TÜV: Jede vierte (27,1 %) Brandschutzanlage hat im laufenden Betrieb „wesentliche Mängeln“

Der TÜV-Verband sieht angesichts hoher Mängelquoten bei sicherheitsrelevanter Haustechnik weiterhin Defizite beim Brandschutz öffentlicher Gebäude wie Schulen, Krankenhäuser, Hotels, Veranstaltungsstätten oder Hochhäuser. Laut den Ergebnissen des aktuellen „TÜV Baurechtsreports“ ist im Jahr 2023 gut jede vierte (27,1 Prozent) Brandschutzanlage im laufenden Betrieb von den TÜV-Sachverständigen mit „wesentlichen Mängeln“ beanstandet worden – ein Plus von 0,6 Punkten im Vergleich zum Vorjahr.

Im Jahr 2018 lag die Mängelquote noch bei 21,1 Prozent. Weitere 43,9 Prozent der Anlagen hatten im Jahr 2023 „geringfügige Mängel“ und nur 29 Prozent blieben mängelfrei.

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„Der technische Brandschutz in öffentlichen Gebäuden, Beherbergungsstätten und Hochhäusern ist nach wie vor unzureichend und wird seit einigen Jahren beanstandet“, sagte Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands, bei der Vorstellung des „TÜV Baurechtsreports 2024“. „Eigentümer und Verwalter sind gefordert, die Funktionsfähigkeit der Brandschutzanlagen vollständig zu gewährleisten.“

Die von den Sachverständigen geprüften Brandschutzsysteme umfassen neun Anlagentypen, bei sechs Anlagentypen ist die Mängelquote gestiegen. So hatte fast jede dritte Feuerlöschanlage im Betrieb (31 Prozent) wesentliche Mängel, 27,6 Prozent der Rauchabzugsanlagen und 21,3 Prozent der Brandmeldeanlagen. Auch 35,4 Prozent der Lüftungsanlagen und 25,1 Prozent der Notstromaggregate (Sicherheitsstromversorgung) wurden mit erheblichen Mängeln beanstandet. Die Anlagen erhalten in dem Fall keine Prüfbescheinigung. Die Mängel müssen je nach Gefährdung unverzüglich oder innerhalb einer angemessenen Frist behoben werden.

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Im TÜV-Baurechtsreport sind die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen von sicherheitsrelevanten Anlagen in sogenannten Sonderbauten erfasst. Dazu gehören unter anderem Hochhäuser ab 22 Metern Höhe, Beherbergungsstätten, Bildungseinrichtungen, Versammlungsstätten, Kliniken und Pflegeeinrichtungen sowie große Verkaufsstätten ab 2000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Im Jahr 2023 haben die Sachverständigen der TÜV-Organisationen 69.570 sicherheitstechnische Anlagen in Sonderbauten geprüft.

Ungünstige Gemengelage führt zu steigenden Mängelquoten

Der wachsende Zeit- und Kostendruck auf den Baustellen, der Fachkräftemangel und die Komplexität der Gebäudetechnik aber auch Versäumnisse bei Wartung und Instandhaltung führen laut TÜV-Verband zu steigenden Mängelquoten bei den sicherheitsrelevanten Anlagen in Sonderbauten.

„Im Brandfall müssen alle Schutzkomponenten eines Gebäudes reibungslos ineinandergreifen. Wo qualifiziertes Fachpersonal fehlt, das die komplexe Gebäudetechnik beherrscht, verschärfen sich die Probleme wechselseitig“, sagt Dr. Bühler. Bereits zu Beginn der Planungsphase sollten Auftragnehmer daher in den Austausch mit Sachverständigen treten. Auf diesem Weg lasse sich die Mängelzahl vor Inbetriebnahme verringern.

Eine weitere Hürde stellen die zahlreichen Bauvorgaben aus unterschiedlichen Rechtsgebieten dar, die bei Bauvorhaben berücksichtigt werden müssen. Dr. Bühler: „Wir brauchen Bürokratieabbau auch auf den Baustellen. Vorgaben aus verschiedenen Rechtsgebieten müssen zusammengeführt oder vereinfacht werden.“ Die Sicherheit müsse dabei weiterhin oberste Priorität haben.

Energiewende: Neue Herausforderungen für den Brandschutz

Auch die dringend nötige Umsetzung der Energiewende stellt neue Herausforderungen für den Brandschutz an Gebäuden dar. „Mit dem Solarpaket I der Bundesregierung werden Betrieb und Bau von Solaranlagen entbürokratisiert und die Energiewende durch die vereinfachte Nutzung von Steckersolaranlagen demokratisiert. Ein dringend nötiger Schritt zum Erreichen der Pariser Klimaziele“, sagt Dr. Bühler. Doch müsse die wachsende Anzahl an Photovoltaik-Anlagen, Batteriespeichern und Ladestationen für Elektrofahrzeuge auch bei den Brandschutzmaßnahmen von Gebäuden bedacht werden.

Statistisch gesehen geht von PV-Anlagen aktuell kein höheres Brandrisiko aus als von anderen elektrischen Anlagen. Ihre Mängelquote ist aber vergleichsweise hoch, was ihr Brandrisiko auf lange Sicht vergrößert. Ein erhebliches Brandrisiko bergen hingegen die Batteriespeicher, die für die PV-Anlagen in Innenräumen verbaut werden. Im schlimmsten Fall können sie bei extrem hohen Temperaturen von bis zu 1.000 Grad Celsius verbrennen und damit nicht mehr auf herkömmlichem Wege mit Wasser gekühlt und gelöscht werden. Auf diese Gefahren hat der Gesetzgeber mit der Musterverordnung über den Bau von Betriebsräumen für elektrische Anlagen bereits reagiert.

Eine Prüfverpflichtung besteht bei PV-Anlagen allerdings noch nicht

Weder aus den Prüfverordnungen der Länder noch aus sonstigen baurechtlichen Vorgaben geht sie hervor. Nur aus dem Versicherungsrecht kann eine Verpflichtung zu einer vollständigen Prüfung entstehen, wenn Feuerversicherer eine unabhängige Prüfung der Starkstromanlage elektrischer Anlagen, also beispielsweise einer PV-Anlage, verlangen.

Neu im Baurechtsreport: Prüfungen gemäß VdS-Prüfrichtlinie

Feuerversicherer verlangen im Rahmen ihrer Versicherungstätigkeit häufig eine unabhängige Prüfung von elektrischen Anlagen an ihren Versicherungsobjekten, die ansonsten keiner Prüfpflicht unterliegen. Die Ergebnisse dieser Prüfungen wurden bislang vom Verband der Sachversicherer (VdS) zusammengetragen. Der VdS führt nun keine Auswertung der Prüfergebnisse mehr durch. Mit dem Baurechtsreport 2024 veröffentlicht der TÜV-Verband erstmals in komprimierter Form die Zahlen aus den Prüfungen der Sachverständigen der TÜV-Unternehmen gemäß VdS-Prüfrichtlinie.

Im Jahr 2023 war nur ein Zehntel der geprüften Anlagen (10,1 Prozent) mängelfrei. Geringfügige Mängel hatten 57,9 Prozent der Anlagen. Wesentliche Mängel, also solche, bei denen aufgrund der Prüfregel eine besondere Brand- oder Unfallgefahr an den Anlagen festgestellt wird, wiesen im Jahr 2023 ein knappes Drittel der geprüften Anlagen (32,0 Prozent) auf.

Fee Hovehne

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