Was tun, wenn kurz vor Inbetriebnahme eines neuen Gebäudes Pressfittinge undicht werden?

Problemstellung: Neu installierte gepresste Trinkwasserinstallationen können Undichtigkeiten aufweisen, die zu großen Leckagen führen, obwohl die Druckprobe keine Auffälligkeiten aufweist. Wie soll dann bei einer Undichtigkeit von nur einem Pressfitting mit der gesamten Trinkwasserinstallation (TWI) umgegangen werden? Dies führt zu einem großen Problem für alle Beteiligte, vor allem aber für den Betreiber:

  • Prüfung, wo und welche Fehler zur Undichtigkeit der TWI führten
  • Nach Feststellung der Fehler, durch welche Maßnahmen können nachträglich weitere Fehler, wenn überhaupt möglich, behoben werden
  • Verschiebung der Inbetriebnahme mit großen Problemen für die Betriebsleitung
    – Verschiebung des Bezugs und Neuplanung
    – Ausbau der defekten TWI und Neuinstallation?
  • Betriebsausfall
  • Ein weiteres Problem stellt sich für den Installateur: Die Gewährleistung und Haftung für die fehlerhafte Neuinstallation
  • Einzige Möglichkeit bisher: die fehlerhafte Neuinstallation zu erneuern, ohne aber die Gewissheit zu haben, dass diese besser ist als die vorhandene.
  • Neu ist leider nicht immer gleich gut!
  • WAS also TUN?

Diese Problemstellung wird am Beispiel eines sensiblen Neubaus in der Wohlfahrtspflege mit ca. 100 Plätzen beschrieben, da dort kurz vor Inbetriebnahme zwei Undichtigkeiten innerhalb von 5 Monaten an der Trinkwasserinstallation (TWI) Kalt aufgetreten sind. Die Schäden betrafen zwei unterschiedliche Stränge im 1.OG und im EG. Ursache war in beiden Fällen eine fehlerhafte Pressverbindung.

- Anzeige -

Normalerweise erfolgt eine Druckprüfung vor Inbetriebnahme bei 4-6 bar und die nicht verpressten Fittinge sollen die Undichtigkeit anzeigen. Problem dabei ist, dass auch nicht verpresste Fittinge der Druckprüfung standhalten können, da es noch Systeme auf den Markt gibt, die eine Undichtigkeit nicht zu 100 % anzeigen.

Ein weiteres Problem ist, wenn die Rohrenden nicht tief genug im Fitting stecken, aber richtig verpresst sind, die Pressung für die Druckprüfung ausreichend ist, aber bei Druckstößen nicht richtig dichthält. Dies führt dann zu Undichtigkeiten nach der Druckprüfung. Dies war auch der Fehler bei den beiden Leitungswasserschäden vor Inbetriebnahme der Trinkwasserinstallation des Gebäudes: Undichtigkeiten der verpressten, aber zu kurz gesteckten Fittinge.

Wahrscheinlich sind durch Druckstöße in die TWI die Rohrleitungen aus dem Fitting gerutscht, so dass sich das Trinkwasser in großen Mengen ergoss. Die Leckagen wurden spät bemerkt, da das Gebäude noch nicht bezogen war. Da nicht absehbar war, ob dies die beiden einzigen fehlerhaften Pressstellen sind, wurde geprüft, welche Möglichkeiten es gibt, weitere mögliche Schwachstellen aufzudecken.

- Anzeige -

In dem Neubau waren ca. 8000 Pressstellen vorhanden. Daraus ergeben sich bei einer Unsicherheit von nur 0,1 % theoretisch 8 Fehlstellen, die bei einer üblichen Druckprobe nicht bemerkt werden könnten, wenn sie nicht verpresst sind. Wie sollen also die Pressstellen geprüft werden, damit alle Beteiligte ruhig und „trocken“ schlafen können?

Folgender Vorschlag vom Ing.-Büro zur Überprüfung aller Verbindungsstellen (Pressfitting) wurden durchgeführt:

1. Druckprobe mit Spülkompressor zur Simulation von Druckstößen bis max. 8 bar

2. Ultraschallprüfung bei 10 % Stichproben der Fittinge, ob die Rohrenden tief genug im Fitting sitzen. Bei Auftreten von Fehlerstellen erfolgten dann eine weitere 10 % Stichprobenprüfung.

Es wurde eine weitere Fehlerstelle entdeckt, so dass weitere Überprüfungen notwendig waren. Allerdings ist die Ultraschallprüfung nur da möglich, wo die Fittinge zugänglich sind. Diese sind aber in der Regel nur in den Technikräumen und an den Anschlüssen der Waschbecken zugänglich.

Daher wurde vorgeschlagen, Druckstöße auszulösen durch schlagartiges öffnen und schließen durch Betätigung an jedem Einhebelmischer im Gebäude (jeweils 10 x kaltwasser- und 10 x warmwasserseitig, siehe Bild 1). Bei solch einem bestimmungsgemäßen Betrieb (!) können Druckstöße bis 100 bar auftreten. Da die TW-Installation mit den Endzapfstellen bereits fertig montiert war, konnte der bestimmungsgemäße Betrieb zur Überprüfung neben der TWI auch aller Endgeräte genutzt werden. Ein nicht zu vernachlässigbarer Vorteil für den Betreiber.

