Gute Grundrisse, Gärten, Gemeinschaftsräume: Die drei G beim jungen Wohnen. Doch mehr als das zählen die L: Leistbarkeit, Lage, Luxus.
MAIK NOVOTNY
Es ist kein Geheimnis: Bei Jugendlichen und jungen Menschen ändern sich die Lebensumstände schnell. Man wohnt alleine, zu zweit, dann wieder alleine, in einer WG, als Alleinerziehende, als junge Familie. Wie macht die Wohnung diese biografischen Bewegungen mit? Brauchen junge Menschen ganz andere Grundrisse als ältere, deren Lebensumstände stabiler und planbarer sind? Oder einfach kluge flexible Lösungen, die die Wohnung adaptierbar machen?
Verena Mörkl und Christoph Mörkl haben Erfahrung in diesen Fragen gesammelt. Ihr Büro Superblock Architekten realisierte 2014 am Nordbahnhof in Kooperation mit dem Magazin biber das Wohnprojekt „Wohnen mit scharf!“, die Zielgruppe waren Menschen mit Migrationshintergrund. „Wir hatten uns im Vorfeld erkundigt, ob migrantische Junge anders wohnen“, erinnert sich Christoph Mörkl heute. „Das tun sie aber überhaupt nicht. Sie wollten eine ganz normale Wohnung, aber mit Superförderung. Das Monetäre spielt immer die Hauptrolle.“
Drei Jahre später kooperierten Superblock mit der Alpenland im Rahmen der damals neuen niederösterreichischen Förderschiene „Junges Wohnen“. Jeweils ein Gebäude mit 29 Wohnungen wurde in St. Pölten im Frühjahr 2017 und Baden im Sommer 2017 fertiggestellt. „Unser Konzept basierte auf dem Standpunkt, dass die Wohnung innerhalb der Wände unterschiedliche Lebenssituationen abdecken muss“, erklärt Verena Mörkl. „Man hat schließlich in diesem Alter noch nicht die finanziellen Möglichkeiten, dauernd umzuziehen. Wir haben es damals so gelöst, dass wir wenig Trakttiefe und lange Fassaden angeboten haben.
Wohnungen also, die auf engstem Raum all das abbilden können. Und ganz wesentlich dazu ein großer Außenraum, für den die Jungen nicht extra zahlen müssen. Es wurden vorab die Interessenten angeschrieben, welche Gemeinschaftseinrichtungen sie sich wünschen – an erster Stelle war ein Grillplatz, dann eine Gemeinschaftsküche. Soweit wir sehen, wird das heute sehr gut und intensiv genutzt.“
Hemmschuh Rückbau
Ansätze, die sich die beiden Architekten auch für Wien wünschen, allerdings seien dort die Konditionen im Smart-Wohnbauprogramm zu strikt, um Flexibilität bei der Zimmereinteilung zuzulassen. „Außerdem müssten die Mieter allfällige Umbauten beim Auszug wieder rückbauen, was ein großer Hemmschuh ist“, so Christoph Mörkl. „Es gibt zwar Möglichkeiten, über die Möblierung die Zimmer anders aufzuteilen, aber viele Bauträger geben dieses Wissen an die Mieter nicht weiter, weil sie keine Umbauten haben wollen.“
Intensiv mit den Bedürfnissen der Jungen beschäftigt man sich auch bei der Wohnbaugruppe in der Steiermark. „Auf schnell ändernde Lebensumstände zu reagieren, ist schwierig, weil Gesetze und Förderung sehr strikte Grenzen setzen“, sagt Vorstandsdirektor Wolfram Sacherer. „Beim Eigentum ist eine gewisse Flexibilität möglich, beim geförderten Wohnbau weniger.
Wir wollen hier aber weiterdenken und haben mit unseren Startwohnungsprojekten in Liezen und Wagna spezielle geförderte Angebote für junges Wohnen lanciert. Das Projekt umfasst vor allem Zweizimmerwohnungen und kleine Dreizimmerwohnungen inklusive Küchen und versteht sich als Angebote für die Übergangsphase nach dem Auszug von Zuhause.“
Das Alterslimit ist mit 35 festgelegt, der Mietvertrag auf zehn Jahre befristet und kann – sofern das Alterslimit noch nicht erreicht wurde – einmal verlängert werden. Eine der wesentlichsten Veränderungen beim Bedarf fand jedoch, so Sacherer, außerhalb der Wohnung statt: „Bei jungen Familien ist durch Corona der Bedarf an Grün und Freiraum gestiegen.
