Gebäude werden immer komplexer – was uns die eigene Erfahrung jeden Tag deutlich macht, ist auch objektiv betrachtet schwer von der Hand zu weisen. Höhere Energieeffizienzanforderungen, steigende Ansprüche an Behaglichkeit, immer weiter zunehmende Sicherheitsstandards bringen immer aufwendigere Haustechnik mit sich, gleichzeitig steigt der Wunsch der Nutzer nach der Möglichkeit einzugreifen.
ROBERT TEMEL
Während einerseits die Bedeutung von langlebigen Materialien, Resilienz und Robustheit beim Bauen steigt, wird die Technik, auf die Gebäude angewiesen sind, immer weniger langlebig und robust. Wie Margarete Huber von wohnbund:consult formuliert: „In den letzten Jahren gab es eine Entwicklung zu übertechnisierten Gebäuden – da sind Nutzer rasch überfordert.“ Doch es gibt auch eine Gegenbewegung, die „Low-Tech“ statt „High- Tech“ in der Gebäudetechnik fordert.
In Österreich steht dafür exemplarisch das Bürohaus 2226 von Baumschlager Eberle in Lustenau. Gleichzeitig wird zunehmend deutlich, dass beim Bauen zukünftig die Lebenszykluskosten wichtiger sein werden als die Errichtungskosten, es geht also auch darum, Betriebskosten zu senken, etwa durch weniger aufwendige Anlagen.
Ein aktuelles Forschungsprojekt unter dem Titel „Nutzerkomfort durch Low-Tech-Konzepte in Gebäuden“, finanziert durch das deutsche Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), untersucht den Zusammenhang zwischen Technisierungsgrad und Zufriedenheit. Ziel ist es, anhand der Analyse einiger Fallbeispiele eine Bewertungsmatrix zu entwickeln, mit der die technische Ausstattung in Bezug zur Nutzungszufriedenheit gesetzt werden kann. In der Studie zeigte sich das Paradoxon, dass High-Tech-Anlagen, die höchsten Komfort garantieren sollen, nicht unbedingt mit hoher Zufriedenheit einhergehen.
Diese Anlagen sind in der Nutzung sehr herausfordernd. Es dauert sehr lange, bis sie sinnvoll eingestellt sind, und manchmal gelingt das gar nicht zufriedenstellend. Die Nutzer sind in etlichen Fällen überfordert, das Facility Management ist schwierig, man bleibt als Eigentümer abhängig von Systemherstellern und -betreibern, und Nutzer verlangen direkte Eingriffsmöglichkeiten, die wiederum mit der komplexen Einstellung interagieren.
Nicht ohne Technik
Die erste Schwierigkeit des Projekts waren bereits die zentralen Begriffe. „Das High-Tech-Gebäude gibt es nicht, ebenso wenig wie das Low-Tech-Gebäude“, meint Huber. „Vielmehr gibt es Prinzipien, die man als Low-Tech bezeichnen könnte.“ Low-Tech-Gebäude sind nicht generell ohne Technik, sondern sie verwenden robuste, langlebige Technik und es wird bei jedem Technikelement hinterfragt, ob dieses nötig ist.
Es geht um sinnvolle Technikreduktion, nicht um Gebäude, die technikfrei sind. Im Gegensatz zu High-Tech ist es bei solchen Gebäuden manchmal notwendig, dass die Nutzer in den Betrieb eingreifen, etwa wenn man die Nachtlüftung durch manuelles Fensteröffnen starten muss. Viele Low-Tech-Prinzipien erinnern an gründerzeitliche Bauten, so der Einsatz von Speicher…