Bild 1: Manuelle Betätigung der Endzapfstellen

Manuelle Betätigung der Endzapfstellen

Wichtig dabei ist die Überprüfung mit Drucksensoren bzw. Manometer, damit der Druck gemessen und dokumentiert werden kann. Danach wird der Ruhedruck über einen längeren Zeitraum bestimmt, um keinen Druckabfall festzustellen. Dies wurde an drei Tagen wiederholt und das Gebäude durch die eigenen Mitarbeiter auf mögliche Wasserschäden kontrolliert.

Bild 2: Manometer zur Druckmessung

Ergebnis

Die Druckstöße wurden über Manometer mit Videoaufzeichnung dokumentiert (siehe Bild 2). Bei der ersten Druckprüfung erfolgte durch manuelles Betätigen der Einhebelmischer die 1. Undichtigkeit: In diesem Fall war ein Duschbrauseschlauch abgerissen, der nicht fest genug verschraubt war.

Durch Wiederholung der Prozedur wurde eine 2. Undichtigkeit festgestellt, die durch einen Druckabfall über einen längeren Zeitraum angezeigt wurde. Verursacht wurde dies durch ein kaputtes Schwimmerventil in einem Spülkasten, dass bei der Belastung dem Druck nicht Stand gehalten hat und den Druckabfall auslöste.

Bei der nächsten Druckprüfung erfolgte ein schneller Druckabfall, der durch das Zapfen von Wasser durch eine Reinigungsfirma verursacht wurde. Daher wurde das Gebäude verschlossen, bevor die gesamte Prozedur erneut durchgeführt wurde. Nach diesem Vorfall blieb der Druck konstant. Daher wurde zwischen allen Beteiligten, Betreiber, Eigentümer, Ing.-Büro, Installateurfirma, Sachversicherer festgestellt, dass die TWI dicht ist und in Betrieb genommen werden kann.

Zusätzlich können mit der Installation von intelligenten Zählern Schleichleckagen sicher erfasst. Somit kann sofort reagiert und der betroffene Strang abgesperrt werden, sofern Unterzähler in dem verzweigten Netz gesetzt werden. Dies wird in einem nächsten Artikel näher erläutert.

FAZIT:

Mit dieser Methode, im bestimmungsgemäßen Betrieb hohe Druckstöße auszulösen, um Undichtigkeiten festzustellen, ist die TWI unter kritischen Betriebsbedingungen geprüft worden, wie sonst keine TWI geprüft wird. Dadurch wird auch nicht die Gewährleistung beeinträchtigt, da keine zusätzlichen Kugelhähne endständig in die Installation installiert werden mussten. Dies ist für die Gewährleistung wichtig. Hinzu kommt bei dieser Prozedur, dass nicht nur die Prüfung für die Installation bis zu den Eckventilen erfolgte, sondern alle Endgeräte ebenfalls in die Druckprüfung einbezogen wurden. Dies ist für den störungsarmen Betrieb ein Vorteil.

Unter diesen Bedingungen, die insbesondere durch die Begleitung der Schadenverhütung des Sachversicherers möglich wurde (3. Schritt: Druckstöße wurden im bestimmungsgemäßen Betrieb erzeugt), kann eine neu installierte, aber fehlerhafte TWI sicher in Betrieb gehen, wenn alle Fehlstellen behoben sind.

Risikotechnisch wird von der Schadenverhütung solch eine Prüfung als mindestens gleichwertig, wenn nicht höher, gegenüber der Druckprüfung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik angesehen. Aus risikotechnischer Betrachtung sehen daher der Autor und sein Kollege Burkhardt Kopp aus der Schadenverhütung von der Provinzial Versicherung daher keinen technischen Grund, hier keine Leitungswasserversicherung für Gebäude und Inventar anzubieten.

Mit diesem Vorgehen hat die Schadenverhütung auch bei zukünftigen Problemen bzw. Undichtigkeiten bei der Inbetriebnahme von TWI ein Konzept zur Schadenminderung und zur Inbetriebnahme der „undichten Neuinstallation“ entwickelt. Damit kann dann die Neuinstallation ohne Beeinträchtigung der Gewährleistung und mit Versicherungsschutz für das Gebäude in Betrieb gehen.

Dr. Georg Scholzen

Hinweis: Üblicherweise liegt der Druck in der TWI bei 4-6 bar je nach Versorger und Höhenlage der Liegenschaft.

Dr. Georg Scholzen ist Diplom-Chemiker mit über 20 Jahren Erfahrung in der Verhütung von Leitungswasserschäden. Er war u.a. Sprecher der Projektgruppe „Leitungswasser“ des GDV, Mitglied im Projektkreis „Betrieb und Wartung“ beim DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.), Autor des Fachbuches „Leitungswasserschäden: Vermeidung – Sanierung – Haftung“ und der Experte im FORUM LEITUNGSWASSER der AVW Unternehmensgruppe.

Forum Leitungswasser erscheint in Kooperation mit der Initiative Schadenprävention und  der AVW Gruppe

Lesen Sie die nächsten Artikel dieser Ausgabe

Lesen Sie Artikel zum selben Thema