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Interoperabilität im Messwesen: Wie baeren.io Datenströme bündelt und mittelständische Messdienste für neue Services fit macht

Interoperabilität im Messwesen: Wie baeren.io Datenströme bündelt
Björn Borst, Geschäftsführer von baeren.io auf der Heikom 2025. Foto: DEUMESS – Frank Schütze / Fotografie Kranert

Björn Borst vom Würzburger Unternehmen baeren.io stellt im Panel die Frage: „Wie profitiert man als Messdienst von der novellierten Heizkostenverordnung?“ und legt den Fokus auf ein Stichwort, das in der Branche lange als „Zungenbrecher“ galt: Interoperabilität.

Während viele Vorträge direkt auf die Wohnungsunternehmen zielen, adressiert baeren.io im Kern die Messdienstleister, insbesondere mittelständische Anbieter. Die Botschaft: Wer es schafft, Gerätedaten herstellerübergreifend zu nutzen, kann schneller wachsen, neue Serviceerlöse erschließen und den Aufwand mit smarten Zählern reduzieren. Das nutzt auch den Kunden aus der Wohnungswirtschaft.


Herausforderungen für Messdienstleister

1. Hersteller- und Systembindung im Bestand
Über Jahre waren Liegenschaften oft „Monokulturen“: Wer Heizkostenverteiler und Funkinfrastruktur installiert hatte, lieferte meistens auch die Abrechnung. Wechsel waren aufwendig, weil zunächst physisch getauscht werden musste.

2. Langsame Wechselprozesse
Für mittelständische Messdienste bedeutete das: Neue Kunden zu gewinnen war möglich, aber mit langen Umstellungsphasen verbunden bis alle Altgeräte ersetzt waren.

3. Unterschätzter Wert vorhandener Infrastruktur
Die Digitalisierung im Messwesen bringt bereits Gateways, Funknetze und Cloud-Anbindungen mit sich. Trotzdem werden diese Ressourcen häufig nur für den klassischen Dreiklang Wasser–Wärme–Heizung genutzt, nicht für zusätzliche Strom- oder Energieservices.

4. Datenflut statt Klarheit
Mit tausenden smarten Zählern entstehen große Datenmengen. Ohne strukturiertes Monitoring besteht die Gefahr, dass Ausfälle, Leckagen und Kommunikationsfehler zu spät erkannt werden.

5. Technologische Vielfalt
WM-Bus, LoRaWAN, NB-IoT, LTE-M, Smart-Meter-Gateway, diverse Hersteller – diese Vielfalt erschwert schlanke Betriebsprozesse und erfordert spezialisierte Schnittstellen. Die Folge: zusätzliche Komplexität im Messdienst-Alltag.


Der Ansatz / Die angebotene Lösung

baeren.io stellt drei Themen in den Mittelpunkt: schnelleres Wachstum, neue Service-Erlöse, weniger Aufwand mit smarten Zählern.

1. Schnelleres Wachstum durch Interoperabilität

Die Präsentation zeigt zunächst die „alte Welt“: Funkende Geräte sind an einen Hersteller gebunden, Umstellung bedeutet Gerätetausch und lange Übergangszeiten.

Mit der Interoperabilität der HKVO und passenden Plattformen wird daraus ein Service-getrennt-von-Geräten-Modell:

  • Auf der einen Seite steht der Vermieter der Geräte. Er installiert und wartet Messgeräte (z. B. ein großer Hersteller).
  • Auf der anderen Seite steht der mittelständische Messdienst, der Abrechnung, unterjährige Verbrauchsinformation (uVI) und CO₂-Aufteilung erbringt, auf Basis der Gerätedaten, unabhängig vom Hersteller.

Die Folie „Erst Service – dann Geräte“ illustriert: In einem Objekt können Messgeräte verschiedener Anbieter hängen, während ein Messdienst über baeren.io die Daten einsammelt und zentral abrechnet.

2. Neue Services: Stromdaten, Hauptzähler, Mieterstrom

Im zweiten Block zeigt Borst, wie sich die vorhandene Infrastruktur für zusätzliche Erlöse nutzen lässt:
  • Auslesen von Hauptzählern:
    Über Adapter und Gateways werden auch Strom-Hauptzähler digital angebunden. Der Messdienst kann so die Werte liefern, die bislang oft der Hausmeister abliest.
  • Abrechnung von Mieterstrom:
    In zwei Messkonzepten – mit physischem Summenzähler oder virtuellem Summenzähler über intelligentes Messsystem (iMSys) und Smart-Meter-Gateway – stellt baeren.io die Datenbasis für Mieterstromabrechnung bereit. Die Plattform übernimmt dabei die Rolle des Energieserviceanbieters (ESA) im SMGW-Kontext.

Für die Wohnungswirtschaft kann das bedeuten: Heizkostenabrechnung und Strom-/Mieterstromabrechnung kommen – technisch – aus einem Guss, auch wenn unterschiedliche Zählerwelten im Haus existieren.

3. Weniger Aufwand mit smarten Zählern: Cloud & Monitoring

Der dritte Block adressiert das operative Geschäft:
  • Schritt 1 – Zusammenfassen:
    Eine „Trichter“-Grafik zeigt, wie Zähler unterschiedlichster Hersteller (z. B. Engelmann, QUNDIS, Zenner, Itron, Kamstrup, Landis+Gyr u. v. m.) und Technologien (WM-Bus, LoRaWAN, NB-IoT, iMSys) in einer einzigen Plattform zusammengeführt werden. Daten werden automatisiert in Abrechnungssysteme übergeben.
  • Schritt 2 – Monitoren:
    Dashboards und Berichte markieren fehlerhafte Gateways, Zähler ohne aktuelle Telegramme oder Hinweise auf Leckagen. Ziel ist, gezielt agieren statt reagieren zu können – also Einsätze dort zu planen, wo sie wirklich nötig sind.

baeren.io versteht sich in diesem Modell als Zulieferer im Hintergrund: Connectivity, Gateway-Management, Hosting und optional Summierung: der Messdienst bleibt Vertragspartner der Wohnungswirtschaft und betreibt seine eigenen Abrechnungssysteme weiter.


Warum das wichtig ist

Die novellierte Heizkostenverordnung zwingt Wohnungsunternehmen und Messdienste ohnehin in die Fernauslesung und Digitalisierung. Wenn die Infrastruktur einmal steht, lohnt es sich, sie strategisch zu nutzen:

  • Interoperable Datenflüsse erhöhen den Wettbewerb im Messwesen und erleichtern den Anbieterwechsel.
  • Die Trennung von Gerätestellung und Abrechnung eröffnet Vergabemodelle, in denen Wohnungsunternehmen bewusst verschiedene Rollen ausschreiben können.
  • Strom- und Mieterstromservices lassen sich über vorhandene Gateways integrieren. Das ist ein wichtiger Baustein für sektorübergreifende Energiekonzepte im Bestand.
  • Monitoring reduziert Blindflug und Fehlfahrten im technischen Betrieb und erhöht die Verlässlichkeit der Abrechnungsdaten.

Einordnung für die Wohnungswirtschaft

Auch wenn der Vortrag sich primär an Messdienstleister richtet, hat er klare Implikationen für die Wohnungswirtschaft:

Mehr Wahlfreiheit

  • Interoperable Plattformen reduzieren die Abhängigkeit von einzelnen Geräteherstellern.
  • Wohnungsunternehmen können Dienstleister leichter wechseln oder Dienste neu kombinieren (z. B. Submetering bei A, Abrechnung bei B).

Bessere Nutzung bestehender Technik

  • Wo bereits Gateways und Funkinfrastruktur vorhanden sind, können zusätzliche Services wie Hauptzähler-Fernauslesung oder Mieterstromabrechnung aufgesetzt werden – ohne weitere „Kisten im Keller“.

Transparenz & Governance

  • Monitoring-Funktionen helfen, SLA-konforme Datenlieferung und Ansprechbarkeit bei Störungen einzufordern.
  • Gleichzeitig entstehen neue Anforderungen an Datenschutz, Datensicherheit und Rollenverteilung (z. B. ESA im Smart-Meter-Gateway-Umfeld).

