Das europäische Forschungsprojekt PRELUDE (Prescient Building Operation Utilizing Real Time Data for Energy Dynamic Optimization) der FH Burgenland setzt neue Maßstäbe für die Energieeffizienz und Flexibilität von Bestandsgebäuden und Neubauten.
— MAGDALENA RINGHOFER*
Seit Dezember 2020 arbeiten die 21 Projektpartner aus Europa im Rahmen des Forschungsprojekts PRELUDE an ambitionierten Zielen. Durch den Einsatz innovativer, smarter und kostengünstiger Lösungen sowie eines proaktiven Optimierungsservices werden die Anforderungen von Eigentümer:innen, Betreiber:innen, Nutzer:innen und Energieversorgern adressiert. PRELUDE zielt auf erhebliche Energieeinsparungen von über 35 Prozent und eine Reduktion der Wartungs- und Reparaturkosten von über 39 Prozent ab. Die entwickelte Lösung verbessert die Energieeffizienz, maximiert den Eigenverbrauch erneuerbarer Energien und trägt zur Netzstabilität bei. Zudem wird die Lebensqualität der Nutzer: innen durch optimierte Raumluftqualität und thermische Behaglichkeit gesteigert.
Insgesamt acht reale Demonstrationsobjekte (Wohnbauten, Einfamilienhäuser, Bürogebäude und ein Fernwärmenetz) stehen in der Schweiz, Italien, Polen, Dänemark und Griechenland zur Verfügung, um die entwickelten Technologien zu testen und messbare Einsparungen zu erzielen.
Passive Kühlung
Eine Vielzahl technologischer Innovationen wird entwickelt. Free Running Modelle und die Umsetzung von passiver Kühlung und Lüftung werden erprobt. Eine datengetriebene, prädiktive Regelung ermöglicht vorausschauende Gebäudeoptimierung und Effizienzsteigerungen. Anstelle von reaktiven Maßnahmen erkennt eine prädiktive Wartungs- und Instandhaltungsstrategie den Wartungsbedarf bereits frühzeitig und verlängert damit die Lebensdauer der Systeme.
Faseroptische Sensoren überwachen kontinuierlich die Gebäudebedingungen, und intelligente Ansätze für die Bewertung und Renovierung von Gebäuden werden angewandt. Ein zentrales Element des Projekts ist die FusiX Middleware, ein modulares Multisimulationssystem, das Echtzeitdaten sammelt und analysiert, um optimale Betriebsstrategien zu entwickeln. Diese ermöglicht Gebäudebetreibern, den Energieverbrauch flexibel an aktuelle Bedingungen anzupassen und so erhebliche Kosteneinsparungen zu erzielen.
Das Living Lab „Energetikum“ der Forschung Burgenland in Pinkafeld diente als Testgebäude zur Entwicklung und Implementierung aller im Projekt integrierten Technologielösungen. Hierbei handelt es sich um ein Hightech-Forschungsgebäude mit über 10.000 physikalischen und virtuellen Datenpunkten, das sowohl während der Entwicklungs- als auch in der Umsetzungsphase als reales Bürogebäude genutzt wurde. Nach Evaluierung im Testgebäude wurden die Lösungen in Demonstrationsobjekten integriert.
Die Forschung Burgenland entwickelte im Rahmen des PRELUDEProjekts eine neue Energiemanagementlösung zur Erhöhung derEnergieeffizienz und Energieflexibilität von Bestandsgebäuden und Neubauten. Kernelement ist ein datengetriebener, prädiktiver Regler, der die Stellgrößen für thermoaktive Bauteilsysteme, Verschattung, hydraulische Stellventile und reversible Wärmepumpen ganzheitlich optimieren kann.
24 Stunden Vorhersage
Der innovative Gebäuderegler bildet das Gesamtgebäude in mehreren thermischen Zonen ab und verarbeitet sowohl Echtzeitbetriebsdaten wie Raum- und Speichertemperaturen, die hydraulische Wärmeleistung oder die Stellung der Verschattungselemente als auch Vorhersagedaten wie Außentemperaturen, solare Einstrahlung, Photovoltaik-Ertrag oder stündlich variable Strompreise.
Betriebskosten-Minimierung
Die thermischen Komfortanforderungen können individuell je Raum als Temperaturband vorgegeben werden und definieren dadurch das Lastverschiebungspotenzial der thermischträgen Gebäudemasse. Ziel der Regelstrategie ist eine Minimierung der Betriebskosten bei gleichzeitiger Einhaltung der definierten Temperaturbänder.
Der elektrische Energieaufwand der Wärmepumpe für die Beheizung und Kühlung des Gebäudes wird durch eine intelligente Nutzung der Verschattungselemente stark reduziert. Die verbleibende Laufzeit der Wärmepumpe verschiebt sich in Zeiten mit hoher solarer Eigenproduktion oder in diejenigen Stunden mit den günstigsten Bezugstarifen für elektrische Energie.
Für einen Vorhersagehorizont von 24 Stunden bestimmt die Regelung dabei stündlich einen aktualisierten Betriebsplan für die Wärme- und Kältezufuhr in die thermisch aktivierten Bauteile, die Höhe und den Winkel der Verschattungsele- Foto/Grafik: FH Burgenland Übersicht über alle implementierten Energieeffizienzlösungen im Energetikum mente sowie die Speicherbeladung der hydraulischen Wärme- und Kältespeicher durch die Wärmepumpe.
Reduktion der CO2-Emissionen
Ein einjähriger Langzeittest im Rahmen des PRELUDE-Projekts zeigte signifikante Energie- und Kosteneinsparungen für den Heiz- und Kühlbetrieb sowie eine deutliche Reduktion der betriebsbedingten CO₂-Emissionen. Die substanzielle Senkung der Betriebskosten und die zeitliche Verschiebung der Lasten führten zu keiner Verringerung des thermischen Komforts im Gebäude.


Im Gegenteil: Die langsam ansprechende Kühlung durch die Betondecke wird durch die prädiktive Einstellung der Verschattungselemente optimal ergänzt und verhindert effektiv die sommerliche Überhitzung von Räumen mit hohem Fassadenanteil. Der im Bürogebäude Energetikum demonstrierte, datengetriebene Ansatz ermöglicht eine hohe Skalierbarkeit der entwickelten Technologie und zeigt großes Potenzial für zukünftige Entwicklungen im Bereich der Gebäudeoptimierung.
Weitere Informationen und detaillierte Ergebnisse: prelude-project.eu