PV-Zellen als Gestaltungsmittel, Kunst als Gesprächsthema und jede Menge Angebote zur physischen Betätigung: In der neuen Wohnanlage der Wien-Süd in Wien-Donaustadt findet sich für alle etwas.
— FRANZISKA LEEB


Wohin mit der Photovoltaik, wenn das Dach zum Schwimmen und Garteln genutzt wird? An die Balkonbrüstungen! Eine pragmatische Lösung kann sehr attraktiv sein, beweist die neue Wohnanlage der Wien-Süd in der Berresgasse in Wien-Donaustadt. Seien wir ehrlich: Die Balkone sind oft die Achillesferse der Architektur. Selbst dann, wenn Architektinnen und Architekten alles daransetzen, eine gute Balance zwischen Durchlässigkeit und Sichtschutz zu finden und viel Aufwand bei der Gestaltung treiben, kommen bald aus dem nächstbesten Baumarkt die Bastmatten und Kunststoffbahnen geflogen. Im Wohnbau muss die Architektur dies aushalten, sagen die einen, scheußlich, finden es die anderen.
Die Energiewende als Gestalterin
Die Wien-Süd und Architekt Bresich lösten das Dilemma, indem die Photovoltaik in die Balkon- und Loggien integriert wurde, das PV-Paneel also zugleich Brüstungsplatte ist. Das setzt dezente Akzente auf den schlichten weißen Baukörpern, bereichert den umfangreichen Katalog möglicher Balkonausbildungen und deckt den Strombedarf der Anlage. So schön kann erneuerbare Energie sein.
Tiefgaragenentlüftungen, die Hindernisse im Freiraum bilden, sucht man vergeblich. Stattdessen wurde im Hof ein großer Licht- und Luftschacht geschaffen, welcher der Tiefgarage den Bunkercharakter nimmt. Mit einer ordentlichen Substratschicht ausgestattet wachsen in diesem abgesenkten Garten nicht nur Stauden und Gräser, sondern auch eine Platane, die wie ein grüner Finger emporragt und zur Verbesserung des Mikroklimas beiträgt.
Selbstverständlich Kunst
Wohnhausanlage Berresgasse 7, 1220 Wien
- Architektur: Architekt Bresich ZT GmbH
- Landschaftsarchitektur: DnD Landschaftsarchitektur
- 165 geförderte 2-, 3- und 4-Zimmer-Wohnungen, ca. 45 m2 bis ca. 94 m2, davon 55 Smart-Wohnungen
- Fertigstellung: Frühjahr 2024
Kunst im Wohnbau hat mittlerweile Tradition bei der Wien-Süd. In der Berresgasse lässt der Künstler Tobias Hermeling ein Grüppchen übermannsgroßer Personen über die Wiese flanieren: ein Ehepaar, das einem Magazin der 1950er- Jahre entsprungen zu sein scheint, ein fotografierender Mann in den besten Jahren, der die Gegenwart dokumentiert, und eine sportlich gekleidete, barfüßige junge Frau als Vertreterin der nächsten Generation. Was haben sie miteinander zu tun? Was haben sie sich zu sagen? Auf gläserne Stelen aufgebracht spannen sie einen kleineren, intimen Raum im großen Freiraum, und werden ganz bestimmt viele Geschichten in den Köpfen der Bewohnerinnen und Bewohner entstehen lassen und Anlass zu dem einen oder anderen Gespräch geben.
Auch bei der Abkühlung im Pool, beim Schwitzen in Fitnessraum oder Sauna und nicht zuletzt beim gemeinsamen Gärtnern werden auf unkomplizierte Art nachbarschaftliche Begegnungen stattfinden. Ob Kunst, Garten oder Freizeitangebot – diese Einrichtungen nehmen nur einen verschwindend geringen Anteil am Baubudget ein – für das Entstehen einer Hausgemeinschaft und die Bindung an das neue Zuhause sind sie Goldes wert.