Grenzüberschreitender Gedankenaustausch

Der soziale Wohnbau in Wien gilt dank des Engagements der GBV und der Stadt international als Vorzeigebeispiel, wie leistbares Wohnen funktionieren kann – trotz angespannter wirtschaftlicher Lage und den unterschiedlichen Interessen, die unter einen Hut zu bringen sind. Der im sozialen Wohnbau in Berlin seit Jahrzehnten aktive Klaus Mindrup besuchte die Hauptstadt und tauschte sich u. a. mit Michael Ludwig über Herausforderungen und Visionen aus.
GISELA GARY

Trotz des stürmischen Wetters wollte Klaus Mindrup von der SPD Berlin so viel wie möglich von Wien sehen – die Exkursion führte den Politiker zuerst zu einem spannenden Austausch mit Georg Niedermühlbichler, Präsident der Mietervereinigung, Michael Ludwig, Bürgermeister von Wien, und Michael Gehbauer, VWBF. Ludwig zeigte sich über das Interesse aus Berlin begeistert und beeindruckt, räumte aber zugleich ein, „dass wir auch eisern dafür kämpfen, das Niveau an leistbarem Wohnraum trotz der explodierenden Baukosten und der Klimaschutzansprüche halten zu können“. Michael Ludwig betonte dabei die Bedeutung des integrierten Ansatzes, der sowohl auf Nachhaltigkeit als auch auf sozialen Zusammenhalt setzt.

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Die kleine Runde besuchte anschließend die Seestadt Aspern, Gerhard Schuster erläuterte die nächsten Schritte in Europas größtem Stadtentwicklungsgebiet. Und auch in der Seestadt zeigte sich, Wien hat Vorbildcharakter, „das gemischte Konzept geht hier super auf, das vermissen wir in Berlin ebenso“, so Mindrup.

Der Biologe und seit Jahrzehnten aktive Wohnungs-Genossenschafter Klaus Mindrup war bis 2021 im Bundestag. Er ist u. a. auch als Sachverständiger für bezahlbares Wohnen und Erneuerbare Energien tätig. Seine thematischen Schwerpunkte sind eindeutig: Mieten und Energie müssen leistbar und bezahlbar bleiben. „Wien ist für mich unglaublich, was hier alles realisiert wird, allerdings fehlen uns in Berlin natürlich auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen wie die hierzulande geltende Regelung, dass bei großvolumigen Wohnbauten zwei Drittel dem geförderten Wohnraum gewidmet werden müssen. Das ist meines Wissens einzigartig“, so Mindrup.

Mindrup staunte ebenso über die Neubau-, Sanierungs- und Dekarbonisierungsverordnung der Stadt Wien, die vom deutschen Politiker als besonders innovativ wahrgenommen wurde, als auch über die kürzlich von der Wien Energie in Betrieb genommene Großwärmepumpe in Simmering, die im Endausbau die leistungsstärkste Europas werden soll.

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Das Treffen mit GBV-Obmann Klaus Baringer ermöglichte einen vergleichenden Blick auf die Strukturen und Vorgehensweisen der beiden Städte. Die Diskussionen konzentrierten sich auf die verschiedenen Ansätze zur Förderung des sozialen Wohnbaus und die Rolle der gemeinnützigen Bauvereinigungen in diesem Prozess. Abschließend warnte Mindrup vor den angedachten „Erleichterungen“ bezüglich Veräußerung von geförderten Mietwohnungen: „Deutschland hat in den 80iger-Jahren den gemeinnützigen Wohnbau eingestampft und den Wohnungsbestand so rasch wie nur möglich ausverkauft. Heute blickt man mit Wehmut zurück, der Schaden ist irreversibel.“

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