Massiv – ein Leben lang

Baustoffe werden nicht zuletzt durch die Klimakrise mehr als nur als Material für Gebäude bewertet. Bauträger wie auch Architekten schätzen die Vorteile von massiven Baustoffen vor allem in puncto Langlebigkeit und für Anpassungen an den Klimawandel. Ressourcen sparen und die Dekarbonisierung sind die Herausforderungen der Zukunft.
GISELA GARY

Massive Baustoffe entsprechen allen Kriterien der Nachhaltigkeit: sie sind regional verfügbar, werden nicht kilometerweit herangeschleppt, sie sind besonders langlebig, robust, nicht brennbar, wartungsfrei – und werden ökologisch hergestellt. Beton, also das Resultat zementgebundener Baustoffe, ist das weltweit meistverwendete Baumaterial. Keller, Fundamente, Staumauern, Wasserkraftwerke, Fischaufstiegshilfen, Windkraftanlagen – sind nur einige Beispiele. Die Beständigkeit und Festigkeit bietet optimale Voraussetzungen für langlebige Infrastrukturbauten. Klug eingesetzt, optimiert Beton den Flächenverbrauch, weil in die Höhe und Tiefe gebaut werden kann, wodurch die Ressource Boden optimal genutzt wird.

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Beton ist aufgrund der Speichermasse der ideale Baustoff, um in Kombination mit erneuerbaren Energien eine fossilfreie Versorgung eines Gebäudes (heizen und kühlen) zu gewährleisten. Zugleich ist der österreichischen Zementindustrie bewusst, dass mit der Herstellung von Zement und Beton ein hoher Energieaufwand verbunden ist. In den heimischen Werken werden intensive Anstrengungen unternommen, entstehende Abwärme aus Prozessen zu nutzen oder im nächstgelegenen Ort zur Verfügung zu stellen. Mit Zement, Beton und Ziegeln werden langlebige und dauerhafte Bauwerke geschaffen. Sind Gebäude und Bauwerke am Ende der Lebensdauer angekommen, kann das Material zu 100 Prozent wiederverwendet bzw. -verwertet werden.

Die kommenden Jahre werden gravierende Änderungen für den Gebäudebereich bringen, doch der Massivbau ist bestens darauf vorbereitet.

Andreas Pfeiler

Durch die Regionalität betrifft die Lieferkettenproblematik die Branche nur am Rande. Die Gesteinskörnung und die Rohstoffe für den Zement werden aus natürlichen Lagerstätten gewonnen oder in Recyclingkreisläufen wiederverwertet. Die Zementherstellung ist damit integrierter Bestandteil einer modernen Kreislaufwirtschaft. Ziegel werden aus Erde und in Tongruben aus der Nähe von Werken gewonnen – und haben dadurch ebenso sehr kurze Transportwege. Deshalb sollten massive Baustoffe auch stärker bei den offiziellen Förderungen berücksichtigt werden – so wie vielfach bei Holz, betont Andreas Pfeiler, Geschäftsführer Fachverband Steine Keramik: „Ein Herkunftsnachweis schafft zugleich auch mehr Transparenz und schärft das Bewusstsein beim Konsumenten.“

Re-Use als Ziel

Der 6. Sachstandsbericht des IPCC, des internationalen Weltklimarats, zeigt schonungslos auf: Der Einsatz von fossiler Energie treibt die Klimakrise voran und muss dringend drastisch reduziert werden. Gerade Bauen und Wohnen sind maßgeblich für den Ausstoß von Treibhausgasen verantwortlich. Die Klimakrise fordert ebenso die Massivbaubranche. Auf EU-Ebene sind einige Regelungen wie z. B. die Bauprodukterichtlinie oder die EU-Gebäuderichtlinie in Überarbeitung und werden voraussichtlich noch vor dem August kommen. Andreas Pfeiler ist davon überzeugt, dass die kommenden Jahre gravierende Änderungen für den Gebäudebereich und Baustoffe bringen werden, doch der Massivbau ist bestens dafür vorbereitet. In welche Richtung das gehen wird, ist klar, erläutert Pfeiler: „Längere Lebensdauer, weniger graue Energie, Re- Use vor Abriss und Recycling und kluge Kreislaufwirtschaftskonzepte.“

