Angesichts teils drastisch gestiegener Fernwärmepreise mehrt sich in der Politik der Ruf nach einem Einschreiten des Bundeskartellamts. Die Behörde müsse auch bei der Fernwärme darauf achten, dass der Wettbewerb gewahrt bleibe, heißt es. Beklagt wird eine mangelnde Preistransparenz.
Allein auf das Kartellamt zu setzen, reicht aus meiner Sicht nicht aus. Wir brauchen eine unabhängige Behörde, die ständig die Preise für Fernwärme beobachtet, kontrolliert und umgehend eingreift, wenn zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher Reibach gemacht wird.
Das Kartellamt ist eine gute Institution, aber in diesem Fall eher nicht geeignet, weil es aus meiner Sicht zu selten und zu spät eingreifen würde. Allerdings verdeutlicht die Forderung nach einem Eingreifen des Kartellamts, dass da etwas nicht in Ordnung ist.
Vor allem in Mecklenburg-Vorpommern sind viele Mieterinnen und Mieter an ein Fernwärmenetz angeschlossen. Was für die Energiewende eine sehr gute Grundlage ist – mit der Dekarbonisierung von Fernwärme lassen sich viele Haushalte erreichen – ist für die Nutzerinnen und Nutzer ein Problem: sie können nicht mal eben den Anbieter wechseln, wenn sie unzufrieden sind.
Dieses ‚naturgegebene‘ Ungleichgewicht zwischen Anbieter und Nutzer muss dadurch geheilt werden, dass die die Unternehmen permanent kontrolliert werden. Sie müssen der Öffentlichkeit ihre Kostenstruktur darlegen und nachvollziehbar begründen, warum sie ihre Preise erhöhen wollen. Nur dann werden die Menschen es auch akzeptieren.
Derzeit herrscht bei vielen Mieterinnen und Mietern große Verunsicherung und Verärgerung. Wenn Energieversorger ankündigen, dass die Fernwärmekosten sich auf einen Schlag verdreifachen oder sogar vervierfachen, dann wirft das Fragen auf. Eine Preisexplosion dieser Wucht lässt sich auch in Zeiten allgemein steigender Energiepreise beim besten Willen nicht vermitteln.
Ich habe die Sorge, dass in manchen Fällen ein großer Teil des Problems hausgemacht ist, weil die betreffenden Energieversorger eine Beschaffungsstrategie verfolgt haben, die nun die Vermieter und Mieter ausbaden sollen. Das ist nicht hinnehmbar.
Die bestandshaltenden Vermieter haben die explodierenden Fernwärmepreise nicht zu verantworten. Der Preisanstieg verteuert aber das Wohnen und ist sozialer Sprengstoff. Wer in einer kalten Wohnung leben soll, den wird man über kurz oder lang auch mit Klimaschutzanforderungen nicht mehr erreichen. Wenn die Fernwärme auch für die Energiewende ein wesentlicher Bestandteil bleiben soll, muss jetzt gehandelt werden.
Andreas Breitner
Vorstand und Verbandsdirektor
Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW)