Zwischen Angebot und Ideologie

Kauf oder Miete scheidet die Geister – beim 62. Symposium zur Zukunft des Wohnens gab es eine Fülle an Informationen, sehr unterschiedliche Ansätze aus den Bundesländern, und zum Teil hitzige Diskussionen.
GISELA GARY

Seit 2002 ist im Wohnungsgemeinnützigen-Gesetz explizit festgehalten, dass gemeinnützige Bauträger Wohnungen auch mit Mietkaufoption anbieten müssen. Diese Eigentumsbegründungs-Möglichkeit veränderte die Mieterlandschaft in Österreich – aber natürlich auch die Geschäftsmodelle der GBV. In Österreich leben rund 50 Prozent der Bevölkerung zur Miete und 50 Prozent im Eigentum. Naturgemäß gibt es eine starkes Stadt-Land-Gefälle – am Land steht das Eigentum immer noch hoch im Kurs. Das Thema Kauf oder Miete ist jedoch mehr als eine ideologische Frage, wie beim 62. Symposium zur Zukunft des Wohnens deutlich wurde. Tagungsort war die Aula im evangelischen Realgymnasium im 22. Bezirk, gleich daneben gibt es eine Volksschule und darüber ein Wohnheim (siehe auch Reportage über die Besichtigungstour auf Seite 8).

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Einerseits hochpolitisch – anderseits sehr emotional, wie Sophie Karmasin, Motivforscherin, betonte. „Wir entscheiden nicht rational – 90 Prozent unserer Entscheidungen treffen wir intuitiv, emotional und impulsiv.“ Im Detail betrachtet, verblüffte Karmasin mit dem Forschungsergebnis, dass wir einerseits immer älter werden und anderseits 50 Prozent der Jungen bis 29 noch zu Hause wohnen. Karmasin ist davon überzeugt, dass die hohen Mietpreise wie auch die überteuerten Preise für Eigentum der Grund für das beliebte Hotel Mama sind. „Überraschend ist dann für mich dennoch, dass in einer Befragung 85 Prozent angaben, dass eine eigene Immobilie zu besitzen, ihr Lebensziel ist. Das hat für mich mit Macht zu tun. Mit Eigentum erweitere ich meinen Aktionsradius und natürlich mein Prestige. Da geht es nicht um ökonomische Argumente – sondern um Sicherheit, Eigentum gibt Sicherheit. Zudem existiert immer noch der Wunschtraum nach der bürgerlichen Traumfamilie – und dass man etwas zum Vererben haben möchte.“

Keine Wahlmöglichkeit

Rechtsanwalt Michael Rudnigger verwies auf die Problematik, sobald es Schulden oder eine Privatinsolvenz gibt: „Bei Miete kein Problem, mit Eigentum kann es dann rasch eng werden.“ Das Thema Verschuldung für Immobilien beschäftigt auch die Ökonomin Elisabeth Springler. Die BFI-Professorin deutete das Potential einer Blase an – denn Kredite werden mit einer immer längeren Laufzeit genommen, die Preise sind rasant gestiegen, die Gehälter jedoch nicht. Doch auch für Springler geht es um Sicherheit als Motivator für Eigentum: „Für niedrige Einkommensklassen, die zu guten Zinsen Kredite aufgenommen haben, ergibt sich langsam ein Ungleichgewicht.“

Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte der Arbeiterkammer Wien, wetterte gegen das Eigentums-Schönreden: „Das ist doch nicht die Realität! 40 Prozent der österreichischen Haushalte haben weniger als 32.000 Euro Jahreseinkommen – diese Menschen haben nicht einmal eine Wahlmöglichkeit. Eine hohe Mietquote ist für unsere Wirtschaft wichtig. Warum leben in der Schweiz fast 50 Prozent in Miete? Warum gibt es dort einen großartigen Kündigungsschutz und eine Regelung, dass wenn die Hypothekarzinsen gesenkt werden, auch die Mieten runter gehen müssen?“ Doch auch bezüglich der Mietkaufoption übte Rosifka Kritik und heizte die Diskussion erst so richtig an, er sprach sich für eine gesetzliche Regelung aus, die verbietet, dass eine Wohnung, die über eine Mietkaufoption erworben wurde, später teuer weiterverkauft wird. Michael Gehbauer, WBV-GPA, plädierte für die freie Wahl – er hält nichts von einem Zwang, er will als Bauträger eine freiwillige Miet-Kauf-Option jeweils entscheiden können: „Wenn geförderte Wohnungen auf den freien Markt kommen, schwächt das den sozialen Rückhalt. Mit einer…

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