Wir werden hier in Zukunft mehr bieten, weil gerade die jungen Bewohner im direkten Wohnumfeld aktiv mehr machen wollen: Hochbeete zum Garteln zum Beispiel.“ Letztendlich sind aber auch hier die Prioritäten klar gesetzt. „Die Leistbarkeit steht beim geförderten Wohnbau immer im Vordergrund, danach die Lage. Beim Eigentum steht die Lage an erster Stelle. Erst dann geht es darum, wie die Wohnung tatsächlich ausschaut.“
Leistbarkeit vor Lage
Bei der Neuen Heimat Tirol hat man die Wünsche der jungen Generation fachlich eruiert und 2019 eine repräsentative Umfrage unter 18- bis 35-Jährigen vorgenommen. Das Ergebnis: Die Wohnbedürfnisse unterscheiden sich kaum von jenen der vorhergehenden Generationen. Ganz oben auf der Wunschliste: Waschmaschinenanschluss, W-Lan, Fahrradabstellraum, gute Öffi-Anbindung.
Gemeinschaftsräume sind dagegen vor allem ein netter Bonus. „Bevorzugt werden Wohngrundrisse ab zwei Zimmern, das Schlafzimmer sollte möglichst getrennt sein“, berichten die NHT-Geschäftsführer Hannes Gschwentner und Markus Pollo. „Und wenn schon eine Einzimmerwohnung, dann soll der Grundriss die Möglichkeit bieten, den Schlafbereich bei Bedarf mit einer einzuziehenden Wand abtrennen zu können.“ Mehr als dies zählen jedoch auch hier die drei L Leistbarkeit, Leistbarkeit, Leistbarkeit – und das noch vor Lage, Lage, Lage.
So viel zum Wohnbau, doch wie haben sich die Bedürfnisse von Studierenden entwickelt? Studentenwohnheime haben in den letzten Jahren einen Boom erfahren, vor allem, weil sie als Anlageobjekt entdeckt wurden. Doch auch im Inneren hat sich einiges getan, denn die Ansprüche sind heute anders als früher, sowohl bei einheimischen als auch bei internationalen Studierenden.
„Studierende haben sich in der Vergangenheit vor allem für die soziale Komponente eines Heimes entschieden“, berichtet Martin Strobel, Geschäftsführer der gemeinnützigen Wihast, die österreichweit mehr als 3.200 Plätze in ihren 16 Heimen verwaltet. „Sie wollten selbst im Haus die Gemeinschaftsräume gestalten und eine starke Community aufbauen. Das hat sich ein wenig verändert Richtung Trend zum Einzelzimmer, der sich deutlich verstärkt hat.
Wir bieten derzeit aktuell unsere Heimplätze zu 80 Prozent als Einzelzimmer und 20 Prozent als Doppelzimmer an.“ Bei den Gemeinschaftsräumen können die Bewohner auch heute mitreden. „Es kommt öfters vor, dass die Funktionen von Gemeinschaftsräumen umgestaltet werden, da sich die Bedürfnisse und Nutzungen der Studierenden ändern. Hierbei ist es wichtig, dass die Ausstattungen der Räumlichkeiten zweckmäßig, aber flexibel sind.“
Höherer Standard
Auch beim größten Anbieter in Österreich, der gemeinnützigen Stuwo, konstatiert man eine starke Dynamik auf dem Wohnheimmarkt. „Die Wohnbedürfnisse von Studierenden haben sich in den letzten Jahren radikal verändert“, so Vorstand Florian Huemer. „Sie versprechen sich heute einen höheren Standard zum gleichen Preis. Geteilte Sanitärzellen sind heute nicht mehr gewünscht, und Doppelzimmer sind schwierig zu vermieten…