Risiken / offene Punkte

  • Mehr Schnittstellen bedeuten auch mehr Koordinationsbedarf: Wer ist wofür verantwortlich, wenn Daten fehlen oder fehlerhaft sind?
  • Cloudbasierte Lösungen erfordern klare Regelungen zu Datenhoheit, Aufbewahrung und Zugriff.
  • Für kleinere Wohnungsunternehmen kann die Vielfalt an Rollen und Optionen zunächst unübersichtlich wirken, hier braucht es klare Lastenhefte und Beratung.

Was jetzt zu tun ist

  1. Status quo im Messwesen klären
    • Wie interoperabel sind die heute eingesetzten Geräte und Systeme?
    • Welche Rechte an den Messdaten sind vertraglich gesichert?
  2. Vergabestrategie überdenken
    • Muss alles „aus einer Hand“ kommen oder können Gerätestellung, Datenbereitstellung und Abrechnung getrennt vergeben werden?
  3. Messdienst gezielt nach Interoperabilität fragen
    • Welche Hersteller und Funktechnologien kann der Dienstleister heute schon in einer Plattform bündeln?
    • Nutzt er selbst oder über Partner Lösungen wie baeren.io für Gerätehersteller-übergreifendes Metering?
  4. Zusatzservices definieren
    • Bedarf für Hauptzähler-Fernauslesung, Mieterstromabrechnung oder Strommonitoring prüfen.
    • Im Lastenheft festhalten, dass vorhandene Infrastruktur genutzt werden soll.
  5. Monitoring-Anforderungen formulieren
    • Welche Kennzahlen und Alarmierungen werden erwartet (Offline-Gateways, Leckage, Datenlücken)?
    • Wie werden diese Informationen in die eigenen Prozesse integriert (z. B. Ticketsystem, Meldung an Hausmeisterdienst)?
  6. Pilotliegenschaft auswählen
    • Eine Liegenschaft mit gemischtem Gerätepark eignet sich, um Interoperabilität und Cloud-Monitoring praktisch zu testen, bevor größere Umstellungen erfolgen.

Praxisnutzen / Beispiele aus Vortrag und Präsentation

  • In den Beispiel-Screenshots zeigt baeren.io, wie Zählerdaten unterschiedlicher Hersteller in einer Benutzeroberfläche zusammenlaufen inklusive Exportfunktionen und Statusanzeige.
  • Ein weiteres Beispiel demonstriert, wie Messdienste neben Heiz- und Wasserzählern auch Stromhauptzähler über dieselbe Infrastruktur auslesen können, statt manuelle Ablesungen zu organisieren.
  • Das Monitoring-Dashboard markiert auffällige Gateways und Zähler; Messdienste können so mit begrenzten Ressourcen gezielt in den Bestand gehen.

Für Wohnungsunternehmen bedeutet das: Ein Messdienst, der solche Werkzeuge nutzt, kann schneller auf Störungen reagieren, Datenlücken reduzieren und zusätzliche Services anbieten, ohne dass jedes Mal neue Technik montiert werden muss.

Der Vortrag von Björn Borst zeigt, wie sich die Logik im Messwesen verschiebt: Weg von geschlossenen Herstellerwelten, hin zu interoperablen Plattformen, die Gerätedaten für verschiedene Dienste nutzbar machen.

Für die Wohnungswirtschaft ist entscheidend, diese Entwicklung aktiv zu nutzen: Wer Interoperabilität und Monitoring in Ausschreibungen und Verträgen verankert, erhält mehr Flexibilität bei Dienstleistern, kann vorhandene Infrastruktur besser ausschöpfen und schafft die Basis für zusätzliche Energiedienstleistungen, von Mieterstrom bis hin zu integriertem Strom- und Wärmemonitoring.


Das Wichtigste auf einen Blick

  • Ausgangspunkt ist die novellierte Heizkostenverordnung (HKVO): Funkende Messgeräte, fernauslesbar, monatliche Verbrauchsinformation.
  • baeren.io adressiert primär mittelständische Messdienstleister mit einer Plattform, die Gerätedaten verschiedener Hersteller interoperabel nutzbar macht.
  • Ziel ist, Services von Geräten zu entkoppeln: Ein Anbieter stellt und wartet die Geräte, ein anderer erstellt Abrechnung, uVI, CO₂-Aufteilung etc.
  • Über dieselbe Infrastruktur können zusätzlich Stromdaten (z. B. Hauptzähler, Mieterstrom) erfasst und abgerechnet werden.
  • Eine Cloud-Metering-Plattform führt Zähler aller Hersteller, Technologien und Funkstandards zusammen und speist sie automatisiert in Abrechnungssysteme ein.
  • Ein Monitoring-Modul erkennt Anomalien und Störungen (Gateways offline, Leckage, fehlende Zählertelegramme), sodass Messdienste gezielt handeln können.
  • Für Wohnungsunternehmen heißt das: mehr Wettbewerb und Wahlfreiheit im Messwesen, zusätzliche Services ohne kompletten Gerätetausch, vorausgesetzt, der eigene Messdienst nutzt solche Plattformansätze.

Glossar

  • Interoperabilität
    Fähigkeit verschiedener Systeme, Geräte und Hersteller, nahtlos zusammenzuarbeiten, im Messwesen insbesondere über standardisierte Funkprotokolle und Datenformate.
  • Novellierte Heizkostenverordnung (HKVO)
    Regelt u. a. den Einsatz fernablesbarer Messgeräte und die unterjährige Verbrauchsinformation; bildet den regulatorischen Rahmen für viele Digitalisierungsprojekte im Submetering.
  • Summenzähler (physisch / virtuell)
    Messkonzept, bei dem ein physischer Zähler oder eine rechnerische Summenbildung (z. B. über iMSys + SMGW) den gesamten Stromfluss erfasst: Grundlage u. a. für Mieterstromabrechnungen.
  • iMSys (intelligentes Messsystem)
    Kombination aus digitalem Stromzähler und Smart-Meter-Gateway, die Messdaten sicher überträgt und zusätzliche Marktrollen (z. B. ESA) ermöglicht.
  • Smart-Meter-Gateway (SMGW)
    Kommunikationszentrale im intelligenten Messsystem; bündelt Messwerte und stellt sie berechtigten Marktteilnehmern zur Verfügung.
  • Energieserviceanbieter-Rolle (ESA)
    Marktrolle im SMGW-Umfeld, die auf Basis von Messdaten energienahe Dienstleistungen erbringen darf – baeren.io übernimmt diese Rolle in seinem Mieterstrom-Konzept.
  • Cloud-Metering
    Zentrale, cloudbasierte Erfassung, Speicherung und Weiterleitung von Messdaten verschiedenster Zähler und Gateways.
  • Monitoring / Anomalieerkennung
    Laufende Überwachung von Datenströmen, um Abweichungen, Ausfälle oder Leckagen frühzeitig zu erkennen und gezielt zu beheben.

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Autor: Redaktion Wohnungswirtschaft Heute – HEIKOM-Sonderausgabe 2025

Foto: DEUMESS – Frank Schütze / Fotografie Kranert

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Vom Software-Flickenteppich zum Cluster: Wie CEOS die digitale Infrastruktur der Wohnungswirtschaft denkt

Pantelis Radouniklis, Geschäftsführer CEOS Solution GmbH, auf der Heikom 2025. Foto: DEUMESS – Frank Schütze / Fotografie Kranert

Pantelis Radouniklis, Geschäftsführer CEOS Solution GmbH, nutzt seinen HEIKOM-Auftritt bewusst nicht als reine Produktshow: Er spricht über einen Strategiewechsel, den viele Wohnungs- und Serviceunternehmen bereits spüren: weg von vielen spezialisierten Einzellösungen, hin zu vernetzten Software-Ökosystemen.

Die zentrale These: Wer seine Prozesse der Zukunft mit der Logik von gestern plant, wird mittelfristig an Komplexität und Kosten scheitern. Stattdessen brauche es emergente Software, die sich mit verändernden Rahmenbedingungen mitentwickeln kann – ähnlich wie sich in der Evolution diejenigen anpassen, die bereit sind, sich zu verändern. Das Darwin-Zitat in der Präsentation ist entsprechend programmatisch gewählt.


