Lyon im Wandel

Angesichts sozialer Probleme im großvolumigen Wohnbau wurde in den letzten Jahren in Lyon ein Aufholprozess gestartet. Der VWBF sieht Österreich durchaus als Vorzeigebeispiel für Stadtentwicklung.
— KARIN LEGAT

Die diesjährige Studienreise des Vereins für Wohnbauförderung, VWBF, führte in die französische Stadt Lyon, die als Industriestadt laut VWBF-Obmann Michael Gehbauer eine hohe Tradition an sozialem und auch leistbarem Wohnbau hat. „Der Wohnbau ist in Frankreich generell ein starker Markt. In den vergangenen Jahren wurden jährlich zwischen 350.000 und 440.000 Wohnungen fertiggestellt, davon 80.000 bis 100.000 sogenannte HLM-Mietwohnungen (Habitation à loyer modéré). Das entspricht Wohnungen mit moderaten Mieten und ist mit den heimischen geförderten Wohnungen vergleichbar“, so Gehbauer. Errichtet werden sie von etwa 600 Akteuren, davon 202 öffentlichen, 175 privaten non-profit, 162 Genossenschaften und 54 AG. In Österreich gibt es im Vergleich dazu etwa 180 gemeinnützige Bauvereinigungen.

- Anzeige -

Der Wohnbedarf in Lyon wurde vielfach durch die Errichtung gewaltiger monotoner Wohnriegel gedeckt, die 200 bis 300 Meter lang waren und 20 bis 25 Geschoße umfassten. Diese Baulösung hat Österreich gemieden. Es gab auch hier immer wieder Phasen mit starkem Wohnbau, z. B. in den 50er-Jahren zur Beseitigung der Wohnungsnot nach dem Krieg und in den 70er-Jahren. Heute wird in größerem Maßstab gebaut, um die Kosten einhalten zu können. „Aber selbst, wenn wir groß bauen, heißt das nicht, dass wir einen Betonscheibe mit 300 Meter Länge errichten.

Wir bauen in unterschiedlichen Strukturen“, so Gehbauer und nennt als Beispiel die Wohnbebauung in der Körnerkaserne in Wien Penzing. Dort sind 1.100 Wohnungen errichtet worden, von sechs Bauträgern. Dadurch wurden Strukturen geschaffen, die Vielfalt und Individualität gewährleisten. Als Wiener Vorzeigebeispiel wurde bei der Studienreise auch der Wohnpark Wien Alt Erlaa genannt, der 3.182 Wohneinheiten umfasst. Aufgrund der Vielfalt und der Ausstattung besteht dort laut Klaus Baringer, GBVObmann, höchste Wohnzufriedenheit mit 98 Prozent.

„Wir haben Pools am Dach, Indoorpools, eine Tennishalle mit Saunaanlagen, medizinische Versorgung mit 16 Ärzten, Schulen, eine Kirche und Parkanlagen“, sieht er im qualitätsvollen Bauen und respektvollen Umgang mit der Bevölkerung die Voraussetzung für moderne Wohnbauten. Billiges Bauen sei teures, denn wenn Ghettos mit möglichst wenig Geld errichtet und die Menschen dort hineinquetscht werden, gibt es nach Jahren die gesellschaftspolitische Rechnung. Auch in Lyon wurden die Vorteile des kleinvolumigen Bauens und der baulichen Vielfalt erkannt. Anfang der 2000er-Jahre wurde im Stadtteil La Duchère mit dem Abbruch der riesigen Wohnanlagen begonnen, niedergeschoßige ansprechende Wohnblocks an der Stelle der Wohnriegel errichtet – heute betritt man La Duchère als lebendiges, vielfältiges Stadtviertel.

- Anzeige -

Energie im heimischen Sozialbau

Zur Sprache kam bei den Spaziergängen durch Lyon auch die Bedeutung des mehrgeschoßigen Wohnbaus für die Energiewende. „Mietobjekte sind bei der aktuell nötigen Umrüstung der Energiesysteme im Vorteil, weil diese rascher und einfacher umgesetzt werden können“, betonte Petra Neuherz, Obmann-Stellvertreterin im VWBF. Es sei nicht leicht, in einer Eigentümergemeinschaft den Beschluss zu erreichen, ein Haus thermisch zu sanieren und z. B. an die Fernwärme anzuschließen.

Im eigenen Bestand könne ohne Beschluss umgesetzt werden. Michael Gehbauer sieht einen Nachholbedarf in Lyon, generell in Frankreich, für eine Energie- Trendwende. Österreich sei Vorbild. „Wir haben schon länger ein Einbauverbot für Ölkessel, seit kurzem auch ein Verbot, im Neubau fossile Brennstoffe einzusetzen“, so Neuherz…

Lesen Sie die nächsten Artikel dieser Ausgabe

Lesen Sie Artikel zum selben Thema