Vollgas mit Leo und Leonie

Das Gaswerk Leopoldau wurde massiv redimensioniert und machte auf diese Weise Platz für eines der spannendsten Stadtentwicklungsgebiete Wiens, Neu-Leopoldau. Auf rund 14 Hektar entstehen insgesamt 1.400 Wohnungen, die zwischen Bäumen und alten Pavillons noch die Stimmung von anno dazumal versprühen. Ein Spaziergang mit Fritz Kittel, Geschäftsführer der EGW Heimstätte.
WOJCIECH CZAJA

Die ersten Schritte fühlen sich an, als würde man in eine Baustelle einbrechen und als Guerilla-Fotograf zwischen Bauzäunen und Betonmischern hindurchkraxeln. Diesseits der Zäune Baustelle, der Rohbau wird gerade hochgezogen. Jenseits der Zäune alte, verlassene, ja fast schon romantische Ruinenarchitektur mit schönbrunngelbem Gemäuer und matt-grünen Türen, Fenstern, Blechapplikationen. „Diese Farbe nennt sich Resedagrün“, sagt Fritz Kittel. „Eine ganz typische Farbe für das Gaswerk Leopoldau. Wir haben die Farbe analysieren und mit heutigen Lacken nachmischen lassen. Damit können wir einen Teil des alten Geistes dieser wunderschönen historischen Infrastrukturanlage erhalten.“

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Kittel, Geschäftsführer der EGW Heimstätte, ist einer von insgesamt zwölf Bauträgern, die das 14 Hektar große Areal – einst Gaswerk Leopoldau, betrieben von den Wiener Netzen – in den kommenden Jahren in einen Wohnpark mit rund 1.400 Wohnungen umwandeln werden. Zu den hier tätigen Bauvereinigungen zählen Heimbau, Neue Heimat, Frieden, Schwarzatal, Familienwohnbau, SGN, BWSG, Wigeba und Soravia mit jeweils einem Bauplatz sowie Arwag, Gesiba und EGW Heimstätte mit je zwei Bauplätzen. Der eine Teil des Gebietes ist bereits revitalisiert und besiedelt. Der andere noch laut und staubig.

„Natürlich ist rundherum noch viel Baustelle, und auch die historischen Pavillons müssen zum überwiegenden Teil erst noch saniert und bespielt werden“, sagt Kittel. „Aber so ist das, wenn man ein neues Areal bebaut. Ich persönlich erachte diese Form von Stadterweiterung als sehr sinnvoll. Wir sprechen immer von Ressourcennutzung und von Eindämmung von Bodenverbrauch. Dies hier ist ein geradezu hervorragendes Beispiel für Brownfield-Nutzung. Mit dem Rückgang der fossilen Brennstoffe werden in den kommenden 20 Jahren noch viele weitere Gaswerke in ganz Österreich von der Landkarte verschwinden und Platz machen für Wohnbau.“

Es liegt in der Natur von Gaswerken und anderen infrastrukturellen Einrichtungen einer Stadt, dass diese meist abseits des städtischen Trubels liegen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur bedingt gut erreichbar sind. In diesem Fall sind dies neben ein paar Buslinien die S-Bahn-Station Siemensstraße (fünf bis zehn Gehminuten entfernt) sowie die U1-Endstation Leopoldau, zu der man einen rund 20-minütigen Fußmarsch einkalkulieren muss. „Aber dafür“, so Kittel, „bieten wir dank der günstigen Grundkosten auch ein entsprechend günstiges Wohnen an, von dem vor allem Singles, Jungfamilien und Alleinerziehende profitieren.“

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Gut kalkuliert

Das bestätigt auch Hüseyin Kargi, der vom Einkaufen heimkommt und gerade sein Fahrrad absperrt. Der ausgebildete Friseur wohnt am Bauplatz D, Heimbau, und ist Mieter einer 86 Quadratmeter großen Wohnung mit zwei Balkonen. „Ich habe davor im 10. Bezirk gewohnt, doch die Wohnung ist mir im Laufe der Zeit einfach zu teuer geworden. Hier zahle ich deutlich weniger und bin noch dazu in einem ruhigen, grünen Park, umgeben von Bäumen und alten, denkmalgeschützten Häusern. Die Wohnung ist wirklich leistbar. Aber ja, natürlich fehlt noch das Leben. Zum Einkaufen muss ich mit dem Rad fahren.“

Ein paar Blöcke weiter wohnt Maria Schönswetter. Vor ein paar Monaten hat die 39-Jährige gemeinsam mit ihrem Mann eine geförderte 65-Quadratmeter- Mietwohnung im Haus Leopold (Arwag) bezogen. „Ich hätte mir nie vorstellen können, in Floridsdorf zu wohnen“, sagt sie. „Aber mit der Zeit ist uns unsere Ein-Zimmer-Wohnung in Meidling zu klein geworden. Jetzt haben wir eine Smart-Wohnung mit drei Zimmern. Ganz ehrlich, in einem anderen Bezirk, in einer zentraleren Lage hätten wir uns eine solche Wohnung in dieser Größe nicht leisten können.“ Schönswetter sitzt auf einem der vielen hölzernen Liegepodeste, die hier wie kleine Bühnen über den gesamten Grünraum verstreut sind. Ab und zu gehen Leute mit Kindern und Hunden vorbei.

„In der Zwischenzeit habe ich die Gegend hier richtig schätzen gelernt. Es gibt Wiesen und Felder zum Spazierengehen, mit dem Rad fahren wir oft den Marchfeldkanal entlang, und gleich hinter der Stadtgrenze gibt es ein paar schöne Heurige.“ Die Wohnung sei gut geschnitten, das Preisangebot für Familien mit kleinem Portemonnaie gut kalkuliert, der Mix an Mietern und Eigentümern angenehm proportioniert…

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