Herusforderungen: Wo es in der IT-Landschaft heute hakt

  1. Insellösungen und Medienbrüche
    • Abrechnung, Lager/ERP, Auftragssteuerung, Funkdatenverarbeitung, Portale und Finanzbuchhaltung laufen in vielen Häusern getrennt.
    • Folge: doppelte Datenerfassung, Schnittstellenprobleme, hoher Abstimmungsaufwand.
  2. Steigende Komplexität durch neue Aufgaben
    • Submetering, Smart Metering, Mieterstrom, E-Mobilität, CO₂-Reporting und ESG-Berichte erzeugen immer neue Anforderungen an Systeme und Datenmodelle.
    • Bestehende Software ist oft historisch gewachsen und nur begrenzt anpassbar.
  3. Klassische Softwareentwicklung mit Kostenkurve nach oben
    • Jede neue gesetzliche Vorgabe, jeder neue Prozessschritt braucht ein weiteres Release, ein weiteres Modul oder eine weitere Schnittstelle.
    • Die Präsentation zeigt das als Steilkurve: Mit der Zeit steigen die Kosten überproportional.
  4. Unsicherheit bei künftigen Anforderungen
    • Niemand kann heute sicher sagen, wie Regulierung, Technologien und Geschäftsmodelle in zehn Jahren aussehen.
    • Planung liefert – so Radouniklis – nur noch „eine Hypothese über die Zukunft“.

Der Ansatz von CEOS: Vom Produkt zur „emergenten“ Softwarelandschaft

1. Von Industrie 4.0 zu „Industrie 5.0“

Eine der Einstiegsfolien zeichnet den Weg von der Mechanisierung über Elektrifizierung, Digitalisierung und Vernetzung hin zu einer weiteren Stufe: Industrie 5.0, verstanden als enge Verbindung von Mensch und KI.

Kernbotschaft: Die Welt ist nicht mehr mechanisch und statisch, sondern dynamisch: Unternehmen müssen ihre Software entsprechend denken.

2. Klassische vs. emergente Softwareentwicklung

CEOS stellt zwei Modelle gegenüber:

  • Klassische Entwicklung
    • Planung und Releases folgen einem linearen Modell.
    • Zukünftige Anforderungen und Umweltbedingungen sind aber nicht vorhersehbar.
    • Technologie- und Umweltentwicklung lassen sich nicht steuern.
    • Ergebnis: Eine Kostenkurve, die mit der Zeit steil ansteigt.
  • Emergente Entwicklung
    • Software wird so gebaut, dass sie neben Automatisierung auch Selbstorganisation erlaubt.
    • Systeme können sich anpassen, ohne für jede Änderung von Grund auf neu programmiert werden zu müssen.

Auf einer weiteren Folie werden Automatisierung/KI und Selbstorganisation gegenübergestellt:

  • Automatisierung/KI: logisch, statisch, determiniert, kontrolliert, intelligent.
  • Selbstorganisation: assoziativ, dynamisch, emergent, adaptiv, kreativ und damit dem menschlichen Denken näher.

3. Stars Plus, Space, Universe – drei Stufen im CEOS-Kosmos

Radouniklis beschreibt drei Produktlinien als Bausteine des angestrebten Softwareclusters:

  • CEOS STARS PLUS
    • Weiterentwicklung der etablierten Abrechnungssoftware (Nebenkosten, Heizkosten).
    • „Mission Control Center“ für klassische Abrechnungsprozesse.
  • CEOS SPACE
    • Organisiert den „Immospace“ rund um Abrechnung: ERP-Funktionen, Lager, Bestellwesen, Liegenschafts- und Vertragsverwaltung, Planungs- und Abrechnungsmodule, Funkdatenverarbeitung, Portale.
    • Webbasierte Cloud-Anwendung mit Forecast- und KPI-Funktionen.
  • CEOS UNIVERSE
    • Zukünftige Plattform, die Abrechnung, Datenmanagement und Workflows in einem System bündelt, inklusive KI-gestützter Datenverarbeitung und umfassender Finanzfunktionen.

Die Bilder mit Planeten und Umlaufbahnen machen klar: Es geht CEOS um ein Ökosystem, nicht nur um eine einzelne Applikation.

4. Kooperation mit SAP, Fraunhofer & Vivawest

Auf den letzten Folien wird eine Zusammenarbeit mit SAP und dem Wohnungsunternehmen Vivawest hervorgehoben:

  • SAP und CEOS wollen gemeinsam „die Basis für den Weg zur emergenten Software schaffen“.
  • Bei Vivawest soll „das Fundament für die Zukunft“ gelegt werden als reales Anwendungsfeld für den Softwarecluster-Ansatz.
  • Ein Zitat von Prof. Dr. Lutz Heuser (SAP, Software-Cluster) unterstreicht das Potenzial emergenter Software für Unternehmen und Beschäftigte in Deutschland und Europa.

Warum das wichtig ist – gerade für die Wohnungswirtschaft

  • Digitalisierung wird nicht einfacher: Mit jeder neuen regulatorischen Vorgabe (HKVO, GEG, CO₂-Kostenaufteilungs­gesetz, ESG-Reporting) werden neue Funktionen nötig. Wer dafür jedes Mal neue Insellösungen anschafft, schafft sich langfristig ein Problem.
  • Kostenkontrolle und Flexibilität: Ein Cluster-Ansatz mit modularer, selbstorganisierender Software kann helfen, die Kostenkurve zu glätten – Updates und Erweiterungen werden eher zur Konfiguration als zum Großprojekt.
  • Rolle von Mensch & KI: Die Präsentation betont, dass KI und Automatisierung wichtig sind, aber nicht ausreichen. Entscheidungslogik, Ausnahmefälle und strategische Weichenstellungen bleiben menschliche Aufgaben, die Software soll diese Arbeit unterstützen, nicht ersetzen.

Einordnung für Entscheider:innen in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft

Was CEOS hier eigentlich sagt:

Nicht jedes Haus braucht CEOS-Produkte. Aber jedes Haus braucht eine klare Vorstellung davon, wie die eigene Softwarelandschaft in fünf bis zehn Jahren aussehen soll und wie sich neue Anforderungen integrieren lassen, ohne immer wieder bei Null anzufangen.

Leitfragen, die sich aus dem Vortrag ableiten lassen

  • Wie viele unterschiedliche Systeme setzen wir heute ein – und wo leiden wir unter Medienbrüchen?
  • Wo entstehen Mehrkosten durch doppelte Datenhaltung, manuelle Schnittstellen oder parallele Auswertungen?
  • Haben wir eine Plattformstrategie, oder kaufen wir Funktionen überwiegend „ad hoc“ zu?
  • Wie stellen wir sicher, dass unsere IT-Landschaft veränderungsfähig bleibt, technisch und organisatorisch?

Chancen einer Cluster-Logik

  • Standardisierte Datenmodelle und Workflows über Unternehmensbereiche hinweg.
  • Schnellere Reaktion auf Gesetzesänderungen, weil Anpassungen nur einmal im Kernsystem umgesetzt werden.
  • Bessere Basis für KI-Anwendungen, etwa bei Prognosen, Anomalieerkennung oder Prozessautomatisierung.

Was jetzt zu tun ist

  1. Software-Landkarte zeichnen
    • Alle wesentlichen Systeme und Tools erfassen (ERP, Abrechnung, DMS, Portale, Funkdaten, Controlling).
    • Schnittstellen und Medienbrüche markieren.
  2. Zielbild definieren
    • Wo möchten Sie in 5–7 Jahren stehen: monolithische Komplettlösung, modulare Plattform, Best-of-Breed mit starkem Integrationslayer?
  3. Cluster-Fähigkeit prüfen
    • Welche Ihrer heutigen Systeme sind offen und integrierbar?
    • Gibt es Anbieter, die sich an einen gemeinsamen Daten- und Prozesskern andocken lassen (z. B. CEOS, SAP, andere)?
  4. Pilotprojekte planen
    • Ein erster Schritt kann sein, einen Prozessende-zu-Ende in eine integrierte Lösung zu überführen (z. B. Heizkostenabrechnung inkl. Funkdaten, Auftragssteuerung, Lager und Fibu).
  5. Organisatorische Selbstorganisation fördern
    • Emergent arbeitende Software erfordert auch Teams, die iterativ arbeiten, Feedback nutzen und Prozesse laufend anpassen.

