Herausforderung Mobilitätswende – Ladeinfrastruktur in Immobilien – Anforderungen, Kosten, Chancen

Herausforderung Mobilitätswende

Das vergangene Jahr wurde durch die Begriffe Zeitenwende, Energiewende und Klimawende bestimmt. Der ressourcenschonende Umgang mit Energie wird seit dem Beginn des Ukraine-Krieges nicht nur klimapolitisch, sondern auch verstärkt wirtschaftspolitisch getrieben.

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Mit dem Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) aus dem Jahr 2019, wurden die Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen und damit der Fahrplan der Klima- und Energiewende festgelegt. Im Verkehrssektor sollen die Emissionen im Vergleich zum Referenzjahr 1990 um fast die Hälfte gesenkt werden (Bundesregierung 2022)[1]. Im Zuge dieser Mobilitätswende will Deutschland auch zum globalen Leitmarkt für Elektromobilität werden.

Als wesentliche Grundlage für den avisierten Markthochlauf der Elektromobilität wird eine flächendeckende, bedarfsgerechte und nutzerfreundliche Ladeinfrastruktur benannt (Bundesregierung 2022)[2]. Der im Oktober 2022 veröffentlichte Masterplan Ladeinfrastruktur II führt in diesem Zusammenhang insgesamt 68 Maßnahmen für den Ausbau von Ladestationen an. Eines der übergeordneten Ziele ist es, das Laden an Gebäuden, d.h. in Immobilien, einfacher zu machen (BMDV 2022)[3].  

Selbstverständlich stand das Thema Ladeinfrastruktur bereits vor Veröffentlichung des neuen Masterplans längst im Fokus der Immobilienwirtschaft. Rund 80% aller Ladevorgänge erfolgen an privaten Ladestationen, d.h. zuhause oder am Arbeitsplatz. Eine eigene Heimladestation bedeutet für Mieter oder Eigentümer Komfort und ein jederzeit bei Abfahrt geladenes Fahrzeug. Am Arbeitsplatz sind Ladestationen unabdingbar für die Elektrifizierung von Unternehmensflotten und der damit verbundenen Erreichung festgelegter Nachhaltigkeitsziele.

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Treiber für Ladeinfrastruktur

Einen elementaren Treiber für den Ausbau von Ladeinfrastruktur in Immobilien stellt das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG)[4] dar, das am 25.03.2021 in Kraft getreten ist. Diesem folgend muss bei Neubau oder einer größeren Renovierung von Wohngebäuden mit mehr als fünf Stellplätzen, jeder Stellplatz mit Leitungsinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ausgestattet werden. Bei neuen Nicht-Wohngebäuden greifen die GEIG-Vorgaben bei mehr als sechs Stellplätzen und legen fest, dass jeder dritte Stellplatz mit Leitungsinfrastruktur ausgestattet sowie ein Ladepunkt errichtet werden muss.

Auch die 2020 abgeschlossene WEG-Reform[5] förderte den Aufbau von Ladestationen in Immobilien. Mit der Nouvelle erhielt jeder Wohnungseigentümer bzw. Mieter einen Anspruch auf eigene Kosten eine Lademöglichkeit für sein Elektrofahrzeug zu errichten. Es zeigt sich, dass Eigentümer und Mieter zunehmend von diesem Recht Gebrauch machen und eine private Ladestation bei ihrem Vermieter einfordern. Die Immobilienwirtschaft steht somit vor der Herausforderung auf diese Nachfrage zu reagieren und die Errichtung von Ladeinfrastruktur in Ihren Liegenschaften strukturiert anzugehen.

Skalierbare, intelligente Konzepte

Für den Aufbau von Ladeinfrastruktur in Wohn- und Gewebeimmobilien sind skalierbare Konzepte entscheidend. Mit Beginn der Planung ist der Bedarf und damit die perspektivische Ausrüstungsquote bestmöglich abzuschätzen. Der Leistungsbedarf sollte unter Berücksichtigung eines Lastmanagements kalkuliert werden. Entsprechende Systeme ermöglichen es, kostspielige Lastspitzen zu vermeiden. Ein individuelles, nicht geplantes Vorgehen birgt Konflikte, da mit steigender Nachfrage nach Ladestationen überproportionale Folgekosten für Anschlussleistungen und elektrotechnische Infrastruktur zu erwarten sind.

Neben den technischen Aspekten sind in der Konzeptionsphase auch die Anforderungen der Betriebsführung zu berücksichtigen. In Mehrfamilienhäusern werden intelligente Lösungen benötigt, die flexibel auf unterschiedliche Nutzungsanforderungen ausgelegt werden können und perspektivisch vielen Nutzern den Zugang zu Ladestationen ermöglichen. Wichtige Kriterien sind unter anderem eine gesicherte Authentifizierung, Tarifierung und Abrechenbarkeit, Remote Service sowie eine zentrale Wartung & Entstörung. Neben eichrechtskonformer Ladehardware erfordert dies die Anbindung an eine Backend-Software.

