Das oft geradezu euphorisch beschriebene „Wiener Modell“ ist für den deutschen Wohnungsmarkt kein geeignetes Vorbild. Wie eine von der BID beauftragte wohnungspolitische Analyse des Instituts empirica eindrucksvoll belegt, haben oberflächliche Vergleiche angeblicher Durchschnittsmieten und oft zitierte Einzelbeispiele von paradiesischen Mietzuständen bislang ein häufig verzerrtes Bild der Wiener Wohnwirklichkeit erzeugt.
Die wahre Lage zeigt sich bei einem ganz genauen Blick, den die Studienautoren vorgenommen haben: So müssen Wiener Mieter im Vergleich zu deutschen deutlich höhere zusätzliche Zahlungen zur Miete leisten. Die Neuvertragsmieten für zwei Wohnungen identischer Qualität und Lage können völlig unterschiedlich sein, die Bestandsmieten erst recht. Unter dem Begriff „durchschnittliche Neuvertragsmiete“ verbergen sich beispielsweise völlig unterschiedliche Messkonzepte.
Die wohnungspolitischen Ausgaben in Wien sind deutlich höher als in deutschen Metropolen und konzentrieren die Mittel auf die Objektförderung. So gibt die Stadt Wien pro Einwohner etwas mehr als doppelt so viel für die Neubauförderung aus als Berlin. Die Subjektförderung ist hingegen ausgesprochen niedrig, was einkommensschwache Familien benachteiligt.
Das Fazit der Analyse:
Das „Wiener Modell“ ist teuer, unsicher, streitanfällig, bürokratisch, intransparent und ungerecht gerade aus Sicht sozial schwacher Mieter, ohne dass die Wohnkosten in Wien niedriger wären als in deutschen Metropolen. „Das Wiener Mietsystem ist allein schon angesichts seiner Komplexität nicht 1:1 auf Deutschland übertragbar“, erklärte dazu Axel Gedaschko, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft.
„Das zeigt einmal mehr: Statt einfacher Antworten, wie der Nachahmung eines vermeintlichen Erfolgsmodells, brauchen wir für die deutschen Wohnungsmärkte eine eigene, fein abgestimmte wohnungspolitische Strategie. Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft hat effektive Maßnahmen eingefordert, aber an der Umsetzung hapert es. Hier müssen Bund, Länder und Kommunen dringend gemeinsam ran“, so der BID-Vorsitzende. „Ein ganz wichtiger Punkt ist hier eine aktive Bodenpolitik. Da können deutsche Kommunen tatsächlich viel von Wien lernen, wie die Studie zeigt.“
Deutschland (BID) und Präsident des GdW
Weitere Ergebnisse der Studie: Wiener Bodenpolitik als Vorbild
Die Stadt Wien betreibt eine sehr viel aktivere Bodenvorratspolitik als deutsche Städte. Der Bodenfonds verfügte zum Jahresende 2018 über einen Flächenvorrat, der für 10 Jahre ausreicht, obwohl der größere Teil des gesamten Geschosswohnungsneubaus auf Flächen des Bodenfonds realisiert wird. Größere Wohnungsbauprojekte können praktisch ausschließlich auf Flächen des Bodenfonds entstehen…