Prof. Dr. Andreas Saxinger – Die Umlagefähigkeit von Müllmanagementkosten

Seit rund zwei Jahrzehnten wird die Frage kontrovers diskutiert, ob und inwieweit Kosten, die dem Vermieter im Zuge der Beauftragung eines Unternehmens für die Erbringung von Müllmanagementleistungen anfallen, als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden können.

I. Einleitung

In seinem Urteil vom 05.10.2022 (BGH, Urt. v. 05.10.2022, VIII ZR 117/21) ergab sich für den Bundesgerichtshof erstmals die Gelegenheit, höchstrichterliche Ausführungen zur Umlagefähigkeit von Müllmanagementkosten zu machen. Bei genauerer Analyse des Urteils wird allerdings deutlich, dass der Bundesgerichtshof seine Prüfung allein auf die Umlagefähigkeit von Kosten eines externen Dienstleisters für die Kontrolle der Restmüllbehälter einer Liegenschaft auf Einhaltung der satzungsmäßigen Vorgaben für die Mülltrennung und für die bei fehlerhafter Abfalltrennung erfolgende Nachsortierung von Hand beschränkt hat.

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Diese Kosten sah der Bundesgerichtshof als nach § 2 Satz 1 Nr. 8 BetrKV auf alle Mieter umlegbare Betriebskosten an. Eine Differenzierung hinsichtlich der Umlegbarkeit zwischen Mietern, die fehlerhafte und Mietern, die fehlerfreie Mülleinwürfe vorgenommen hatten, hält der Bundesgerichtshof für nicht erforderlich, zumal sie bei großen Wohnanlagen kaum durchführbar sein dürfte.

Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 05.10.2022 somit keine Aussagen zur generellen Umlagefähigkeit von Müllmanagementkosten gemacht, sondern lediglich zu diesem einen, wenngleich bedeutenden Teilaspekt des Müllmanagements.
Der Begriff des Müllmanagements umfasst ein breites Spektrum an Dienstleistungen, ist weder gesetzlich definiert noch wird er sonst an irgendeiner Stelle in gesetzlichen Bestimmungen verwendet.

Entscheidend für eine Umlegung der Kosten, die durch ein Müllmanagement entstehen, auf die Mieter ist allein, ob sie rechtlich als Betriebskosten nach § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB oder als Modernisierungskosten nach § 555b i.V.m. § 559 Abs. 1 BGB qualifiziert werden können. Ihre Bezeichnung als Kosten des Müllmanagements ist demgegenüber unerheblich.

Der Begriff des Müllmanagements umfasst ein breites Spektrum an Dienstleistungen, ist weder gesetzlich definiert noch wird er sonst an irgendeiner Stelle in gesetzlichen Bestimmungen verwendet.

II. Umlegbare Betriebskosten

  1. Kosten für die Organisation der Durchführung der Müllbeseitigung
    Die Kosten, die dem Vermieter für die Organisation der Durchführung der Müllbeseitigung anfallen, werden bei einer Sammelentsorgung von Müll in erster Linie die von ihm an das Entsorgungsunternehmen zu entrichtenden Müllgebühren sein. Bei diesen handelt es sich um nach § 2 Satz 1 Nr. 8 BetrKV als Kosten der Müllbeseitigung auf die Mieter umlegbare Betriebskosten.
  2. Kosten für die Überwachung des Müllplatzes
    Im Hinblick auf die Kosten für die routinemäßige Überwachung des Müllplatzes im Hinblick auf Verschmutzungen, Verwahrlosung oder sonstige Unregelmäßigkeiten kommt es darauf an, wer diese vornimmt. Erfolgt die Überwachung durch den Hausmeister des Vermieters, liegen nach § 2 Satz 1 Nr. 14 BetrKV auf die Mieter umlegbare Betriebskosten vor (AG Brandenburg, Urt. v. 07.06.2010, 31 C 210/09).

