Endlich gelandet

Die ehemalige Lehrerin stürzte vor knapp zehn Jahren auf allen Ebenen ihres Lebens ab. Nun hat sie in einer Wohnung von neunerimmo, in einem Gebäude der EBG, ein neues Zuhause gefunden und es geht aufwärts, verrät Ursula Schreiber glückstrahlend.
GISELA GARY

Langsam ist die Wohnung fertig eingerichtet. Ursula Schreiber ließ sich Zeit dabei, musste erst mal ankommen, es fassen, dass sie es geschafft hat, aber jetzt ist sie endlich gelandet – in ihrer Wohnung, die sie sich leisten kann, und in der sie sich rundum wohlfühlt. Die ehemalige Lehrerin führte eigentlich ein sogenanntes ganz normales Leben – Mann, Kind, gemeinsame Wohnung, Arbeit. Doch 2009 begann der Sinkflug. Aufgrund eines Unfalls, der sie ins Spital zwang und einer Reihe von Missverständnissen wurde sie delogiert.

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„Das ging alles so rasant dahin, ich wusste plötzlich nicht mehr, wo oben und unten ist“, erzählt Schreiber nachdenklich. Dazu kamen Depressionen, Alkohol und das völlige private Chaos. Sie verbrachte ein Jahr in diversen Notquartieren und auf der Straße, 2010 zog sie ins Max-Winter- Haus und startete mit einer Therapie. Der Sohn wandte sich ab von ihr und wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben. Ab 2014 machte sie sich auf Wohnungssuche, doch mit knapp 950 Euro Pension kein einfaches Unterfangen am Wiener Wohnungsmarkt. Durch das Projekt „Housing first“ von neunerimmo und mit Hilfe eines Freundes fand sie ihre jetzige Wohnung in dem Haus der EBG mit 13 Parteien.

Sie ist die einzig „sozial Schwache“ im Haus, „aber alle im Haus sind so nett, wir sind eine richtig gute Hausgemeinschaft – und der Lockdown hat uns eigentlich noch näher zueinander gebracht.“ Die Wohnung war bei ihrem Einzug eher spartanisch eingerichtet – ein Badezimmer war vorhanden und eine eher baufällige Küche. Zunächst sparte Ursula Schreiber mal eifrig – die erste Investition: Ein Geschirrspüler: „Ein richtiger Luxus – denn Geschirrabwaschen, das mag ich wirklich nicht.“ Vor wenigen Monaten hatte sie endlich das Geld für eine neue Küche beisammen. Doch das Coronavirus stoppte vorerst das Bauvorhaben. Die 53 Quadratmeter große Wohnung kostet 380 Euro, insgesamt belaufen sich die Fixkosten dann auf rund 500 Euro. Aber es geht sich alles gut aus, da Frau Schreiber sparsam ist und auch eine Mietbeihilfe bekommt.

Erfahrungen weitergeben

Ursula Schreiber hat die Zwischenzeit genützt und eine Ausbildung als Peer gemacht, denn sie will ihre Erfahrungen an Obdachlose und andere Menschen, die aus welchen Gründen auch immer, den Boden unter den Füßen verlieren, unbedingt weitergeben. Aber auch bei Leo – einer Nachhilfebetreuung für Jugendliche – will sie, sobald die Coronaregeln es erlauben, wieder ehrenamtlich arbeiten. Ums Geld geht es ihr eigentlich weniger, aber darum, andere zu unterstützen – so wie sie auch in ihrer Krise Unterstützung erhielt…

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