2 Millionen barrierefreie und bezahlbare Wohnungen fehlen

„Inklusiv gestalten – Ideen und gute Beispiele aus Architektur und Stadtplanung“ war die Regionalkonferenz überschrieben, zu der Jürgen Dusel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, gemeinsam mit der Bundesarchitektenkammer (BAK) und der Architektenkammer Baden-Württemberg (AKBW) am 4.3.2024 ins ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe einlud.

Der demografische Wandel hat längst begonnen

Die alternde Gesellschaft ist keine Fiktion, der demografische Wandel hat längst begonnen. Die inklusive Gestaltung von Wohn- und Lebensräumen ist imstande, einen bedeutenden Beitrag zur eigenständigen Lebensführung von älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern, aber auch von Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen zu leisten.

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Deutschland hat vor 15 Jahren die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert

Nur barrierefreier Wohnungsbau verdient das Prädikat sozialer Wohnungsbau! Unser Hauptproblem: Uns fehlen mehr als 2 Millionen barrierefreie und bezahlbare Wohnungen – Tendenz steigend.

Dabei hat Deutschland vor mittlerweile 15 Jahren die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert – darin ist auch das Recht von Menschen mit Behinderungen enthalten, frei wählen und entscheiden zu können, wo sie wohnen wollen“, so Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen.

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„Umgesetzt wurde dieses Recht bislang nur unzureichend, dieses Versäumnis wurde Deutschland bei der Staatenprüfung der UN im letzten Jahr attestiert und muss dringend aufgeholt werden.“

Inklusiven Bauen steigert den Wert einer Immobilie deutlich

„work-life-living“ in Kirchheim unter Teck – (Podium Mitte:) Matthias Schuster, LEHENdrei Architektur und Stadtplanung, Stuttgart (Podium links:) Gunnar Laufer-Stark, Vorstand n.e.s.t. Bauprojektierung und Vermietung AG, Tübingen. Foto: AKBW / Jan Potente

„In Deutschland sind aktuell gerade etwas mehr als zwei Prozent des Wohnungsbestandes barrierefrei ausgestaltet“, so BAK-Vizepräsident Martin Müller. „Dem großen und wachsenden Bedarf an barrierefreiem Wohnraum steht ein viel zu kleines Angebot gegenüber. Das Ziel einer inklusiven Gesellschaft darf auch in Zeiten knapper Kassen nicht vernachlässigt werden. Architekt:innen und Planer:innen können durch ihre Fachexpertise eine für alle zugängliche und nutzbare Umgebung schaffen.

Wie die auf der Regionalkonferenz präsentierten Best-Practice-Beispiele belegen, profitieren vom inklusiven Bauen keineswegs nur Menschen mit Behinderungen, sondern genauso Ältere und Familien mit Kindern. Eine zukunftsorientierte barrierefreie Gestaltung – auch dieser Aspekt soll nicht ausgeklammert werden – wird perspektivisch zudem den Wert einer Immobilie deutlich steigern – und die Nachfrage wird zunehmen.“

Barrierefreiheit ist ein zwingendes Muss!

„Ob ein Gebäude barrierefrei zu gestalten ist, steht nicht zur Debatte – Barrierefreiheit ist ein zwingendes Muss!“, betonte AKBW-Landesvorstandsmitglied Andreas Grube. „Für dieses Selbstverständnis müssen wir als Berufsstand bei den Bauherrschaften, aber auch gesamtgesellschaftlich werben.“

Verpflichtende Konzepte ab einer gewissen Projektgröße, wie in manchen Bundesländern geregelt, seien nicht zwingend, so der Vorsitzende des Kammerbezirks Karlsruhe: „Wir Architektinnen und Architekten sollten aktiv vorangehen mit einer Selbstverpflichtung zur Barrierefreiheit, die Bereitschaft zur Fortbildung eingeschlossen.“

„Inklusives Wohnen“ – Vielfalt unter einem Dach in Furtwangen (Podium Mitte:) Philipp Kuner, Kuner Architekten, Furtwangen (Podium links:) Joachim Bettinger, Vorstand OEKOGENO GIW eG, Furtwangen Foto: AKBW / Jan Potente

Bei der Regionalkonferenz wurden mit Impulsvorträgen, Podiumsgesprächen und gelungenen Praxisbeispielen interdisziplinäre und intelligente Planungsansätze veranschaulicht. Bei den Best-Practice-Projekten standen das „work-life-living“ in Kirchheim unter Teck (Matthias Schuster, LEHENdrei Architektur und Stadtplanung, Stuttgart), „Das besondere Haus“ in Augsburg (Sigrid Müller-Welt, UTA Architekten und Stadtplaner, Stuttgart) sowie „Inklusives Wohnen“ in Furtwangen (Philipp Kuner, Kuner Architekten, Furtwangen) auf dem Programm.

Architekten stellten ihre Objekte jeweils gemeinsam mit Projektentwicklern, Sozialunternehmen bzw. Genossenschaft vor. Am Podiumsgespräch zur Frage „Inklusive Gesellschaft – Was bedeutet dies für das Planen und Bauen?“ wirkten neben Jürgen Dusel auch Martin Müller, BAK-Vizepräsident, Simone Fischer, Landesbehindertenbeauftragte BW, sowie Oliver Appel vom Landeszentrum Barrierefreiheit BW mit. Die AKBW wurde durch den Vorsitzenden des Kammerbezirks Karlsruhe, Andreas Grube, vertreten.

Franziska Schönberner, Pressesprecherin des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen.

Cathrin Urbanek, Pressesprecherin Bundesarchitektenkammer e. V.

Die nächste Regionalkonferenz „Inklusiv gestalten – Ideen und gute Beispiele aus Architektur und Stadtplanung“ findet am 15.4.2024 in München statt.

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