Der Vortrag von Pantelis Radouniklis ist weniger Produktdemo als Weckruf: Die Branche steht an einem Punkt, an dem weitere Insellösungen das Leben eher schwerer als leichter machen. Der vorgeschlagene „Softwarecluster“ ist ein Bild dafür, wie eine künftige IT-Landschaft aussehen könnte: vernetzt, modular, anpassungsfähig.

Für die Wohnungswirtschaft heißt das: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die eigene Digitalstrategie kritisch zu prüfen. Ob CEOS, SAP oder andere Anbieter: Entscheidend ist, ob die gewählte Lösung den Weg in eine emergente, veränderungsfähige Softwarewelt eröffnet – oder ob sie nur ein weiteres Stück im bestehenden Flickenteppich wird.


Das Wichtigste auf einen Blick

  • Viele Unternehmen arbeiten mit fragmentierten Insellösungen: Abrechnung, ERP, Funkdaten, Serviceportale – alles getrennt. Das kostet Zeit, Geld und Flexibilität.
  • CEOS plädiert für einen „Softwarecluster“: eine vernetzte, emergente Softwarelandschaft, in der Systeme zusammenspielen statt nebeneinanderher zu laufen.
  • Kernidee: Klassische Softwareentwicklung stößt angesichts sich schnell ändernder Anforderungen an Grenzen; gebraucht werden selbstorganisierende, adaptive Softwarearchitekturen.
  • CEOS positioniert drei Produktlinien als Schritte dorthin: STARS PLUS (heutige Abrechnungssoftware), SPACE (organisierter „Immospace“) und UNIVERSE (voll integriertes Abrechnungs- und Workflow-Ökosystem).
  • Gemeinsam mit SAP und dem Wohnungsunternehmen Vivawest soll bei einem Großkunden die Grundlage für diesen Softwarecluster gelegt werden.
  • Für die Wohnungswirtschaft geht es weniger um ein einzelnes Produkt, sondern um die Frage nach der eigenen Digitalstrategie: Weg vom Flickenteppich, hin zu integrierten, updatefähigen Plattformlandschaften.

Glossar

  • Softwarecluster
    Zusammenspiel mehrerer Anwendungen und Plattformen, die über gemeinsame Datenmodelle, Schnittstellen und Prozesse verbunden sind – im Unterschied zu einzelnen Insellösungen.
  • Emergente Software
    Software, die nicht nur automatisiert, sondern sich durch Selbstorganisation und Lernprozesse an veränderte Anforderungen anpassen kann, z. B. durch modulare Architekturen und KI-gestützte Konfiguration.
  • Selbstorganisation
    Fähigkeit eines Systems, Strukturen und Abläufe dynamisch aus sich heraus zu entwickeln, statt sie vollständig von außen vorzugeben – im Vortrag bewusst dem starren Automatisierungsverständnis gegenübergestellt.
  • CEOS STARS / SPACE / UNIVERSE
    Produktlinien der CEOS Solution GmbH: STARS als etablierte Abrechnungssoftware, SPACE als erweiterter Immo-Workflow-Layer, UNIVERSE als künftige, KI-gestützte Abrechnungs- und Datenplattform.

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Autor: Redaktion Wohnungswirtschaft Heute – HEIKOM-Sonderausgabe 2025

Fotos: DEUMESS – Frank Schütze / Fotografie Kranert

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Abrechnung aus der Cloud: Wie arasys Messdienste für vollautomatisierte Prozesse rüstet

Dr. Franz Christange auf der Heikom 2025, Foto: DEUMESS – Frank Schütze / Fotografie Kranert

Dr. Franz Christange skizziert in seinem Vortrag „Die Zukunft der Abrechnung“ den Wandel im Messdienstgeschäft: weg von lokal installierter, gewachsener Software hin zu einer Cloud-basierten Plattform, die die gesamte Prozesskette automatisiert und alle Beteiligten auf einen konsistenten Datenbestand zugreifen lässt.

Während andere Beiträge des Panels stark auf Heizungsoptimierung und Energiemanagement fokussieren, adressiert arasys die Frage: Wie lassen sich diese Daten später effizient, sicher und rechtssicher in Abrechnung und Informationspflichten übersetzen?

Herausforderungen im heutigen Abrechnungsgeschäft

1. Medienbrüche zwischen den Akteuren

  • Monteure arbeiten mit eigenen Apps, Hausverwaltungen mit separaten Portalen, Messdienste mit On-Premise-Systemen.
  • Daten werden importiert, exportiert, konvertiert – jede Schnittstelle ist eine potenzielle Fehlerquelle.

2. Heterogene Alt-Systeme

  • Viele Abrechnungskerne basieren auf 20–25 Jahre altem Code.
  • Neue Anforderungen (HKVO, uVI, Mieterstrom, E-Mobilität) lassen sich zwar ergänzen, aber oft nur mit hohem Entwicklungsaufwand.

3. Manuelle Prozessschritte

  • Zählermontage, Gateway-Inbetriebnahme, Empfangskontrolle, Fehlermeldungen, Plausibilisierung und uVI-Erstellung erfordern häufig manuelle Eingriffe.
  • Das begrenzt Skalierbarkeit und erschwert eine verlässliche Qualitätssicherung.

4. IT-Sicherheits- und Datenschutzdruck

  • Cloud-Anbindungen, Funkinfrastrukturen und Portale erhöhen die Angriffsfläche.
  • Ältere Architekturen sind schwerer gegen aktuelle Bedrohungen abzusichern.

5. Fachkräftemangel

  • Moderne Entwickler:innen zu gewinnen ist mit alten Technologiestacks schwierig – was wiederum Weiterentwicklung und Wartung verteuert.

Der Ansatz / Die angebotene Lösung

1. Microservice-Cloud-Architektur als Datenhub

Auf einer zentralen Folie beschreibt Christange den neuen Ansatz: arasys Rechenkern und Datahub stehen in der Mitte, darum gruppieren sich araWeb, araHK4, Montage-App, Lager-App, Gateways, Dienstleister-Schnittstellen und digitale Liegenschaftsdaten.

  • Alle Komponenten greifen auf denselben Datenbestand zu.
  • REST-Schnittstellen ermöglichen standardisierten Datentausch mit externen Systemen (z. B. ERP, Portale, Energiemanagement).
  • Ziel ist, Systembrüche zwischen Messdienst, Hausverwaltung, Monteuren und Mieterportalen zu vermeiden.

2. Vollautomatisierte Prozesskette

Eine Prozessgrafik zeigt den Weg von der Zählermontage bis zum uVI-Portal:

  1. Zählermontage mit App
    • Heizkörperbewertung in der Montage-App,
    • Scannen der Zähler (z. B. per Barcode),
    • Inbetriebnahme des Gateways.
  2. Gateway-Inbetriebnahme und Empfangsprüfung
    • Die App prüft vor Ort, ob alle Geräte funken und am Gateway ankommen.
    • Monteur kann den Einsatz abschließen, ohne später erneut anfahren zu müssen.
  3. Ablesewertübertragung und Entschlüsselung
    • Funkwerte laufen automatisiert in der Cloud ein, werden entschlüsselt und in Standardformate überführt.
  4. Automatisierte Plausibilisierung
    • Fehlermeldungen (z. B. Funkstörung, Öffnungserkennung) werden maschinell ausgewertet.
    • Messdienste erhalten Hinweise, wo Störungen vorliegen und wie zu reagieren ist.
  5. uVI-Erstellung und Mieterportal
    • Unterjährige Verbrauchsinformationen werden automatisch generiert und über Portale bereitgestellt.