    Wird die routinemäßige Überwachung des Müllplatzes hingegen von einem Müllmanagementunternehmen als vom Vermieter beauftragten externen Dienstleister wahrgenommen, liegen nach § 2 Satz 1 Nr. 8 BetrKV umlegbare Betriebskosten der Müllbeseitigung vor. Nimmt, was in kleineren Wohnanlagen denkbar ist, der Vermieter selbst die routinemäßige Überwachung des Müllplatzes vor, handelt es sich um eine Eigenleistung des Vermieters nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrKV. Er darf dann seine Arbeitsleistung mit dem Betrag ansetzen, der für eine gleichwertige Leistung eines Dritten, insbesondere eines Unternehmers, angesetzt werden könnte, jedoch ohne die Umsatzsteuer.
  3. Kosten für die Überprüfung des tatsächlichen Bedarfs an Leistungen der Müllbeseitigung
    Ähnliches gilt für die Kosten, die durch die regelmäßigen Überprüfungen anfallen, ob die vorhandene Tonnenanzahl und -größe sowie die Leerungsintervalle noch dem tatsächlichen Bedarf der Mieter entsprechen. Hier liegen nach § 2 Satz 1 Nr. 14 BetrKV umlegbare Betriebskosten vor, wenn der Hausmeister diese Prüfungen vornimmt (OLG Naumburg, Urt. v. 05.11.2002, 9 U 81/02).

    Beauftragt der Vermieter für die Überprüfungen hingegen ein Müllmanagementunternehmen, handelt es sich um Betriebskosten, die nach § 2 Satz 1 Nr. 8 BetrKV auf die Mieter umlegbar sind. Bei Eigenleistungen des Vermieters gilt wiederum § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrKV.
  4. Kosten für die Reinigung des Müllplatzes
    Bei der regelmäßigen Reinigung des Müllplatzes durch den Hausmeister fallen nach § 2 Satz 1 Nr. 14 BetrKV umlegbare Betriebskosten an. Nimmt ein beauftragtes Müllmanagementunternehmen die Reinigungsleistungen des Müllplatzes vor, handelt es sich um nach § 2 Satz 1 Nr. 9 BetrKV umlegbare Betriebskosten.

    Der Müllplatz gehört zu den in § 2 Satz 1 Nr. 9 BetrKV genannten von den Bewohnern gemeinsam genutzten Teilen des Gebäudes. Führt der Vermieter die Reinigung des Müllplatzes in Eigenleistung durch, muss er für die Umlegung seiner Arbeitsleistungen auf die Mieter § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrKV beachten.
  5. Kosten für die Reinigung der Mülltonnen
    Die Kosten für die Reinigung der Mülltonnen selbst durch den Hausmeister sind nach § 2 Satz 1 Nr. 14 BetrKV umlegbare Betriebskosten, falls es sich um regelmäßige Reinigungsarbeiten handelt. Nimmt ein beauftragtes Müllmanagementunternehmen die regelmäßige Tonnenreinigung vor, handelt es sich um nach § 2 Satz 1 Nr. 8 BetrKV umlegbare Betriebskosten. Führt der Vermieter die regelmäßige Reinigung der Tonnen in Eigenleistung durch, gilt § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrKV.
  6. Kosten für einen Mülltonnenservice
    Die Kosten für das Heraustragen der Tonnen vom Müllplatz auf die Straße und für das nach der Leerung erforderliche Zurücktragen der Tonnen zum Müllplatz (sog. „Mülltonnenservice“) gehören ebenfalls zu den umlegbaren Betriebskosten. Erfolgt der Mülltonnenservice durch den Hausmeister, gehören die Kosten zu § 2 Satz 1 Nr. 14 BetrKV (AG Brandenburg, Urt. v. 07.06.2010, 31 C 210/09), bei einem beauftragten Müllmanagementunternehmen hingegen zu § 2 Satz 1 Nr. 8 BetrKV und bei einer Eigenleistung des Vermieters ist § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrKV zu beachten (AG Frankfurt a.M., Urt. v. 16.12.2011, 385 C 2425/11).
  7. Kosten für die Aufklärung der Mieterschaft über die Grundsätze der Mülltrennung
    Die dem Vermieter entstehenden Kosten für die Aufklärung und Information der Mieterschaft über die Grundsätze der Mülltrennung lassen sich als nicht öffentliche, da auf die eigene Mieterschaft beschränkte Maßnahmen nach § 2 Satz 1 Nr. 8 BetrKV würdigen und damit als auf die Mieter umlegbare Betriebskosten (AG Frankenthal, Urt. v. 15.02.2019, 3a C 288/18).
  8. Kosten für die Kontrolle der Mülltrennung
    Wie der Bundesgerichtshof im Urteil vom 05.10.2022 entschieden hat, gehören die Kosten für ein vom Vermieter beauftragtes Dienstleistungsunternehmen zur Kontrolle der Restabfallbehälter vor Ort auf Einhaltung der satzungsmäßigen Vorgaben für die Mülltrennung und zur händischen Nachsortierung bei fehlerhafter Abfalltrennung zu den Betriebskosten nach § 2 Satz 1 Nr. 8 BetrKV.

