland sollte sich daran orientieren, um sowohl die Nachhaltigkeit als Quartiere zu stärken. Ein konkreter Schritt in diese Richtung wäre beispielsweise eine reduzierte Berechnung der Netzentgelte lediglich auf Ebene der unteren Spannungsebene.

3. Beschleunigung des Rollouts intelligenter Messsysteme, durch gebündelten Einbau in Mehrfamilienhäusern

Smart Meter sind der Schlüssel zu einer vernetzten und klimafreundlichen Energiezukunft im Gebäudesektor. Sie ermöglichen Mieterstrom, die gemeinschaftliche Versorgung von Gebäuden, dynamische Stromtarife und die Integration steuerbarer Verbraucher wie Wärmepumpen. Doch (insbesondere in Mehrfamilienhäusern) kommt der Rollout intelligenter Messsysteme kaum voran. Die bestehenden Prozesse sind komplex, teuer und für viele Wohnungsunternehmen praktisch kaum umsetzbar.

Zwar besteht formal das Recht, einen wettbewerblichen Messstellenbetreiber zu beauftragen, doch in der Praxis scheitert ein gebündelter Rollout häufig an technischen Anforderungen, bürokratischen Hürden, der Zustimmung einzelner Mieter und fehlenden Standardprozessen. Dadurch werden zentrale Anwendungen wie Verbrauchstransparenz oder Lastmanagement verhindert.

Deshalb ist ein klarer Impuls notwendig: Grundzuständige Messstellenbetreiber (gMSBs) sollten den Einbau intelligenter Messsysteme standardmäßig auch in Mehrparteienhäusern vorzunehmen: gebündelt, gebäudeweise und ohne Zusatzaufwand für die Wohnungswirtschaft.

Ergänzend sind standardisierte Schnittstellen, eine vereinfachte Gateway-Administration und wirtschaftlich tragfähige Rahmenbedingungen erforderlich, um die Integration in wohnungswirtschaftliche Prozesse zu erleichtern.

So entsteht endlich die digitale Infrastruktur, die benötigt wird, um CO₂-optimiertes Verhalten im Alltag zu ermöglichen und die Energiewende im Gebäudesektor auf breite Füße zu stellen.

Auf dem Weg zur Nachhaltigkeit, könnten diese drei politischen Maßnahmen bieten die Möglichkeit bieten, die Energiewende im Gebäudesektor voranzutreiben, Investitionen in nachhaltige Technologien zu erhöhen und durch stärkere lokale Strukturen auch einen gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen. Nun ist es Aufgabe der neuen Bundesregierung, klare und langfristig verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die genau diesen Wandel ermöglichen und beschleunigen.

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