Zielbild von Christange: Abrechnungen sollen mittelfristig ohne menschlichen Eingriff erstellt werden können, selbst bei komplexen Liegenschaften mit mehreren Erzeugungsanlagen und verschachtelten Messkonzepten. Die Rolle des Menschen verlagert sich hin zu Konzeption, Kontrolle und Ausnahmefällen.

3. HK4 als neuer Abrechnungskern

  • HK3 war über 20 Jahre im Masseneinsatz.
  • HK4 ist seit 2022 im schrittweisen Praxiseinsatz; der vollständige Umstieg soll bis 2026 erfolgen.
  • Der neue Kern ist komplett in moderner Programmiersprache umgesetzt – ohne Altcode.

Damit soll die Basis gelegt werden für:

  • schnellere Umsetzung gesetzlicher Änderungen,
  • bessere Performance bei großen Datenmengen,
  • flexiblere Abbildung neuer Geschäftsmodelle (z. B. Mieterstrom, E-Mobilität).

4. „Soft Facts“ als Teil des Gesamtpakets

Eine eigene Folie hebt Themen jenseits des Codes hervor:

  • IT-Sicherheit als Kernanforderung – mit eigenem Sicherheitsteam, das auf moderner Architektur aufsetzt.
  • Datenschutz und intuitive Bedienbarkeit.
  • Mieterstrom und E-Mobilität „in konkreter Vorbereitung“ – die Plattform soll diese Themen mit abbilden können.
  • Schulungskonzepte und ein starkes Team mit eigener Messdienst-Erfahrung.

5. Einbindung in die EAD-/ERD-Gruppe

Die Abrechnungssoftware wird auch von der ERD-Gruppe, einem Verbund von rund 40 Messdiensten in Deutschland und Österreich, eingesetzt.

  • Messdienste können als Verbundpartner ihre eigene Marke behalten oder unter einem gemeinsamen Markenauftritt agieren.
  • Ergänzend bietet die Gruppe Einkaufskonditionen, Unterstützung bei Lieferanten- und Gerätethemen, Verbandsarbeit (u. a. bved, OMS, DIN, VDI, Deumess) und Fortbildungsangebote.

Warum das wichtig ist

Für Wohnungsunternehmen ist die Wahl der Messdienstsoftware selten eine direkte Entscheidung – sie wirkt aber mittelbar auf viele Prozesse:

  • Datenqualität und Geschwindigkeit in der Abrechnung,
  • Zuverlässigkeit der uVI und anderer Informationspflichten,
  • Fähigkeit, neue Produkte wie Mieterstrom oder E-Mobilitätsabrechnung sauber abzubilden,
  • Integrationsfähigkeit mit eigenen ERP-, CAFM- oder Energiemanagementsystemen.

Eine moderne, Cloud-basierte Plattform mit durchgängigen Prozessen kann hier helfen, Fehlerquoten zu senken, Durchlaufzeiten zu verkürzen und Transparenz zu erhöhen – vorausgesetzt, der Messdienst nutzt diese Möglichkeiten konsequent.

Einordnung für die Wohnungswirtschaft / Entscheider:innen

Was bedeutet der Ansatz von arasys für Sie – indirekt?

  • Messdienste, die auf solche Plattformen setzen, können größere Datenmengen und komplexere Anlagenstrukturen (z. B. mit PV, Wärmepumpe, Mieterstrom) effizienter abrechnen.
  • Medienbrüche zwischen Monteuren, Hausverwaltung und Mietern werden reduziert – Reklamationen lassen sich schneller nachverfolgen, weil Datenwege klar dokumentiert sind.
  • IT-Sicherheits- und Datenschutzkonzepte hängen nicht nur am Messdienst selbst, sondern auch an der eingesetzten Software; moderne Architekturen erleichtern Audit und Compliance.

Fragen, die Sie Ihren Messdiensten stellen können

  • Welche Architektur setzt der Messdienst ein – Cloud, Microservices, zentrale Datenhaltung?
  • Wie werden Montage, Gateway-Betrieb, Funkdatenerfassung, Plausibilisierung und uVI heute konkret abgewickelt?
  • Gibt es Monitoring für Funk- und Gateway-Störungen – und wie werden Sie darüber informiert?
  • Wie gut lässt sich die Abrechnungsplattform mit Ihren eigenen Systemen (ERP, DMS, Portale) koppeln?

Was jetzt zu tun ist

Checkliste für Wohnungsunternehmen und Verwalter:innen

  1. Abrechnungsprozesse gemeinsam mit Messdiensten durchleuchten
    • Wo entstehen Verzögerungen oder Medienbrüche?
    • Wie viele manuelle Schritte sind noch nötig, bis eine Abrechnung beim Mieter ankommt?
  2. Digitalstrategie mit dem Messdienst abgleichen
    • Passt die geplante Roadmap (z. B. HK4-Rollout bis 2026) zu Ihren eigenen Digitalisierungsplänen?
  3. Schnittstellenanforderungen formulieren
    • Welche Daten wollen Sie standardisiert aus der Abrechnung zurückgespielt bekommen (z. B. für ESG, CO₂-Reporting, Portale)?
  4. Pilotprojekte vereinbaren
    • Testweise eine Liegenschaft mit vielen Funkzählern und uVI-Anforderungen durchgängig über die neue Prozesskette laufen lassen – inklusive uVI-Portal.
  5. IT-Sicherheit und Datenschutz bewerten
    • Sich vom Messdienst das Sicherheitskonzept zur eingesetzten Plattform erläutern lassen (Zugriffsrechte, Verschlüsselung, Hosting-Standort, Backup-Strategie).

Der Vortrag von Dr. Franz Christange zeigt deutlich: Auch im vermeintlich „klassischen“ Bereich Abrechnung vollzieht sich ein Technologiesprung. Microservice-Cloud-Architekturen, zentrale Datenhubs und konsequent durchautomatisierte Prozesse sind nicht Selbstzweck, sondern eine Antwort auf steigende Komplexität, Fachkräftemangel und wachsende Anforderungen an Geschwindigkeit, Transparenz und IT-Sicherheit.

Für die Wohnungswirtschaft lohnt es sich, diese Entwicklung im Blick zu behalten – und in der Zusammenarbeit mit Messdiensten gezielt danach zu fragen, wie digital und automatisiert die Abrechnungsprozesse heute bereits sind. Denn am Ende hängt die Akzeptanz vieler Dekarbonisierungsprojekte auch davon ab, wie verlässlich und verständlich die Abrechnungen bei Mieterinnen und Mietern ankommen.


Das Wichtigste auf einen Blick

  • arasys versteht sich als etablierter Softwarehersteller für Messdienste – mit rund 1 Mio. Abrechnungen pro Jahr, die über die Systeme der Kunden laufen.
  • Kern der neuen Generation ist eine Microservice-Cloud-Architektur mit einem zentralen Datenhub: Hausverwaltungen, Monteure, Gateways, Portale und Abrechnung greifen auf denselben Datenbestand zu – ohne Ex- und Importe.
  • Zielbild: durchgängig automatisierte Prozesse von der Zählermontage über Gateway-Inbetriebnahme, Datenübertragung und Plausibilisierung bis zur uVI-Erstellung und zum Mieterportal.
  • Die neue Abrechnungssoftware araHK4 wird seit 2022 schrittweise eingeführt; bis 2026 soll der Umstieg von HK3 auf HK4 abgeschlossen sein.
  • IT-Sicherheit, Datenschutz, Mieterstrom- und E-Mobilitätsfunktionen sowie Schulungsangebote werden als integrale Bestandteile der Plattform verstanden.
  • Über die EAD-/ERD-Gruppe sind rund 40 Messdienste angebunden – die Wohnungswirtschaft kann also indirekt von der Plattform profitieren, ohne selbst Softwarebetreiber zu sein.