Die zentrale Voraussetzung für den späteren Einsatz eines externen Betreibers von Ladeinfrastruktur und damit verbunden eine energiewirtschaftlich abgrenzbare Betriebsführung der Ladestationen in dem Gebäude, ist eine separate Marktlokation, über welche die Ladeinfrastruktur differenziert mit Strom beliefert werden kann.

Leistungsumfang Investition und Betrieb

Die Investitionsausgaben (CAPEX) für Ladeinfrastruktur beinhalten die elektrotechnische Vorrüstung, darunter den Netzanschluss, die Messeinrichtung Elektromobilität, die Datenanbindung, das Lastmanagement, die Verteilung Elektromobilität sowie die Leitungsinfrastruktur und die Strom- und Netzwerkleitungen bis zum Stellplatz. Ergänzend sind dem CAPEX die Beschaffung der Wallbox, die Montage der Wallbox sowie die Inbetriebnahme und Backendintegration zuzuordnen.

Abbildung 1: Komponenten der Ladeinfrastruktur Quelle: Eigene Abbildung GETEC mobility solutions GmbH, 2022

Abbildung 1: Komponenten der Ladeinfrastruktur

Quelle: Eigene Abbildung GETEC mobility solutions GmbH, 2022

Die Betriebskosten (OPEX) umfassen den technischen und kaufmännischen Betrieb. Bei der technischen Betriebsführung übernimmt der sogenannte Charge Point Operator (CPO) die Verwaltung der Ladestationen und des Lastmanagements, die Instandhaltung gemäß DGVU 3, die technische Entstörung sowie Organisation der Stromversorgung. Während des Betriebs ist ein dauerhaftes Monitoring der Stationen möglich. Der kaufmännische Betrieb beinhaltet die Elektromobilitätsdienstleistungen gegenüber den Nutzern der Ladestationen. In der Rolle des E-Mobility Service Provider (EMSP) ist der Betreiber für die Bereitstellung von Ladekarten, App, Nutzerservices und Nutzerinformationen sowie die Abrechnung des Fahrstroms zuständig. Der Arbeitspreis ist ebenfalls dem OPEX zuzuordnen.

Je nach Nutzergruppen sind unterschiedliche Betriebs-Setups je Ladestation darstellbar.  Hierzu zählen spezifische Einstellungen Ladestationen in Wohnimmobilien, oder die von Gewerbemietern mit eigenen Flotten und Mitarbeiter-Laden. Auch öffentliches Laden bzw. die Bereitstellung eines Ladeservices für Gäste sind möglich.

Modelle der Refinanzierung und Verträge

Im Kontext von Investition, Betriebsführung und Refinanzierung zeichnen sich divergierende Anforderungen der Immobilienwirtschaft und damit verbunden die Ausdifferenzierung verschiedener Modelle ab.

In einem Modell wird die komplette Ladeinfrastruktur, d.h. sowohl elektrotechnische Vorrüstung als auch Wallbox und Zubehör über die Assetgesellschaft als Eigentümer finanziert. Der Betreiber übernimmt die Betriebsführung der Ladestationen in der CPO und EMP-Rolle gegenüber dem Eigentümer. Bei einer 1:1 Vermietung der Stellplätze werden die Betriebs- sowie ggf. auch die Investitionskosten an die Mieter der Stellplätze weiter berechnet. Bei einer Free-Floating-Nutzung, bei der keine feste Vermietung der Stellplätze besteht und diese durch verschiedene Berechtigte flexibel genutzt werden können, werden die Betriebskosten z.B. je Nutzer abgerechnet.

Des Weiteren sind auch Verschiebungen der Leistungsgrenze möglich, bei denen die potenziellen Nutzer, d.h. Mieter ihre Ladestation eigenständig beim Betreiber abrufen und finanzieren, so dass der Investitionsaufwand der Assetgesellschaft reduziert wird.

Abbildung 1: Komponenten der Ladeinfrastruktur Quelle: Eigene Abbildung GETEC mobility solutions GmbH, 2022

Abbildung 2: Vertragsbeziehungen bei Investitionsbeteiligung des Nutzers

Quelle: Eigene Abbildung GETEC mobility solutions GmbH, 2022

Grundlage für die Betriebsführung durch einen externen Betreiber ist in der Regel ein Nutzungsüberlassungs- bzw. Gestattungsvertrag. Dieser wird üblicherweise durch einen Betriebsführungsvertrag, der entweder mit dem Eigentümer oder Nutzer der Stationen geschlossen wird, ergänzt. Die Umlage von Kosten kann durch den Vermieter beispielsweise durch einen Nachtrag zum Stellplatzmietvertrag erfolgen.

Lina Polom, Head of Operations

Patrick Zywicki, Team Operations

GETEC mobility solutions GmbH


[1]       https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/klimaschonender-verkehr-1794672

[2]       https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/masterplan-ladeinfrastruktur-2133696

[3]        https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Anlage/G/masterplan-ladeinfrastruktur-2.pdf?__blob=publicationFile

[4]       Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz – GEIG)

[5]        Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG)

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