    Die Kosten entstehen im Vorfeld der eigentlichen Müllbeseitigung, dienen deren Vorbereitung und sind vergleichbar mit den Kosten für den Betrieb von Müllkompressoren. Die anfallenden Kosten können auf alle Mieter umlegt werden, sodass es keine Rolle spielt, wer genau von den Mietern die Müllfehleinwürfe und damit eine händische Nachsortierung verursacht hat.

Zu denken wäre an das Verlegen von neuen Bodenplatten zur Befestigung der Anlage mitsamt einer Erweiterung der Einzäunung.

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III. Umlegbare Modernisierungskosten

Neben diesen geschilderten Kosten können im Zusammenhang mit der Müllbeseitigung beim Vermieter weitere Kosten anfallen, die bereits mangels Regelmäßigkeit keine Betriebskosten nach § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB sein können. Dies betrifft zum einen die Anschaffung neuer bzw. weiterer Tonnen für die Müllbeseitigung, wenn die bisherigen Kapazitäten für den anfallenden Müll der Mieter nicht ausreichen, und zum anderen die räumliche Erweiterung des Müllplatzes um das Aufstellen von zusätzlichen Tonnen überhaupt erst zu ermöglichen.

  1. Anschaffung neuer Tonnen
    Nach § 555b BGB erfordern alle Modernisierungsmaßnahmen eine bauliche Veränderung. Deshalb kann mangels einer solchen baulichen Veränderung die Anschaffung neuer zusätzlicher Tonnen keine Modernisierungsmaßnahme sein. Gleiches gilt für die Erstanschaffung von Mülltonnen (OLG Naumburg, Urt. v. 03.04.2007, 9 U 9/07).
  2. Anmietung neuer Tonnen
    Ob die Kosten für die Anmietung zusätzlicher neuer Tonnen als Betriebskosten nach § 2 Satz 1 Nr. 8 BetrKV qualifiziert werden können, erscheint fraglich. Die Anmietung erweist sich in diesem Fall als eine Alternative des Vermieters zur Anschaffung der neuen Mülltonnen.

    Diese Konstellation ähnelt derjenigen der Anmietung von Rauchwarnmeldern anstelle deren Anschaffung. Mittlerweile ist höchstrichterlich geklärt, dass, da es keine vorrangigen Spezialvorschriften im Katalog des § 2 BetrKV gibt, die Mietkosten für Rauchwarnmelder nicht als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden können (BGH, Urt. v. 11.05.2022, VIII ZR 379/20). Es erscheint naheliegend, diese Rechtsprechung auch auf die Kosten für die Anmietung von zusätzlich benötigten neuen Mülltonnen zu übertragen. In § 2 Satz 1 Nr. 8 BetrKV findet sich kein Hinweis auf die Umlegbarkeit von Kosten, welche durch die Anmietung von Mülltonnen entstehen.

    Daher können diese Kosten vom Vermieter weder als Betriebskosten nach § 2 Satz 1 Nr. 8 BetrKV noch als sonstige Betriebskosten nach § 2 Satz 1 Nr. 17 BetrKV umgelegt werden.
  3. Räumliche Erweiterung des Müllplatzes
    Eine für eine Modernisierungsmaßnahme nach § 555b BGB erforderliche bauliche Veränderung kann bei einer räumlichen Erweiterung des bestehenden Müllplatzes durch den Vermieter gegeben sein. Zu denken wäre an das Verlegen von neuen Bodenplatten zur Befestigung der Anlage mitsamt einer Erweiterung der Einzäunung. Auf dem insoweit vergrößerten Müllplatz lassen sich dann die vom Vermieter angeschafften neuen zusätzlich benötigten Tonnen aufstellen.

    Während Modernisierungsmaßnahmen nach § 555b Nr. 4 BGB auf die Erhöhung des Gebrauchswerts der konkreten Wohnung des Mieters bezogen sein müssen, zielen Maßnahmen nach § 555b Nr. 5 BGB auf die Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer und erfassen insoweit den Ausbau nicht öffentlicher Gemeinschaftsanlagen in einer Liegenschaft. Dies dürfte auf die mittels baulicher Maßnahmen vorgenommene räumliche Erweiterung eines Müllplatzes zutreffen, der ausschließlich den Mietern der Wohnanlage zur Verfügung steht (LG Berlin, Urt. v. 14.01.2015, 65 S 267/14).