Glossar

  • Microservice-Architektur
    Software-Architektur, bei der Funktionen in viele kleine, spezialisierte Dienste zerlegt werden, die unabhängig voneinander entwickelt, betrieben und skaliert werden können.
  • Datahub / Rechenkern
    Zentrale Komponente, in der alle relevanten Mess- und Stammdaten zusammenlaufen und verarbeitet werden – Grundlage für Abrechnung, uVI und Auswertungen.
  • uVI (unterjährige Verbrauchsinformation)
    Nach HKVO verpflichtende, regelmäßige Information an Mieter:innen über ihren aktuellen Heiz- und Warmwasserverbrauch – oft über Portale oder Apps bereitgestellt.
  • HK3 / HK4
    Generationen des arasys-Abrechnungskerns: HK3 (über 20 Jahre im Einsatz), HK4 (seit 2022 im Praxiseinsatz, vollständiger Umstieg bis 2026 geplant).
  • EAD-/ERD-Gruppe
    Verbund von Messdiensten, die u. a. die arasys-Software nutzen und gemeinsam Einkauf, Gerätemanagement, Interessenvertretung und Schulungsangebote organisieren.

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Autor: Redaktion Wohnungswirtschaft Heute – HEIKOM-Sonderausgabe 2025

Fotos: DEUMESS – Frank Schütze / Fotografie Kranert

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IW-Wohnindex: Immobilienpreise steigen leicht, Mieten wachsen kräftig

IW-Wohnindex: Immobilienpreise steigen leicht, Mieten wachsen
Abbildung 2-1: Gesamtindex: Entwicklung der Wohnimmobilienpreise in Deutschland / Entwicklung der inserierten Immobilienpreise; hedonisch; Index: 2022 Q1 = 100; Stand: Q3 2025; Miete: alle Objekttypen, / Kauf: Eigentumswohnungen (ETW), Ein- und Zweifamilienhäuser (EZFH) Quelle: IW-Wohnindex

Die Immobilienpreise in Deutschland sind im dritten Quartal 2025 erneut leicht gestiegen. Laut dem neuen IW-Wohnindex verteuerten sich Ein- und Zweifamilienhäuser gegenüber dem Vorquartal um 0,9 Prozent. Ein Jahr zuvor waren sie noch 3,5 Prozent günstiger. Eigentumswohnungen kosteten im Jahresvergleich 2,6 Prozent mehr.

Preiszuwächse gab es in der Stadt, genauso wie auf dem Land und in sämtlichen Großräumen. Mit 4,4 Prozent fiel der Anstieg bei Ein- und Zweifamilienhäusern im Umland der Großstädte besonders groß aus. Ein möglicher Grund: Dank stabiler Bauzinsen entscheiden sich wieder mehr Haushalte für Wohneigentum – zumal steigende Löhne die Erschwinglichkeit zuletzt verbessert haben.

Mieten legen kräftig zu – Ausnahme Berlin

Zur Abwanderung ins Umland dürften auch die hohen Mieten in den Metropolen beitragen. Im dritten Quartal lagen die Neuvertragsmieten ein Prozent über dem Niveau des Vorquartals und 3,8 Prozent über dem Vorjahreswert. Besonders stark stiegen die Mieten in Düsseldorf (plus 5,6 Prozent), Köln (plus 5,1 Prozent) und Hamburg (plus 4,4 Prozent).

Einzige Ausnahme ist Berlin: Dort sanken die Neuvertragsmieten leicht um 0,2 Prozent. Für Entwarnung ist es in der Bundeshauptstadt jedoch zu früh: Nach dem Scheitern des dortigen Mietendeckels waren die Mieten überdurchschnittlich stark angestiegen. Der aktuelle Rückgang deutet eher auf eine kurzfristige Ausgleichsbewegung hin.

Markt normalisiert sich

„Der Immobilienmarkt scheint sich auf einem neuen Normalzustand eingependelt zu haben“, sagt IW-Immobilienökonom Pekka Sagner. Das bedeute nicht, dass sich die Situation entspannt habe: „Die steigenden Preise sind ein Symptom der seit Jahren unzureichenden Fertigstellungen“, so Sagner.

Nach IW-Prognosen aus dem vergangenen Jahr müssten eigentlich jährlich 372.000 Wohnungen gebaut werden – in diesem Jahr rechnen die Experten jedoch nur mit 235.000 Fertigstellungen.

Quelle: PM des IW / Per Klick zur Studie

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Mietpreisbremse: Ein alter Hut wird verlängert, löst aber keine Probleme

Mietpreisbremse: wird verlängert, löst aber keine Probleme
VNW-Verbandsdirektor Andreas Breitner. Foto: VNW, Bertold Fabricius, Hamburg

Von Andreas Breitner

In allen norddeutschen Bundesländern sind in den vergangenen Wochen die Regelungen über eine Mietpreisbremse verlängert worden. In Mecklenburg-Vorpommern will die Landesregierung diese gesetzliche Regelung zudem auf Urlaubs-Hotpots ausweiten.

VNW-Unternehmen sehen diese Regelungen kritisch. Ihre Mieten liegen meistenteils unter den Werten örtlicher Mietenspiegel. Eine Mietpreisbremse spielt für sie daher keine große Rolle. Dennoch halten sie die Zunahme ordnungsrechtlicher Eingriffe in den Wohnungsmarkt für kontraproduktiv. Immer mehr von immer demselben wird unsere eigentlichen Probleme nicht lösen.

Land und Kommunen sollten sich vor allem um Rahmenbedingungen kümmern, die den Bau bezahlbarer Wohnungen befördern. Mietpreis- und Kappungsgrenzen schaffen keine einzige Wohnung, sondern verstärken lediglich die Vorurteile unterschiedslos gegen alle Vermieter – auch gegen die sozialen Vermieter.

Die am Gemeinwohl orientierten Vermieter sind an einem guten Verhältnis zu ihren Mieterinnen und Mietern interessiert. Sie setzen Mietsteigerungen in der Regel nur um, wenn das unvermeidbar und wirtschaftlich geboten ist. Und selbst wenn sie ihre Mieten erhöhen müssen, dann tun sie es mit sozialpolitischer Verantwortung und schöpfen zulässige Spielräume nicht aus.

Die Landesregierungen sollte ihre Aufmerksamkeit vielmehr auf die sogenannte zweite Miete richten. Bei öffentlichen Gebühren, Wasserpreisen und Heizkosten sind in den vergangenen Jahren die Preise erheblich gestiegen. Zudem klagen Mieter vermehrt über höhere Fernwärmekosten. Bei Mietervereinen wiederum wächst die Zahl der Nachfragen auf Grund der intransparenten Preisgestaltung der Fernwärmeanbieter.

Statt eine Mietpreisbremse wäre aus unserer Sicht eine Nebenkostenbremse sinnvoller. Zudem muss endlich eine bundesweit agierende Behörde eingerichtet werden, die Fernwärmepreise kontrolliert und gegebenenfalls die Anbieter zur Offenlegung ihrer Berechnung zwingt – also für Transparenz sorg.

Andreas Breitner
Vorstand und Verbandsdirektor Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW)

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Erdgaskosten in drei Jahren um über 40 Prozent gestiegen

Die Verbrauchskosten für fossile Brennstoffe sind in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen, wie diese Grafik „Entwicklung der Verbrauchskosten pro Quadratmeter Wohnfläche im Betrachtungszeitraum 2021 – 2024“ aus dem „Techem Atlas 2025 für Energie, Wärme & Wasser“ zeigt. Quelle: Techem und Stiebel Eltron

Die Stiftung Warentest hat die Betriebskosten von Gasheizungen mit denen von Wärmepumpen verglichen. Das Ergebnis: Der Betrieb der Gasheizung kostet in einem durchschnittlichen Altbau etwa 700 bis 1.000 Euro mehr im Jahr als der einer modernen Wärmepumpenheizung.

„Die Wärmepumpe ist im Betrieb die kostengünstigste Heiztechnik in Deutschland“, sagt Diplom-Ingenieur Henning Schulz vom Hersteller Stiebel Eltron. „Das gilt für den Bestandsbau ebenso wie für den Neubau. Deutsche Verbraucher sollten die aktuell noch sehr attraktive Fördermöglichkeit nutzen, um der Kostenfalle fossiler Heizungen zu entkommen. Bis zu 70 Prozent der Investitionen werden privaten Haushalten beim Heizungswechsel vom Staat finanziert.“

Techem Atlas 2025: Fossile Brennstoffe immer teurer

Die Verbrauchskosten für fossile Brennstoffe sind in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen, wie der „Techem Atlas 2025 für Energie, Wärme & Wasser“ berichtet: Pro Quadratmeter Wohnfläche verteuerte sich der Preis für Erdgas von 2021 bis 2024 um insgesamt 40,6 Prozent, bei Heizöl waren es 47,3 Prozent.

