Schlechte Aussichten für Wohnungsbau ergab eine Umfrage bei Wohnungsbaugenossenschaften in Schleswig-Holstein

Die Stimmung unter den Wohnungsbaugenossenschaften Schleswig-Holstein ist ausgesprochen schlecht. Sowohl das aktuelle wirtschaftliche Umfeld als auch die Aussichten den Neubau bezahlbarer Wohnungen werden von einem Großteil der Unternehmen als schlecht bewertet. Neben den gestiegenen Baukosten treiben die Vorstände der Genossenschaften zu viel Bürokratie und der Mangel an Handwerkern um.

Das geht aus einer Stimmungsumfrage unter den Wohnungsbaugenossenschaften hervor, an der sich zwölf große Genossenschaften in den vergangenen zehn Tagen beteiligten. Die Genossenschaften, die an der Umfrage teilnahmen, vermieten in der Regel zwischen 2.000 und 3.000 Wohnungen, einige mehr als 4.000 Wohnungen. Dem Verein „Wohnungsbaugenossenschaften Schleswig-Holstein“ gehören 17 Mitgliedsunternehmen an.

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Jede zweite Wohnungsbaugenossenschaft bewertet der Umfrage zufolge das aktuelle wirtschaftliche Umfeld in Schleswig-Holstein als „schlecht“. Was die Einschätzung der Aussichten für den Neubau bezahlbarer Wohnungen in diesem Jahr angeht, so sagen 91 Prozent die Aussichten seien „schlecht“ bzw. „sehr schlecht“.

Drei Viertel werden nicht mit dem Bau von Wohnungen beginnen

Es überrascht daher nicht, dass drei Viertel der befragten Unternehmen nicht mit dem Bau von Wohnungen beginnen werden. Jene, die bauen, werden das mit Hilfe öffentlicher Förderung tun, also öffentlich geförderte Wohnungen errichten. Auch die Fertigstellung von neuem Wohnraum geht in diesem Jahr deutlich zurück.

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Lediglich ein Drittel wird in diesem Jahr Wohnungen schlüsselfertig an Mieterinnen und Mieter übergeben.

Investitionen verstärkt in die Modernisierung

Angesichts der schwierigen Lage beim Wohnungsneubau und der Herausforderungen des Klimaschutzes konzentrieren sich die Unternehmen auf die Modernisierung von Wohnraum. Drei Viertel der Unternehmen, die sich an der Umfrage beteiligten, werden in diesem Jahr ihre Investitionen verstärkt in die Modernisierung ihres Wohnungsbestandes lenken.

Fern- bzw. Nahwärmeplan – 33 Prozent der Unternehmen werden bei der Erstellung einbezogen

Die Kommunen Schleswig-Holsteins sollen bis zum Jahr 2028 eine Fern- bzw. Nahwärmeplanung vorlegen. 33 Prozent der Unternehmen werden nach eigenen Angaben bei der Erstellung des Fern- bzw. Nahwärmeplans einbezogen. 58 Prozent der Unternehmen erklärten, die Kommune habe sich bislang nicht bei ihnen gemeldet. 67 Prozent der Unternehmen gehen aber davon aus, dass klimaneutrale Fernwärme zur Versorgung ihrer Wohnungsbestände künftig verfügbar sein wird, verbunden mit klaren Erwartungen an dauerhaft bezahlbare Kilowattstundenpreise.

Bei den Wünschen an die Politik auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene dominieren Forderungen nach Kostensensibilität, in dem Zusammenhang einer Senkung von Baustandards, einer weiteren Entschlackung der Landesbauordnung und der Erhöhung und Verstetigung der Wohnungsbauförderung.

Wir benötigen für den Wohnungsbau eine Vereinfachung von Genehmigungsverfahren

Sven Auen, Vorstandsvorsitzender „Wohnungsbaugenossenschaften Schleswig-Holstein e.V.“, bewertet die Ergebnisse wie folgt:

„Die Ergebnisses zeige eindrücklich, dass wir beim Bürokratieabbau vom Reden endlich ins Handeln kommen müssen. Wir benötigen für den Wohnungsbau eine Vereinfachung von Genehmigungsverfahren und die Reduzierung von bürokratischen Hürden. Wir erwarten von der Politik Kostensensibilität. Wer bezahlbaren Wohnraum will, der muss uns soziale Vermieter auch in die Lage versetzen, diesen zu erreichten und zu unterhalten. Immer nur die Anforderungen zu erhöhen, bewirkt das Gegenteil.

Die Senkung der Baukosten ist sicher ein dickes Brett, das aber gebohrt werden muss.

Wir Genossenschaften sehe vor allem in einer effizienteren Nutzung von Ressourcen und Materialien eine Möglichkeit, die Kosten zu senken. Die bestehenden Vorschriften lassen bereits ein einfacheres Bauen zu. Im Verzicht auf Tiefgaragen und Kellergeschosse sehen Experten gute Möglichkeiten, die Kosten zu reduzieren. Die Entschlackung der Landesbauordnung sollte ganz oben auf der Prioritätenliste der politisch Verantwortlichen stehen.

Handwerksberuf wieder attraktiv machen

Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels ist die Förderung des Handwerks eine wichtige Aufgabe. Wir brauchen verstärkte Maßnahmen, den Handwerksberuf wieder attraktiv zu machen. Das Handwerk ist im Übrigen schon heute herausfordernd und bietet jungen Menschen eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich zu verwirklichen.

Modernisierung von Bestandswohnungen gewinnt an Bedeutung

Die Landesregierung hat erst jüngst die Förderung des Baus von Sozialwohnungen ausgeweitet. Das ist angesichts der schwierigen Lage beim Wohnungsbau der richtige Weg. Neben der Erhöhung der Finanzmittel für den Neubau müssen mehr Anreize für die Modernisierung bestehender Wohnungen geschaffen werden. Die Umfrageergebnisse haben gezeigt, dass angesichts der Herausforderungen des Klimaschutzes die Modernisierung von Bestandswohnungen in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnt. Unsere Unternehmen haben viele Jahrzehnte regelmäßig ihre Bestände modernisiert. Jetzt werden sie vermehrt in die Modernisierung investieren.

Regenerativ erzeugte Heizenergie hat den größten Hebel

Die Wohnungsbaugenossenschaften sehen in regenerativ erzeugter Heizenergie den größten Hebel, im Bereich des Wohnungsbaus den Ausstoß klimaschädlicher Emissionen auf Null zu reduzieren. Da ihre Mieterinnen und Mieter künftig die Hauptabnehmer von Fernwärme sein werden, ist es unverzichtbar, dass die Wohnungsunternehmen von Anfang an als ‚Partner auf Augenhöhe‘ in die Fern- und Nahwärmeplanung einbezogen werden. Hier ist noch viel Luft nach oben.

Fernwärme ja – aber für Mieterinnen und Mieter bezahlbar

Zugleich müssen Bund und Land die Entwicklung und Umsetzung von klimaneutralen Energiekonzepten stärker als bisher fördern. Es geht langfristig um eine nachhaltige und vor allem bezahlbare Energieversorgung. Bezahlbares Wohnen und bezahlbare Energie sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Fernwärme ja – aber sie muss auch für die Mieterinnen und Mieter bezahlbar sein.“

Oliver Schirg

Die Vorteile des genossenschaftlichen Wohnens sind leider noch zu wenig bekannt. Deshalb will die Marketinggemeinschaft der Wohnungsbaugenossenschaften Schleswig-Holstein das eigene Profil schärfen und sich gegenüber anderen Wohnungsanbietern und Investoren deutlich abgrenzen. Deutschlandweit arbeiten bislang 43 regionale Verbünde mit rund 410 Genossenschaften an diesem gemeinsamen Ziel. In Schleswig-Holstein läuft die Initiative von bisher 17 regionalen Wohnungsbaugenossenschaften unter dem Motto „Mehr als mieten“, initiiert regelmäßige Aktionen und veröffentlicht zahlreiche Medien.

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