    § 559 Abs. 1 BGB ermöglicht dem Vermieter die Umlage der Kosten, die durch eine Modernisierungsmaßnahme nach § 555b Nr. 5 BGB entstehen. Die Umlage erfolgt über eine Mieterhöhung gemäß §§ 559 ff. BGB, sodass die dabei geltenden Voraussetzungen zu beachten sind. Die Modernisierungskosten für die Erweiterung des Müllplatzes sind nach § 559 Abs. 3 BGB vom Vermieter auf die Mieter der einzelnen Wohnungen in der Liegenschaft aufzuteilen.

    Fallen im Zuge der Erweiterung des Müllplatzes zugleich auch Kosten für Erhaltungsmaßnahmen an der bereits bestehenden Anlage an, beispielsweise durch einen Austausch abgenutzter oder defekter Bodenplatten, sind diese Kosten von den umlegbaren Modernisierungskosten gemäß § 559 Abs. 2 BGB abzuziehen.

In großen Wohnanlagen spricht viel dafür, dass Kontrollen der Mülltonnen im Hinblick auf Fehleinwürfe erforderlich sind ebenso wie die händische Nachsortierung des falsch eingeworfenen Mülls.

IV. Das Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Umlage von Müllmanagementkosten

  1. Müllmanagement als erforderliche Maßnahme
    Im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots des § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB ist zu prüfen, ob die Beauftragung eines externen Dritten für ein Müllmanagement durch den Vermieter überhaupt eine erforderliche Maßnahme darstellt. Bei kleinen Wohnanlagen, bei denen seitens der Mieter keine Fehleinwürfe von Müll zu verzeichnen sind, dürfte sich die Beauftragung eines externen Dritten zur regelmäßigen Kontrolle der ordnungsgemäßen Mülltrennung als eine nicht erforderliche Maßnahme erweisen.

    Im Umkehrschluss ist eine solche Kontrolle durch den Vermieter nur dann erforderlich, wenn es konkrete Anzeichen gibt, dass die Mieter wiederholt falsche Mülleinwürfe machen bzw. bereits gemacht haben. In großen Wohnanlagen spricht viel dafür, dass Kontrollen der Mülltonnen im Hinblick auf Fehleinwürfe erforderlich sind ebenso wie die händische Nachsortierung des falsch eingeworfenen Mülls. In aller Regel werden in großen Wohnanlagen diejenigen Mieter, welche die Fehleinwürfe verursachen, durch den Vermieter nicht ermittelbar und damit nicht feststellbar sein.

    Ein individueller Bezug der entstandenen Kosten zu einzelnen Mietern ist dann nicht erforderlich, es genügt vielmehr der Bezug zur Mietsache. Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 05.10.2022 klargestellt, dass die Kosten durch den Vermieter in solchen Fällen auf alle Mieter der Liegenschaft umgelegt werden können. Letztlich werden hierdurch ein Haftungsverband bzw. eine Haftungsgemeinschaft aller in einem Mietobjekt wohnenden Mieter begründet (AG Frankenthal, Urt. v. 15.02.2019, 3a C 288/18).

    Eine andere Wertung dürfte nur dann gerechtfertigt sein, wenn die Verursacher der Müllfehleinwürfe und der daraus resultierenden notwendigen Kontrollen und Nachsortierungen durch den Vermieter selbst oder ein vom Vermieter beauftragtes Müllmanagementunternehmen eindeutig zu identifizieren sind. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn Müllfehleinwürfe ausschließlich in denjenigen Mülltonnen zu verzeichnen sind, die bei einer kleineren Wohnanlage allein von den Bewohnern eines Hinterhauses benutzt werden (AG Münster, Urt. v. 21.12.2005, 59 C 2601/05).
  2. Erzielte Einsparungen an Müllbeseitigungskosten durch ein Müllmanagement
    Die durch das Müllmanagement erzielten Einsparungen an Müllbeseitigungskosten für die Mieter sind typisch für das sog. Performance Contracting, das sich aus den eingesparten Müllgebühren finanziert. Die realisierten Einsparungen machen deutlich, dass die Kosten für die Einschaltung des Müllmanagementunternehmens selbst dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB genügen (ähnlich AG Remscheid, Urt. v. 02.09.2022, 27 C 62/22).

Prof. Dr. Andreas Saxinger, Geislingen

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