Mit dem Gebäudetyp-e legt Deutschland die Latte für innovatives und kostengünstiges Bauen hoch. Noch gibt es keine Referenzprojekte, die wichtigsten Meilensteine, etwa wie aus einer Idee ein Gesetz werden kann, erläutert Fabian Blomeyer, Geschäftsführer Recht und Verwaltung der Bayerischen Architektenkammer.
— GISELA GARY
Die Idee hinter dem Gebäudetyp-e ist simpel: Es wurde nach einer gesetzlich gedeckten Möglichkeit gesucht, einfach, experimentell und effizientzu bauen. Das deutsche Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauweisen hat mit dem „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ das Konzept hinter dem neuen Gebäudekonzept erarbeitet. Die Bayerische Architektenkammer lieferte den Anstoß für das neue Gesetz.
„Der Status quo in Deutschland ist ähnlich wie auch in Österreich, dass wir unglaubliche Preissteigerungen bei Wohnimmobilien erlebten – steigende Baukosten, Energiepreise, Lieferengpässe, Inflation wie auch explodierende Grundstückspreise, um nur einige Gründe zu nennen“, so Fabian Blomeyer, Geschäftsführer Recht und Verwaltung der Bayerischen Architektenkammer.
Mehr Freiheit für Planer
Der Gebäudetyp-e erlaubt mehr Freiheit bei der Planung und Genehmigung. Aktuell wurden 19 Pilotprojekte definiert, zuvor muss jedoch die deutsche Bundesregierung den Gebäudetyp-e offiziell als Gesetz anerkennen und die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen unter definierten Voraussetzungen zulassen. Zwei keine so kleinen Hürden, doch für Blomeyer steht fest: „Das Bauen muss wieder günstiger und einfacher werden.“
„Aktuell bauen wir systemisch kompliziert. Wir haben rund 5.200 Seiten, die das Bauen regeln, in Österreich sind es wenigstens ,nur‘ 35 Seiten“, schmunzelt Blomeyer. Der Experte zählt noch weitere mögliche Handlungsspielräume auf wie die Tragwerksplanung, der Schallschutz, die technische Gebäudeausrüstung oder das Wiederverwenden von Bauteilen. Bereiche, in denen seiner Meinung einiges „eingespart“ werden kann, ohne dass die gebaute Qualität verloren geht.
Es gibt de facto einen verbindlichen „Anspruch auf Abweichung“, das würde natürlich die Umsetzung des neuen Gebäudetyps unterstützen. Der ehemalige Justizminister Marco Buschmann brachte es gut auf den Punkt: „Gutes Wohnen hängt nicht davon ab, dass immer jede einzelne DIN-Norm eingehalten wird. Die Beteiligten von Bauprojekten müssen die Möglichkeit haben, einvernehmlich von Komfortstandards abzuweichen. Das geltende Bauvertragsrecht macht solche Vereinbarungen unnötig kompliziert.“
Wann und ob der Gebäudetyp-e nun Wirklichkeit wird, ist noch offen – Fakt ist, dass allein die Debatte über das Thema, dass wieder einfacher und effizienter gebaut werden muss, weit in die Europäische Union ausstrahlt und vielleicht auch in Österreich zu einem Anstoß für einen Bürokratieabbau und einer maßvollen Regulierung führt, ganz im Sinne des auch hierzulande dringend benötigten leistbaren Wohnraums.