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Gemäß der neuen CPR müssen die Hersteller Umweltinformationen über den Lebenszyklus ihrer Produkte liefern. Frans Timmermans, Exekutiv-Vizepräsident für den europäischen Green Deal, ist überzeugt, dass es an der Zeit ist, „das Modell des ‚Nehmens, Herstellens, Brechens und Wegwerfens‘ zu beenden, das für unseren Planeten, unsere Gesundheit und unsere Wirtschaft so schädlich ist. Die Vorschläge für die neue CPR werden sicherstellen, dass nur die nachhaltigsten Produkte in Europa verkauft werden. Sie ermöglichen es, Energie zu sparen, defekte Produkte zu reparieren und nicht zu ersetzen und beim Kauf neuer Produkte umweltbewusste Entscheidungen zu treffen. So bringen wir unsere Beziehung zur Natur wieder ins Gleichgewicht und reduzieren unsere Anfälligkeit für Störungen in globalen Lieferketten.“

Foto: Lukas Lorenz

Bestand umnutzen

Das zurzeit in Bau befindliche Bürogebäude Francis, im Althan-Quartier in Wien-Alsergrund, zeigt das Potenzial für drastische CO₂-Reduktion auf. Francis ist das Herzstück des neuen Alt- Foto: Lukas Lorenz han-Quartiers und zugleich der Bauteil im Altbau, der mit rund 40.000 Quadratmetern Nutzfläche für Büro und Gewerbe ausgebaut wird. Die ressourcenschonende Umnutzung des Bestands erspart laut der Nachhaltigkeitsstudie der Werner Sobek AG rund 67 Prozent an CO₂-Emissionen. So wurden den Bewohnern Wiens bis zu 12.000 Lkw- Schuttfuhren und damit eine enorme Feinstaubbelastung erspart.

Der Bauherr 6B47 setzt bei der Projektentwicklung auf Nachhaltigkeit, das Stahlbetonskelett des Gebäudes bleibt erhalten, aber eine neue Decke für die drei zusätzlichen Geschoße – mit Bauteilaktivierung – wird errichtet. Die rund 8.500 Quadratmeter große, vorgefertigte Kastendecke wurde von „Innogration“ geplant und realisiert, das sich auf Deckensysteme mit Bauteilaktivierung und mit komplett integrierter Gebäudetechnik in einem schlanken, flexiblen System aus Beton spezialisiert hat. Mit der Sandwich- Konstruktion erreichte Innogration 1.600 Tonnen CO₂-Reduktion. Die schlanke Betonkonstruktion büßt nichts an Tragfähigkeit ein, aber trägt maßgeblich zum Klimaschutz bei.

Entgeltliche Einschaltung unseres Medienpartners Fachverband Steine Keramik, Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien, T +43 5 90 900 3532 – www.baustoffindustrie.at


Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden

Der EU-Ratsentwurf zur Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) strafft die Vorschriften in puncto Sanierung und wird die Innovationen in der Baubranche forcieren. Neue Gebäude:

  • bis 2030 sollen alle Neubauten emissionsfrei sein
  • alle neuen Gebäude sollen ihr Potenzial zur Erzeugung von Solarenergie optimieren
  • ab 2028 sollen Neubauten öffentlicher Körperschaften Null-Emissions-Gebäude sein
  • Ausnahmen sind für einige Gebäude möglich, darunter historische Gebäude, Kultstätten und Gebäude, die zu Verteidigungszwecken genutzt werden.

Für bestehende Gebäude:

  • bestehende Gebäude sollen bis 2050 in Null-Emissions-Gebäude umgewandelt werden
  • Einführung von Mindeststandards für die Energieeffizienz
  • Nichtwohngebäude: Höchstgrenzen für die Gesamtenergieeffizienz auf der Grundlage des Primärenergieverbrauchs festlegen und alle Nichtwohngebäude bis 2030 unter die 15-%-Schwelle und bis 2034 unter die 25-%-Schwelle bringen.
  • Wohngebäude: Festlegung von Mindeststandards für die Gesamtenergieeffizienz auf der Grundlage eines nationalen Zielpfads

Die Mitgliedstaaten einigten sich darauf, den Energieausweisen eine neue Kategorie „A0“ hinzuzufügen, die emissionsfreien Gebäuden entsprechen würde. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten eine neue Kategorie „A+“ für Gebäude hinzufügen, die nicht nur emissionsfreie Gebäude sind, sondern auch erneuerbare Energien vor Ort in das Energienetz einspeisen.

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