Der für den Antrieb einer Wärmepumpe erforderliche Strom hat sich laut der Studie mit einem Anstieg von 1,8 Prozent nur moderat verteuert.

Heizspiegel co2online: Wärmepumpen sind günstiger

Auch der „Heizspiegel für Deutschland“ der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online, der auf der Auswertung von über 90.000 Gebäudedaten basiert, zeigt: Seit 2022 sind Wärmepumpen durchgängig günstiger als fossile Heizsysteme.

Für 2025 gilt im Vergleich zu 2024, dass Gas- und Pelletpreise deutlich zulegen – und dass Wärmepumpen im Vergleich die günstigste Heizoption bleiben: Gas (+15 %) und Holzpellets (+20 %) werden deutlich teurer, während die Kosten für Wärmepumpen (+5 %), Heizöl (+3 %) und Fernwärme (+2 %) nur moderat ansteigen. Fernwärme ist 2025 und war 2024 bereits die teuerste der untersuchten Heizarten Erdgas, Heizöl, Fernwärme, Wärmepumpe und Holzpellets.

GreenTech überzeugt im Altbau

In ihrem aktuellen Wärmepumpen-Test prüfte die Stiftung Warentest die Leistung von Wärmepumpen in einem nur mäßig gedämmten Modell-Altbau, der im Jahr 150 Kilowattstunden Heizenergie je Quadratmeter Wohnfläche benötigt. Das entspricht in etwa dem deutschen Durchschnitt.

Die Wärmepumpen zeigten sich im Test als echte Effizienzkünstler: Mit klassischen Heizkörpern kommen die Systeme an frischen Herbsttagen im Modell-Altbau bei einer Außentemperatur von +7 Grad auf eine Arbeitszahl von gut 4 – liefern also etwa die vierfache Menge der hineingesteckten elektrischen Energie als Wärme ins Haus. Bei minus 7 Grad liegt die Arbeitszahl immer noch bei 2. Die Arbeitszahl einer Gasheizung liegt im Vergleich nur bei 0,9 bis 1,0 – selbst bei neuesten Geräten.

Staatliche Förderung nutzen

Die Förderbedingungen für die Heizungssanierung sind derzeit noch sehr attraktiv. Verbraucher, die mit einem Heizungswechsel den steigenden Kosten von Erdöl und Gas entkommen wollen, werden mit weitreichenden staatlichen Zuschüssen und zinsgünstigen Krediten unterstützt. Auch viele Privatbanken bieten entsprechende Kredite an.

Quelle: stiebel-eltron.de

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BGH: Heizungstausch und Umlagefähigkeit

BGH: Heizungstausch und Umlagefähigkeit
Foto: Adobe Stock/photobyphotoboy

Der BGH hat mit Urteil vom 26. März 2025, VIII ZR 283/23, entschieden, dass Vermieter die Kosten für den Einbau einer neuen, effizienteren Heizungsanlage auf die Mieter umlegen dürfen.

Begründung: Es zählt die verbesserte Energieeffizienz, auch wenn der Energieverbrauch nicht direkt nach dem Austausch sinkt. Langfristig wird eine Entlastung der Mieter erwartet.

Umlagesatz: Vermieter dürfen acht Prozent der Sanierungskosten pro Jahr auf die Monatsmiete umlegen.

In einem Mehrfamilienhaus in Bremen wurde 2017 eine Gas-Zentralheizung eingebaut. Die Vermieterin nahm dies zum Anlass, von dort wohnenden Mietern mehr Miete zu verlangen. Diese machten nach ihrem Auszug geltend, jahrelang zu viel Miete gezahlt zu haben, da die Modernisierung zu keiner Ersparnis geführt habe.

Ihre Klage auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB hatte zunächst Erfolg. Ein Sachverständiger hatte auf Geheiß des LG Bremen ein Gutachten erstellt, aus dem sich ergab, dass keine Ersparnis feststellbar sei, da keine Verbrauchsdaten aus der Zeit vor dem Umbau vorlägen. Die Revision der Vermieterin drang beim BGH (Versäumnisurteil) durch und führte zur Zurückverweisung.

Der unter anderem für das Mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat kassierte das landgerichtliche Urteil und verwies darauf, dass das bereits eingeholte Sachverständigengutachten zur Beurteilung des Vorliegens einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nr. 1 BGB a.F. ungeeignet sein dürfte.

Das LG habe angenommen, eine nachhaltige Einsparung von Endenergie könne allein anhand des tatsächlichen Verbrauchs innerhalb eines Zeitraums von vier bis fünf Jahren vor und nach der vom Vermieter ergriffenen Maßnahme festgestellt werden. Damit habe es den Maßstab für die Ermittlung einer solchen Einsparung verkannt.

Erwartbare Ersparnis ist entscheidend

Die entscheidende Frage sei, so der BGH, ob nach Ex-ante-Sicht, also nach dem Abschluss der zu den Modernisierungszwecken vorgenommenen Arbeiten zum Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung, eine (allein) durch die erfolgte bauliche Veränderung hervorgerufene messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie für die Vermieterin erwartbar gewesen sei. Dabei könne der Tatrichter auch auf Pauschalwerte zurückgreifen, die der Gesetzgeber im Rahmen der Erleichterung hinsichtlich der Darlegung der Energieeinsparung anerkannt habe.

Dr. Peter Hitpaß
VNW Beauftragter für Partnermitglieder / Quelle: BGH

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Die CO2-Preisentwicklung für Wärme und Verkehr ist unsicher – mittelfristig könnten die Preise deutlich steigen

Die CO2-Preisentwicklung für Wärme und Verkehr ist unsicher

Bis Ende des Jahres 2026 wird der CO2-Preis in Deutschland in den Bereichen Wärme und Verkehr über den nationalen Brennstoff­handel geregelt. Dieser Preis fällt an, sobald Unternehmen Heizöl, Erdgas, Flüssiggas, Kohle, Benzin oder Diesel in den Markt bringen. Aktuell beträgt der CO2-Preis 55 EUR pro Tonne CO2. Das entspricht netto 13 Cent pro Liter Benzin, 15 Cent pro Liter Diesel oder Heizöl sowie 10 Cent pro 10 kWh Erdgas.

Für das Jahr 2026 ist ein Preiskorridor von 55 bis 65 EUR pro Tonne CO2 vorgesehen.

Ab dem Jahr 2027 sollen die Bereiche Wärme und Verkehr in ein zweites europäisches Emissions­handelssystem (EU-ETS2) integriert werden, sodass dieses den CO2-Preis in Deutschland bestimmen wird. Die Preisbildung erfolgt dann über Auktionen. Für den Startzeitraum erscheinen Preise zwischen 50 und 75 EUR pro Tonne CO2 realistisch. Denkbar sind allerdings auch Preise von bis zu 120 EUR pro Tonne CO2.

Die Prognosen für das Jahr 2030 variieren stark und liegen zwischen 51 und 391 EUR pro Tonne CO2. Dabei besteht eine hohe politische Unsicherheit. Teilweise wird auch eine Preisobergrenze diskutiert.

Quelle: KfW Research / Dr. Johannes Rode

Weitere Links:

  • Auswirkungen und Preispfade des EU ETS2- EWI-Analyse – Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln gGmbH (EWI)
  • Carbon prices on the rise? Shedding light on the emerging second EU Emissions Trading System (EU ETS 2)

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LG Berlin II: Betriebskosten und Minderleistungen

Dr. Peter Hitpaß, Quelle: VNW, Foto: Bertold Fabricius, Hamburg

Trägt der Mieter die Betriebskostenlast für Leistungen des Vermieters oder Dritter, die auch der Vermeidung oder Beseitigung von Gebrauchsbeeinträchtigungen dienen (hier u. a.: Müllbeseitigung, Hausreinigung, Gartenpflege), begründen Minderleistungen des Vermieters oder der von ihm beauftragten Leistungserbringer im Falle dadurch verursachter Gebrauchsbeeinträchtigungen Mängelbeseitigungsansprüche des Mieters gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB. Einer ausdrücklichen vertraglichen Abrede bedarf es dazu nicht.

