Digital – ganz normal

Beim 76. Symposium zur Zukunft des Wohnens standen die Themen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz, KI, in der Wohnungswirtschaft im Zentrum. Das Ars Electronica in Linz spiegelt perfekt die Trends wider, mit denen Bewohner, Bauträger, Planer wie auch Ausführende rechnen müssen: Digital ist einfach ganz normal.
GISELA GARY

Die Digitalisierung hat längst in allen Lebens- und Arbeitsbereichen Einzug gehalten. Seien es Intranet-Systeme zur Erleichterung der Kommunikation zwischen Bewohnern, Bauträgern und Hausverwaltung, der sogenannte „digitale Hausmeister“ oder die Erfassung und Verwaltung von Daten mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz. Ziel ist die Optimierung von Wohnungsanlagen – im Betrieb, in der Gebäudetechnik oder auch in der Hauskommunikation. Doch wie mit all den Daten umgehen, welche Informationen benötigen Bauträger und Hausverwaltungen wirklich, welche Erfahrungen gibt es bereits und was wird die Zukunft bringen, darüber wurde – zum Teil sehr kontroversiell – beim 76. Symposium zur Zukunft des Wohnens in Linz diskutiert. Eine Frage blieb offen: Kann KI helfen, dass das Wohnen leistbar bleibt? Da müssen wohl die Menschen etwas dazu beitragen.

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Clemens Wasner beeindruckte mit innovativen Praxisbeispielen über das Potenzial durch KI. Fotos: Vio Wakolbinger W

Zur Einstimmung gab es als Vorprogramm eine Führung durch den Deep Space8K des Ars Electronica – der so manche Teilnehmer erschaudern ließ: „Unheimlich und zugleich faszinierend – jetzt muss ich mich erst langsam wieder in die Realität zurückbeamen“, schmunzelt eine Dame – „Ist doch richtig cool“, ein älterer Herr. Gezeigt wurde u. a. ein Laserflug durch die alte Eisenbahnbrücke in Linz und durch den Stephansdom.

Peter Binder, Dritter Präsident des oberösterreichischen Landtags, begrüßte und eröffnete das Symposium: „Wir haben von der Stadt einen digitalen Zwilling, auch die städtische Wohnungsgesellschaft arbeitet bereits digital. Entscheidend ist aber leistbarer Wohnraum und hier sind die GBV vorbildlich. Doch ich frage mich, was passiert mit all den Daten?“

Keine Einigung, aber ein gutes Gespräch: Gerfried Stocker, Geschäftsführer und künstlerischer Leiter Ars Electronica, Catherine Laflamme, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Fraunhofer Austria, Julia Wawrik, Geschäftsführerin puck und Jürgen Harich, Geschäftsführer Oberösterreichischer Wohnbau.

Eine einfache Frage für Clemens Wasner, Mitgründer und Vorsitzender von AI Austria und CEO von enliteAI, denn KI braucht Daten und die Sorge vor Datenmissbrauch teilt er nicht. Wasner zog ein schonungsloses Fazit über Österreichs Zugang zur Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz: „Wir haben zwar eine KI-Strategie – viele Absichtserklärungen –, aber wo sind die Umsetzungen?“ Wasner lebte zehn Jahre in Asien und sammelte dort Erfahrungen und Know-how. Zurück in Österreich sieht er vor allem in der Bauwirtschaft noch einiges an Arbeit.

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AI steht für Artifizielle Intelligenz – umgangssprachlich eben Künstliche Intelligenz. Wasner bezog sich auf Studien, die belegen, dass KI die Produktivität erheblich steigert, indem sie den Zeitaufwand reduziert (durchschnittlich um 20 Prozent) und die Qualität (durchschnittlich um zehn Prozent) der Ergebnisse verbessert. „KI kann die Lücke schließen, die in der Bauindustrie in puncto Digitalisierung besteht. Die Lösungen sind einfach, sie basieren meist auf bildgebenden Methoden – damit kann die Energieeffizienz ebenso gesteigert, wie auch das Potenzial für Sanierungen erhoben werden“, so Wasner. Das österreichische Start-up Nesta z. B. analysiert Verbräuche und gibt Empfehlungen für den Betrieb. Um die Produktivität in der Bauindustrie steigern zu können, sollte mehr auf Vorfertigung und Standardisierung gesetzt werden, empfiehlt Wasner.

Wissbegierig: Digitalisierung, eh klar – aber wie? Bei den rund 100 Teilnehmern gab es schon ein paar Wissenslücken rund um das Thema KI und Co.

Aus Daten lernen

Jürgen Harich, Geschäftsführer Oberösterreichischer Wohnbau, Catherine Laflamme, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Fraunhofer Austria, Gerfried Stocker, Geschäftsführer und künstlerischer Leiter Ars Electronica, und Julia Wawrik, Geschäftsführerin puck, stellten sich der Diskussion – nachdem sie den dichten Input von Wasner verdaut hatten. Es geht um Optimieren und um Effizienz, aber nicht um die Einsparung von Personal. Diese Sorge äußerte Stocker, der sich als Technikfan outete: „Dennoch sehe ich eine Tendenz zur Lernunwilligkeit.“

Laflamme betonte: „Wir lernen aus Daten über die Zusammenhänge – das ist dort sinnvoll, wo Abläufe ähnlich sind wie z. B. bei der Energie.“ Dies bestätigte auch Wawrik: „Das Thema Energie forciert den Einsatz von KI – wir haben ja mit puck den Anfang gemacht, wir wollen mit dem Programm die Bewohner zu einem nachhaltigen Betrieb motivieren.“ Das geht so weit, ergänzte Laflamme, „dass mit Hilfe von KI bei Sanierungsobjekten das richtige Energiesystem gefunden werden kann“. Für Harich alles möglich, aber er sieht aktuell auf Baustellen eine Menge an menschlicher Intelligenz – aber keine KI.


Politische Debatte: Optimistisch bis fordernd

Während sich Peter Binder, Dritter Präsident des oberösterreichischen Landtags, SPÖ, optimistisch zeigte, und dass der Fokus darauf liegen muss, wie und wofür wir die Technik nutzen können, formulierte Felix Eypeltauer, Landessprecher Oberösterreich und Klubobmann NEOS, gleich klare Forderungen an die Bundesregierung. Simulationen für die Stadtentwicklung sieht Binder als wichtiges Instrument, vor allem für den Bestand, aber auch die Erfassung der Energie.

Er wünscht sich eine Bewusstseinsveränderung, damit Verschwendung erkannt wird. Eypeltauer analysiert den Kostendruck als Ursache für die dringende Notwendigkeit, KI zu nutzen. Dazu zählt für ihn auch eine bessere Ausbildung. „Die Regierung muss in Ausbildung und Wissenschaft investieren.“ Binder bestätigt diese Forderung: „Parallel müssen auch Gesetze und Normen durchforstet werden.“ Das größte Potenzial für KI sehen beide in der Sanierung und im Leerstand. Doch welche Anwendung auch immer: Dazu brauchen wir Daten.

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