Vorarlberger Dialog der Generationen

Das Architekturzentrum Wien lud die Pioniere des Vorarlberger Architekturwunders und die Protagonisten der Gegenwart zum Dialog – um die Stärken der Architektur im Ländle ebenso zu diskutieren wie die blinden Flecken.
FRANZISKA LEEB

Viel Gutes gibt es über Vorarlberg und seine Architektur zu erzählen. Das Architektur-Wunderland, wo die Architektur – und zwar die neue – wesentlicher Bestandteil der Tourismuswerbung ist. Das Land des Holzbaus, wo ressourcenschonend mit nachwachsenden Materialien gebaut wird, wo Vorzeigegemeinden die Baukultur als hohes Gut erkannt haben. Längst ist Architektur aus Vorarlberg zu einer Marke und einem Exportgut geworden. Wie es dazu kam, und auf welchen Gebieten durchaus noch Handlungsbedarf besteht, machte sich die Ausstellung „Vorarlberg – ein Generationendialog“ zum Thema.

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In der Sammlung des Architekturzentrum Wien befinden sich über 80 Nach- und Vorlässe von Architekten, darunter auch etliche aus Vorarlberg. Im Zuge seiner fünften Ausstellung der Reihe SammlungsLab, die Schätze aus dem Archiv ans Licht bringt und kontextualisiert, stellte Kuratorin Sonja Pisarik (Mitarbeit: Katrin Stingl) Highlights aus den Oeuvres von Hans Purin, Rudolf Wäger, Gunter Wratzfeld und der Architektengemeinschaft C4 in Bezug zu Werken der jüngeren Architektenschaft aus Vorarlberg – Artec (Bettina Götz und Richard Manahl), Bernardo Bader, Cukrowicz Nachbaur, Matthias Hein, Helena Weber – und präsentierte so einen kompakten Überblick über eine rund 60-jährige Architekturentwicklung.

Besonders lebendig machte den Dialog zwischen den Generationen die filmischen Aufzeichnungen von Gesprächen zwischen Protagonisten von damals und heute. Die bereits verstorbenen – Hans Purin und Rudolf Wäger – kamen in historischen Aufnahmen zu Wort.

Gelandete Raumstadt

Den Anfang nahm die Geschichte des Vorarlberger Architekturwunders in den 1960er-Jahren, als junge Entwerfer neue Wege gingen. Die Bauten der Pioniere wirkten prägend. So wie die 1965-67 errichtete Siedlung Halde von Hans Purin. Architektin Bettina Götz ist in der Halde aufgewachsen. Für sie sind die dreigeschossigen Reihenhäuser am Hang auch ein persönliches Schlüsselwerk der Vorarlberger Architektur „dermaßen eigen, dass man es nie vergisst“.

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Als Statement gegen die Zersiedelung gebaut, erscheint Purins Siedlung heute aktueller denn je. Räumlicher Luxus durch Mehrgeschossigkeit der Wohnungen – dieses Konzept findet sich im größeren Maßstab beim Terrassenhaus Bremer Stadtmusikanten (2010) von Artec in Wien wieder.

Wohnbau-Innovationen beschränkten sich anno dazumal auch in Vorarlberg nicht auf Kleinsiedlungen. Aus einem österreichweiten Wettbewerb ging die von Jakob Albrecht, Eckhard Schulze-Fielitz und Gunter Wratzfeld geplante und von Vogewosi und Buwog von 1971 bis 1982 gebaute Siedlung an der Ach in Bregenz hervor, die mit über 800 Wohnungen einer zehnprozentigen Stadterweiterung entsprach.

Die „gelandete Raumstadt“, wie Schulze-Fielitz die Anlage aus schachbrettartig versetzten Punkthäusern nannte, ist autofrei, verfügt über attraktive Außenräume und fiel um 20 Prozent günstiger als veranschlagt aus.

Damals innovativer

Das aktuelle Standard-Modell scheinen schlammbraune „Blöckle“ zu sein, meinte die in einem Haus von Rudolf Wäger aufgewachsene Autorin Doris Knecht bei der Podiumsdiskussion anlässlich der Eröffnung…

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