Sind die durch die Minderleistungen verursachten Gebrauchsbeeinträchtigungen erheblich, ist der Mietzins außerdem gemäß § 536 Abs. 1 BGB gemindert.

In beiden Fällen ist der Mieter nicht auf seine betriebskostenrechtlichen Ansprüche wegen eines vermieterseitigen Verstoßes gegen das sog. Wirtschaftlichkeitsgebot beschränkt.

Das hat das LG Berlin II mit Urteil vom 11.Juni 2024 – AZ 67 S 100/24 – entschieden. Die Mieterin einer sehr teuren Wohnung in Berlin (ca. 3.000 Euro Gesamtmiete monatlich) beanstandete bei ihrer Vermieterin unter anderem die unzureichende und unregelmäßige Hausreinigung, Müllentsorgung und Gartenpflege. Sie verlangte die Beseitigung dieser Gebrauchsbeeinträchtigungen und machte eine Mietminderung geltend. In dem von ihr mit der Vermieterin abgeschlossenen Mietvertrag war die Umlage von Kosten für diese Positionen auf die Mieterin vereinbart. Weitere Vereinbarungen zu Art und Umfang der entsprechenden Arbeiten gab es im Mietvertrag aber – wie üblich – nicht.

Das Amtsgericht Mitte hatte die Klage der Mieterin auf Rückzahlung überzahlter Miete und Beseitigung der Gebrauchsbeeinträchtigungen abgewiesen, ihre Berufung hatte jedoch beim Landgericht Berlin Erfolg.

Das Landgericht führte zur Begründung aus:

Es sei unerheblich, dass im Mietvertrag keine ausdrücklichen Vereinbarungen zur Pflege des Gartens, der Reinigung des Müllraums, der Anzahl der Mülltonnen, der Reinigung der Treppenhäuser und des Fahrstuhls sowie der Beseitigung von Bauspuren und sonstigem Unrat getroffen worden war. Denn der von der Mieterin geschilderte verwahrloste Zustand dieser Bereiche unterschreite jedenfalls bei solchen „höherpreisigen“ Wohnungen den üblichen Mindeststandard vergleichbarer Räume.

Bei solchen entspreche die Sicherung des Gebäudes, die Müllentsorgung, die Hausreinigung sowie die gärtnerische Pflege des Objekts nur dann dem üblichen Mindeststandard, wenn sie durchgängig, nachhaltig, gewissenhaft und im Wesentlichen beanstandungsfrei erfolge. Dies gelte erst recht und unabhängig von der Höhe der Miete, wenn – wie hier – gemäß Vertrag der Mieter die Betriebskostenlast für Leistungen des Vermieters oder Dritter trägt, die gerade der Vermeidung oder Beseitigung solcher Gebrauchsbeeinträchtigungen dienen sollen.

Sollten also die Schilderungen der Mieterin hinsichtlich des miserablen Zustands der Außenbereiche, Treppenhäuser etc. zutreffen, läge einerseits ein Mangel vor, dessen Beseitigung sie verlangen könne, andererseits würde dieser, wenn er erheblich sein sollte, auch zur Minderung der Miete berechtigen. Ein Mieter sei in einem solchen Fall auch nicht darauf beschränkt, im Rahmen einer Betriebskostenabrechnung einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot geltend zu machen.

Da das Amtsgericht die erforderliche umfangreiche Beweisaufnahme zu den von der Mieterin behaupteten Zuständen in dem Anwesen nicht durchgeführt hatte, verwies das Landgericht die Sache zur Nachholung dieser Feststellungen an das Amtsgericht zurück.

Dr. Peter Hitpaß / VNW Beauftragter für Partnermitglieder / Quelle: JURIS

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Cybersicherheit TRBS 1115-1 Aufzüge – Jetzt aktiv werden!

Cybersicherheit TRBS 1115-1 Aufzüge - Jetzt aktiv werden!
Foto: Die Aufzugsplaner GmbH https://www.dieaufzugsplaner.de/post/cybersicherheit

Die Digitalisierung macht auch vor Aufzugsanlagen nicht halt. Immer mehr Systeme werden vernetzt, sei es für Fernwartung, Monitoring oder intelligente Notrufsysteme. Diese Entwicklung bringt viele Vorteile, birgt aber auch neue Risiken – insbesondere im Bereich der Cybersicherheit.

Der Gesetzgeber hat darauf reagiert: Die Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 1115 Teil 1 „Cybersecurity für sicherheitsrelevante Mess-, Steuerungs- und Regelungseinrichtungen“ nimmt nun auch Aufzugsanlagen in den Fokus und legt Betreibern neue Pflichten auf.

Aufzugsanlagen sind zunehmend mit dem Internet oder internen Netzwerken verbunden. Das ermöglicht zwar effizientere Abläufe, schafft aber auch potenzielle Angriffsflächen. Hacker könnten theoretisch versuchen, auf Steuerungen zuzugreifen, Betriebsdaten zu manipulieren oder sogar die Verfügbarkeit des Aufzugs zu beeinträchtigen.

Auch wenn solche Szenarien noch selten sind, ist das Risikopotenzial nicht zu unterschätzen, insbesondere wenn es um kritische Infrastruktur oder sensible Gebäude geht. Die TRBS 1115 Teil 1 trägt dieser Entwicklung Rechnung und fordert ein proaktives Management von Cyberrisiken.

Die TRBS 1115 Teil 1 verpflichtet jeden Betreiber dazu, die Cybersicherheit als Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung ihrer Aufzugsanlagen zu betrachten. Konkret bedeutet das:

Risikoanalyse: Der Betreiber muss die spezifischen Cyberrisiken seiner Aufzugsanlage(n) identifizieren und bewerten. Welche Systeme sind vernetzt? Welche Schnittstellen gibt es? Welche potenziellen Bedrohungen existieren?

Schutzmaßnahmen festlegen: Basierend auf der Risikoanalyse müssen geeignete technische und organisatorische Maßnahmen definiert und umgesetzt werden, um die identifizierten Risiken zu minimieren. Das kann von sicheren Passwörtern und Zugriffskontrollen über Netzwerksegmentierung bis hin zu regelmäßigen Software-Updates reichen.

Wirksamkeitsprüfung: Die implementierten Schutzmaßnahmen müssen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Die Bedrohungslandschaft ändert sich ständig, daher ist dies ein fortlaufender Prozess.

Dokumentation: Alle Schritte – von der Risikoanalyse über die festgelegten Maßnahmen bis zur Wirksamkeitsprüfung – müssen nachvollziehbar dokumentiert werden.

Der Aufzugsanlagen Betreiber sollte folgende Schritte einleiten:

Informieren Sie sich: Machen Sie sich mit den genauen Anforderungen der TRBS 1115 Teil 1 vertraut.

Überprüfen Sie Ihre Anlagen: Identifizieren Sie, welche Ihrer Aufzüge über digitale Schnittstellen oder Netzwerkverbindungen verfügen.

Aktualisieren Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung: Integrieren Sie das Thema Cybersicherheit systematisch in Ihre bestehende Gefährdungsbeurteilung. Nehmen Sie dieses auch als Anlass Ihre Gefährdungsbeurteilung aktualisieren zu lassen, dieses sollten Sie eh alle 5 Jahre machen.

Informieren Sie sich über bei Ihnen verbaute Komponenten: Klären Sie, welche Sicherheitsfeatures Ihre Aufzüge bereits bieten und welche Updates oder zusätzlichen Maßnahmen empfohlen werden.

Als Betreiber sind Sie in der Pflicht, die Risiken in Bezug auf Cybersicherheit gemäß TRBS 1115-1 Ihrer Aufzüge zu beurteilen.

Dr. Peter Hitpaß / VNW Beauftragter für Partnerunternehmen

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